Autor Thema: [Allg] Anlassbeurteilung  (Read 4013 times)

dimi45

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[Allg] Anlassbeurteilung
« am: 10.03.2023 10:06 »
Hallo an Alle. Ich brauche Eure Meinung zu meinem Fall. Folgende Situation:
Ich habe mich auf einen Dienstposten beworben ( Auswahlverfahren dauert schon länger, bis heute noch keine Entscheidung ) Ich habe erfahren, dass meine Mitbewerber haben eine Anlassbeurteilung bekommen, da sie noch keine reguläre Beurteilung erhalten haben. Ich hatte meine reguläre Beurteilung von März 2018-März 2021. Die war in meinen Augen schlecht und auch nicht fair. Zur Erklärung. Dezember 2019 wurde ich zu A8 befördert. d.h. von März 2018 bis Dezember 2019 waren meine Leistungen gut, aus dem Grund oder auch aus dem Grund Beförderung zu A8. Ab Februar 2020 bis Mai 2022 war ich im Krankenstand mit Wiedereingliederung. Hatte 4 OPs an den Knien. Sowohl rechts wie links. Im März 2021 erhielt ich meine Beurteilung per Post - 6 Punkte.
Jetzt für die Bewerbung für den Dienstposten wird meine alte Beurteilung herangezogen, von meinen Mitbewerbern werden Anlassbeurteilungen herangezogen. Diese beziehen sind natürlich auf den aktuellen Zeitraum und sind auch dementsprechend höher als 6 Punkte. Zumindest gehe ich davon aus.
Jetzt habe ich in der Vorschrift folgendes gelesen:

ABSCHNITT 1

Allgemeine Vorschriften
§ 1
(1) Beamtinnen und Beamte auf Probe im Sinne von § 4 Absatz 3 Buchstabe a des Beamtenstatusgesetzes werden

1.
neun Monate nach der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe sowie

2.
drei Monate vor Beendigung der Probezeit

dienstlich beurteilt. Beträgt die Probezeit ein Jahr oder weniger, entfällt die Beurteilung nach Satz 1 Nummer 1. Beträgt die Probezeit voraussichtlich weniger als 18 Monate, kann auf die Beurteilung nach Satz 1 Nummer 1 verzichtet werden.

(2) Im Übrigen werden Beamtinnen und Beamte außer in regelmäßigen Zeitabständen (Regelbeurteilung) vor Entscheidungen, die auf der Grundlage von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung getroffen werden, dienstlich beurteilt (Anlassbeurteilung), wenn

1.
die Beamtin oder der Beamte an der letzten Regelbeurteilung nicht teilgenommen hat,

2.
sich die zu vergleichenden Beurteilungen auf erheblich abweichende Zeiträume beziehen, insbesondere wenn das jeweilige Enddatum der Beurteilungszeiträume der zu vergleichenden Beurteilungen um mehr als ein Jahr auseinanderfällt oder

Hier interessiert mich 2 Absatz Ziffer 2. Verstehe ich das richtig, dass wenn der Abstand der Beurteilungszeiträume mehr als 1 Jahr auseinanderliegen, dann muss derjenige auch eine Anlassbeurteilung erhalten? In meinem Fall sind das 2 Jahre, März 2021 bis heute.
Was denkt Ihr?

Vielen Dank!
« Last Edit: 11.03.2023 02:54 von Admin2 »

Thomber

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Antw:Anlassbeurteilung
« Antwort #1 am: 10.03.2023 10:17 »
Hallo Dimi45,

ja, ich sehe es, wie Du.
Ich würde nun die personalaktenführende Stelle (eventuell BAPersBw) um eine Anlassbeurteilung bitten. Das würde ich telefonisch mit meinem zuständigen Personal-SB tun.

*Viel Erfolg*

Gebetsmuehle

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Antw:Anlassbeurteilung
« Antwort #2 am: 10.03.2023 15:55 »
Die Beurteilungen müssen vergleichbar sein, um eine adäquate Beförderungsentscheidung im Rahmen des Art. 33 Abs. II GG treffen zu können. Die von dir geschilderten Zeiträume können das m. E. nach nicht hergeben.

AnnaLena1990

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #3 am: 12.03.2023 10:09 »
Ich würde vorab mit dem Chef sprechen, ob das überhaupt erfolgversprechend ist.
Sowas kann auch ein Eigentor werden. Kenne Fälle, die mittels Anlassbeurteilung sogar abgesenkt wurden.

Prüfer SH

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #4 am: 12.03.2023 10:17 »
Vor allem, wenn das schon von Anfang an ein abgekartetes Spiel war. Wenn da dann andere zwischengrätschen (in meinen Augen übrigens völlig zurecht) ist das oft nachteilig. Gerne werden dann auch einfach Ausschreibungen zurückgezogen, oder dubiose Auswahlentscheidungen getroffen.

Wie sind denn bei euch die Regelungen für Beurteilungen (nach Beförderungen)? Bei uns gelten im nächsthöheren Beförderungsamt nämlich wieder höhere Anforderungen, sodass man grundsätzlich erstmal abgesenkt wird in der Beurteilung (Ausnahmen vorhanden). 

clarion

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #5 am: 12.03.2023 11:16 »
Wie kann es eigentlich sein, dass jemand  der auf einer ordentlichen Auswahl besteht, negative Konsequenzen befürchten muss.  Was für ein verrotteter Haufen ist das denn?

Bei uns gibt es natürlich bei den Führungskräften auch Wunschkandidaten. Das führt aber nicht so weit, dass man Beurteilungen verbiegt, so kommt es dann selten auch schon mal vor, dass jemand anders die Nase vorn hat. Eine professionelle HR schaut da genau hin. Häufig haben Führungskräfte die MA in anderen Abteilungen  gar nicht auf dem Schirm und übersehen gute Leute.

Prüfer SH

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #6 am: 12.03.2023 11:48 »
Das darf nicht sein und ist eine ziemliche Schweinerei. Habe ich selbst erlebt. Habe mich natürlich gewehrt und schnell gemerkt, wie viel Einfluss man hat, wenn man größtenteils nur als Fußvolk betrachtet wird. Es ging sogar so weit, dass Funktionsplätze ohne Ausschreibung besetzt wurden (mit Beamten, die nicht bereits auf einem solchen Platz saßen und die niemals in einem ordentlichen Ausschreibungsverfahren den Platz hätten gewinnen können). Traurig aber wahr.

dimi45

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #7 am: 13.03.2023 11:15 »
Ich habe bzg. dieser Thematik mit dem Personalrat gesprochen. Er ist auch der Meinung, dass um mehr oder weniger objektiv beurteilen zu können, müssen für alle Bewerber eine Anlassbeurteilung erfolgen. Allerdings hat wohl die Personalabteilung das Ministerium gefragt wie es rechtlich aussieht, und das JUM hat sich dazu geäußert, dass es nicht notwendig ist für alle eine Anlassbeurteilung zu erstellen. Sprich eine Regelbeurteilung ( 03.18-03.2021) kann somit mit einer aktuellen Anlassbeurteilung verglichen werden.
Ich aus meiner Sicht und meinem Verständnis der Beurteilungsverordnung sehe das komplett Anders. Soll ich direkte Frage der Personalabteilung stellen und mich eben auf § 1 BeurtVO berufen? d.h. ob ich auch eine Anlassbeurteilung erhalten soll?
Oder soll ich bis zur Entscheidung warten, und falls ich eine Absage erhalte dann Widerspruch beim Verwaltungsgericht einlegen?

Thomber

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #8 am: 13.03.2023 13:54 »
Zitat
Soll ich direkte Frage der Personalabteilung stellen und mich eben auf § 1 BeurtVO berufen? d.h. ob ich auch eine Anlassbeurteilung erhalten soll?

Zitat
Ich würde nun die personalaktenführende Stelle (eventuell BAPersBw) um eine Anlassbeurteilung bitten. Das würde ich telefonisch mit meinem zuständigen Personal-SB tun.


Casa

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #9 am: 13.03.2023 16:44 »
Problem ist, dass die Anlassbeurteilung für einen beurteilbaren Zeitraum, hier bspw. 1 Jahr vor der Krankheit in Februar 2020, überhaupt keine Aussagekraft hat. Weder über die Leistung des Beamten hier, noch über die Leistung der anderen Bewerber.

Sinnvoll erscheinen mir, mangels Vergleichbarkeit der Beamten und um eine Benachteiligung wegen der Erkrankung auszuschließen, hier nur Auswahlgespräche.

Btw. mal die Gewerkschaft fragen.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

dimi45

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #10 am: 14.03.2023 06:38 »
Problem ist, dass die Anlassbeurteilung für einen beurteilbaren Zeitraum, hier bspw. 1 Jahr vor der Krankheit in Februar 2020, überhaupt keine Aussagekraft hat. Weder über die Leistung des Beamten hier, noch über die Leistung der anderen Bewerber.

Sinnvoll erscheinen mir, mangels Vergleichbarkeit der Beamten und um eine Benachteiligung wegen der Erkrankung auszuschließen, hier nur Auswahlgespräche.

Btw. mal die Gewerkschaft fragen.

Also ich verstehe dass so, dass die Anlassbeurteilung bezieht sich immer auf aktuellen Zeitpunkt d.h. Zeitpunkt der Anlassbeurteilung.

Casa

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #11 am: 14.03.2023 12:01 »
Zitat
Also ich verstehe dass so, dass die Anlassbeurteilung bezieht sich immer auf aktuellen Zeitpunkt d.h. Zeitpunkt der Anlassbeurteilung.

Dann strenge ich mich am Tag der Beurteilung ganz doll an und die anderen 364 Tage im Jahr leiste ich wenig.

Es wird ein Zeitraum beurteilt.

Kranke sind praktisch nicht beurteilbar, weil sie keine beurteilungsfähige Leistung erbringen. Dann muss ein anderer Zeitraum herangezogen werden. Liegt der Zeitraum weit in der Vergangenheit, sagt der 1. nichts über die aktuelle Leistung des Bewerbers hier aus und 2. haben nicht kranke Bewerber einen Nachteil, wenn die Beurteilung besonders alt ist und sie sich seitdem gebessert haben.
Aber auch bei Verschlechterung der Leistung eines Bewerbers ist die Beurteilung eines früheren Zeitraums problematisch, da dies nicht sachgerecht ist.

Guck dir mal Rechtsprechung dazu an.


Denkbar ist zudem, dass die lange Krankheit eine mangelnde gesundheitliche Eignung für den (Beförderungs)Dienstposten indiziert.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Thomber

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #12 am: 14.03.2023 12:10 »
Gespräch anstatt Beurteilung?

Aber gemäß Rechtsprechung ist doch die Beurteilung 51% wert im Bewerbungsverfahren.
Und, wenn ich einer Anlassbeurteilung, die auch mehr als ein Jahr umfassen kann, nicht glauben mag, wie sollte ich dann einen Gespräch von 30 Minuten glauben?

Und mit welchem Recht, dürfte man die guten Beurteilungen der anderen Bewerber/innen unberücksicht lassen? Denke nicht, dass man bei Bewerber A die Beurteilung heranziehen darf und dann bei Bewerber B nur ein Gespräch mit in die Wertung nehmen kann. 

Organisator

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #13 am: 14.03.2023 12:14 »
Aber gemäß Rechtsprechung ist doch die Beurteilung 51% wert im Bewerbungsverfahren.

Könntest du dazu bitte einen entsprechendes Urteil verlinken?

Thomber

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Antw:[Allg] Anlassbeurteilung
« Antwort #14 am: 14.03.2023 12:26 »
Aber gemäß Rechtsprechung ist doch die Beurteilung 51% wert im Bewerbungsverfahren.

Könntest du dazu bitte einen entsprechendes Urteil verlinken?


Die Zahl 51% kann ich nicht wörtlich belegen, aber führe dazu Folgendes aus:

1.
Zitat
Dienstliche Beurteilungen bilden die wichtigste Grundlage für eine Entscheidung unter mehreren für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten, also für die Bestenauslese. Dies ist die seit langem herrschende Auffassung und bedarf keines Nachweises anhand von einzelnen Gerichtsentscheidungen.
RA Michael Bertling, Hamburg

2.
Es gibt selbstverständlich Auswahlentscheidungen nach Aktenlage. Ein Bewerbungsgespräch ist nicht nötig, wenn gem. Aktenlage die Bewerber unterscheidbar sind.
Beispiel:    Bewerber A (A12):  Note 1   Bewerber B(A11): Note 2    Hier wäre eine Entscheidung nach Aktenlage zulässig und, dass die Beurteilung eines Beamtes das wichtigste Kriterium ist, darf ich als bekannt voraussetzen.
Daraus folgt, ...WENN nichts anderes also unbedingt zu berücksichtigen ist, dann muss ja die Beurteilung mind. 51% wert sein.