Autor Thema: Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto  (Read 3176 times)

Millie

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Hallo,

mein Vorgesetzter will mir vorschreiben, dass ich nicht so viele Stunden für mein Gleitzeitkonto sammel. Hierbei ist anzumerken, dass wir chronisch unterbesetzt sind und ich meine to do Liste immer bis zur nächsten Woche abarbeiten will. Wir haben eine Dienstvereinbarung diesbezüglich, in der steht, dass wir pro Tag theoretisch bis zu 12 Stunden arbeiten dürfen (auch im Home Office) und bis zu 24 Tage Zeitausgleich pro Jahr nehmen dürfen. Natürlich übertreibe ich das nicht, ich arbeite meistens 9 Stunden am Tag und habe dieses Jahr 3 Tage Zeitausgleich genommen oder mache manchmal eben früher Schluss. In der Dienstvereinbarung ist nicht geregelt, dass der Vorgesetzte diesbezüglich etwas vorschreiben darf. Zudem habe ich folgenden Paragrafen gefunden (§ 7 Abs. 8 Arbeitszeitverordnung):

Verstöße gegen Gleitzeitregelungen dürfen den jeweils zuständigen Vorgesetzten mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind den unmittelbaren Vorgesetzten ausschließlich für Zwecke des gezielten Personaleinsatzes die Gleitzeitsalden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzuteilen, sofern sich positive Salden von mehr als 20 Stunden oder negative Salden von mehr als zehn Stunden ergeben. Daten nach Satz 2 dürfen nicht für eine Kontrolle oder Bewertung der Leistung oder des Verhaltens der Beamtinnen und Beamten verwendet werden.

Darf mein Vorgesetzter mir hier Vorgaben machen?


Prüfer SH

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Im Zweifel getarnt als Fürsorgepflicht.

Millie

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Habe ich da irgendwelche Möglichkeiten, sollte es hart auf hart kommen? In der Dienstvereinbarung ist es ja ausdrücklich erlaubt..

Tagelöhner

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Frag doch mal vorsichtig beim Personalrat an? Wenn so ein Gleitzeitmodell mittels Dienstvereinbarung geregelt ist, ist diese ja auch für deinen scheinbar übergriffigen Vorgesetzten verbindlich, auch wenn ihm das missfällt.


Prüfer SH

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Warum möchte er das verhindern? Nur damit weniger ZA genommen wird?

Tagelöhner

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Ist doch naheliegend, wenn aus Sicht des Vorgesetzten z.B. in Zeiten geringerer Auslastung künstlich das Stundenkonto aufgebaut wird und dann irgendwann in Zeiten höherer Auslastung abgebaut werden muss, ist das sicher nicht im Sinne des Arbeitgebers.

In der Privatwirtschaft sind die Stundenkonten nicht ohne Grund meist auf deutlich geringere Kontingente limitiert und es finden regelmäßig Gespräche mit Führungskräften statt, sobald sich jemand diesen Grenzen nähert.

Millie

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Vorgeschobener Grund ist, dass ich mir Ruhe von der Arbeit gönnen solle. Mir ist natürlich klar, dass er nicht möchte, dass ich so viel Zeitausgleich nehme.

Millie

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Ja, aber es ist ja tatsächlich viel los, es müssen sehr viele Vorgänge erledigt werden und im Gegensatz zum Rest schaffe ich die Vorgänge dann auch immer im vorgegeben Zeitrahmen. Dass ich da betrüge, kann mir also nicht vorgeworfen werden.

maxg

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Im Zweifel getarnt als Fürsorgepflicht.

Warum muss es "getarnt" sein? Die AZV sieht es ja schon so vor und will damit erkennbar verhindern, dass "das Kind in den Brunnen fällt". Ein zu hohes Stundenkonto ist bei mir im Umfeld viel häufiger als ein Minuskonto, was ja irgendwie für eine vorhandene Motivation spricht. Als Vorgesetzter müsste ich ja ein Interesse daran haben, dass meine Untergebenen massiv Plus haben und machen, möglichst über die Kappungsgrenze hinaus und dass Stunden verfallen. Dann hätte der Mensch ja "kostenlos" gearbeitet. Und wer mit 40 Plusstunden vom Blitz getroffen wird, hat es aus Verwaltungssicht doch perfekt gelöst  ;)

Lange Rede, kurzer Sinn: Nimm es einfach als Hinweis, auch an dich selbst zu denken.

Und zur Frage "hart auf hart":
Ich sehe keinen Spielraum, per Weisung o.ä. auf konkrete Stunden-Limits zu gehen, die nicht in der AZV oder der jeweiligen Dienstvereinbarung gesetzt sind. Wenn der Vorgesetzte so etwas ernsthaft versucht, wäre er auf sehr dünnem Eis unterwegs!

Prüfer SH

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Und es gibt ausschließlich die Dienstvereinbarung dazu? Oder noch irgendwelche Verfügungen oder Erlasse? Bei mir ist das zum Beispiel auf 82 Stunden + oder - begrenzt. Innerhalb dieses Rahmens kann jeder tun was er will.

Prüfer SH

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Antw:Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto
« Antwort #10 am: 03.05.2023 20:07 »
Im Zweifel getarnt als Fürsorgepflicht.

Warum muss es "getarnt" sein? Die AZV sieht es ja schon so vor und will damit erkennbar verhindern, dass "das Kind in den Brunnen fällt". Ein zu hohes Stundenkonto ist bei mir im Umfeld viel häufiger als ein Minuskonto, was ja irgendwie für eine vorhandene Motivation spricht. Als Vorgesetzter müsste ich ja ein Interesse daran haben, dass meine Untergebenen massiv Plus haben und machen, möglichst über die Kappungsgrenze hinaus und dass Stunden verfallen. Dann hätte der Mensch ja "kostenlos" gearbeitet. Und wer mit 40 Plusstunden vom Blitz getroffen wird, hat es aus Verwaltungssicht doch perfekt gelöst  ;)

Lange Rede, kurzer Sinn: Nimm es einfach als Hinweis, auch an dich selbst zu denken.

Und zur Frage "hart auf hart":
Ich sehe keinen Spielraum, per Weisung o.ä. auf konkrete Stunden-Limits zu gehen, die nicht in der AZV oder der jeweiligen Dienstvereinbarung gesetzt sind. Wenn der Vorgesetzte so etwas ernsthaft versucht, wäre er auf sehr dünnem Eis unterwegs!

"Getarnt" weil es wahrscheinlich vorher auch niemanden interessiert hat nehme ich an?

BalBund

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Antw:Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto
« Antwort #11 am: 03.05.2023 23:11 »
Sofern es der disziplinarische Vorgesetzte ist oder er in dessen Auftrag handelt sehe ich die Einsichtnahme unkritisch. Im Gegenteil, Du nutzt ja offenbar die Dienstvereinbarung um regelmäßig gegen das Arbeitszeitgesetz zu verstoßen. Das gilt nämlich vorrangig, egal wie viele Stunden Dir die DV erlaubt.

Zitat
Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Selbst wenn man großzügig die 24 Tage ZAG annimmt machst Du bei rund 9 Stunden/Tag im Halbjahr rund 16 Tage zu viel. Sprich Du kannst auf ein ganzes Jahr nicht genügend ZAG nehmen um den Ausgleich wieder hinzubekommen.

Hinzu kommt in den meisten Behörden die Weisung, Zeitabschmelzungen unterjährig zu ermöglichen, wenn der Saldo zu hoch ist. Auch hierfür muss natürlich bekannt sein, wie viel zu viel drauf ist.

clarion

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Antw:Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto
« Antwort #12 am: 03.05.2023 23:51 »
In manchen Ämtern ist "schick" immer ein gut gefüllte  Zeitguthabenkonto vor sich herausheben, gerne wird der Zeitausgleich dann zu ungünstigen Zeiten genommen. Es gibt da durchaus ein paar Pappenheimer, die das überreizen. Genau deswegen kontrolliere ich als Vorgesetzter etwa alle zwei Monate die Konten und spreche alle Kollegen an, die über dem in der DV vereinbarten Kontingent liegen. Es werden der Gleichbehandlung wegen auch diejenigen angesprochen, die Zeitausgleiche verantwortungsbewusst behandeln. Und oft genug muss ich mich auch selbst ermahnen und Arbeiten auch mal liegen lassen.

Bei einer Kollegin in Teilzeit bin ich wegen eines behinderten Kind, das oft zu Therapien muss und kranheitsanfällig ist, großzügiger. Das weiß unsere HR auch und wir sehen bei ihr über das gelegentlich hohe Zeitguthaben kommentarlos weg. Vor ein paar Jahren wollte ein Kollege ein Sabbaticaljahr  machen und ein Teil des Sabbatical wurde auch über das Zeitguthaben abgewickelt. Dazu gab dazu extra eine vertragliche Vereinbarung: Reduzierung auf Teilzeit mit 60 %, die ersten zwei Jahre voll gearbeitet, im dritten Jahr gar nicht, die Reste wurden mit Urlaubstagen abgedeckt.

flip

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Antw:Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto
« Antwort #13 am: 04.05.2023 06:37 »
Ja, aber es ist ja tatsächlich viel los, es müssen sehr viele Vorgänge erledigt werden und im Gegensatz zum Rest schaffe ich die Vorgänge dann auch immer im vorgegeben Zeitrahmen. Dass ich da betrüge, kann mir also nicht vorgeworfen werden.
Möglicherweise liegt es daran, dass du im Gegensatz zum Rest deine Arbeit im Zeitrahmen erledigst.

BWBoy

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Antw:Vorgesetzter kontrolliert Plusstunden auf Gleitzeitkonto
« Antwort #14 am: 04.05.2023 08:11 »
Sofern es der disziplinarische Vorgesetzte ist oder er in dessen Auftrag handelt sehe ich die Einsichtnahme unkritisch. Im Gegenteil, Du nutzt ja offenbar die Dienstvereinbarung um regelmäßig gegen das Arbeitszeitgesetz zu verstoßen. Das gilt nämlich vorrangig, egal wie viele Stunden Dir die DV erlaubt.

Zitat
Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Selbst wenn man großzügig die 24 Tage ZAG annimmt machst Du bei rund 9 Stunden/Tag im Halbjahr rund 16 Tage zu viel. Sprich Du kannst auf ein ganzes Jahr nicht genügend ZAG nehmen um den Ausgleich wieder hinzubekommen.

Hinzu kommt in den meisten Behörden die Weisung, Zeitabschmelzungen unterjährig zu ermöglichen, wenn der Saldo zu hoch ist. Auch hierfür muss natürlich bekannt sein, wie viel zu viel drauf ist.

Gilt das denn für Beamte? Denn bei 41 Wochenstunden wären wir ja im Schnitt immer über den 8 Stunden pro Tag. Oder habe ich da jetzt nen Denkfehler drin und das Arbeitszeitgesetz bezieht den Samstag mit ein, der bei uns mit 0 Stunden den Schnitt wieder runterzieht?