Autor Thema: [Allg] Lehrer sollen mehr arbeiten, größere Klassen, keine Teilzeit...  (Read 36522 times)

modesty

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Ggf. haben sie auch einfach Angst, dass irgendwer die 41 Stunden hinterfragt.

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Ich stelle mir wiederum die Frage, wieso man dauerhaft eine Woche über 40 bzw. 41 Stunden mitmacht. Ist es Idealismus oder Feigheit. Ich bin kein Lehrer und verstehe es absolut nicht. Müsste ich permanent mehr als die geforderten Stunden arbeiten, würde ich Mittel und Wege finden dieses meinem Chef auszutreiben und das auf ganz legalem Weg, denn er soll sein Problem nicht zu meinem machen, sondern meine Probleme lösen, denn dafür wird er bezahlt. Kann er dieses nicht, wird er mit den Konsequenzen leben müssen, dass das ein oder andere gegen die Wand fährt. Zeigt man es vorher noch schriftlich an, dass Probleme in welcher Form auch immer entstehen werden, so bin ich fein raus.
Bei der Bundeswehr gab es immer den Spruch:
Melden macht frei und belastet den Vorgesetzten!
Vielleicht gibt uns ja Mal jemand einen Einblick, warum er meint, mehr als die vereinbarte Arbeitszeit arbeiten zu wollen?

nevarro

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@Poincare: So war das auch gar nicht gemeint. Das bezog sich einfach darauf, dass Du eine optimistisch stimmende Entwicklung prognostiziert hast und die Realität auch nach 2015/2016 leider weiterhin anders aussieht.

nevarro

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Vielleicht gibt uns ja Mal jemand einen Einblick, warum er meint, mehr als die vereinbarte Arbeitszeit arbeiten zu wollen?

Ich präsentiere Beispiele aus eigener Erfahrung bzw. von Lehrkräften um mich herum.

- Das von vielen verinnerlichte Märchen davon, dass das Lehrerdasein eine Berufung und kein Beruf zu sein hat.
- Die Selbstverpflichtung ggü. der Gesellschaft, weil die Kinder nichts dafür können. Läuft in der Pflege ja genau so.
- Das trotz aller Anstrengungen ramponierte Image vom Lehrer, der "am Vormittag Recht und am Nachmittag frei" hat. Der Buhmann wäre schnell gefunden.

Ich kann Euch sagen, dass während der Corona-Schulschließungen/dem Hybrid-Unterricht in 90% der Schulen (in NRW) gar nichts ohne Zusatzengagement und rechtliche Grauzonen, die durch Lehrkräfte beschritten wurden, gelaufen wäre. Also wirklich gar nichts. Wir hatten keine Dienstgeräte (wir arbeiten mit personenbezogenen Daten von Schülerinnen und Schülern), keine guten Mikros und Webcams, lange Zeit keine Videokonferenzplattformen, unzureichende Lernplattformen und keine Zeit Konzepte für Distanz- oder Hybridunterricht auch nur ansatzweise auszuarbeiten, etc.

Warum hat man es nicht drauf ankommen lassen? Siehe oben.

Dieses Thema, auch unser Austausch hier und jede Diskussion in Medien zeigen, dass Außenstehende von Schule erschreckend wenig Ahnung haben, diese aber gerne lautstark kundtun. Die Buhmänner sind schnell gefunden und da tauscht man Freizeit eben auch häufig ein, um nicht noch mehr Mails oder andere Nachrichten von penetranten Rechthabereltern lesen/hören und bearbeiten zu müssen.

Dass das viele Dinge schlimm belässt oder schlimmer macht, ist klar. Kinder haben schon keine Lobby in Deutschland (siehe Fahrradfeindlichkeit vieler Deutschen, die Probleme im Bildungs- und Sozialbereich) und Lehrkräfte haben erst recht keine Lobby. Wir dürfen ja, angesichts der hohen Beamtenquote, nicht mal die Arbeit niederlegen, um auf Missstände hinzuweisen.

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Vielleicht gibt uns ja Mal jemand einen Einblick, warum er meint, mehr als die vereinbarte Arbeitszeit arbeiten zu wollen?

Ich präsentiere Beispiele aus eigener Erfahrung bzw. von Lehrkräften um mich herum.

- Das von vielen verinnerlichte Märchen davon, dass das Lehrerdasein eine Berufung und kein Beruf zu sein hat.
- Die Selbstverpflichtung ggü. der Gesellschaft, weil die Kinder nichts dafür können. Läuft in der Pflege ja genau so.
- Das trotz aller Anstrengungen ramponierte Image vom Lehrer, der "am Vormittag Recht und am Nachmittag frei" hat. Der Buhmann wäre schnell gefunden.

Ich kann Euch sagen, dass während der Corona-Schulschließungen/dem Hybrid-Unterricht in 90% der Schulen (in NRW) gar nichts ohne Zusatzengagement und rechtliche Grauzonen, die durch Lehrkräfte beschritten wurden, gelaufen wäre. Also wirklich gar nichts. Wir hatten keine Dienstgeräte (wir arbeiten mit personenbezogenen Daten von Schülerinnen und Schülern), keine guten Mikros und Webcams, lange Zeit keine Videokonferenzplattformen, unzureichende Lernplattformen und keine Zeit Konzepte für Distanz- oder Hybridunterricht auch nur ansatzweise auszuarbeiten, etc.

Das klingt eher nach einer gefühlten Selbstverpflichtung gegenüber den Schülern, als dass es von der Schulleitung erwartet wäre. Solange das eine intrinsische Motivation ist sehe ich da auch kein Problem. Im Gegenteil, so ein zusätzliches Engagement hilft bestimmt dem gefühlten schlechten Image der Lehrer entgegenzuwirken.

JahrhundertwerkTVÖD

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Das ist ja ein richtiger Jammer Thread.

Es gibt nun mal Lehrer und Lehrer.
Nicht jeder ist gleich motiviert und leistet den gleichen Aufwand.
Ist halt so und völlig normal. Jeder hat wohl auch schon den ein oder anderen motivierten, aber auch nicht so motivierten Lehrer kennengelernt.

Es gibt durchaus einige Punkte die nicht gerade positiv sind und eher abschrecken diesen Beruf zu ergreifen. Für mich persönlich, wäre es die sehr negative Entwicklung unserer Gesellschaft was sich logischerweise auch bei den Kindern widerspiegelt.
Ich denke, der Fließbandarbeiter bei Daimler hat (mit Nachtzuschläge) weniger psychischen Stress bei annähernd gleicher Bezahlung.

Beim Thema Vergütung sollte fairerweise ein Vergleich mit dem sonstigen öffentlichen Dienst geschehen.
Da sind Lehrer mit A13 durchaus hoch eingestuft. Wie gesagt zu vielen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Ob Polizisten, Ingenieure (mit Verantwortung für mehrfache Millioneninvestitionen), Amtsleiter, Pflegekräfte, Rettungsdienste, Feuerwehr, Sozialarbeiter, Jugendhilfe etc. etc.
Auch die oben genannten haben tagtäglich etliche Überstunden, sehr hohe Verantwortung und auch Kinder aus schwierigen sozialen Umfeld, bei deutlich schlechterer Vergütung.

Was ich damit sagen möchte. Der komplette öffentliche Dienst ist mittlerweile völlig unterbezahlt.
Mit Verlaub, geht's den meisten Lehrern nicht am schlechtesten. Auch wenn diese es so sehen.

nevarro

  • Gast
Das ist ja ein richtiger Jammer Thread.

[...]

Was ich damit sagen möchte. Der komplette öffentliche Dienst ist mittlerweile völlig unterbezahlt.
Mit Verlaub, geht's den meisten Lehrern nicht am schlechtesten. Auch wenn diese es so sehen.

Es ist ein Thema zu Plänen, die Lehrkräfte betreffen. Die Wochenarbeitszeit von Beamten liegt (in NRW) bei 41 Stunden. Es geht um die Einschränkung von Teilzeit sowie die mögliche Erhöhung der Arbeitszeit bei Lehrkräften. Wieso ist es jetzt etwas Anderes, wenn Beamte in höheren Besoldungsstufen Überstunden machen und sich darüber beschweren?

Zumal die im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen eben nicht durch Stempeln oder andere Verfahren festgehalten und dann irgendwann abgefeiert werden können. Mehrarbeit als solche gibt es nur bei zusätzlichen Unterrichtsstunden. Alle anderen Überstunden werden gar nicht erfasst.

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Es ist ein Thema zu Plänen, die Lehrkräfte betreffen. Die Wochenarbeitszeit von Beamten liegt (in NRW) bei 41 Stunden. Es geht um die Einschränkung von Teilzeit sowie die mögliche Erhöhung der Arbeitszeit bei Lehrkräften. Wieso ist es jetzt etwas Anderes, wenn Beamte in höheren Besoldungsstufen Überstunden machen und sich darüber beschweren?

Zumal die im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen eben nicht durch Stempeln oder andere Verfahren festgehalten und dann irgendwann abgefeiert werden können. Mehrarbeit als solche gibt es nur bei zusätzlichen Unterrichtsstunden. Alle anderen Überstunden werden gar nicht erfasst.

In den Plänen geht es nicht um die Erhöhung der Arbeitszeit bei Lehrkräften, sondern um Vergrößerung der Klassen und die Erhöhung der Zahl der Unterrichtsstunden. Insoweit ergeben sich keine Überstunden oder längere Arbeitszeiten, da die Anzahl der Wochenstunden gleich bleibt.

nevarro

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In den Plänen geht es nicht um die Erhöhung der Arbeitszeit bei Lehrkräften, sondern um Vergrößerung der Klassen und die Erhöhung der Zahl der Unterrichtsstunden. Insoweit ergeben sich keine Überstunden oder längere Arbeitszeiten, da die Anzahl der Wochenstunden gleich bleibt.

Sachsen-Anhalt ist schon weiter. Dort soll die Unterrichtszeit um eine Stunde erhöht werden. Das ist eine reale Gefahr, auch für andere Bundesländer. Siehe hier: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/sachsen-anhalt-lehrkraefte-sollen-laenger-arbeiten-a-88196435-4f4e-4afa-a5c3-f100a4a04be2.

Wie soll hiervon nicht die Arbeitszeit betroffen sein?

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Wie soll hiervon nicht die Arbeitszeit betroffen sein?

na die Arbeitszeit ist doch begrenzt auf - in deinem Fall - 41 Stunden pro Woche. Soweit mir bekannt, ist dies sogar per Gesetz bzw. Verordnung bestimmt. Eine Änderung dieser Regelung wurde nicht thematisiert.

nevarro

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na die Arbeitszeit ist doch begrenzt auf - in deinem Fall - 41 Stunden pro Woche. Soweit mir bekannt, ist dies sogar per Gesetz bzw. Verordnung bestimmt. Eine Änderung dieser Regelung wurde nicht thematisiert.

Du redest also weiter davon, dass man andere Aufgaben liegen lassen soll, um die eigentliche Arbeitszeit nicht zu überschreiten? Dass dies in der Praxis nicht so einfach möglich ist, haben Dir Andere doch aufgezeigt. Nach aktuellen Erhebungen sind das so schon 5,5 Wochenstunden. Wie soll das aussehen, wenn noch eine Unterrichtsstunde dazukommt? Die braucht ja auch wieder Vor- und Nachbereitung.
Wenn Du stets so starr bei deinen "Argumenten" bleibst, wirst Du in jeder Diskussion gegen die Wand fahren.

Rate mal, wer der Buhman dafür ist, wenn Klassenfahrten nicht mehr stattfinden, weil Lehrkräfte sich weigern, diese zu begleiten.

Zitat von: Organisator
Im Gegenteil, so ein zusätzliches Engagement hilft bestimmt dem gefühlten schlechten Image der Lehrer entgegenzuwirken.

Hieran besteht gesellschaftlich kein Interesse. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Handeln, wie von Dir empfohlen, wird keine Effekte haben, außer dass der Schulfrieden gestört wird. Ich erinnere an die Fürsorgepflicht der Dienstherren. Im Tausch gegen das Streikrecht ist es seine Aufgabe, sich proaktiv zu kümmern. Es ist nicht die Aufgabe der Lehrkräfte, das System auflaufen zu lassen. Auch das haben Dir Andere schon erklärt.

Unknown

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Passend dazu:
Zitat
Grundschule in Niedersachsen führt Viertagewoche ein
Was tun, wenn die Lehrkräfte fehlen? Eine niedersächsische Grundschule zieht die Reißleine: Unterricht im Klassenzimmer gibt’s nur noch an vier Tagen pro Woche. Ein Modell, das auch anderswo schon erprobt wird.
https://www.spiegel.de/panorama/bildung/lehrermangel-grundschule-fuehrt-vier-tage-woche-ein-a-fe57dfef-2078-4db2-8609-ac77697f7a18


Organisator

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Du redest also weiter davon, dass man andere Aufgaben liegen lassen soll, um die eigentliche Arbeitszeit nicht zu überschreiten? Dass dies in der Praxis nicht so einfach möglich ist, haben Dir Andere doch aufgezeigt. Nach aktuellen Erhebungen sind das so schon 5,5 Wochenstunden. Wie soll das aussehen, wenn noch eine Unterrichtsstunde dazukommt? Die braucht ja auch wieder Vor- und Nachbereitung.
Wenn Du stets so starr bei deinen "Argumenten" bleibst, wirst Du in jeder Diskussion gegen die Wand fahren.

Rate mal, wer der Buhman dafür ist, wenn Klassenfahrten nicht mehr stattfinden, weil Lehrkräfte sich weigern, diese zu begleiten.
ich rede davon zu überlegen, wie man dieser Situation begegnen kann. Schlaue Ratschläge traue ich mir jedoch nicht zu, da solche Ratschläge von außen selten hilfreich sind.

Aber, da du konkret fragst: Bei gleicher Arbeitszeit und mehr Aufgaben gibt es die Möglichkeiten der Standardisierung oder der Absenkung der Qualität. Da kann man sicher über den Tellerrand denken und als Pädagoge entsprechende fundierte Vorschläge machen, was im Übrigen auch meine Erwartung an dich wäre.

Als schlechtes Beispiel sei hier mal mein damaliger Erdkundelehrer genannt, der seit Jahren das selbe Thema mit den selben Lehrmaterialien unterrichtet hat. Das senkt die Vor- und Nachbereitungszeit extrem.

Oder wie du schreibst, die Absage von Klassenfahrten. Pädagogisch geschultes Personal weiss sicherlich die Eltern und Kinder darüber aufzuklären, woran eine solche Absage liegt.

Ansonsten habe ich bislang keine "Argumente" aufgeführt sondern rechtliche Grundlagen genannt.

Zitat von: Organisator
Im Gegenteil, so ein zusätzliches Engagement hilft bestimmt dem gefühlten schlechten Image der Lehrer entgegenzuwirken.

Hieran besteht gesellschaftlich kein Interesse. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Handeln, wie von Dir empfohlen, wird keine Effekte haben, außer dass der Schulfrieden gestört wird. Ich erinnere an die Fürsorgepflicht der Dienstherren. Im Tausch gegen das Streikrecht ist es seine Aufgabe, sich proaktiv zu kümmern. Es ist nicht die Aufgabe der Lehrkräfte, das System auflaufen zu lassen. Auch das haben Dir Andere schon erklärt.
Ich finde schon, dass gesellschaftliches Interesse an (guter) Bildung besteht. Und auch ist des die Aufgabe u.a. von Lehrern, dabei mitzuwirken.
« Last Edit: 14.02.2023 13:24 von Organisator »

JahrhundertwerkTVÖD

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Da ich selbst schon bei einigen Schulsanierungen maßgeblich beteiligt war, durfte ich auch viele Lehrer kennenlernen.

Meine Erfahrungen gehen sehr in die Richtung von Organisator.
Eine große Mehrheit der Lehrer war nicht bereit über den Tellerrand hinaus zu gucken.
Digitalisierung, White Boards etc................... auf keinen Fall.
Am liebsten noch Kreidetafel und Projektoren.

Selbst bei Schulen, wo sich die Schülerzahlen halbiert haben, wurden keine Möglichkeiten gesehen auf Räume zu verzichten, an der Struktur etwas zu ändern usw.

Dies nur Beispiele.
Natürlich gab es auch motivierte Lehrer. Ganz klar.

Organisator

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(...)
Meine Erfahrungen gehen sehr in die Richtung von Organisator.
Eine große Mehrheit der Lehrer war nicht bereit über den Tellerrand hinaus zu gucken.
(...)

Sorry, den Eindruck wollte ich nicht machen. Ich kann mir da kein Urteil erlauben, da ich Lehrer zu wenig kenne.
Zur Klarstellung: Mir ging es darum, dass Menschen auf Einflüsse von außen auf das eigene Arbeitsumfeld selber reagieren, statt zu sagen, was alles furchtbar ist und vor allem, was nicht geht.

Also ich würde mich freuen, wäre ich akademisch pädagogisch ausgebildet und könnte dazu noch mein Arbeitsumfeld selbst gestalten. Umgekehrt gibts wohl aber auch Menschen, die gerne nach Schema F arbeiten, was ebenso seine Berechtigung hat. Letztere sind dann aber wohl nicht fürs Lehramt prädestiniert.