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Amtsangemessene Alimentation

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bebolus:
Ich hoffe es geht in Ordnung das hier zu Posten.. Das Video ist schon etwas älter, aber gerade die erste halbe Stunde fand ich als Grundlage hilfreich.

https://youtu.be/4zaggxFGzUc?si=Gz4kTYXKJ3ZZ47c0

PolareuD:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 03.09.2025 21:34 ---Diese, was die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung eines Widerspruch anbelangt, recht komplexe aktuelle Entscheidung des VG Hamburg vom 15.7.2025 - 14 B 21/25 -, https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/NJRE001618791, könnte ggf. später auch noch einmal für Bundesbeamte von Interesse werden, die ab 2021 keinen Widerspruch gegen die ihnen gewährte Alimentation eingelegt haben. Ich halte es zwar für recht wahrscheinlich, dass Gerichte den Hamburger Fall wegen des konkret anderen Handelns des dortigen Dienstherrn anders und eben als erheblich konkreter beurteilen werden als den vorliegenden Fall des Bundes, sodass aus der Entscheidung der Kammer (die darüber hinaus weiterhin nicht rechtskräftig ist) m.E. mit einiger Wahrscheinlichkeit keine hinreichenden Ableitungen für den Bund gezogen werden können. Nichtsdestotrotz führe ich ihn hier zu Dokumentationszwecken auf. Ich würde ihn gerne interpretieren, dazu fehlt mir aber im Moment die Zeit.

Wer bislang als Bundesbeamter keinen Widerspruch eingelegt hat, sollte den Link ggf. abspeichern bzw. - sofern heute vorhanden - dessen Inhalt eventuell mit seinem Rechtsbeistand besprechen.

--- End quote ---

PolareuD:
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!

Lichtstifter:
Für alle, die noch nachträglich Widersprüche einlegen wollen sei die Formulierung vom User "GoodBye" an Herz gelegt.


--- Zitat ---Hier vielleicht ein Textbaustein, der sich an die gewöhnliche Einlegung des Widerspruchs für die Jahre 2021, 2022, 2023, 2024 anschließt:

Gleichzeitig beantrage ich hinsichtlich meines Widerspruches hilfsweise Wiedereinsetzung in der vorherigen Stand. Zwar hat das für die Besoldung der Bundesbeamten zuständige Bundesministerium des Innern mit Rundschreiben vom 14.06.2021 unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des BVerfG aus Mai 2020 auf das Erfordernis der haushaltsjahrnahen Geltendmachung verzichtet, dennoch ist der Widerspruch aus Rechtsgründen einzulegen. Dieser wäre aufgrund des Verzichts ohnehin zulässig.

Hilfsweise ist zu berücksichtigen, dass Dienstherr und Beamte in einem besonderen Treueverhältnis zueinander stehen. Mit dem o.g. Rundschreiben hat der Dienstherr offen zugestanden, dass die gegenwärtige Alimentation verfassungswidrig sei. Eine Behebung dieses Zustandes ist seit nunmehr 4 Jahren seit Erlaß des Rundschreibens nicht erfolgt. Zwischenzeitliche Entwürfe hatten weiterhin offensichtlich verfassungswidrige Regelungen zur Grundlage und sind zudem nicht in das Gesetzgebungsverfahren gelangt.

Unter der Prämisse, dass die Besoldung den Zweck hat, den unmittelbaren gegenwärtigen Bedarf des Beamten und seiner Familie zu decken, ist die Einlegung des Widerspruchs aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens des Gesetzgebers unerläßlich. Dem Beamten stehen offensichtlich keine weiteren Mittel zur Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung, als den Rechtsweg zu beschreiten und die Untätigkeit des Gesetzgebers durch gerichtliche Klärung zu unterbinden.

Dies setzt die Durchführung eines Vorverfahrens voraus, weshalb der Widerspruch zwingend nachträglich einzulegen ist.
--- End quote ---

PolareuD:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 20.09.2025 14:09 ---Genauso ist das, BVerfG.

Andreas Voßkuhle hat unlängst noch einmal klargestellt, worum es der neueren Rechtsprechung zum Besoldungsrecht geht: Der weite Beurteilungsspielraum, über den der Gesetzgeber verfügt,

"endet dort, wo die vom Dienstherrn gewährte Alimentation - eventuell unter Hinzunahme anderer anrechenbarer Leistungen [Fn.] - nicht mehr amtsangemessen ist.

Wann die Grenze zur Unteralimentation konkret überschritten war, blieb in der Vergangenheit weitgehend offen, sodass der Besoldungsgesetzgeber eine verfassungsgerichtliche Kontrolle kaum fürchten musste und dementsprechend die Besoldungen in vielen Bereichen abschmolz. Erst in jüngerer Zeit hat das Bundesverfassungsgericht dem einstmals 'zahnlosen Tiger' des Alimentationsprinzips in einer Reihe von Entscheidungen 'Zähne' eingezogen [Fn.]. Verfassungswidrig ist die Alimentierung in materieller Hinsicht danach immer dann, wenn sie 'evident unzureichend' ist. [nachfolgend: Darstellung des 2015 erstellen "Pflichtenhefts", die hier nicht mitzitiert wird].

Die Festlegung der Besoldungshöhe wird durch prozedurale Anforderungen an den Gesetzgeber als 'zweite Säule' des Alimentationsprinzips flankiert [Fn.]. Insbesondere muss der Gesetzgeber die Fortschreibung der Besoldungshöhe im Hinblick auf die verfassungsrechtlich relevanten Kriterien bereits im Gesetzgebungsverfahren begründen. [Fn.] Diese verfahrensbezogenen Anforderungen gelten verstärkt bei einer grundlegenden Umgestaltung der Besoldungsstruktur. Die Auferlegung einer Begründungsobliegenheit dient hier dazu, eine (nachvollziehende) verfassungsrechtliche Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen, da dem grundrechtsgleichen Recht auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation keine exakte Besoldungshöhe zu entnehmen ist. [Fn.] Insoweit ist eine Abweichung vom Grundsatz, dass der Gesetzgeber nichts anderes als das Gesetz schuldet, [Fn.] gerechtfertigt."

(Ders./Anna-Bettina Kaiser, § 41 Personal, Ders. u.a. (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 3. Auflage 2022, Rn. 118 ff.; Hervorhebungen im Original fettgedruckt)

Was haben wir also seit 2021 erlebt?

1. Die familienbezogenen Besoldungskomponenten sind seitdem hinsichtlich der ersten beiden Kinder in den meisten Rechtskreisen in erheblicher Höhe angehoben worden. Dass das und warum das so hinsichtlich jener Zuschläge in jenen Höhen für die ersten beiden Kinder nicht möglich ist, habe ich hier die letzten Tage gezeigt.

2. Darüber hinaus habe 13 von 17 Besoldungsgesetzgeber die Partnereinkünfte betrachtet - das ist eine grundlegende Umgestaltung der Besoldungsstruktur, von der der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts spricht -, ohne jedoch entsprechend ihren nun noch einmal verstärkten Begründungsobliegenheiten hinreichend nachzukommen. Die Höhe ehebezogener Besoldungskomponenten, als die sich jene neuen (Familienergänzungs-/familären Ergänzungs-/Ergänzungs-Zuschläge (und wie sie noch so genannt werden) darstellen, lässt sich nicht minder vor Art. 33 Abs. 5 GG rechtfertigen.

3. Bayern und NRW haben darüber hinaus mit der (Wieder-)Einführung eines Ortszuschlags ebenfalls eine grundlegende Umgestaltung der Besoldungsstruktur vorgenommen, was also ebenfalls besondere Begründungspflichten nach sich gezogen hat, die nicht hinreichend erfüllt worden sind; warum das so ist, ist hier vor ein paar Tagen noch einmal von PolareuD verlinkt worden.

Die beiden Autoren beenden jenen Abschnitt schließlich, indem sie noch einmal den Zweck der neueren Besoldungsrechtsprechung des Senats hervorheben:

"Die Konkretisierung des Gewährleistungsgehalts des Alimentationsprinzips erklärt sich vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung des Besoldungsrechts in den letzten Jahren [das nimmt den Faden zum Eingangszitat auf, nämlich dass die Besoldungsgesetzgeber in den letzten Jahren "die Besoldungen in vielen Bereichen" abgeschmolzen haben, darin bricht sich die hier hervorgehobene Gesamtentwicklung des Besoldungsrechts, vgl. oben; ST.]. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist vor allem von drei Anliegen getragen:

[1.] Zentral ist das Ziel, die normative Verbindlichkeit des Alimentationsprinzips zu stärken, um die Heranziehung der Beamtenbesoldung und -versorgung zur Haushaltskonsolidierung zu begrenzen. [Fn.]

[2.] Daneben soll einer zu starken Besoldungsdivergenz zwischen den Bundesländern nach der Föderalismusreform entgegengewirkt werden, [Fn.]

[3.] schließlich, drittens, geht es darum, den (Landes-)Gesetzgebern vor Augen zu führen, dass qualifizierte Fachkräfte ohne angemessene Alimentierung nicht zu gewinnen ist. Wer diesen Zusammenhang negiert, gefährdet den verfassungsrechtlich festgeschriebenen Funktionsauftrag des öffentlichen Dienstes."

(ebd., Rn. 118d)

Wer mir jetzt erzählen möchte, dass die Gewinnung hinreichend qualifizierten Personals im Sinne von Nr. 3 vor allem durch die Anhebung familienbezogener Besoldungskomponneten erreicht werden könne, sollte sich bemüßigt fühlen, das sachgerecht zu begründen, oder sich darüber im Klaren sein - sofern er eine sachgerechte Begründung nicht geben könnte -, dass er mit dieser Sicht auf die Dinge ebenfalls den Zusammenhang zwischen einer amtsangemessenen Alimentierung und der Gewinnung hinreichend qualifizierten Nachwuchses (der weit überwiegend ohne Kinder in ein Dienstverhältnis eintritt) negiert und so nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts genauso den verfassungsrechtlich festgeschriebenen Funktionsauftrag des öffentlichen Dienstes gefährdet.

Wer die mittlerweile extreme Divergenz in der Gewährung solcher familiärer Besoldungsbestandteile in den einzelnen Rechtskreisen als sachgerecht erachtet, die die Nr. 2 als solche als nicht sachgerecht betrachtet, müsste auch das hinreichend sachlich begründen.

Und wer schließlich meinte, dass Familien-, Familienergänzungs-, Orts- oder andere Zuschläge, respektive auch Sonderzahlungen - allesamt Besoldungskomponenten, die keinen besonderen Schutz durch das Grundgesetz genießen, da sie kein Teil des Alimentationsprinzips sind -, die normative Verbindlichkeit des Alimentationsprinzips stärken würden, der müsste erklären, wie das mit der Nr. 1 zusammengehen sollte. Denn eine Stärkung der normativen Verbindlichkeit des Alimentationsprinzips ist sicherlich eher nicht mit Zuschlägen und anderen Mitteln zu vollziehen und zu erreichen, die allesamt gar kein Bestandteil des Alimentationsprinzips sind. Die seit 2021 erstellten Formen und Höhen jener Zuschläge werden dahingegen gerade deshalb von den Besoldungsgesetzgeber herangezogen, um die sachgerechte Begrenzung der Heranziehung der Beamtenbesoldung und -versorgung zur Haushaltskonsolidierung zu umgehen; sie liegen also ebenfalls quer zu dem, was der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts unlängst noch einmal klarstellend ausgeführt hat.

So sieht die Sachlage aus der Sicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts aus, der maßgeblich dafür gesorgt hat, dass der Zweite Senat seine Entscheidungen so getroffen hat, wie er sie getroffen hat, da er nicht erst seit 2012 der jeweilige Berichterstatter gewesen ist und also die Entscheidungsbegründung aller seit 2012 maßgelichen Entscheidungen geschrieben hat. Wer es also anders sehen sollte als der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sollte sich bemüßigt sehen, seine Sichtweisen sachgerecht zu widerlegen.

Könntest Du diesen Beitrag im Sammelthread einstellen, PolareuD? So kann jeder, der möchte, wenn ihm also der Rückfall von 1 auf 0 missfallen sollte, auf diesen Beitrag und insbesondere die Zitate verweisen. Ich komme dann heute um 20:15 Uhr vorbei. Denn wie im Forum läuft dann auch auf zdf neo: Und täglich grüßt das Murmeltier.

@ BuBea

Genauso ist es, der Senat hat die Begrifflichkeit ja nicht umsonst gewählt, die sich schlüssig aus seiner bisherigen Rechtsprechung ableiten lässt. Entsprechend sind die Schnitt- bzw. Kreuzungspunkte in den Argumenten tatsächlich bemerkenswert, eben weil sie nicht zufällig entstanden sind, sondern einer Systematik entspringen.

--- End quote ---

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