Autor Thema: Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion III (Tarifergebnis)  (Read 312765 times)

patrick0815

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Eine Prämie ist nämlich keine Prämie mehr, wenn man sie selbst damit bezahlt, dass mein keine Entgelterhöhung bekommt.
Fairerweise muss man aber dagegenhalten, dass die Prämiere natürlich schon "on top" auf das bisherige Entgelt gezahlt wird. Eine Prämie zum Ausgleich der Inflation und eine tabellenwirksame Erhöhung zum Ausgleich der Inflation wäre dann auch irgendwie doppelt gemoppelt.

Und nein, ich begrüße den Tarifabschluss nicht. Eine lineare Erhöhung bei kürzer Laufzeit wäre mir auch lieber gewesen.

On Top wird sie aber nicht gezahlt.
Sie gleicht die Nullrunde in 2023 aus, da die Tabellenentgelte erst in 2024 erhöht werden.

Aleksandra

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Die derzeitige Inflation mit einer Einmalzahlung zu bekämpfen finde ich nicht gänzlich absurd.

Viele Preise sind enorm gestiegen, vielen sinken aber derzeit auch wieder. Energiekosten sind wieder gesunken, eine Salatgurke kostet auch nur noch 69 Cent. Da gibt es sehr viele Beispiele.


Werden die Preise wieder auf das Vorniveau sinken? Höchstwahrscheinlicht nicht.

Aber die Preise von vor paar Wochen haben wir zum Teil heute schon nicht mehr.
Ja, das kann man bei einigen Produkten so beobachten.
Wenn eine Prämie aber das hätte abfangen wollen, dann hätte sie zwingend im letzten Jahr ausbezahlt werden müssen. Nicht wenn die Preise wieder sinken. So hat die Prämie jeden Zweck verfehlt. Ein Zweck der ohnehin zweifelhaft gewesen ist (Inflationsausgleich).
Von daher finde ich die jetzige Nutzung optimal. Nämlich zur Überbückung einer späteren Tabellenerhöhung. Der Vorteil für die AN ist, dass man die Prozente ans realistische Maximum bringen kann und die AG haben den Vorteil dass sie Sozialabgaben und Arbeitgeberbrutto für einen Zeitraum sparen können. So wie derzeit umgesetzt halte ich die Prämie für einen perfekten Kompromiss und Interessensausgleich. Man muss halt wegkommen von der Idee zu denken, dass die Prämie irgendwie die Inflation ausgleichen könne.

Knarfe1000

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Es geht ums "Prinzip".

Glaub mir, ich brauche die nächste Tarifrunde eigentlich überhaupt nicht. Mit meiner E12/5 und meiner Frau in der E9/6 ("double income, no kids" - zusammen 125kpa) überweisen wir jeden Monat über 1.000,- Euro auf unser Sparkonto. Die "Inflation" kratzt uns überhaupt nicht. Wenn ich nächstes Jahr die 3k Prämie auch noch kriegen sollte (ich bin im TV-H), kaufe ich mir irgendeinen Schwachsinn. Meine Frau vermutlich auch.

TROTZDEM halte ich es für falsch, eine Inflationsprämie, die ZUSÄTZLICH ausbezahlt werden sollte, dafür zu missbrauchen, um eigentlich jetzt dringend notwendige Tariferhöhungen um über ein Jahr zu verschieben.

Die angedachte ZUSÄTZLICHKEIT geht komplett verloren. Die Löhne werden jetzt erstmal nicht erhöht. Dafür gibt es Einmalzahlungen. Der Arbeitgeber spart dabei - auf meine Kosten. Thema: Absenkung des Durchschnittseinkommens für Jahressonderzahlung, Rentenbeiträge, Krankengeld, Überstunden, etc. Alles bleibt auf dem Stand, als hätte es keinen Inflationsausgleich gegeben.

Weshalb die Prämie ZUSÄTZLICH zu einer gleichzeitigen Erhöhung der Entgelte sein sollte? Zum Kompensieren der letzten zwei Jahre! Dass der letzte Tarifabschluss aufgrund der langen Laufzeit für die Arbeitnehmer nur Verluste gebracht hat, darüber brauchen wir wohl nicht zu streiten.

Man kann sich auf dem bereits Erreichten ausruhen und denken, der "Wanst" ist dick genug - ich lasse mich gerne mit "Peanuts" abspeisen - oder man kämpft weiter für die Rechte der Arbeitnehmer. "Fett, faul und gefräßig" ist dabei aber scheinbar leider die bevorzugte Mentalität der Deutschen.
Genau so ist es!

Prüfer SH

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Nö ist ne Nullrunde. Da kann man nix schönreden.
Da du dich ja so richtig im Recht wähnen möchtest, hast du sicherlich kein Problem damit, diese Zahlung -die ja keine ist, weil es sonst keine Nullrunde wäre- in den kommenden Monaten an mich zu senden.
Ich sag auch Danke!

Ich würde gerne die Hälfte davon haben, da ich die 3.000 Euro ebenfalls nicht als Nullrunde sehe! :)

Mich würde einfach interessieren, warum sich die Leute so an der fehlenden Tabellenwirksamkeit aufhängen?!
Es ist doch (fast) egal, wie die Kohle aufs Konto kommt...
Für die 3.000 Euro netto müssten ca. 5.200 bis 5.500 Euro brutto entgegengerechnet werden.
Es ist doch logisch, dass es für die AG günstiger ist, die 3.000 Euro netto zu zahlen.
Und letztendlich kommt es nahezu aufs gleiche raus.
Und auf die 3 Euro, die mir deswegen in der Rente "fehlen" kann ich getrost verzichten.
Ferner kann ich auch Teile der 3.000 Euro in die gesetzliche Rentenversicherung selbst einzahlen, um das wieder auszugleichen.

Fürs netto ist das egal, für die Rente zunächst zu vernachlässigen, da hast du Recht. Aber vielleicht auch, weil für die folgenden Verhandlungen diese Einmalzahlungen keine Berücksichtigung finden und die Erhöhungen dann nur auf den geringeren Betrag erfolgen. Das kann sich über die Jahre schon deutlich bemerkbar machen.

FearOfTheDuck

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Die konzertierte Aktion spricht dafür, dass es genauso angedacht war. Nicht umsonst wurde diese erst vor kurzem für beendet erklärt:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/bundesregierung-konzertierte-aktion-bundestag-haushalt-100.html

Wenn man schaut, dass "die Spitzenrunde... zuletzt im Oktober" zusammenkam und schaut, wann die Prämie mit auf den Weg gebracht wurde, erkennt man den Willen von DGB, Wirtschaft und Regierung.

Wobei man sich dann auch einiges Bohei in der Tarifrunde hätte sparen können.




BAT

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Wenn eine Prämie aber das hätte abfangen wollen, dann hätte sie zwingend im letzten Jahr ausbezahlt werden müssen. Nicht wenn die Preise wieder sinken. So hat die Prämie jeden Zweck verfehlt. Ein Zweck der ohnehin zweifelhaft gewesen ist (Inflationsausgleich).


Da hast du recht, eine Auszahlung wurde nicht nur nicht gemacht, sondern wurde auch von den Arbeitgebern proaktiv nie angeboten. Das ist das Wesen einer Prämie. Damit hatte sich dieses Instrument erledigt und wurde dennoch von Verdi im Rahmen der TV akzeptiert.

Nun hat man halt die Prämie und eine Nullrunde im regulären Gehalt für sage und schreibe zwei Jahre in Zeiten höchster Inflation.

Da hat sich Verdi mal wieder übertroffen. ;D


GofX

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Man muss halt wegkommen von der Idee zu denken, dass die Prämie irgendwie die Inflation ausgleichen könne.

Hier mal der ursprüngliche Originaltext der Bundesregierung:

---> https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/entlastung-fuer-deutschland/inflationsausgleichspraemie-2130190

Zitat
"Die Inflationsausgleichsprämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden."

Zusätzlich ist sie aber in dem Moment nicht mehr, wo die Ausbezahlung der jetzt dringend notwendigen Entgelterhöhung verschoben wird - vielmehr wird sie damit bezahlt.

Ich sehe - und das ist wahrscheinlich mein "Fehler" - den "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" nicht mehr als das, was vor zwei Jahren bei der letzten Tarifrunde errechnet wurde, sondern als das, was jetzt errechnet wurde - dass die Entgelte zuerst um 200,- Euro und dann um zusätzliche 5,5% erhöht werden.

Durch die Verschiebung der Auszahlung dieser Entgelte wird die Prämie finanziert und ist somit nicht mehr zusätzlich.

Die erhöhten Entgelte sind jetzt fällig - nicht erst "irgendwann" - und sollten zusammen mit der Prämie ausbezahlt werden.

Nur dann wäre die Prämie - wie von der Bundesregierung angedacht - zusätzlich.

Aleksandra

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Fürs netto ist das egal, für die Rente zunächst zu vernachlässigen, da hast du Recht. Aber vielleicht auch, weil für die folgenden Verhandlungen diese Einmalzahlungen keine Berücksichtigung finden und die Erhöhungen dann nur auf den geringeren Betrag erfolgen. Das kann sich über die Jahre schon deutlich bemerkbar machen.
Das ist halt eine Glaubensfrage.
Bei einer Tabellenerhöhung zum 01.01.23 plus den vollen 3k, da gebe ich dir Recht. da hätte die Prämie definitiv an den Prozenten geknabbert.
Ich habe absolut keinen Zweifel daran, dass wir in solch einem Szenario nicht 200 EUR Sockelbetrag + 5,5% bekommen hätten. Mehr sowas wie 5% oder sogar noch niedriger. Am Ende kann man über ungelegte Eier und "Was wäre wenn" natürlich lange philosophieren. Aber es scheint mir äußerst nachvollziehbar zu sein, dass die AG hier die tabellenwirksamen Prozente reduziert hätten, einfach weil das Gesamtpaket teurer gewesen wäre.

So gesehen führt die Prämie in diesem konkreten Fall wahrscheinlich eher zu einer höheren Tabellensteigerung. Weswegen ich mich auch überhaupt nicht über die zeitliche Verzögerung aufregen.

Das "Geschenk" IAP war ja leider Prflicht. Da kommt ja irgendwie keiner drum herum :D Aber soe wie es bei uns gemacht wurde halte ich das für eine gute Lösung.

tonystaks

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Man muss halt wegkommen von der Idee zu denken, dass die Prämie irgendwie die Inflation ausgleichen könne.

Hier mal der ursprüngliche Originaltext der Bundesregierung:

---> https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/entlastung-fuer-deutschland/inflationsausgleichspraemie-2130190

Zitat
"Die Inflationsausgleichsprämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden."

Zusätzlich ist sie aber in dem Moment nicht mehr, wo die Ausbezahlung der jetzt dringend notwendigen Entgelterhöhung verschoben wird - vielmehr wird sie damit bezahlt.

Ich sehe - und das ist wahrscheinlich mein "Fehler" - den "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" nicht mehr als das, was vor zwei Jahren bei der letzten Tarifrunde errechnet wurde, sondern als das, was jetzt errechnet wurde - dass die Entgelte zuerst um 200,- Euro und dann um zusätzliche 5,5% erhöht werden.

Durch die Verschiebung der Auszahlung dieser Entgelte wird die Prämie finanziert und ist somit nicht mehr zusätzlich.

Die erhöhten Entgelte sind jetzt fällig - nicht erst "irgendwann" - und sollten zusammen mit der Prämie ausbezahlt werden.

Nur dann wäre die Prämie - wie von der Bundesregierung angedacht - zusätzlich.

Korrekt. Die IFP war und ist mittlerweile eine politische Nebelkerze. Die AG, die sie so genutzt haben wie sie "offiziell" gedacht war, haben sie längst gezahlt. Ohne irgendwelche Verhandlungen mit AN-Vertretern, aus freien Stücken.

tina92

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Rechtswidrig bleibt rechtswidrig.

Schönrednerei- und rechnerei machts nicht besser.

FearOfTheDuck

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Durch die Verschiebung der Auszahlung dieser Entgelte wird die Prämie finanziert und ist somit nicht mehr zusätzlich.


Nur dann wäre die Prämie - wie von der Bundesregierung angedacht - zusätzlich.

Interessanter Gedanke. Wenn der AG durch die Prämie ungefähr in gleicher Höhe Lohnnebenkosten spart, hat er die Prämie durch die Einsparung - also die Verschiebung der tabellenwirksamen Erhöhung - selber schon refinanziert. 

Zu Fettgedruckten: Ich denke, dass es so angedacht war, wie es kam. Nur wurde es anders/schwammig kommuniziert. Das ist das unlautere daran.

Prüfer SH

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Was genau meinst du? Die Prämie bzw deren Steuerfreiheit?

GofX

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ungelegte Eier und "Was wäre wenn"

Jeder Sekunde, die man darüber nachdenkt, ist verschwendete Lebenszeit.

Realer Fakt ist: es gibt in diesem keine Erhöhung der Entgelte. Und das halte ich in Anbetracht der vergangenen und derzeitgen Inflation für extremst verwerflich.

Stattdessen wird eine "zusätzlich Prämie" ausgezahlt - die aber gar nicht mehr zusätzlich ist, weil sie von jedem selbst bezahlt wird, da er vorerst auf die Erhöhung der Entgelte verzichten darf.

Wie man sich darüber noch freuen kann, entzieht sich meiner Kenntnis.

tina92

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Schönrednerei- und rechnerei machts nicht besser.

Was genau meinst du? Die Prämie bzw deren Steuerfreiheit?

In 1. Linie die Auszahlung, weil offenkundig nicht zusätzlich. Ist die Steuerfreiheit dann noch gegeben, wenn die Voraussetzungen an die Prämie nicht gegeben sind.

Prüfer SH

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Schönrednerei- und rechnerei machts nicht besser.

Was genau meinst du? Die Prämie bzw deren Steuerfreiheit?

In 1. Linie die Auszahlung, weil offenkundig nicht zusätzlich. Ist die Steuerfreiheit dann noch gegeben, wenn die Voraussetzungen an die Prämie nicht gegeben sind.

Rechtliche Zweifel habe ich auch. Aber ich denke nicht, dass dahingehend etwas passieren wird,  gerade auch weil das alles politisch ist.