Autor Thema: [HB] Familienergänzungszuschlag  (Read 11051 times)

Bastel

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #45 am: 31.05.2023 19:54 »
Es wird immer absurder in diesen Land…

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #46 am: 31.05.2023 22:59 »
Ich befürchte, dass die Aufforderung den § 1580 BGB zur Grundlage haben wird, der besagt: "Die geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist entsprechend anzuwenden." Der genannte § 1605 BGB besagt in Abs. 1: "Verwandte in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Über die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen. Die §§ 260, 261 sind entsprechend anzuwenden." Die vom Bremer Gesetzgeber kodifizierte Form der Besoldung setzt entsprechend voraus, dass der geschiedene Ehepartner von seinem ehemaligen Ehepartner zunächst zur Herausgabe von Verdienstbescheinigungen - bzw. sämtlich weiterer ggf. notwendiger Nachweise - aufgefordert wird und dass dieses Recht vom Auffordernden ggf. gerichtlich durchgesetzt wird, worin sich ein weiteres Mal der offensichtlich verfassungswidrige Gehalt der Regelung offenbart. Denn da ggf. der vom absoluten Alimentationsschutz umfasste Gehalt der Mindestalimentation bis auf Weiteres nicht gewährt wird und in nicht wenigen Fällen insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen davon auszugehen ist, dass ohne die Gewährung des entsprechenden FEZ nur eine Alimentation unterhalb des Grundsicherungsniveaus vollzogen wird - diese Gefahr wird mit zunehmender Kinderzahl nur umso größer -, sollte davon auszugehen sein, dass auch diese Regelung keinen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht finden kann. Denn in Anbetracht der Überlastung der Gerichte und unter Beachtung des Instanzenwegs dürfte eine ggf. notwendige Klage eine mehrjährige Alimentation unterhalb des Grundsicherungsniveaus nach sich ziehen.

Darüber hinaus bleibt zu bedenken, dass die Performa Nord weiterhin wegen § 30 AO nicht berechtigt ist, die Steuerbescheide Dritter anzufordern, denn zu deren Einsicht hat sie entsprechend kein Recht. Auch der geschiedene Ehepartner kann weder durch seinen ehemaligen Ehepartner noch durch das Land Bremen dazu gezwungen werden, seinen Steuerbescheid offenzulegen (im Sinne von § 1580 oder § 1605 BGB können nur Belege, kann aber nicht der Steuerbescheid angefordert werden). Insofern stellt sich die Frage, ob es das Land darauf ankommen ließe, sofern es Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben des geschiedenen Ehepartners - insbesondere die Vollständigkeit seiner Angaben betreffend - hegte, ihn auf die vollständige Herausgabe sämtlicher notwendiger Unterlagen zu verklagen - darüber hinaus bliebe weiterhin die Frage, wie in diesem Fall ggf. bis zum rechtkräftigen Ergebnis einer solchen Klage mit dem grundrechtgleichen Indivdualrecht des Beamten und seiner Familie, amtsangemessen alimentiert zu werden, verfahren werden soll.

Hinsichtlich des steuerlich veranlagten Ehepartners sieht das prinzipiell übrigens ähnlich aus - was bedeuten müsste, dass das Land bei ggf. vorliegendem Zweifel an den Angaben des in keinem unmitelbaren Rechtsverhältnis zu ihm stehenden Ehepartners diesen offensichtlich ebenfalls verklagen müsste. Da der FEZ insbesondere die Alimentation der Familie sicherstellen soll, kann es darüber hinaus augenscheinlich keine zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von geschiedenen und weiterhin vermählten Ehepartnern geben. Auch diese beiden letzten Absätze zeigen den verwaltungsrechtlichen Unsinn der vollzogenen Kodifizierung. Denn insgesamt gilt es zu beachten, dass es um folgende Einkünfte geht, die ggf. nachzuweisen sind (vgl. die Nr. 4 des hier eingestellten Merkblattes https://performanord.bremen.de/dokumente/familienzuschlag-besitzstandszulage-8841):

"Bei den nachzuweisenden Einkünften handelt es sich gemäß § 2 Abs. 3 Einkommensteuer-
gesetz (EStG) um:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
- Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
- Einkünfte aus Kapitalvermögen,
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
- sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG
oder vergleichbare ausländische Einkünfte.
Zu den nachzuweisenden Einkünften zählen auch Leistungen im Sinne des § 32b Abs. 1
Satz 1 Nummer 1 EStG wie beispielsweise
- Arbeitslosengeld,
- Krankengeld,
- Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld sowie
- Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz."

Sofern der Kollege gewerkschaftlich organisiert ist, kann ihm nur geraten werden, sich an die Rechtsabteilung seiner Gewerkschaft zu wenden. Sofern er nicht entsprechend organisiert ist, würde ich den Personalrat einschalten, der wiederum über die Möglichkeit verfügt, sich rechtlich beraten zu lassen.

Das Interesse, um das es mit der Einführung des FEZ offensichtlich geht, macht augenscheinlich der letzte Satz des genannten Merkblatts deutlich:

"Sollten Sie nach Durchsicht dieser Hinweise bereits zu dem Ergebnis kommen, dass Sie
keinen Anspruch auf die Gewährung des Familienergänzungszuschlages haben, ist die
Abgabe einer Erklärung nicht erforderlich."

Zauberberg

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #47 am: 01.06.2023 07:44 »
Danke SwenTanortsch !

Ich finde es nur so unlogisch, dass das Einkommen meines Kollegen für das eheliche Kind nicht relevant ist, aber der leibliche Vater des Stiefkindes muß sein Einkommen darlegen.
Eigentlich gilt doch nur das Einkommend der Frau ! Würde der leibliche Vater des Stiefkindes nachehelichen Unterhalt an die Frau zahlen, wäre es aus meiner Sicht als Einkommen der Frau anzusehen. Sebst der Unterhalt für das Kind ist nicht ihr Einkommen und würde unberücksichtigt bleiben.

...oder wie sehen Sie es ?

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #48 am: 01.06.2023 08:30 »
Ohne dass ich mich tief genug mit der Frage beschäftigt habe und zugleich die konkrete rechtliche Regelung des Bremer FEZ hinreichend genug erinnerte (leider vergisst man wiederkehrend (zu) schnell, was man nicht regelmäßig betrachtet), hört sich das, was Du schreibst (da wir uns hier im Forum gegenseitig Duzen, bleibe ich weiterhin beim "Du" - wenn Du nicht möchtest, musst Du mich nicht Siezen), schlüssig an. Eventuell ist dieses Faktum, dass die Einkünfte des geschiedenen Ehegattens hinsichtlich der Einkünfte des Beamten und seiner Ehefrau zu keiner Veränderung führen, dem Sachbearbeiter in der Performa Nord nicht bewusst oder er legt ggf. ob der vielen neuen Regelungen und Prüfungsaufträge die Sachlage falsch aus - vom Gefühl her ist es auf jeden Fall nicht verhältnismäßig, dass Verdienstbescheinigungen oder auch nur Auskünfte Dritter herangezogen werden sollten, die für die sachlich notwendigen Bemessungen unerheblich sind. Hier sollte m.E. mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des Grundrechts auf informelle Selbstbestimmung des geschiedenen Ehemanns vorliegen, wie es vom Bundesverfassungsgericht als allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt worden ist. Als Folge sollte die Aufforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zulässig sein.

Insofern würde ich anstelle des Kollegen ggf. zunächst einmal mit dem Sachbearbeiter der Performa Nord sprechen, ihm die Sachlage schildern und um Auskunft über die konkreten rechtlichen Grundlage bitten, die der Entscheidung zugrunde liegen, ihn aufzufordern, Auskünfte über die Einkünfte des geschiedenen Ehemanns seiner Ehefrau beizubringen, die wiederum offensichtlich keine sachliche Relevanz bei der Bemessung des Familieneinkommens haben - darüber hinaus würde ich an seiner Stelle ggf. die geltenden Widerspruchsfristen beachten, sofern bereits vonseiten der Performa eine Entscheidung über seine Ansprüche vollzogen worden ist.

Halte uns nach Möglichkeit hier auf dem Laufenden, wie sich der Fall weiterentwickelt, wie also ggf. die Auskunft des Sachbearbeiters aussieht. Denn hiervon könnten ggf. weitere Kolleginnen und Kollegen betroffen sein, nämlich sofern man von ihnen ähnliche Informationen erwartete.

Zauberberg

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #49 am: 01.06.2023 10:24 »
Danke SwenT. !

Mein Kollege hat mit einem Vorgesetzten der Performa Nord gesprochen. Es ist in der Tat so, dass nach Anweisung des Senators für Finanzen, die Einkünfte der Stiefväter/mütter einzubeziehen sind und somit eigentlich im Großteil der Fälle damit der FEZ für diese Kinder nicht gezahlt wird. Eine befriedigende Begründung warum dieses so ist, konnte ihm also nicht gegeben werden. Es wurde davon gesprochen, dass die Vorschrift neu ist und es zukünftig  evtl. zu anderen Anweisungen kommen könnte, wenn erste Erfahrungen vorliegen.

Es bleibt spannend ! Der Kollege ist unentschlossen, wie er nach Erhalt des Bescheids weitermacht.

Malkav

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #50 am: 01.06.2023 10:51 »
Es bleibt spannend ! Der Kollege ist unentschlossen, wie er nach Erhalt des Bescheids weitermacht.

Ach ich glaube das VG Bremen wäre nicht soooo böse über eine Gelegenheit kurzfristig etwas zum Verfahren zur Bewilligung des FEZ und ggf. dessen Vereinbarkeit mit Art. 33 GG und/oder § 30 AO sagen zu dürfen.

Wenn der Antrag deines Kollegen formell negativ beschieden werden würde, müsste dieser Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Ich würde das benannte Rechtsmittel durchziehen wollen. Spannend wird es dann, ob das VG bereits diese erste Gelegenheit dazu nutzen würde die Norm dem BVerfG vorzulegen. Eine Vorlage auf Landesebene an den Staatsgerichtshof Bremen scheitert wohl an der fehlenden Verweisung in der Landesverfassung.

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #51 am: 01.06.2023 18:44 »
Das sind wie immer wichtige Gedanken, Malkav - und zugleich ist es wichtig, dass bei einer negativen Bescheidung innerhalb der zu beachtenden Frist Widerspruch eingelegt wird, Zauberberg, so wie das Malkav ebenfalls hervorhebt. Darauf würde ich den Kollegen noch einmal hinweisen.

Denn wie ich in meinem letzten Beitrag geschrieben habe, sollte eine so praktizierte Regelung, wie sie der Vorgesetzte skizziert, keiner Prüfung der Verhältnismäßigkeit standhalten - nicht umsonst dürfte sich diese Vorgehen der Verwaltung kaum aus dem Gesetz ableiten lassen. Denn das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung hat - wie allein schon die Artikel, aus denen es abgeleitet wird, einen verfassungsrechtlich hohen Rang. Darüber hinaus würde ich dem Kollegen raten, einzufordern, dass ihm die konkrete Anweisung des Finanzsenators zur Verfügung gestellt wird. Diese Einforderung, die schriftlich erfolgt (und sachlich, freundlich und inhaltlich bestimmt formuliert werden sollte) würde ich darüber hinaus jeweils mit Datum dokumentieren und das ebenso in der Einforderung ankündigen. Auch auf dieses Ergebnis wäre ich gespannt. Denn der Finanzsenator muss ja sein Handeln auf eine gesetzliche Grundlage stellen können. Auch das Gespräch mit dem Vorgesetzen der Performa Nord würde ich mittels eines Gesprächsprotokolls dokumentieren (nicht zuletzt mit jeweils dem Datum des Gesprächs und des Protokolls) und es dem Vorgesetzen zusenden mit der Bitte um Bestätigung oder Korrektur des Inhalts. Ein solches Vorgehen dürfte gewährleisten, dass das Vorgehen vonseiten des Kollegen gerichtsfest sein dürfte. Es dürfte darüber hinaus nicht unwahrscheinlich sein, schätze ich, dass die jeweilige Reaktion der Adressaten in gewisser Hinsicht interessant werden könnte.

Zauberberg

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« Antwort #52 am: 02.06.2023 11:33 »
SwenT. ! Du hast völlig recht, die Begründung ist sehr wackelig und mit Sicherheit nicht verhältnismäßig. Jedoch hat mein Kollege schon angedeutet, dass er es dabei belassen wird, weil er sich nicht so (rechts)sicher fühlt, dass er (und auch ich nicht) eine erfolgversprechnde Widerspruchsbegründung formulieren kann, bzw. sich den weitereren Instanzenweg zutraut. Genau das ist, was die Performa/Sen. für Finanzen erreichen will und das macht mich so wütend und sauer. Eine Regelung erstellen, jedoch eine Auslegung schaffen, dass alle Beamte die Stiefväter sind von der Regelung zu 99 % ausgeschlossen sind.
Es freut mich übrigens immer, mich mit Euch auszutauschen, obwohl meine Frau sagt, lass es, es ist ein Kollege und Du regst Dich so auf.

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #53 am: 02.06.2023 17:04 »
Wir könnten die Regelung auch noch weitergehend betrachten, um deren augenscheinlich sachwidrigen Gehalt vor Augen zu führen: Die Regelung sieht vor, grundrechtlich geschützte Informationen Dritter einzufordern, die für den Sachverhalt sachlich keine Relevanz haben, da die Höhe der Einkünfte jenes Dritten keine Auswirkung für die Bemessung des Familieneinkommens der von der rechtlichen Regelung Betroffenen hat. Darin zeigt sich der nicht verhältnismäßige Charakter der dargelegten Regelung genauso, wie sich die geplante Verletzung des Grundrechts auf informelle Selbstbestimmung eines Dritten (des geschiedenen Ehepartners der jetzigen Ehefrau) in ihr offenbarte. Tatsächlich ist kein sachlicher Grund gegeben, dass der geschiedene Ehegatte Auskünfte über seine Einkünfte gegenüber seinem ehmaligen Ehegatten - der jetzigen Ehefrau des von der gesetzlichen Regelung betroffenen Beamten - offenlegen müsste. Denn für die Feststellung eventuell gegebener Unterhaltsansprüche wären diese Auskünfte unerheblich, sodass nach § 1580 BGB i.V.m. § 1605 BGB der ehemalige Ehegatte - die jetzige Ehefrau des betroffenen Beamten - keinen Rechtsanspruch, keinen sachlichen Grund, gegenüber seinem ehemaligen Ehegatten anführen könnte, der ihn berechtigte, seine ihm mittelbar durch den Dienstherrn seines Ehemanns auferlegte Forderung zur Einsicht in die Einkünfte jenes Dritten durchzusetzen. Eine entsprechende Klage des ehmaligen Ehegattens - der jetzigen Ehefrau des betroffenen Beamten - gegen den Dritten - den ehemaligen Ehegatten der jetzigen Ehefrau des betroffenen Beamten - müsste jedes Verwaltungsgericht von daher zurückweisen, da es ihr an einem sachlichen Grund gebrechen würde, sodass eine entsprechende Klage als unbegründet zu betrachten wäre. Eine entsprechende und also sachlich unbegründete Klage sollte folglich prinzipiell ausnahmslos nicht von Erfolg gekrönt sein können - ohne eine erfolgreiche Klage in diesem Fall könnte aber wiederum der jetzige Ehemann der erfolglosen Klägerin seinen ggf. vorhandenen Rechtsanspruch gegenüber seinem Dienstherrn nicht durchsetzen. Darin zeigte sich der mindestens rechtswidrige Charakter der Regelung, die nach Auskunft des Dienstvorgesetzten auf eine Anweisung des Finanzsenators zurückgehen sollte.

Wie gesagt, sofern sich der Dienstvorgesetzte so wie geschildert gegenüber Deinem Kollegen geäußert hat, dürfte davon auszugehen sein, dass er die Rechtslage nicht hinreichend geprüft hat, die ihn hingegen zwingend dazu hätte veranlassen müssen, gegen die von ihm ins Feld geführte Anweisung des Finanzsenators zu remonstrieren - jedenfalls mindestens, sofern er gegenüber Deinem Kollegen hier in einer exekutierenden Form handeln würde. Denn auch der Dienstvorgesetzte unterliegt in seinem dienstlichen Handeln dem § 36 BeamtStG, der in seinen ersten beiden Absätzen lautet:

"(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.
(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen."

Genau deshalb würde ich dem Kollegen bei allen ggf. seinerseits vorhandenen Befürchtungen oder Zweifeln raten, das entsprechende Gesprächsprotokoll zu formulieren und es dem Dienstvorgesetzten wie dargelegt mit der Bitte um Bestätigung oder Korrektur vorzulegen. Denn manchmal müssen auch Dienstvorgesetzte und ggf. Finanzsenatoren zum Jagen getragen werden, wenn man möchte, dass sich etwas ändert. Denn sofern vonseiten des Finanzsenators eine entsprechende Anweisung erfolgt sein sollte, wäre diese offensichtlich rechtswidrig - und da ebenfalls Finanzsenatoren der Amtshaftung nach § 839 (1) BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG unterworfen sind, sollte davon auszugehen sein, dass eine entsprechende Anweisung, sofern sie so vorliegen sollte, nicht mehr allzu lange Bestand hätte, sofern gegen sie remonstriert werden würde.

§ 839 Abs. 1 BGB lautet: "Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag."

Fahrlässigkeit wäre in diesem Fall offensichtlich auszuschließen, da einem Finanzsenator die geballte juristische Expertise seines Hauses zur Verfügung steht, sodass eine solche Anweisung kaum ohne Vorsatz vollzogen werden könnte.

Art. 34 S. 1 GG hat folgende Ausssage zum Inhalt: "Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht."

Da hier explizit von "jemand" und nicht eingeschränkt nur von "Beamten" gesprochen wird, erstreckt sich die Amtshaftung ebenso auf Finanzsenatoren. Es würde folglich als Resultat kein direkter Anspruch gegenüber einem solchen Finanzsenator zur Geltung gebracht werden können, da ein Finanzsenator nicht dem Beamtenstatusgesetz und damit nicht dem dort formulierten ersten Satz des § 48 unterliegt: "Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen" - jedoch sollte ein entsprechend handelnder Finanzsenator, der also als solcher ggf. solche offensichtlich rechtswidrigen Anweisungen vorsätzlich tätigte, mindestens politisch gehörig unter Druck geraten können, sodass er ggf. zur Belastung für die Regierung werden könnte.
« Last Edit: 02.06.2023 17:11 von SwenTanortsch »

Zauberberg

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #54 am: 07.06.2023 08:59 »
Vielen Dank SwenT. !
Mein Kollege ist hat noch keinen Bescheid erhalten, überlegt jedoch gegen eine negativen Bescheid evtl. doch Widerspruch einzulegen, da ihm Deine Argumentation doch sehr in seiner Auffassung bestätigt.  Kannst Du mir sagen, ob ein dann evtl. folgender Widerspruchsbescheid kostenpflichtig ist und wie hoch diese Kosten wären ?

SwenTanortsch

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« Antwort #55 am: 07.06.2023 09:37 »
Ein Widerspruch ist generell erst einmal kostenfrei. Er hat nur zur Folge, dass der eigene Anspruch bis zu seiner negativen Bescheidung aufrechterhalten wird. Zugleich veranlasst er die Verwaltung, die eigene Entscheidung zu prüfen. Kommt sie dabei zu dem Schluss, dass der Widerspruch sachgerecht ist, wird sie ihre Entscheidung korrigieren. Kommt sie hingegen zu dem Schluss, die Entscheidung sei sachlich einwandfrei, wird sie den Widerspruch negativ bescheiden. Danach stände dann der Weg vor das Verwaltungsgericht offen, so wie das Malkav unlängst dargelegt hat. Jener Weg wäre mit Kosten verbunden, die allerdings nicht allzu hoch ausfallen dürften, ggf. hat Dein Kollege auch eine Rechtsschutzversicherung oder er ist Mitglied einer Gewerkschaft, bei der man anfragen könnte, ob sie ein Musterverfahren finanziell begleiten würde. Politisch würde dieser Weg die sich anbahnende neue Landesregierung gleich zu Beginn ggf. deutlich unter Druck setzen - wobei dieser Druck sowieso bereits im Kessel ist, da das Bundesverfassungsgericht in seiner anstehenden Entscheidung eine heute bereits absehbare Entscheidung treffen wird, da in den Jahren 2013 und 2014 - dem von ihm betrachteten Klagezeitraum - das Mindestabstandsgebot eklatant verletzt worden ist, wie es aktuell hier gezeigt wird:

http://www.zbr-online.de/
www.zbr-online.de/click_buy/2023/schwan.pdf

Ergo: Ich würde anstelle Deines Kollegen einem entsprechenden Bescheid auf jeden Fall widersprechen. Das kostet nichts und er hätte daraufhin Gelegenheit, sich im Anschluss zu überlegen, ob er dann den Klageweg beschreiten wollte - sofern eine solche Klage einigermaßen sachgerecht begründet werden würde, dürfte es so kommen, wie das Malkav unlängst dargelegt hat.

Zauberberg

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #56 am: 07.06.2023 10:01 »
Danke Swen !
Ich meinte, ob der negatie Widerspruchsbescheid kostenpflichtig ist. Danke !
Weiter hatte ich selbst überlegt, ob meine Kollege nicht vielleicht eine Rechtschutzversicherung in Anspruch nimmt. Das würde nach meiner Erfahrung, aber nach dem negativem Grundbescheid eine Anfrage bei der Versicherung voraussetzen, denn mit dem negativem Grundbescheid ist der Schaden für den Kollegen entstanden und somit kann die Anfrage bei der Rechtsschutzvericherung erfolgen und dann vielleicht bei Zusage der Kostenübernahme schon der Widerspruch durch einen Fachanwalt der Versicherung oder eines freien Fachanwalt vorgenommen werden. Sehe ich dass richtig ? So, braucht er sich nicht selber an die Formulierung auf einem Rechtsgebiet aufmachen, auf welchem er nicht sicher ist und eine Anwalt hat mehr "Power/Anerkennung" bei der Behörde.

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #57 am: 07.06.2023 10:42 »
Ein Widerspruch muss anders als eine Klage nicht umfassend begründet werden, Zauberberg. Der Widerspruch hemmt zunächst nur den Vollzug der von ihm bezweifelten Verwaltungsentscheidung und soll der Verwaltung Gelegenheit geben, ihre Entscheidung sachlich zu prüfen. Entsprechend bedarf es keines umfassenden Widerspruchsschreibens, da die Beweisführungslast der eigenen Sicht erst im Klageverfahren umfassend zu erfolgen hat. Entsprechend kann ausgehend von der Rechtsmittelbelehrung, die der ablehnende Bescheid standardisiert enthalten wird, ein kurzer Rechtsbehelf formuliert werden, der dann als solcher statthaft ist. Alles, was dafür notwendig ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung 4 C 2.18 vom 09.05.2019 klargestellt: https://www.bverwg.de/090519U4C2.18.0

Ich gehe davon aus, dass Dein Kollege auch an dieser Stelle hier im Forum bei der Formulierung Unterstützung erhält, sofern er den Bescheid - natürlich anonymisiert - hier einstellt, nachdem er ihn erhalten hat. Darüber hinaus würde ich zum jetzigen Zeitpunkt an Stelle des Kollegen tatsächlich eine entsprechende Anfrage stellen. Gegebenenfalls kann er, sofern das notwendig sein sollte, sein Anliegen mit dem sachlich unterfüttern, was ich hier unlängst geschrieben habe.

Zauberberg

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« Antwort #58 am: 07.06.2023 11:07 »
@Swen, ich habe meinem Kollegen Deine Argumente an die Hand gegeben . Soll er diese ruhig in der Widerspruchsbegründung aufnehmen. Vielleicht wird dem Wiederspruch ja mit dieser Argumentation abgeholfen.
Parallel soll er nach dem Erhalt des Bescheides bei der Rechtsschutzversicherung anfragen.
Bin echt gespannt auf den Bescheid !

SwenTanortsch

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Antw:[HB] Familienergänzungszuschlag
« Antwort #59 am: 07.06.2023 12:03 »
Wünsch Deinem Kollegen alles Gute von mir und halte uns hier auf dem Laufenden, Zauberberg...