Weshalb schlaue Menschen auf die Möhre vor dem Karren hereinfallen, habe ich mich auch schon oft gefragt.
Vermutlich ist die Beziehung zu einer Hochschule noch intensiver als zu einem normalen Dienstherrn. Während in den normalen Behörden nur von einem "fürsorglichen" Dienstherren gesprochen wird, wird die Universität, gerade bei den sehr guten oder der Forschung zugetanen Studenten, oft noch als Alma Mata wahrgenommen. Man rechnet (wie ein normaler Beamter) einfach nicht damit (oder will es nicht in Betracht ziehen), dass man, obwohl man hervorragende Leistungen erbringt und sich vollständig für die eigene Institution einsetzt, um im Bild zu bleiben, bei der eigenen Mutter am langen Arm verhungert.
Gerade sehr gute Studenten kennen zwar die Geschichten von der Ausbeutung, der langen Qualifikationsphase und der Unsicherheit einen festen (und im Idealfall angemessen bezahlten) Arbeitsplatz in Forschung und Lehre zu bekommen, aber aufgrund der hohen Motivation vieler Doktoranden/Habilitanden (die beschäftigen sich meist gerne mit ihrem Forschungsfeld und das nimmt auch zumeist alle Zeit in Anspruch) oder solcher die es werden möchten wird der Gedanke oft mit einem "mir passiert das nicht" oder "ich schaffe das, weil ich schlau und fleißig bin" beiseitegeschoben. Dass man eigentlich auf ein "fürsorgliches" System vertrauen können sollte, gilt ja für Staatsdiener allgemein und ist kein Spezifikum der Hochschulen. Und viele Doktoranden sehen das Doktorat nicht mehr als Ausbildung für eine Wissenschaftskarriere (was ursprünglich mal der Zweck war; ich weise nach, auf angemessenem Niveau wissenschaftlich arbeiten zu können), sondern nur noch als ein Sprungbrett in die Wirtschaft/Politik/Verwaltung (und das ist rational). Vier bis fünf Jahre unterbezahlt zu sein wird i. d. R. durch das höhere spätere Gehalt (und das Prestiges eines Dr-Titels) kompensiert.
Es ist aber auch im Hochschulbereich bemerkbar, dass wirklich gute Kandidaten in den Bewerbungsrunden deutlich seltener werden. Der Wissenschaftsbetrieb ist in der Eingangsstufe in keiner Weise mit der Wirtschaft konkurrenzfähig, die wirklich guten Leuten erheblich mehr zahlt als es die Politik an Universitäten für notwendig erachtet. Und mittlerweile gibt es kaum noch PostDocs, die nicht mit einem mindestens unguten Gefühl anfangen, zu habilitieren (oder es ganz bleiben lassen, obwohl sie das Potenzial haben). Letztendlich ist das in der Tat, neben anderen, ein wichtiger Grund für die Erodierung des deutschen Wissenschaftsstandortes in vielen Bereichen.
@BerndStromberg: Ich möchte Dir ausdrücklich zustimmen, es ist seit jeher ein "althergebrachter" Ansatz, alle gegeneinander auszuspielen. Die Bevölkerung gegen die Staatsdiener (die verdienen alle zu viel und tun nichts), die Angestellten gegen die Beamten (warum erhält der bei gleicher Arbeit mehr netto, der soll mal nicht so jammern), aktuell in einigen Ländern die Beamten zusätzlich untereinander (weshalb wird Kinderkriegen so gut mit Zuschlägen bezahlt) und an Hochschule noch regelmäßig befristet vs. Dauerbeschäftigte (weshalb habe ich weniger Lebenssicherheit als der Kollege).
Mein Vorschlag: Ebnet ruhig das Beamtenverhältnis ein, bezahlt aber alle Staatsdiener (netto) angemessen in der Höhe der hoffentlich bald amtsangemessen bezahlten Beamtenschaft oder wie in der freien Wirtschaft. Es würde sogar die Durchlässigkeit gefördert. Das wäre doch mal ein Ansatz, der unseren ungelernten Politikern den Angstschweiß auf die Stirne treibt und uns Staatsdiener alle zufrieden stellen würde.