Autor Thema: VBL - Umlageverfahren  (Read 2097 times)

öfföff

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VBL - Umlageverfahren
« am: 23.01.2023 10:00 »
Mal eine Frage zum VBL System.

Das VBL System West basiert ja quasi auf einem Umlageverfahren ähnlich der staatlichen Rente. Während der Staat einigermaßen gleichbleibend viele Einzahler hat, kann sich das im öD natürlich auch mal schnell ändern.

Beispiel: "Anfang der 1990er Jahre zählte der öffentliche Dienst 6,7 Millionen Beschäftigte, dann ging es runter auf 4,5 Millionen (2008). "

Inwiefern sind die bei der VBL erworbenen Versorgungsansprüche eigentlich abgesichert? Angenommen es würde aus politischen Gründen zb. die Zahl der VBL betreffenden öD-Stellen drastisch reduziert innerhalb eines Jahrzehntes, so dass die dann übrig bleibenden Einzahler unmöglich die VBL-Renten bedienen könnten.
Ist der Anspruch auf die Rentenzahlung in irgendeiner Form abgesichert? Sind Bund/Länder z.b. verpflichtet ein Defizit der VBL-Renten aus dem Bundes-/LandesHaushalt auszugleichen?

öfföff

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Antw:VBL - Umlageverfahren
« Antwort #1 am: 01.02.2023 15:20 »
Weiss jemand Bescheid?

Rentenonkel

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Antw:VBL - Umlageverfahren
« Antwort #2 am: 02.02.2023 09:20 »
Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung sind gesichert, sofern sie unverfallbar sind.

Die Unverfallbarkeit in der betrieblichen Altersversorgung ist abhängig von der Finanzierung.

Wird die betriebliche Altersversorgung durch den Arbeitnehmer finanziert (zum Beispiel durch eine Bruttoentgeltumwandlung) tritt die Unverfallbarkeit sofort ein.

Wird die betriebliche Altersversorgung durch den Arbeitgeber finanziert, gelten folgende Fristen:

- Ab 1.1.2018 bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das 21. Lebensjahr vollendet ist und die Zusage mindestens drei Jahre bestanden hat.

- Bis zum Jahr 2009 bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre bestanden hat.

- Vor 2001 lagen diese bei einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren bei einem Mindestalter von 35 Jahren, vor 2009 galt eine fünfjährige Frist für arbeitgeber-finanzierte Betriebsrentenansprüche; das Mindestalter wurde auf 30 Jahre gesenkt.

Im Abrechnungsverband West finanziert die VBL ihre Leistungen über ein modifiziertes Abschnittsdeckungsverfahren (Umlageverfahren). Der Umlagesatz ist so bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Ausgaben während des Deckungsabschnittes sowie der von der Schwankungsreserve umfassten zwölf folgenden Monate zu erfüllen.

Sollte das Verhältnis von Beschäftigten zu Betriebsrentnern ungünstiger werden, würde das eine höheren Umlagesatz zur Folge haben. Davon müsste der Arbeitgeber den Löwenanteil tragen und somit das Defizit ausgleichen.

Die Situation einer Unfinanzierbarkeit kann daher nur dann eintreten, wenn die Arbeitgeber der VBL in Gänze zahlungsunfähig wären. Dann aber hätten wir sicherlich ganz andere Probleme als die Nichtauszahlung der VBL Rente.

wossen

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Antw:VBL - Umlageverfahren
« Antwort #3 am: 02.02.2023 09:25 »
Man hat ja durch die VBL-Reform (radikale Kürzung) 2001 erlebt, wie sicher die VBL-Ansprüche sind....

Vor allem wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, sind gravierendste Kürzungen umstandslos möglich (im Moment ist die 1% Erhöhung pro Jahr auch schon eine fortwährende Kürzung hinsichtlich der Kaufkraft)

Rentenonkel

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Antw:VBL - Umlageverfahren
« Antwort #4 am: 02.02.2023 09:59 »
Man hat ja durch die VBL-Reform (radikale Kürzung) 2001 erlebt, wie sicher die VBL-Ansprüche sind....

Vor allem wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, sind gravierendste Kürzungen umstandslos möglich (im Moment ist die 1% Erhöhung pro Jahr auch schon eine fortwährende Kürzung hinsichtlich der Kaufkraft)

Bis zur Reform 2001 war die VBL Rente zweigeteilt. Stark vereinfacht berechnete sich die Rente wie folgt:

Im ersten Schritt wurde abhängig von der Höhe der Beiträge die Betriebsrente berechnet.

Im zweiten Schritt wurde ermittelt, wie hoch die Pension eines vergleichbaren Beamten mit vergleichbarer Laufbahn wäre und die Differenz der gesetzlichen Rente zu der fiktiven Beamtenversorgung ermittelt.

Im dritten Schritt wurde die höhere Leistung gezahlt.

Da es im Beamtenrecht allerdings auch eine Mindestversorgung gibt, führte diese Regelung dazu, dass Arbeitnehmer in unteren Lohngruppen eine sehr hohe VBL Rente erhielten, während Arbeitnehmer mit einer sehr guten Altersrente trotz deutlich höherer Einzahlungen weniger Betriebsrente bekamen.

Während der Teil der ersten Regelung in den meisten Fällen unverfallbar war und somit nicht angetastet werden konnte (Versicherungsprinzip), konnte der zweite Teil als Fürsorgeleistung angepasst werden. Das hat allerdings nicht in jedem Fall zu gravierenden Kürzungen geführt sondern insbesondere bei denjenigen, die eine vergleichsweise geringe gesetzliche Rente hatten.

Der Teil, der unverfallbar ist, ist auch weiterhin durch das Betriebsrentengesetz geschützt. Auch eine Anpassung von mindestens 1 % jährlich ist ebenfalls durch das Betriebsrentengesetz geschützt. Daher sind weitere, gravierende Kürzungen nicht mögich und somit auch nicht zu erwarten. Derzeit ist es richtig, dass die Inflation weit über den von der EZB gewünschten 2 % liegt. Wir hatten aber auch in der Vergangenheit Jahre, in denen die Inflation unter 1 % lag. Einen gewissen Kaufkraftverlust erleben allerdings derzeit nicht nur Rentner sondern auch ganz normale Beschäftigte. Die aktuelle Situation macht uns alle ein Stück ärmer.

Seit der Reform besteht allerdings auch die Möglichkeit, die Betriebsrente durch zusätzliche Einzahlungen zu stärken. Oft ist das Angebot durch die VBL dabei besser als vergleichbare Angebote auf dem allgemeinen Kapitalmarkt.

Damit wurde die vielfach politisch und von den Wählern geforderte Eigenverantwortung bei der Altersvorsorge gestärkt. Wie so oft in Demokratien ist der Wille der Mehrheit umzusetzen, ob er klug ist, zeigt sich erst im Nachhinein (Stichwort: BREXIT).

wossen

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Antw:VBL - Umlageverfahren
« Antwort #5 am: 02.02.2023 10:11 »
Das ist schon interessant, in welche wohlklingende Worte man eine radikale Kürzung der Ansprüche (für fast alle Beschäftigte) fassen kann...