Autor Thema: Minusstunden Erzieher  (Read 4584 times)

Ole

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Minusstunden Erzieher
« am: 17.03.2023 07:24 »
Guten Morgen in die Runde,

bei uns ist das Thema Minusstunden noch einmal aktuell geworden – im Erzieherbereich.

Die Leiter handhaben es so, wenn es die Kinderzahlen zu lassen und „nicht so viel los ist“, dass die Erzieher Minusstunden ansammeln und diese dann „abarbeiten“, wenn der Bedarf an die Arbeitskraft wieder mehr ist (Entgelt bleibt stets gleich).

Nun meinte eine Mitarbeiterin, es sei nicht rechtens.

Könnt ihr mir hierzu behilflich sein?

Vielen Dank vorab.


MoinMoin

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #1 am: 17.03.2023 07:32 »
Der Dienstplan kann doch nicht einfach spontan geändert werden, wenn ich mich nicht täusche.

Ole

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #2 am: 17.03.2023 07:37 »
spontan wird gar nichts geändert. Wenn das wird das "geplant"

ACDSee

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #3 am: 17.03.2023 10:26 »
In Teilen hat deine Mitarbeiterin Recht.

Als Behörde kann man Regelungen zur Arbeitszeit treffen und dabei auch einen gewissen Spielraum für Plus- und Minusstunden zulassen. Gern genommen sind hierfür Geitzeitmodelle. Beim Abbau der Minusstunden ist aber natürlich auf die Vorgaben zur Erbringung der Arbeitszeit zu achten. Also maximale Arbeitszeiten, Pausen, Ruhephasen.

Wenn der Leiter jemanden aber aktiv nach Hause schickt, der gar nicht nach Hause will, muss man aufpassen. Hier kommen Dienstpläne ins Spiel. Denn es reicht schlicht nicht, aus betrieblichen Gründen - wenn es etwa nicht genügend Arbeit gibt, die Mitarbeitenden nach Hause zu schicken. Das Problem des Arbeitsanfalls ist allein das Problem des Arbeitgebers. Er trägt das Risiko des Leerlaufes. Das wird nur zum Problem der Mitarbeitenden, wenn sie sich dieses zu eigen machen.

Weist er der Leiter also jemanden an, nach Hause zu gehen, kann er das tun. Er kann von diesen Personen dann aber nicht verlangen, die Stunden später nachzuarbeiten. Auch Gehalt kürzen geht nicht (§ 615 BGB).
« Last Edit: 17.03.2023 10:37 von ACDSee »

Levana

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #4 am: 17.03.2023 12:00 »
Wird bei uns auch so gehandhabt und führt immer wieder zu Streit. Vor allem wenn dann Leute nach Hause geschickt werden weil gerade viele Kinder krank etc. Durch Corona hatten manche 80 und mehr Minusstunden.

Und wenn man z.B. nur einen 30h Vertrag hat und 40h gehen soll, kommt man mit eigenen Kinder schnell in die missliche Lage dass man selbst nicht genügend Betreuungszeit hat um das abzudecken.

Was habt ihr denn für eine Vereinbarung zum Arbeitszeitkonto? Dort müssten die maximal möglichen Plus-/Minusstunden drinstehen.


flip

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #5 am: 17.03.2023 14:24 »
Ich frage mich gerade, wie das in der Praxis aussieht. Werden dann Kinder auf andere Gruppen verteilt, wo sie weder Erzieherinnen noch andere Kinder kennen? Hört sich nach Aufbewahrungsanstalt an, sorry...

Organisator

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #6 am: 17.03.2023 14:47 »
Guten Morgen in die Runde,

bei uns ist das Thema Minusstunden noch einmal aktuell geworden – im Erzieherbereich.

Die Leiter handhaben es so, wenn es die Kinderzahlen zu lassen und „nicht so viel los ist“, dass die Erzieher Minusstunden ansammeln und diese dann „abarbeiten“, wenn der Bedarf an die Arbeitskraft wieder mehr ist (Entgelt bleibt stets gleich).

Nun meinte eine Mitarbeiterin, es sei nicht rechtens.

Könnt ihr mir hierzu behilflich sein?

Vielen Dank vorab.

Zunächst ist zu klären, wer die Arbeitszeit einteilt und wie davon abgewichen werden kann. Welche Regelungen gibt es dazu bei euch?
Bei Gleitzeit ist es üblich, dass der Beschäftigte grundsätzlich über Beginn und Ende der Arbeitszeit entscheidet. Ich gehe aber davon aus, dass es in Kitas oä keine Gleitzeit geben kann.
Stellt sich also die Frage, wer den Arbeitsplan mach und welche Kompetenzen er hat.

Levana

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #7 am: 17.03.2023 19:29 »
Ich frage mich gerade, wie das in der Praxis aussieht. Werden dann Kinder auf andere Gruppen verteilt, wo sie weder Erzieherinnen noch andere Kinder kennen? Hört sich nach Aufbewahrungsanstalt an, sorry...

Beispiel bei uns: Es gibt bis 8:00 und ab 15:00 eine gruppenübergreifende Betreuung. Der Kita-Bereich ist sogar ab 11:30 schon wieder zusammen. Da kann man, wenn wenig Kinder da sind, dann halt eine Fachkraft mittags nach Hause schicken.

Gerade in kleineren Kitas sind die Gruppenkräfte nicht ausschließlich in ihrer Gruppe. Bei 30h Kräften geht das auch kaum, zumindest bei mir in der Kita sind 8h Betreuungszeit die Regel.

Casa

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #8 am: 17.03.2023 20:24 »
@Organisator hat das schon gut auf den Punkt gebracht.

Was meist nicht geht ist: Du bist 6-15 Uhr eingeteilt. Wenn alle Kinder bis 14 Uhr abgeholt wurden, geht der Erzieher nach Hause und arbeitet die fehlende Stunde irgendwann nach.

Dass nicht genug Arbeit vorhanden ist, ist das unternehmerische Risiko des Arbeitgebers, hier des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers.

Ich kann mir schwer vorstellen, dass bei zuvor festgelegten Schichten, Minusstunden entstehen. Auch wenn die Erzieher eher gehen dürfen.
Im Grunde ist es ganz einfach. Das Kind ist für 4, 6 oder 8 Stunden in der Kita angemeldet. Abhängig von der Stundenzahlt wird ein Beitrag oder ein Entgelt entrichtet. Und zwar unabhängig davon, ob die Eltern bei einer vereinbarten Betreuungszeit von 8 Stunden nun 5, 7 oder 8 Stunden in Anspruch nehmen.
Verträge sind einzuhalten. Für den Bereich Kita sind beantragte und vereinbarte Zeit einzuhalten und die Gebühr ist zu zahlen (Privatrecht) bzw. ist der Beitrag für die beantragte und bewilligte Inanspruchnahme der öR Einrichtung KiTa (Verwaltungsrecht) zu entrichten.

Stell dir vor du bist Maschinenführerin an einer Metallstanze in einer Besteckfabrik. Du stanzt also Löffel und Gabeln aus Metall. Dein Arbeitgeber teilt dich von 6-14:30 Uhr an der Maschine ein. Ab 13:30 Uhr hast du keine Metallrohlinge mehr, um Löffel und Gabeln zu stanzen. Du hast einen Vollzeitarbeitsvertrag mit 8 Stunden pro Tag, hier z. B. 6-14:30 Uhr inklusive 30 Minuten Pause.

Du stehst also an der Maschine und hast nichts zu tun. Dafür musst du bezahlt werden, da der Arbeitgeber dich vertragsgemäß beschäftigen und bezahlen muss (!) und er das unternehmerische Risiko trägt, wenn er keine Beschäftigung für dich hat.
Du wirst heute also mit den vereinbarten 8 Stunden bezahlt - obwohl du nur 7 Stunden beschäftigt warst - und musst morgen, wenn die verspätete Lieferung neuer Metallrohlinge eintrifft, keine 9 Stunden arbeiten.






Nun kann es passieren, dass eine Aufgabe aus betrieblichen Gründen länger dauert. Betriebliche Gründe sind z. B. die verspätete Lieferung der Metallrohlinge. Der Arbeitgeber will nun, dass du 9 Stunden arbeitest, damit der "wichtige Auftrag" heute noch fertig wird und versandt werden kann. Du bist bereit heute 9 Stunden zu arbeiten.
Das bedeutet, dein Arbeitgeber muss dir für gestern 8 Stunden bezahlen, obwohl du nur 7 Stunden gearbeitet hast. Außerdem muss er dir heute die 9 Stunden bezahlen, weil du länger, als die vertraglichen 8 Stunden pro Tag, gearbeitet hast.

Metallrohlinge fehlen, Kinder sind krank, Kinder werden früher abgeholt usw. Das sind alles betriebliche Risiken, die den Arbeitnehmer null zu interessieren haben.


Soweit der sehr häufig geltende Grundsatz.
Etwas Anderes kann gelten, wenn ein Arbeitszeitkonto existiert. Dazu weiß @Organisator aber sicher mehr, wenn die entsprechende Regelung bekannt ist.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

MoinMoin

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #9 am: 18.03.2023 08:53 »
spontan wird gar nichts geändert. Wenn das wird das "geplant"
Mit Spontan meinte ich ohne entsprechende Vorlaufzeit (3 Tage? oder wieviel Vorlauf zur Änderung sind da noch erlaubt?)

Also wenn ein Dienstplan (und der kann durchaus auch geplante Minusstunden enthalten) existiert, dann kann der AG nicht sagen, morgen machst du nur 4 statt 8 h weil viele Kinder krank sind.
Einvernehmlich geht das natürlich immer.
Genauso wenig kann er dann sagen: Morgen musst du an deinem freien Tag kommen, weil Kollegin ist krank.
Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?

Casa

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #10 am: 19.03.2023 16:18 »
Zitat
Genauso wenig kann er dann sagen: Morgen musst du an deinem freien Tag kommen, weil Kollegin ist krank.
Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?

Bei Stellen bei denen Ausfälle häufiger vorkommen oder spontane eine Arbeitsleistung notwendig wird, regelt man das Ganze vernünftigerweise über Rufbereitschaft.

In sehr engen Grenzen darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus Urlaub / freiem Tag zur Arbeit verpflichten.
Bei Zurückholen aus dem Urlaub muss aber schon eine Notlage vorliegen, die die Existenz des Betriebs gefährdet bzw. vergleichbar ist. Im öD ist das schwer vorzustellen.

Für Arbeit an sonstigen "freien" Tagen müsste ich nachlesen. Die Schwelle dürfte aber ähnlich hoch oder knapp darunter sein. Zudem muss in seiner Freizeit niemand für den Arbeitgeber erreichbar sein.

Jedenfalls aber sind Personalengpässe durch ausreichende Personalausstattung abzusichern. Schon bei 8-10 Vollzeitmitarbeitern bedarf es eines zusätzlichen Mitarbeiters, um die regulären Ausfälle abzusichern, also Urlaub und eine durchschnittliche Zahl an Krankheitstagen. Für mehr muss sich der AG was einfallen lassen.

Gerade kleine bis durchschnittlich große Kitas trifft ein Ausfall hart. Kleine bis durchschnittlich große Kitas dürften im Bereich von 10 Vollzeitmitarbeitern liegen. Aber wie gesagt, das muss eingeplant werden.
Insbesondere bei Kommunen, die mehr als eine Kita haben, muss dann eben eine Regelung im Arbeitsvertrag der Mitarbeiter existieren, dass bei Bedarf auch ein Einsatz in einer anderen Kita möglich ist. Mir ist nicht bekannt, dass der TVöD dem entgegensteht.
Die letzten Ausführungen waren eher allgemein und ohne den Bezug zum Fall hier.


Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Rene

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #11 am: 20.03.2023 06:42 »
spontan wird gar nichts geändert. Wenn das wird das "geplant"

Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?

Rufbereitschaft schliesst planbare Arbeiten aus.

MoinMoin

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #12 am: 20.03.2023 07:21 »
spontan wird gar nichts geändert. Wenn das wird das "geplant"

Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?

Rufbereitschaft schliesst planbare Arbeiten aus.
Du meinst, dass man keine Rufbereitschaft anordnen und bezahlen kann, damit man auf den ungeplanten Ausfall von Kollegen reagieren kann?

Rene

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #13 am: 20.03.2023 08:15 »
spontan wird gar nichts geändert. Wenn das wird das "geplant"

Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?

Rufbereitschaft schliesst planbare Arbeiten aus.
Du meinst, dass man keine Rufbereitschaft anordnen und bezahlen kann, damit man auf den ungeplanten Ausfall von Kollegen reagieren kann?

Kann man natürlich, solange der Passus "es fällt nur in Ausnahmefällen Arbeit an" gewahrt bleibt.
Hatte sich nicht so gelesen, wenn ich ehrlich bin. :)

MoinMoin

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Antw:Minusstunden Erzieher
« Antwort #14 am: 20.03.2023 10:09 »
Kann man natürlich, solange der Passus "es fällt nur in Ausnahmefällen Arbeit an" gewahrt bleibt.
Hatte sich nicht so gelesen, wenn ich ehrlich bin. :)
Dann hast du mich unvollständig zitiert/gelesen.
Genauso wenig kann er dann sagen: Morgen musst du an deinem freien Tag kommen, weil Kollegin ist krank.
Dafür hätte er Rufbereitschaft anordnen müssen. Oder?
Das ist doch mittels Rufbereitschaft zu lösen, oder etwa nicht? Und ist keine planbare Arbeit.
Denn das ist doch (hoffentlich  ::) ) ein Ausnahmefall.