Autor Thema: [Allg] Dauer Auswahlverfahren für Besetzung des Dienstpostens  (Read 2638 times)

Tagelöhner

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Wenn es sich der Dienstherr erlauben kann die Besetzung des Dienstpostens aus verfahrenstaktischen Gründen so lange aufzuschieben, halte ich den ganzen Dienstposten für überflüssig. Entweder es besteht dringender Bedarf zur Besetzung und Aufgabenerledigung oder nicht. Dann sollte sich der Dienstherr intern neu organisieren und seine Strukturen straffen.

dimi45

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Wenn es sich der Dienstherr erlauben kann die Besetzung des Dienstpostens aus verfahrenstaktischen Gründen so lange aufzuschieben, halte ich den ganzen Dienstposten für überflüssig. Entweder es besteht dringender Bedarf zur Besetzung und Aufgabenerledigung oder nicht. Dann sollte sich der Dienstherr intern neu organisieren und seine Strukturen straffen.

Dein Gedanke an sich ist logisch. Aber die Abschaffung dieser Stelle ist nicht möglich. Es geht hier um die Stelle des Abteilungsleiter eines Stockwerks in der JVA. d.h. diese Option, Abschaffung gibt es nicht. Es ist vollkommen klar, dass es grundsätzlich so ein Zustand an sich nicht sein kann und nicht richtig ist. Aber, wie es aussieht kann man weinig was dagegen tun.

Tagelöhner

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Das ist durchaus möglich wenn der Dienstherr gewillt ist, tiefgreifendere (unangenehme) organisatorische Entscheidungen zu treffen. Aktuell werden die mit dem Posten verbundenen Aufgaben entweder gar nicht erledigt, was scheinbar keine Rolle spielt oder anderweitig erledigt (durch Vertreter, kommissarische Leitungen, übergeordnete Dienstellen bzw. bereits vorhandene Strukturen).

Und offensichtlich klappt das ganz wunderbar, sonst könnte sich der Dienstherr die Nichtbesetzung nicht so lange erlauben. Eine Wasserkopfstelle weniger  ;D
« Last Edit: 05.03.2023 10:57 von Tagelöhner »

Poincare

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Bei uns ist es nicht unüblich, dass Verfahren auch 2 Jahre oder länger dauern können. Manchmal geht auch was schief und das Verfahren wird nach 2 Jahren abgebrochen und neu ausgeschrieben.
Das heißt allerdings bei uns noch nicht Wasserkopf, sondern, dass es ein eingeschränktes Angebot gibt, und es die Entscheider eben nicht interessiert, in welche Qualität die Dienststelle ihre Arbeit machen kann.
Machen kann man da nichts, transparent ist auch nichts, aber im ÖD braucht man eben oft Geduld, vor allem in der Landesverwaltung.

Organisator

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Machen kann man da nichts, transparent ist auch nichts, aber im ÖD braucht man eben oft Geduld, vor allem in der Landesverwaltung.

Ist das so typisch für den öD? Der private AG kann doch auch entscheiden, ob er eine Stelle besetzen will oder nicht. Oder sie einfach abschafft.

Poincare

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Machen kann man da nichts, transparent ist auch nichts, aber im ÖD braucht man eben oft Geduld, vor allem in der Landesverwaltung.

Ist das so typisch für den öD? Der private AG kann doch auch entscheiden, ob er eine Stelle besetzen will oder nicht. Oder sie einfach abschafft.

Ich meine schon, dass es im öD plausibler ist, dass eine Stelle fortbestand hat, weil sie gebraucht wird, und auch ausgeschrieben wird, die Besetzung dann aber ewig dauert, weil die besetzenden Gremien keinen unmittelbaren Nutzen von der Besetzung haben. In Großunternehmen mag manches ähnlich sein, da hab ich selbst nie gearbeitet. Bekannten zufolge gibt es da teilweise auch langwierige Prozesse, es ist aber unwahrscheinlich, dass zum Beispiel die betroffene Abteilung selbst keine Information hat, was da gerade passiert. Die klare wirtschaftliche Zielsetzung hilft vielleicht zumindest in manchen fällen.

Casa

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Gab es keine Frist, bis wann Bewerbungen eingegangen sein müssen?

Sofern das Stellenbesetzungsverfahren nach Ende der Bewerbungsfrist verzögert wird, greift daies mit fortlaufender Zeit mehr und mehr in den Anspruch des Beamten aus Art. 33 Abs. 2 GG ein.

Bei 9 Monaten nach Ende der Bewerbungsfrist würde es mir schon deutlichen in den Fingern jucken und ich würde über eine Klage nachdenken.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

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Sofern das Stellenbesetzungsverfahren nach Ende der Bewerbungsfrist verzögert wird, greift daies mit fortlaufender Zeit mehr und mehr in den Anspruch des Beamten aus Art. 33 Abs. 2 GG ein.

Bei 9 Monaten nach Ende der Bewerbungsfrist würde es mir schon deutlichen in den Fingern jucken und ich würde über eine Klage nachdenken.

Auf welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welchem Ziel?

Casa

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Zitat
Auf welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welchem Ziel?


Mit dem Ziel der Entscheidung.


Wenn sich der Dienstherr schon entscheidet eine Stelle bzw. ein Amt auszuschreiben / zu besetzen, muss er irgendeine Entscheidung treffen.

Das kann man verfassungsrechtlich begründen, in dem man sagt, der Dienstherr vereitelt durch zu langes Abwarten meinen Anspruch auf eine Entscheidung und damit meinem Anspruch aufZugang zu einem öffentlichen Amt, nach Eignung, Leistung und Befähigung.
Andererseits ist ein Stellenbesetzungsverfahren ein Verwaltungsverfahren. Für ein zu langes  Verwaltungsverfahren siehe § 75 VwGO.




Kurzer Abriss:

Zitat
Das Stellenbesetzungsverfahren ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts, nämlich die mit der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG zu rechtfertigende Ernennung des ausgewählten Bewerbers gerichtet. Diese stellt einen Verwaltungsakt dar, der (auch) darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens

BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16.09 -
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Zitat
Auf welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welchem Ziel?


Mit dem Ziel der Entscheidung.


Wenn sich der Dienstherr schon entscheidet eine Stelle bzw. ein Amt auszuschreiben / zu besetzen, muss er irgendeine Entscheidung treffen.

Das kann man verfassungsrechtlich begründen, in dem man sagt, der Dienstherr vereitelt durch zu langes Abwarten meinen Anspruch auf eine Entscheidung und damit meinem Anspruch aufZugang zu einem öffentlichen Amt, nach Eignung, Leistung und Befähigung.
Andererseits ist ein Stellenbesetzungsverfahren ein Verwaltungsverfahren. Für ein zu langes  Verwaltungsverfahren siehe § 75 VwGO.




Kurzer Abriss:

Zitat
Das Stellenbesetzungsverfahren ist auf den Erlass eines Verwaltungsakts, nämlich die mit der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG zu rechtfertigende Ernennung des ausgewählten Bewerbers gerichtet. Diese stellt einen Verwaltungsakt dar, der (auch) darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens

BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16.09 -

Vielen Dank für die Erläuterung!

Halte ich aber für ein stumpfes Schwert - im Zweifel wird das Besetzungsverfahren abgebrochen. Und der Bewerber ist dauerhaft verbrannt.

Casa

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Zitat
Halte ich aber für ein stumpfes Schwert - im Zweifel wird das Besetzungsverfahren abgebrochen.

Den Abbruch müsste der Dienstherr gut begründen. Bspw. alle Bewerber sind gänzlich ungeeignet oder der Dienstposten soll nicht nachbesetzt und die Aufgaben anderweitig verteilt werden. Das macht aber auch wieder Aufwand.

Zitat
Und der Bewerber ist dauerhaft verbrannt.

Schwierig.



Die Alternative wäre, sich alles gefallen zu lassen. Wenn es 100 vergleichbare Stellen gäbe, kommt sicher bald die nächste Möglichkeit. Bei wenigen Dienstposten werden weniger häufig Stellen frei.
Ob ich dann nun sill halte odere ggf. verbrannt bin, ist mangels ausreichend freier höher bewerteter Dienstposten auch egal. :-)
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Schwierig.

Die Alternative wäre, sich alles gefallen zu lassen. Wenn es 100 vergleichbare Stellen gäbe, kommt sicher bald die nächste Möglichkeit. Bei wenigen Dienstposten werden weniger häufig Stellen frei.
Ob ich dann nun sill halte odere ggf. verbrannt bin, ist mangels ausreichend freier höher bewerteter Dienstposten auch egal. :-)

Aus meiner Sicht wäre ein Dienstherr, der über Monate nicht über meine Bewerbung entscheiden kann auch kein Ort, an dem ich arbeiten möchte. Alternativ würde ich mir einen besser passenden Dienstherrn suchen, statt Klagen anzustrengen.

Casa

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Zitat
Aus meiner Sicht wäre ein Dienstherr, der über Monate nicht über meine Bewerbung entscheiden kann auch kein Ort, an dem ich arbeiten möchte. Alternativ würde ich mir einen besser passenden Dienstherrn suchen, statt Klagen anzustrengen.

Noch besser. Dann entsteht ein gewisser Konkurrenzdruck, der eine Entwicklung des öD anstößt.
Die weniger angepassten Dienstherren werden zwar nicht aussterben, wie in der Evolution Giraffen mit kurzem Hals (weil sie nicht an Futter in hohen Bäumen heran kamen), es wird aber eine Anpassung der Personalpolitik notwendig werden.
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Noch besser. Dann entsteht ein gewisser Konkurrenzdruck, der eine Entwicklung des öD anstößt.
Die weniger angepassten Dienstherren werden zwar nicht aussterben, wie in der Evolution Giraffen mit kurzem Hals (weil sie nicht an Futter in hohen Bäumen heran kamen), es wird aber eine Anpassung der Personalpolitik notwendig werden.

Genau - oder die Evolution geht in eine andere Richtung - dann können die Waldmenschen für die Waldgiraffen arbeiten ;)