Autor Thema: Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion III (Tarifergebnis)  (Read 315719 times)

Prüfer SH

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 502
Die untersten EG werden sich hier nie einig werden mit den höchsten - das ist doch völlig logisch. Die Ansprüche und Ansichten verändern sich nunmal.
Was es aber nicht braucht sind Beleidigungen oder Anmaßungen über finanzielle Handlungsfähigkeit, die ist bei jedem individuell, egal ob EG1 / A6 oder EG 15 / A16.

BAT

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 4,700
Die untersten EG werden sich hier nie einig werden mit den höchsten - das ist doch völlig logisch. Die Ansprüche und Ansichten verändern sich nunmal.
Was es aber nicht braucht sind Beleidigungen oder Anmaßungen über finanzielle Handlungsfähigkeit, die ist bei jedem individuell, egal ob EG1 / A6 oder EG 15 / A16.

Diese Anmaßung ist eine von Verdi. Nicht von den Foristen.

patrick0815

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 70
Ich verstehe die Argumentation der Gewerkschaften schon, dass die unteren Entgeltgruppen die Auswirkungen der Inflation mehr spüren als besser Verdienende. Um es mal zu überspitzen, in Zeiten hoher Energiekosten ist es für einen Gutverdienend nicht notwendig seinen Pool zu betreiben. Wobei beide die Familie mit Essen versorgen müssen.
Daher bin schon einverstanden, dass in der jetzigen Phase der Fokus auf den unteren Entgeltgruppen liegt.

Jedoch stört mich an Verdi, dass ähnliche Aussagen bei jeder Tarifrunde kommen. Es fast immer immer ein Mindestbetrag oder Sockel gefordert, egal wie hoch die Inflation ist.

Genauso das Gejammer der Kommunen, dass kein Geld da ist. Da könne die Steuereinnahmen sprudeln wie sie wollen Geld ist nie da.

Iunius

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 176
Naja, Verdi verhandelt für SEINE Mitglieder und die sind zu 99% <E10

niagAkcaBdipS

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 157
verstehe das problem nicht gelber zettel und gut ist
Wie meinen?

Warnstreik

  • Gast
Ich weiß nicht was in einigen Köpfen so vor geht hier. Was denken manche was man in der tollen PW so verdienen kann? Viele Firmen geben ihren Angestellten 0% Lohnsteigerung (weil kein Tarifpartner). Die bekommen 0%.


Zu meinen Teil. Ich bin mit 42 in der 9A Stufe 6 (!!!) mit 4258,04 Euro Brutto. Jetzt kommen nächsten Jahr nochmal 445,19 Euro obendrauf. Dann sind das 4703,23 Euro im Monat. Jahresgehalt um die 60.000 Euro.

Wo in der PW verdiene ich denn bitteschön 60k im Büro? Bin in einer Stadtverwaltung (unter 10000 Einwohner) OHNE Führungsposition. Hab meinen Aufgabenbereich und bin mit der Arbeit sehr zufrieden und macht mir sehr viel Spaß.

Selbst in der IT kriegen das etliche nicht. Einer oder zwei vll., aber der Rest sind "kleine" ITler.

Also nochmal. Meine Frage? Wo verdiene ich 60k in einer Firma im Büro? Bin Verwaltungsfachangestellter. Jetzt bin ich mal gespannt.

PS: Hab kein Studium, sondern nur diese 3 jährige Verwaltungsausbildung gemacht (Hauptschule, Quali) und eine Weiterbildung zum Standesbeamten (den ich auch nur zu 30% meiner Arbeitszeit mache)

PS2: meine Zusatzversorgung ist bereits jetzt bei 420 Euro Anwartschaft (hab mit 16 Jahren angefangen mit Ausbildung)

Ich weiß halt nicht ob der Abstand stimmt und der wird % und numerisch immer kleiner. Ich bin 34 und in der EG 13/3 mit Stufenaufstieg Ende 2023. Im Moment liege ich knapp über 60k Jahresbrutto. Voraussetzung für die Stelle ist ein wissenschaftliches Studium, dass ich mit 24 abgeschlossen hatte und mit 25 angefangen habe zu arbeiten.  Im öD aber erst später.


In Stufe 6 wären es 76k. Da aber Akademiker in der Regel später in den Job einsteigen und es auch nicht selten ist, dass man ein paar mal den AG wechselt, da dauert es echt lange um quasi das volle Potential der EG auszuschöpfen. Und da ist die Frage, sollte eine Aufgabe die Verwaltungsfachangestellte benötigt wirklich die gleiche Bezahlung nach sich ziehen, wie die Tätigkeit mit wiss. Hochschulbildung, nur weil eine Person seit 16 beim gleichen AG sitzt und die andere Person "nur" mehrjährige Berufserfahrung hat?

Und in der Kommune, in der ich bin merkt man schon recht deutlich, dass es für Stellen ab E10 die zumindest das Fachhochschulstudium fordern immer schwerer wird Bewerber zu finden. Gerade auch wenn es um ganz spezifische Abschlüsse geht oder die Übernahme von größeren Projekten mit viel Verantwortung.

Und klar, man kann dann sagen, müssen eben AT Einigungen gefunden werden, aber so wie ich die AG erlebe sind sie da auf beiden Augen blind und taub auf den Ohren noch dazu. Da sagt die Personalabteilung mehr geht nicht im TvöD und zuckt mit den Schultern, wenn eben zum dritten Mal ausgeschrieben wird.

Das ist aber ein Grundproblem im ÖD (so es denn wirklich ein Problem und nicht mehr ein Konflikt ist): Für "einfache Tätigkeiten" (das soll bitte nicht despektierlich sein) ist der ÖD oftmals wie ein heiliger Gral, gerade in den ländlichen Gebieten. Hier kann man recht gut verdienen und steigert sich im laufe der Zeit gut und ist "sicher".
In anderen Berufsgruppen (oft eben akademischer Natur) wird man hingegen oft fragend oder sogar mitleidig angeschaut, wenn man über ein mögliches Engagement im ÖD spricht. Und ganz klar: Hier sind die Einkommensunterschiede wirklich massiv. In Hamburg schreibt man SAP-Berater mit einer EG10 aus. Das wird schwierig...

Jockel

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 305
Kann man wirklich so sehen. Wenn man z.B nur 2500 Euro brutto im Monat hat, treffen einen die Energie- und Lebensmittelpreise härter als wenn man 5000 Euro verdient (bei sonst vergleichbarer Lebenssituation). Das kann und soll man nicht wegdiskutieren.
Die Lebenssituationen dürften aber regelmäßig nur sehr begrenzt vergleichbar sein. Wer lebt schon gern so, als ob er nur die Hälfte des Einkommens hat und spart den Rest ? Die meisten Leute, die ich kenne, geben ihr Geld aus. Größere Wohnung/Haus, teureres Essen/Auto/Urlaub/Hobby... das hört erst auf, wenn die nächst höhere Qualität ein oder zwei Zehnerpotenzen weg ist... also Ferrari, Bentley oder Hubschrauber. Jemand mit hohem Einkommen ist auch nicht glücklich, wenn der ein Aktiensparfonds für die Kinder abgeschafft werden muss, weil er Reallohnverluste hat oder statt VW Multivan der nächste ein Citroen Berlingo werden muss. Klingt nach Luxusproblem, ist aber so.

Iunius

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 176
Es ist ebenso schwierig Sekretariatsmitarbeiter zu finden - E5, bestenfalls E6.

Da zahlt die PW nicht unbedingt mehr als das Tabellenentgelt aber dann eben doch eine Fahrgeldpauschale, einen Zuschlag zum ÖPNV, den Handyvertrag und das Mittagessen.
Das rechnet sich dann doch.



xirot

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 295
Ich denke schon.
Wenn alle EG10 + in den Behörden die Arbeit niederlegen ist Stillstand.
Dann merkt Verdi vielleicht auch, dass es nicht nur an den eigenen vertretenen Gruppen liegt.

Ähnlich Vereinigung Cockpit. Ohne Pilot hat auch das Bodenpersonal nix zu tun.

Naja, also die Piloten Streiken wie oft in den letzten Jahren? Und verdienen eh Geld wie Heu.
Und ohne das Bodenpersonal wäre nicht mal Sprit im Tank der Flieger, geschweige den Passagiere.

Wenn man bedenkt das Verdi die Grundforderung 10,5% und mindestens 500€ hatte um die unteren Entgeldgruppen mit dem Sockelbetrag zu festigen, haben Sie genau das Gegenteil geschafft. Den nur die Oberen EG`s kommen durch die Erhöhung ab 03/24 über die 500 Euro.  Die unteren gehen wieder mal leer aus. Also die Spreizung wird immer größer. Das ist natürlich ok, oder wie? Nix gegen hohe EG`s aber die habens weniger nötig.

16% und du sagst die gehen leer aus? Geht's noch. Hättest früher mal weniger Kreide holen sollen!

Amtsschimmel

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 289
Es ist ebenso schwierig Sekretariatsmitarbeiter zu finden - E5, bestenfalls E6.

Da zahlt die PW nicht unbedingt mehr als das Tabellenentgelt aber dann eben doch eine Fahrgeldpauschale, einen Zuschlag zum ÖPNV, den Handyvertrag und das Mittagessen.
Das rechnet sich dann doch.

Kann ich nicht bestätigen. In den E5- bis E7-Verfahren können wir uns idR nicht vor Bewerbern retten, und das in einer Metropolregion.

xirot

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 295

Diesen Mythos gibt es nicht. Es bedarf hier einer Differenzierung:

Das Rechenbeispiel der Gewerkschaften besagt, dass Bezieher niedrigerer Löhne stärker von der Inflation betroffen sind also solche die höhere Löhne erhalten.
Das mag sich jetzt ähnlich anhören, ist aber nicht das Gleiche.

Ihre Meinung erklärt sich durch die benötigten Anteile des monatlichen Lohns an den zum Überleben nötigen Fixkosten. Statistisch steigt der Anteil der monatlichen Einnahmen prozentual der für Energie und Lebensmittel benötigt wird an je niedriger das Einkommen ist. Stichwort: Handlungsspielraum.

Das kann man gut finden, oder nicht, Statistisch ist das valide.
Kann man wirklich so sehen. Wenn man z.B nur 2500 Euro brutto im Monat hat, treffen einen die Energie- und Lebensmittelpreise härter als wenn man 5000 Euro verdient (bei sonst vergleichbarer Lebenssituation). Das kann und soll man nicht wegdiskutieren.

Und was kann die gesamte Arbeitnehmerschaft jetzt dafür, dass es sich jemand als Bootsverleiher in der EG1 gemütlich macht? Für soziale Härten ist der Staat da (und der übertreibt) und nicht meine EG14.
« Last Edit: 25.04.2023 11:54 von xirot »

xirot

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 295
Kann man wirklich so sehen. Wenn man z.B nur 2500 Euro brutto im Monat hat, treffen einen die Energie- und Lebensmittelpreise härter als wenn man 5000 Euro verdient (bei sonst vergleichbarer Lebenssituation). Das kann und soll man nicht wegdiskutieren.
Die Lebenssituationen dürften aber regelmäßig nur sehr begrenzt vergleichbar sein. Wer lebt schon gern so, als ob er nur die Hälfte des Einkommens hat und spart den Rest ? Die meisten Leute, die ich kenne, geben ihr Geld aus. Größere Wohnung/Haus, teureres Essen/Auto/Urlaub/Hobby... das hört erst auf, wenn die nächst höhere Qualität ein oder zwei Zehnerpotenzen weg ist... also Ferrari, Bentley oder Hubschrauber. Jemand mit hohem Einkommen ist auch nicht glücklich, wenn der ein Aktiensparfonds für die Kinder abgeschafft werden muss, weil er Reallohnverluste hat oder statt VW Multivan der nächste ein Citroen Berlingo werden muss. Klingt nach Luxusproblem, ist aber so.

Klingt nicht nach Luxusproblemen sondern nach gesunder Marktwirtschaft.

Amtsschimmel

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 289

Diesen Mythos gibt es nicht. Es bedarf hier einer Differenzierung:

Das Rechenbeispiel der Gewerkschaften besagt, dass Bezieher niedrigerer Löhne stärker von der Inflation betroffen sind also solche die höhere Löhne erhalten.
Das mag sich jetzt ähnlich anhören, ist aber nicht das Gleiche.

Ihre Meinung erklärt sich durch die benötigten Anteile des monatlichen Lohns an den zum Überleben nötigen Fixkosten. Statistisch steigt der Anteil der monatlichen Einnahmen prozentual der für Energie und Lebensmittel benötigt wird an je niedriger das Einkommen ist. Stichwort: Handlungsspielraum.

Das kann man gut finden, oder nicht, Statistisch ist das valide.
Kann man wirklich so sehen. Wenn man z.B nur 2500 Euro brutto im Monat hat, treffen einen die Energie- und Lebensmittelpreise härter als wenn man 5000 Euro verdient (bei sonst vergleichbarer Lebenssituation). Das kann und soll man nicht wegdiskutieren.

Und was kann die gesamte Arbeitnehmerschaft jetzt dafür, dass es sich jemand als Bootsverleiher in der EG1 gemütlich macht? Für Soziale Härten ist der Saat da (und der übertreibt) und nicht meine EG14.

Ist halt Ausfluss aus der Tarifautonomie. Im Endeffekt müssten die höheren EG eher die Arbeitgeberverbände unterstützen, als die Gewerkschaften. Die Gewerkschaften haben das Wohl der >EG10-Gruppe gar nicht auf der Agenda und würden deren Interessen sogar noch billiger verramschen, wenn die AG nicht den bekannten Personalmangel hätten und da selbst einschritten.

Iunius

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 176
Kann ich nicht bestätigen. In den E5- bis E7-Verfahren können wir uns idR nicht vor Bewerbern retten, und das in einer Metropolregion.

Spannend, bei uns liegt eine Stelle brach und die zweite ist nur zu 75% besetzt. Keine geeigneten Bewerber. Gut wir sind eher ländlich, aber immerhin BW :)

Amtsschimmel

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 289
Kann ich nicht bestätigen. In den E5- bis E7-Verfahren können wir uns idR nicht vor Bewerbern retten, und das in einer Metropolregion.

Spannend, bei uns liegt eine Stelle brach und die zweite ist nur zu 75% besetzt. Keine geeigneten Bewerber. Gut wir sind eher ländlich, aber immerhin BW :)

Vielleicht liegt es auch an den Dimensionen, wir besetzen immer ein paar Dutzend Stellen pro Verfahren und haben insgesamt mehrere hundert allein in diesem EG-Korridor.