Autor Thema: Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion I  (Read 802136 times)

SVAbackagain

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,381
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #675 am: 17.01.2023 13:25 »
Deine Prämisse, die meisten Menschen seien dumm, trifft nur zu, wenn man die Betrachtung auf Gewerkschafter begrenzt.

Da wäre ich mir gar nicht mal so sicher.

Schafft man es, sein Leben innerhalb einer logisch geprägten akademischen Bubble zu gestalten, mag dieser Eindruck stimmen. Geht man darüber hinaus in die echte Welt und scheut es nicht, sich mit anderen über alles mögliche zu unterhalten, nimmt jedoch der Eindruck zu, dass es vielerorts keine unwahre Behauptung darstellen würde, wenn man jemanden als "dumm" bezeichnet. Es arbeiten auch nicht alle solche Menschen in Unternehmen mit Tarifbindung und sind daher wahrscheinlich keine Gewerkschaftsmitglieder.

Ich gehe durchaus davon aus, dass es nicht wenige dumme Menschen gibt. Es sind aber weder die meisten noch sollte man besonderen Wert darauf legen, sie zu gewinnen. Es sei denn, man betriebe ein Schneeballsystem oder ähnliches.

Flying

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 534
Antw:Tarifverhandlungen 2023 Diskussion
« Antwort #676 am: 17.01.2023 13:35 »
@Johann, du verkennst, dass die arme Socke in Stufe 6, die nur die Tarifsteigerung mitnehmen kann, immer mehr hat als der Kollege in Stufe 3. Bis auf das Möhrchen. Es ist quasi eine einzige Milch-Möhrchen-Rechnung. ;)

Menschen sind nicht rational, deshalb funktioniert sowas wie das Möhrchen auch so gut.

Die meisten Menschen werden innerhalb von 8 Jahren mehr Glück verspüren, wenn sie bei 2400€ anfangen und jedes Jahr 200€ mehr kriegen als jemand, der seit Tag 1 4000€ hat. Ist irrational, aber funktioniert einfach so.
Natürlich werden dir alle sagen, dass sie glücklicher wären, wenn sie von Tag 1 4000€ verdienen. Gibst du ihnen die Wahl aber gar nicht, sondern gibst ihnen einfach von Beginn an die 2400€ mit jährlicher Erhöhung, sind sie zufriedener und denken womöglich noch, dass du ein guter Chef bist, weil sie ja jährlich eine angemessene Erhöhung kriegen.

Wenn sie das dann jedes Jahr ihrem Kollegen erzählen, der von Tag 1 die 4000€ kriegt, wird der salzig, weil er ja nie eine Gehaltserhöhung bekommt. Ungeachtet dessen, dass er schon immer mehr verdient.

Nicht rational und blöd für diejenigen, die rechnen können. Aber genau das Richtige für Verdi-Gewerkschaftsmitglieder.

Zum Glück definieren sich nicht alle Leute über Geld..

BAT

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 4,651
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #677 am: 17.01.2023 13:41 »
Also mit Teilzeit und weniger Gehalt hat sich meine Zufriedenheit sehr stark gesteigert.  ;)

WasDennNun

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,710
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #678 am: 17.01.2023 14:09 »
Also mit Vollzeit im öD aus der Vollzeit in der pW und weniger Gehalt hat sich meine Zufriedenheit sehr stark gesteigert.  ;)
Und wenn ich auch noch TZ machen würde, würde ich ja vor Glück platzen?

FearOfTheDuck

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,521
Antw:Tarifverhandlungen 2023 Diskussion
« Antwort #679 am: 17.01.2023 14:23 »
@Johann, du verkennst, dass die arme Socke in Stufe 6, die nur die Tarifsteigerung mitnehmen kann, immer mehr hat als der Kollege in Stufe 3. Bis auf das Möhrchen. Es ist quasi eine einzige Milch-Möhrchen-Rechnung. ;)

Menschen sind nicht rational, deshalb funktioniert sowas wie das Möhrchen auch so gut.

Die meisten Menschen werden innerhalb von 8 Jahren mehr Glück verspüren, wenn sie bei 2400€ anfangen und jedes Jahr 200€ mehr kriegen als jemand, der seit Tag 1 4000€ hat. Ist irrational, aber funktioniert einfach so.
Natürlich werden dir alle sagen, dass sie glücklicher wären, wenn sie von Tag 1 4000€ verdienen. Gibst du ihnen die Wahl aber gar nicht, sondern gibst ihnen einfach von Beginn an die 2400€ mit jährlicher Erhöhung, sind sie zufriedener und denken womöglich noch, dass du ein guter Chef bist, weil sie ja jährlich eine angemessene Erhöhung kriegen.

Wenn sie das dann jedes Jahr ihrem Kollegen erzählen, der von Tag 1 die 4000€ kriegt, wird der salzig, weil er ja nie eine Gehaltserhöhung bekommt. Ungeachtet dessen, dass er schon immer mehr verdient.

Nicht rational und blöd für diejenigen, die rechnen können. Aber genau das Richtige für Verdi-Gewerkschaftsmitglieder.

Zum Glück definieren sich nicht alle Leute über Geld..

Das dachte ich mir auch gerade.
Und lieber nehme ich gleich die 4000 Ocken und schaffe mir schöne Räume und Erfahrungen, als dass ich überspitz auf die nächste Erhöhung schiele.

Aber hey, jedem nach seiner Fasson.

JahrhundertwerkTVÖD

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 610
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #680 am: 17.01.2023 15:15 »
Schon seltsam dass in der PW niemand auf die Idee kommen würde so lange auf sein Gehalt zu warten.
Die Erfahrungsstufen im TVÖD sind weitere Verschlechterungen für jeden Arbeitnehmer.

Der TVÖD enthält nicht mehr den früheren BAT- Bewährungsaufstieg und jedem Arbeitnehmer ist (vom ersten Tag an) sein ihm zustehendes Gehalt zu vergüten.
Dieser ist abhängig der Eingruppierung und der zu errichtenden Tätigkeiten.
Dem widerspricht zu 100% die Praxis der Erfahrungsstufen.

Dem Arbeitnehmer wird somit Vergütung vorenthalten.
Leider verstehen dass viele Verdi Anhänger immer noch nicht und freuen sich darauf in 10 Jahren die Vergütung zu erhalten, welche ihnen vom ersten Tag an zusteht.

JahrhundertwerkTVÖD

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 610
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #681 am: 17.01.2023 15:18 »
Eventuell ist das Model der Erfahrungsstufen ein weiterer Sozialismusgedanke von Verdi.
Dieses Mal nicht für die unteren EG´s, sondern für die ach so geplagten Arbeitgeber.
Durch unseren Verzicht solidarisieren wir uns mit den AG´s

BAT

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 4,651
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #682 am: 17.01.2023 15:29 »
Mehr Netto vom Brutto ist wichtiger. Mir liegt gerade eine Gehaltsabrechung mit Brutto 9200 € vor (AVR -C) und die Lohnsteuer ist gerade mal gut doppelt so hoch wie bei meiner E10. Na super... :P

Bastel

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 4,376
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #683 am: 17.01.2023 15:35 »
Mehr Netto vom Brutto ist wichtiger. Mir liegt gerade eine Gehaltsabrechung mit Brutto 9200 € vor (AVR -C) und die Lohnsteuer ist gerade mal gut doppelt so hoch wie bei meiner E10. Na super... :P

Das kann nicht sein.

Eben mal einen E10er in Endstufe mit 100% und 200% Arbeitszeit verglichen. 880 VS knappe 3000€ Lohnsteuer.

BAT

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 4,651
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #684 am: 17.01.2023 15:49 »

Das kann nicht sein.

Eben mal einen E10er in Endstufe mit 100% und 200% Arbeitszeit verglichen. 880 VS knappe 3000€ Lohnsteuer.

800 vs. 1770 € (Sonderreglungen möglich wegen Bereitschaft, dennoch Wahnsinn, wie schnell die Besteuerung ansteigt und dann abflacht)

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 5,811
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #685 am: 17.01.2023 16:15 »
Schon seltsam dass in der PW niemand auf die Idee kommen würde so lange auf sein Gehalt zu warten.
Die Erfahrungsstufen im TVÖD sind weitere Verschlechterungen für jeden Arbeitnehmer.

Enthalten die Tarifverträge großer privater Arbeitgeber keine Gehaltsstufen nach Betriebszugehörigkeit?

SVAbackagain

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,381
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #686 am: 17.01.2023 16:53 »
Selten und punktuell. ERA bspw. setzt nur in den drei Spitzenentgeltgruppen überhaupt so etwas fest. Verbreitet ist sowas vor allem in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche.

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 5,811
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #687 am: 17.01.2023 16:56 »
Selten und punktuell. ERA bspw. setzt nur in den drei Spitzenentgeltgruppen überhaupt so etwas fest. Verbreitet ist sowas vor allem in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche.

Danke für die Info. Interessant! Dann sind wir im öD ja ziemlich alleine damit.
Bin aber auch etwas irritiert, weil ein Kumpel mit einer Tätigkeit im Bereich IG Metall von solchen Stufen sprach, möglicherweise könnten das aber auch Leistungsstufen gewesen sein.

WasDennNun

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,710
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #688 am: 17.01.2023 16:57 »
Schon seltsam dass in der PW niemand auf die Idee kommen würde so lange auf sein Gehalt zu warten.
Die Erfahrungsstufen im TVÖD sind weitere Verschlechterungen für jeden Arbeitnehmer.

Enthalten die Tarifverträge großer privater Arbeitgeber keine Gehaltsstufen nach Betriebszugehörigkeit?
https://www.igmetall.de/tarif/tariftabellen/metall-und-elektro-branchen-und-handwerke

Wenn es da mal Betriebszugehörigkeitsstufen gibt, dann nicht mit einer Spannweite von 15 Jahre und 20-40%

Bei Apotheken gibt es das eher:
https://www.adexa-online.de/fileadmin/media/pdf/Tarifvertraege/ADEXA-GeTV_ADA_01.01.2022_web.pdf

aber da ist es ja eh nur Mindestlohn, kenne niemanden der dort nur Tarif erhält.

Herbert Meyer

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 421
Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #689 am: 17.01.2023 17:33 »
Das nur noch "2 Stufen und fertig ist die Laube" wurde zum Teil im BAT-KF umgesetzt und führte dazu, dass einfach die späteren Erfahrungsstufen gestrichen wurden... Mit dem Ergebnis, dass lediglich die absoluten Low-Performer im Tarif verbleiben und der Rest nach ein paar Jahren dem Arbeitgeber die Pistole auf die Brust setzt mit der Forderung "übertariflich oder ich bin weg". Dass ein Tarifvertrag nur noch Sammelbecken für Minderleister ist kann doch eigentlich nicht Ziel und Zweck von Gewerkschaften sein.
Also bist du der Meinung, nur durch das warten auf die Stufe 6 bleiben die Performer und würden flugs verschwinden, wenn sie nach 12 Monaten schon dieses Entgelt erhalten?
Gewagte These, da frage ich mich, warum die, wenn sie schon früher mehr Geld verdienen könnten, nicht schon früher gehen?
Ich glaube nicht das, dass was du da beschreibst, passieren würde, wenn man nur noch Stufe 1 3 und 6 hätte.

Vielleicht habe ich mich etwas unpräzise ausgedrückt. Schau dir mal die S-Tabellen im BAT-KF an: Da endet z. B. dein Berufsleben mit den übertragenen Aufgaben eines IT-Teamleiters in einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft im Vergleich zum TVöD halt nicht bei ca. 6.000 Monatsbrutto, sondern bei ca. 4.000 Monatsbrutto. Zunächst entwickeln sich die Gehälter parallel, da die Erfahrungsstufen 1, 2 und 3 quasi identisch sind, aber dann endet die Entgelttabelle des BAT-KF während im TVöD noch die Stufen 4, 5, 6 mit entsprechendem Lohngewinn folgen... Das hat dann selbstverständlich Auswirkungen auf die Verweildauer im Unternehmen bzw. im Tarif, denn irgendwann geht die vorher nicht relevante Verdienstsschere auf. Oder auf diese Diskussion übertragen: Eine potenzielle Reduktion der Erfahrungsstufen sollte nicht auf Kosten des Lebensverdients geschehen.