Gern geschehen, Jürgen: Die hamburgische Politik ist bundesweit tatsächlich am Weitesten darin gegangen, wissentlich und willentlich, also zielgerichtet eine Besoldungs- und Versorgungspolitik an der Verfassung vorbei zu gestalten. Irgendwelche Einsichten, die in ein anderes Handeln münden könnten, sind von ihr entsprechend nicht zu erwarten, dazu hat sie sich spätestens in den letzten drei Jahren hinsichtlich des Besoldungsrechts viel zu weit entfernt vom Boden des Grundgesetzes gezeigt und sich hier im verfassungsrechtlichen Niemandsland zu bequem eingerichtet, wie spätestens die S. 14 ff. und 99 ff. der Stellungnahme zeigen. Denn die eigene Hauptwählergruppe der Frauen aus den Augen der Adenauerzeit zu betrachten, sie also wieder wie in der Adenauerzeit zu behandeln und entsprechend revisionistisch zu verrechtlichen, zeigt, dass die hamburgische Politik hinsichtlich von Besoldung und Versorgung in erschreckender Art und Weise Maß und Mitte verloren hat; denn die hamburgischen Bündnisgrünen und Sozialdemokraten dürfen damit rechnen, dass ihr Anschlag auf die bundesdeutschen Frauenrechte sich irgendwann gegen sie selbst richten wird: nämlich insbesondere in den nächsten Bürgerschaftswahlen, worin sich zeigt, dass sie ebenfalls beständig am Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen und der sie hier weit über das Grundgesetz hat hinaus, also ins verfassungsrechtlich Niemandsland hat hineinwachsen lassen. Denn wieso sollten Frauen Parteien wählen, die ihnen in revisionistischer Art und Weise maßgebliche ihrer Grundrechte nehmen?
Es ist entsprechend richtig und sachlich schlüssig, also notwendig, wenn der Richterverein nun ein weiteres Mal an die hamburgische Politik appelliert, entsprechend auf den Boden des Grundgesetzes zurückzukehren:
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article248532642/Mehr-Geld-Richter-und-Staatsanwaelte-wehren-sich-gegen-verfassungswidrige-Besoldung.html Irgendwelche Einsichten sind von ihr allerdings hinsichtlich von Besoldung und Versorgung nicht mehr zu erwarten. Dazu hat man vonseiten des Senats und der Bürgerschaft hinsichtlich des Themas seit spätestens drei Jahren zu beständig ein weitgehend kaputtes Rechtsstaatsverständnis gezeigt; nicht umsonst ist das Gesetz mittlerweile ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen beschlossen worden (vgl. ab 5:48:15 unter
https://mediathek.buergerschaft-hh.de/sitzung/22/76/), was wiederum zeigt, dass in den Bürgerschaftsfraktionen hier einhellig keine Gegenmeinung zu finden ist.
Der Richterverein hat nun die ökonomische Perspektive ebenfalls sachlich auf den Punkt gebracht:
"Bei der Festlegung einer wirklich amtsangemessenen Besoldung
wird der Dienstherr neben der hohen Inflation und den – gerade auch in Hamburg –
weit überdurchschnittlichen Lebenshaltungskosten zudem mit in den Blick zu nehmen
haben, dass Vollzeitbeschäftigte in Hamburg bundesweit durchschnittlich am meisten
verdienen (5.209,00 Euro ohne Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder Gratifikationen; vgl.
Buske, So hoch ist das Durchschnittseinkommen in Deutschland, Handelsblatt-Online
vom 12.09.2023, 09:53 Uhr)"
https://www.richterverein.de/fileadmin/Hamburgischer-Richterverein/Dokumente/Pressemeldungen/Unterschriftenliste_Forderungstext__Final_.pdf Der Beitrag im Handelsblatt findet sich hier:
https://www.richterverein.de/fileadmin/Hamburgischer-Richterverein/Dokumente/Pressemeldungen/Unterschriftenliste_Forderungstext__Final_.pdfDiese Betrag von 5.209,- €, den ein Vollzeitbeschäftigter in Hamburg bereits 2021 pro Monat erzielte - also zu einer Zeit vor nicht geringen Tarifabschlüssen, die verschiedentlich seitdem vollzogen worde sind (vgl. beispielhaft nur
https://www.wsi.de/de/tarifrunde-2023-aktueller-ueberblick-44289.htm) -, lässt sich mit dem kontrastieren, was nun die Hamburgische Bürgerschaft gesetzlich hinsichtlich seiner Bediensteten normiert hat: Das Land gewährt einer vierköpfigen Beamtenfamilie bis zur Besoldungsgruppe A 9/6 bzw. A 10/3, sofern sie über den Anspruch auf einen Besoldungsergänzungszuschuss verfügte, also wenn ein alleinverdienender Bediensteter die Familie ernährt und dieser sich der Antragsstellung unterwirft, regelmäßig rund 4.200,- bis nicht einmal 4.300,- € pro Monat (vgl. die Tabelle 7 auf den S. 45 f.). Das Besoldungsniveau beläuft sich darüber hinaus, sobald ein Zweitverdiener vorhanden ist und also kein Besoldungsergänzungszuschusse gewährt wird, in den genannten Besoldungsgruppen deutlich darunter (vgl. die Tabelle 5 auf den S. 40 f.; sie betrachtet das Besoldungsniveau, bevor neben dem Besoldungsergänzungszuschuss nun weitere familienbezogene Besoldungskomponenten erhöht worden sind, nämlich die Familienzuschläge von 395,58 € auf 485,96 €, sodass die in der Tabelle genannten Beträge um 90,38 € erhöht werden müssen):
A 4/1: 3.109,54 € + 90,38 € A 4/8: 3.405,53 € + 90,38 €
A 5/1: 3.134,07 € + 90,38 € A 5/8: 3.492,93 € + 90,38 €
A 6/1: 3.153,20 € + 90,38 € A 6/8: 3.612,50 € + 90,38 € (Erstes Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1)
A 6/1: 3.097,16 € + 90,38 € A 6/8: 3.556,46 € + 90,38 € (Zweites Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1)
A 7/1: 3.197,50 € + 90,38 € A 7/8: 3.776,77 € + 90,38 €
A 8/1: 3.345,58 € + 90,38 € A 8/1: 4.047,81 € + 90,38 €
A 9/1: 3.534,41 € + 90,38 € A 9/8: 4.287,93 € + 90,38 € (Laufbahngruppe 1)
A 9/1: 3.544,46 € + 90,38 € A 9/8: 4.297,98 € + 90,38 € (Laufbahngruppe 2)
A 10/1: 3.751,55 € + 90,38 € A 10/8: 4.730,80 € + 90,38 €
In diesen Beträgen zeigt sich die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der Gehälter, da das Besoldungsniveau auch noch in der Endstufe der Besoldungsgruppe A 10 deutlich unterhalb des Betrags in Höhe von 5.209,- € liegt, den ein Vollzeitbeschäftigter in Hamburg im Jahr 2021 durchschnittlich verdient hat: Denn in Anbetracht dessen, dass mit einer selbst in Hamburg nicht gänzlich geringen Wahrscheinlichkeit Nachwuchskräfte nicht unbedingt in der Erfahrungsstufe 8 ihren Dienst beginnen, sondern eher in den unteren Erfahrungsstufen, stellt sich sowohl die Frage nach einer monetären Konkurrenzfähigkeit nicht mehr - und zwar nicht nur für verheiratete Beamte mit zwei Kindern. Denn der vom Handelsblatt wiedergegebene Durchschnittsverdienst in Höhe von 5.209,- € betrachtet keine Familienverhältnisse, da diese hinsichtlich ihres Einkommens nur bei Beamten eine besondere Rolle spielen. Entsprechend zeigt sich das Besoldungsniveau für unverheiratete hamburgische Beamte ohne Kinder, das der sachgerechte Vergleichsgegenstand zum durchschnittlichen monatlichen Vollzeitverdienst von 5.209,- € darstellt, wie folgt (es setzt sich zusammen aus dem Grundgehaltssatz, der Allgemeinen Stellenzulage, der in den Besoldungsgruppen A 4 bis A 6 gewährten Amtszulage sowie der Angleichungszulage; vgl. die S. 39 f. der Stellungnahme, die die maßgeblichen Beträge aufführt, die entsprechend zu addieren sind):
A 4/1: 2.638,40 € A 4/8: 2.934,39 €
A 5/1: 2.668,04 € A 5/8: 3.26,90 €
A 6/1: 2.707,62 € A 6/8: 3.266,92 € (Erstes Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1)
A 6/1: 2.651,58 € A 6/8: 3.110,88 € (Zweites Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1)
A 7/1: 2.751,92 € A 7/8: 3.331,19 €
A 8/1: 2.900,00 € A 8/1: 3.602,23 €
A 9/1: 3.088,83 € A 9/8: 3.842,35 € (Laufbahngruppe 1)
A 9/1: 3.098,88 € A 9/8: 3.852,30 € (Laufbahngruppe 2)
A 10/1: 3.305,97 € A 10/8: 4.285,22 €
Auch wenn der durchschnittliche Arbeitnehmer ebenfalls in Hamburg Sozialabgaben zu gegenwärtigen hat, die den Bediensteten nicht treffen, bleibt der Unterschied dennoch schlagend, in welchem sich die mangelnde Konkurrenzfähigkeit des hamburgischen öffentlichen Diensts gegenüber der Privatwirtschaft bricht. Wenn der durchschnittliche Arbeitnehmer in Hamburg mehr als 2.000,- € brutto pro Monat mehr verdient als ein Beamter zu Beginn seiner Tätigkeit im gehobenen Dienst und mehr als 1.900,- € mehr ein ggf. über ein abgeschlossenes Bachelorstudium verfügender sowie einen Vorbereitungsdienst absolviert habender Beamter in der Besoldungsgruppe A 10, dann braucht man sich - denke ich - über die Konkurrenzfähigkeit der Gehälter in Hamburg keine weiteren Gedanken mehr zu machen oder noch Worte darüber zu verlieren.
Wenn als nicht anders zu erwartender Folge der nachgewiesenen eklatanten Unteralimentation mehr als jeder sechste Beschäftigte gegen den Beschäftigungsgeber klagt, nachdem jenem zuvor gerichtlich im Detail attestiert worden war, dass die Beschäftigen sich im Recht befinden, dann dürfte man davon ausgehen, dass die Unternehmensleitung eines gesunden Unternehmens in der freien Wirtschaft spätestens in Zeiten grassierenden Fachkräftemangels über die selbstzerstörerischen Kräfte des eigenen Denkens in Klausur gehen würden, um nicht in nicht allzu ferner Zukunft den Bankrott des Unternehmens bekanntgeben zu müssen - wer das als Dienstherr trotz seiner verfassungsrechtlichen Treue- und darüber hinaus auch im Hinblick auf seine weiteren sich aus der Verfassung ergebenden Pflichten nicht macht, darf zumindest wohl kaum damit rechnen, dass das sowohl bei seinen Beschäftigten als auch gesellschaftlich folgenlos bliebe. Genau hierin zeigt sich der rechtsstaatsgefährdende Gehalt des auf eine Verfassungskrise hinauslaufenden Handelns auch des Hamburger Senats und der Hamburgischen Bürgerschaft, den Ulrich Battis vor einem Jahr im sächsischen Gesetzgebungsverfahren begründet ausgeführt hat, vgl. die S. 13 f. unter
https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf Unabhängig von dem für den einzelnen Beamten, Richter und Staatsanwalt verfassungsrechtlich nicht akzeptablen Handeln der hamburgischen Politik ist es gesellschaftlich nicht hinnehmbar, wie hier sehenden Auges Hand an das Rechts- und Staatsgefüge unserer Demokratie gelegt wird. Die Präsidentin des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts hat dazu ebenfalls vor mittlerweile mehr als drei Jahren bereits alles gesagt, was notwendig ist:
"Dass in der Vergangenheit verwaltungsgerichtliche Entscheidungen durch die Exekutive nicht umgesetzt wurden, macht mich nachdenklich. Dies berührt die Grundfesten unseres Rechtsstaates. Es ist wichtig für uns alle, für unser gesellschaftliches Zusammenleben, dass die Regeln des Rechtsstaates von allen Beteiligten befolgt werden." (
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article213096684/Hamburger-Gerichtspraesidentin-Gross-Justiz-urteilt-nicht-nach-Stimmungen.html)