Autor Thema: Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?  (Read 6023 times)

Maggus

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #30 am: 23.03.2023 16:00 »
Ich verstehe diese Diskussion überhaupt nicht.

1. Die Forderung lautet 10,5 % mindestens 500 €.
    D.h. sie beinhaltet einen MINDESTBetrag und keinen SOCKELBetrag. Das ist ein großer Unterschied!
2. Der %uale Abstand der Beträge in den Entgeltgruppen könnte auch erreicht werden, wenn z.B. für die EGs 1-8 eine Kürzung der Beträge um 50 %
    und ab 9a eine Kürzung von 40 % vereinbart würde. Geil, endlich mehr %ualen Abstand zu den Anderen!

Wichtig ist doch, was brauche ich an Geld - in € und nicht in %-Abstand - um einen entsprechenden Lebensstandard zu erreichen / halten zu können.
Und natürlich haben die Beschäftigte in den unteren EGs weniger Geld zur freien Verfügung nach Abzug von Miete, Lebensmitteln, Energiekosten usw., als Beschäftigte in den höheren EGs.


RsQ

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #31 am: 23.03.2023 17:47 »
Ein Personalgefüge in Unternehmen oder Institutionen funktioniert m. E. aber (auch) dann gut, wenn jede Tätigkeitsebene eine gewisse Wertigkeit hat.

Natürlich behalten die oberen EG ihren "Vorsprung" in absoluten Zahlen (und haben auch weniger Zeit mit den gestiegenen Lebenskosten). Trotzdem ist es m. E. ein falsches Signal, wenn das Lohnplus der unteren EG tlw. mehr als doppelt so hoch ausfällt (in %) sich der prozentuale "Vorsprung" zwischen unteren/mittleren und oberen EG verringert.

Wie oft/lange will man dieses Prozedere noch durchführen - bis der Professor in fünf Jahren zwar 20.000 € bekommt, aber die Sekretärin dann auch 15.000 €?  ("ist ja alles o.k., er kriegt ja weiterhin 5000 € mehr"?)

CmdrMichael

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #32 am: 23.03.2023 18:27 »
Ja, richtig, du hast da keinen Denkfehler.

Doch hat er, weil die Lücke zwischen Gehältern nicht kleiner wird, sondern genauso groß/klein bleibt und nichts ad absurdum geführt wird.
Die Lücke wird aber prozentual kleiner und das zählt am Ende.
Mal Extrembeispiele (die es so nicht gibt)
Reinigungskraft A erhält 1000€ im Monat
Staatssekretär B erhält 10000€ im Monat. Er kann sich also Stand heute 10x so viel leisten, wie A.

Jetzt verhandelt Verdi in den nächsten 10 Tarifrunden pro Jahr immer 1000€ Sockelbetrag.
10 Jahre später erhält Reinigungskraft A 11000 EUR und Staatssekretär B 20000 EUR. Der Abstand in EUR ist weiterhin gleich, B verdient aber nur noch 2x mehr statt 10x mehr wie A.

Steigen die Preise wie die Gehaltserhöhungen bei A, kann A sich auch 10 Jahre später genauso viel kaufen wie jetzt, B kann sich aber deutlich weniger von seinem Gehalt kaufen wie heute.

Vom Eurobetrag bleibt die Lücke zwar gleich, von der Kaufkraft aber schmilzt sie deutlich zusammen.

Sozialarbeiter

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #33 am: 23.03.2023 18:40 »
Man darf aber auch nicht unterschlagen, dass die Festbetragserhöhungen "Sockelbeträge" darstellen und nicht die ausschließliche Erhöhung für die gesamte Tabelle sind.

Mal Auszüge vergangener Tarifrunden. Hier als Beispiele aus dem TV-L.
Entgelterhöhung 2021: +1,29% mindestens 50 €
Entgelterhöhung 2020: +3,12% mindestens 90 €
Entgelterhöhung 2019: +3,01% mindestens 100 €
Entgelterhöhung 2016: +2,3% mindestens 75 €

Also in den oberen Entgeltgruppen bleiben die Abstände durchaus noch gewahrt. Und auch ein Schritt der mittleren zu den höheren Entgeltgruppen bleibt ungefähr in der Wage. Es sind nur die niedrigen Entgeltgruppen, die den mittleren immer mehr auf die Pelle rücken. So wie es beim Mindestlohn ja auch ist.

Die aktuelle TVöD Forderung (10,5%, mindestens 500€) ist jetzt natürlich eine andere Hausnummer, da nicht nur niedrige und mittlere Entgeltgruppen vom Sockelbetrag profitieren würden. Aber wir wissen ja auch alle, dass das so nicht durchkommt.
Dazu zitiere ich einfach Mal meinen Beitrag. Ja die Richtung ist wie beschrieben. Aber relativiert sich auch in ihrer Intensität dadurch, dass es trotzdem noch Prozentuale Erhöhungen gibt.
Mail-Aktion zur TV-L Tarifrunde:
Solidarisch zeigen und die Verantwortlichen in Hamburg via Mail auffordern auf eine bessere Bezahlung hinzuwirken: https://wastunfuerhamburg.de/

Ich empfehle den Thread zur Hamburg Zulage unter der Rubik Allgemeines, den ich seit 1-2 Jahren stetig füttere.

Casa

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #34 am: 23.03.2023 19:01 »
Ich habe nochmal darüber nachgedacht. Die Abstände sind schon etwas dünn.

Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es im öD Erfahrungsstufen gibt. Das gibt es in dem hohen Maße nicht in anderen Tarifverträgen.

https://www.igmetall.de/download/MuE_ERA_Entgelte_Juni2018_78d3e1848939887f53dcf9506907870bb637c493.pdf

Insoweit muss man sich eher die Erfahrungsstufe 6 ansehen, die man nach 15 Jahren (VKA) erreicht hat und nach der man noch 30 Jahre verdient. Da sinds bei E8 - Ausbildung - und E9b - Studium - schon 1.000 € unterschied.
Der Unterschied in den unteren Erfahrungsstufen ist aber schon deutlich lächerlich (E8-1 2910, E9b-1, 3180).

Meine Idee geht dahin, den Anstieg innerhalb einer Entgeltgruppe abzuflachen und dafür bereits am Anfang mehr zu bezahlen, ohne das Lebensarbeitseinkommen zu verringern. Das kostet den Arbeitgeber keinen Cent mehr und macht den Einstieg in den öD deutlich attraktiver und konkurrenzfähig zu den Einstiegsgehältern in der freien Wirtschaft.
Ich nehme dem E9a-6 100 € monatlich, gerechnet auf 30 Dienstjahre, weg und lege monatlich 200 € auf Stufe 1-5 oben drauf. Wegen der Steuerprogression hat der E9a dann sogar ein höheres Nettolebenseinkommen.

Einfach. Kostet nix. Wirkt.
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FearOfTheDuck

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #35 am: 23.03.2023 19:50 »
In welchem Tarifvertrag des ÖD findest du Erfahrungsstufen?

Casa

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #36 am: 23.03.2023 20:03 »
Zitat
In welchem Tarifvertrag des ÖD findest du Erfahrungsstufen?

VKA, TV-L, such dir einen aus.

Die Stufen der Entgelttabelle sind Erfahrungsstufen.

Zitat
Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der
Zitat
Stufe 1
zugeordnet, sofern
Zitat
keine
einschlägige
Zitat
Berufserfahrung
vorliegt.
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FearOfTheDuck

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #37 am: 23.03.2023 20:30 »
Das stimmt so nicht, die Stufen bilden selbst keine Erfahrung ab. Zwar muss bei der Einstellung einschlägige Berufserfahrung für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden, das spielt aber keine Rolle für den normalen Stufenanstieg. Förderliche Berufserfahrung kann berücksichtigt werden.

Der normale Stufenaufstieg ist zunächst reiner Zeitablauf und in der Praxis bei den höheren Stufen auch, da Leistung nur ganz selten Stufenlaufzeiten verkürzt oder verlängert. Welche "Erfahrung", die 15 Jahre Zeit braucht, sollte man auch für eine Tätigkeit benötigen?

Ich bin ja eher dafür, die Stufen zu reduzieren, damit man eher den Moment erreicht, an dem einem kein Entgelt mehr vorenthalten wird (max. 3 Stufen auf max. 3-5 Jahre). Der Stufe 6 etwas wegzunehmen und woanders zu verteilen, finde ich mau. Das könnte man auch ähnlich wie 2018 im TVÖD lösen, wenn man das wollte.

clarion

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #38 am: 24.03.2023 06:54 »
Ich wäre da bei Euch. Dass Berufsanfänger Erfahrungen sammeln müssen, ist schon klar,  aber nach einer gewissen Zeit ist die Erfahrungen auch da und diese Zeit beträgt mit Sicherheit keine Jahrzehnte wie das heutige Stufenmodell suggeriert.

MoinMoin

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #39 am: 24.03.2023 07:00 »
Die Stufen bilden in der Tat keine Erfahrung ab, sondern sind an die Leistung gekoppelt.
Es sind Leistungsstufen!
Den Aufgrund der Leistung können sie verlängert und verkürzt werden!

Nur hat leider keiner die Eier in der Hose das umzusetzen.

Coffee86

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #40 am: 24.03.2023 09:23 »
Beispiel:
0,00 Euro Brutto für Arbeitslosen
1.000,00 Euro Brutto für Gemüseschnippler
2.000,00 Euro Brutto für Amtsleiter

Hier bekommt der Amtsleiter das doppelte Gehalt.

--> Beide bekommen nun 15 Jahre lang jährlich eine Sozialismuspauschale von meinetwegen 500,00 Euro

8.500,00 Brutto für Gemüseschnippler
9.500,00 Brutto für Amtsleiter

Wer will jetzt noch Amtsleiter sein??

Dann ist das aber so ein Egoding vom Amtsleiter, wenn er sich mit 1000 € mehr Gehalt nur wohl fühlt, solange es das doppelte des Gemüseschnipplers ist.

Was hat das mit Ego-Ding zu tun? Es geht hier um Vorbildung/Wissen, Aufgabendichte, Verantwortung usw usf. Dies ist generell auch zu entlohnen und wird auch in jedem Bereich entsprechend anderweitig entlohnt. Auch in der PW.

Natürlich benötigt es eine gewisse Diskrepanz zwischen den Beschäftigungsverhältnissen. Ansonsten kann ja auch der Azubi genau so viel verdienen wie der Meister.

Casa

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #41 am: 24.03.2023 09:35 »
Zitat
Der Stufe 6 etwas wegzunehmen und woanders zu verteilen, finde ich mau.

Warum? Das Lebensarbeitseinkommen bleibt gleich, wird steuergünstig verteilt und kommt dann an, wenn die Mitarbeiter mehr Geld benötigen, z.B. mit Kindern im Haushalt.

Zitat
Das könnte man auch ähnlich wie 2018 im TVÖD lösen, wenn man das wollte.

Wie war es damals?




Okay. Dann betriebliche / dienstliche Erfahrung und Erfahrungsstufen, ohne dass es eines besonderen Zugewinns an Erfahrung bedarf, mit geringfügigen Korrekturmöglichkeiten durch Verkürzung oder Verlängerung des Stufenaufstiegs.  ::)
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Wdd3

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #42 am: 24.03.2023 09:55 »
Ich bin ebenfalls dafür, bis EG9a einen möglichst hohen Sockelbetrag auszuwerfen. Unter der Bedingung, dass dann mit den neuen Personalkosten eine grundlegende Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgt und die unwirtschaftlichen Aufgaben zeitnah automatisiert, outgesourced oder abgeschafft werden.

Outsourcing lohnt aktuell nicht. Auch ungelerntes Personal ist rar und kann sich den AG aussuchen. Einige Firmen zahlen schon 13 - 14€ p. Std. und 100% Urlaubs/Weihnachtsgeld. Für den Auftraggeber fällt Umsatzsteuer an.

Daher gibt es auch immer mehr Servicegesellschaften. Sicher das ist auch Outsourcing allerdings muss man sich schon einen Teil Knowhow einkaufen.

Abschaffen ist keine Alternative außer die Fachkräfte reinigen ihre Büros/Toiletten in ihrer Freizeit bzw. begnügen sich mit E1 bis E2...

Durch die Abschaffung von Kantinen werden auch nicht unbedingt neue MA gewonnen. In Krankenhäusern halte ich den Bestand der Küchen- und Reinigungskräfte auch für sinnhaft.

Wdd3

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #43 am: 24.03.2023 10:06 »
Zitat
Der Stufe 6 etwas wegzunehmen und woanders zu verteilen, finde ich mau.

Warum? Das Lebensarbeitseinkommen bleibt gleich, wird steuergünstig verteilt und kommt dann an, wenn die Mitarbeiter mehr Geld benötigen, z.B. mit Kindern im Haushalt.


Ich habe S6 und 2 minderjährige Kinder Im Haushalt. Daher kann ich der Argumentation nicht folgen.

Casa

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Antw:Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
« Antwort #44 am: 24.03.2023 10:15 »
Zitat
Ich habe S6 und 2 minderjährige Kinder Im Haushalt. Daher kann ich der Argumentation nicht folgen.

Ich habe nicht behauptet, dass den Mitarbeitern jetzt etwas weggenommen werden soll. Es geht darum, das System ZUKÜNFTIG und langfristig zu ändern.

Und das was der Erfahrungsstufe 6 fehlt, hat der Mitarbeiter schon vorher in Stufe 1-5 erhalten.


Man kann es aber auch absichtlich falsch verstehen. Und was ist S6? TVöD-S? Oder der Sozial- und Erziehungsdienst?
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