Autor Thema: Arbeitsaufnahme am Tag nach Befristungsende = unbefristeter Vertrag?!  (Read 3216 times)

rossini

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Ich möchte nochmal auf meine Fallkonstellation von oben zurückkommen. Mal angenommen, der PC- und HO-Zugang ist nicht gesperrt und der AN bearbeitet/beantwortet Mails, wovon aber keiner etwas mitbekommt, weil die nur extern gehen oder mind. die Abteilung verlassen? Dann gilt auch, erst wenn die entsprechende Stelle davon erfâhrt, das untersagt, den Zugang sperren lässt? Dann ist es unerheblich, wie viele Mails schon bearbeitet wurden?

Was ist, wenn der AN nicht dazu aufgefordert wurde, Schlüssel und Stempelkarte am letzten Tag abzugeben?

Reisinger850

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Ich würde mir so oder so einen guten Anwalt nehmen, um zumindest noch eine nette Abfindung zu kassieren. Auf diese einigt man sich meistens, falls kein Bedarf an Arbeitskräften dort besteht oder persönliche Differenzen vorliegen.

MoinMoin

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Wenn man aber so zu einem unbefristeten AV kommen kann, dann ist doch die anschließende Akteneinsicht auch nicht unbefugt?!

Natürlich war die Akteneinsicht unbefugt. Offensichtlich hat der AG durch die Rücknahme von Schlüssel und Nichtermöglichen der Zeiterfassung deutlich gemacht, dass er nicht gedenkt, das ausgelaufene befristete Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Wäre der Umgang des AG mit der betroffenen Person unverändert wie zuvor gewesen, dass diese also einfach ihre Arbeit hätte fortsetzen können, wäre dies anders gewesen. So aber war der AG-Wille doch für alle Beteiligten eindeutig erkennbar. Eine Duldung der Weiterarbeit kann also recht deutlich ausgeschlossen werden.
Und die Person ist unbefugt in das Gebäude gegangen. Zwar nicht reingeschlichen, aber den Zugang erschlichen (oder hat die Person sich wie ein normaler Besucher dort angemeldet und geklingelt?)
Der Zugang zum PC war auch gesperrt, also deutlicher kann ein AG doch nicht agieren.
Und wie es rechtlich zu bewerten ist, dass die Person einfach so Akten bearbeitet.  ::)

Wenn jedoch Schlüssel und Stempelkarte, Zugang zum System etc. nicht am letzten Tag abgegeben werden mussten, dann sieht es in der Tat anders aus.


MoinMoin

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Ich würde mir so oder so einen guten Anwalt nehmen, um zumindest noch eine nette Abfindung zu kassieren. Auf diese einigt man sich meistens, falls kein Bedarf an Arbeitskräften dort besteht oder persönliche Differenzen vorliegen.
Oder um die Strafanzeige die der AG stellt abzumildern.

Max

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Ich möchte nochmal auf meine Fallkonstellation von oben zurückkommen. Mal angenommen, der PC- und HO-Zugang ist nicht gesperrt und der AN bearbeitet/beantwortet Mails, wovon aber keiner etwas mitbekommt, weil die nur extern gehen oder mind. die Abteilung verlassen? Dann gilt auch, erst wenn die entsprechende Stelle davon erfâhrt, das untersagt, den Zugang sperren lässt? Dann ist es unerheblich, wie viele Mails schon bearbeitet wurden?

Was ist, wenn der AN nicht dazu aufgefordert wurde, Schlüssel und Stempelkarte am letzten Tag abzugeben?
Dann würde ich als Arbeitgeber ebenso Strafanzeigen erstellen. Als nicht-Jurist stellt sich mir die Frage ob man da nicht den "Hacker-Paragraphen" bemühen kann.

In der Verwaltung handelt man meist "im Auftrag" und bindet damit den "Verantwortlichen", da die persönliche Meinung die Antragsteller nicht interessieren dürfte.  Wenn der Vertrag nicht verlängert wurde,  dürfte klar sein,  dass man nach außen nicht mehr im Namen des Arbeitgebers handeln darf.

Aus meiner Sicht dürfte es wenige Fälle geben wo man ohne strafrechtliche Konsequenzen durchkommt und noch in einen unbefristeten Vertrag rutscht.
Abgeben der Schlüssel,  Sperrung der Zugangskarte,  Sperrung von IT Zugängen, usw sind eine klare Botschaft,  dass der AG keine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt.
Anders sieht es meines Erachtens nur aus,  wenn man nach dem Vertragsende normal weiterarbeiten kann, also Zugänge erhalten bleiben, man zur Arbeit eingeteilt wird,  o.ä.

FearOfTheDuck

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Sehe ich auch so. Das Handeln der ehemaligen Kollegin ist schon sehr übergriffig. Mir fehlt die Phantasie, dass ein Arbeitsgericht hier ein unbefristetes AV begründet sieht.

Geschädigt ist hier eher der AG und es dürfte auch ein grober Verstoß gegen den Datenschutz sein.

Lämpel

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Wenn eine Lehrkraft zu einer Konferenz eingeladen wird oder im Vertretungsplan vorgesehen ist, sind das dienstliche Tätigkeiten die übertragen werden. Das ist etwas anderes als in einer Verwaltung eine ggfs. herumliegende Akte zu bearbeiten - die Entsprechung dazu wäre eher, auf eigene Faust in einen beliebigen Klassenraum zu gehen um der dortigen Schülerschaft irgendwas beizubringen.

Rheini

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Wie sieht man denn hier eine etwas andere Sichtweise?

Warum ist der AN der weiß das sein Arbeitsverhältnis geendet hat und sein ehemaliger AG ihn nicht dazu in irgendeiner Form dazu aufgefordert hat,  überhaupt am nächsten Tag zur Arbeit gegangen und ändert dies was an den Rechtsfolgen in bestimmten Konstellationen?

Maggus

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Die Mitarbeiterin wird mit dem Versuch sich einen unbefristeten Vertrag zu erschleichen m.E. nicht durchkommen. Der AG hatte das Ende des Arbeitsverhältnisses mehr als deutlich gemacht (Sperrung Zugang, Sperrung PC, ...). Sich Zugang über einen ehemaligen Kollegen zu verschaffen, sich in ein Büro zu setzen und irgendwelche Papierakten anzuschauen, wird nicht ausreichen um ein Vertragsverhältnis zu begründen.
Ansonsten müsste ja jeder Freizeit-Parksünder-Aufschreiber, mit der Einreichung der von ihm festgestellten Verstöße beim Ordnungsamt, automatisch in ein Beschäftigungsverhältnis wechseln.

Das BAG-Urteil 7 AZR 40/14 ist m.E. aufschlussreich. Hier hat ein MA in allen Instanzen verloren, als er versuchte sich einen unbefristeten Vertrag zu erschleichen, obwohl er sogar noch eine Zeitlang weiterarbeitete und auch bezahlt wurde.

ElBarto

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Wie sieht man denn hier eine etwas andere Sichtweise?

Warum ist der AN der weiß das sein Arbeitsverhältnis geendet hat und sein ehemaliger AG ihn nicht dazu in irgendeiner Form dazu aufgefordert hat,  überhaupt am nächsten Tag zur Arbeit gegangen und ändert dies was an den Rechtsfolgen in bestimmten Konstellationen?

Ich denke der Mythos vom "Weiterarbeiten" und damit folgenden "Fortbestehen" des Arbeitsverhältnisses kommt eher aus dem Bereich der -außerordentlichen- Kündigung.

Welche Art der Arbeit man mindestens verrichten muss, werden auch schon einige Gerichte geklärt haben.
Im hier geschilderten Sachverhalt halte ich es nicht  für ausreichend, dass eine Akte bearbeitet wurde ohne Zugang zum Computer zu haben, da ich davon ausgehe, dass der Computer das  überwiegende Arbeitsmittel ist.

Damit einen dauerhaften Arbeitsvertrag zu erhalten, halte ich für sehr glücklich.

Opa

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Ich denke der Mythos vom "Weiterarbeiten" und damit folgenden "Fortbestehen" des Arbeitsverhältnisses
Das ist kein Mythos sondern eine höchstrichterlich ausgeurteilte Tatsache. Gerade wenn der Arbeitgeber so doof ist, den Dienstplan über das Befristungsende hinaus zu führen (typisch Schule), sind wir in der Realität und nicht im Mythos.

Nichtsdestotrotz ist der hier geschilderte Sachverhalt höchst eindeutig, da es sowohl an Kenntnis als auch in der Folge an Duldung des Weiterarbeitens durch den AG mangelt. Je nachdem welche Akte hier bearbeitet wurde, sollte sich der Mitarbeiter eher auf unangenehme rechtliche Konsequenzen gefasst machen.

MoinMoin

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Ich denke der Mythos vom "Weiterarbeiten" und damit folgenden "Fortbestehen" des Arbeitsverhältnisses
Das ist kein Mythos sondern eine höchstrichterlich ausgeurteilte Tatsache. Gerade wenn der Arbeitgeber so doof ist, den Dienstplan über das Befristungsende hinaus zu führen (typisch Schule), sind wir in der Realität und nicht im Mythos.

Nichtsdestotrotz ist der hier geschilderte Sachverhalt höchst eindeutig, da es sowohl an Kenntnis als auch in der Folge an Duldung des Weiterarbeitens durch den AG mangelt. Je nachdem welche Akte hier bearbeitet wurde, sollte sich der Mitarbeiter eher auf unangenehme rechtliche Konsequenzen gefasst machen.
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rossini

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Von wegen Plänen, Kalendern ... was wäre, wenn seitens des AGs/der Personalabteilung in den Arbeits-/Anwesenheitskalender der Zeiterfassung, z. B. in Sage oder SAP, eingetragen wird, dass der AN z. B. am Tag nach Ende der Befristung krank mit Lohnfortzahlung ist, würde dieser Eintrag auch schon ausreichen? Falls ja, da würde mich dann doch tatsächlich mal ein Urteil interessieren, wenn es eins gibt. ;-) Danke.

Opa

  • Gast
Ein fehlerhafter Eintrag in einem internen Abrechnungssystem hat keine Auswirkungen. Im Gegensatz zu einem Dienstplan, in dem ja unmittelbar gegenüber dem AN dokumentiert ist, dass er zu dem genannten Zeitpunkt eine Arbeitsleistung erbringen soll.

Die Fortsetzung eines Arbeitsvertrags über das vereinbarte Ende hinaus ist ein Vertragsabschluss, der durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien begründet wird. Die Willenserklärungen bestehen in diesem Sonderfall nicht in einem Stück Papier oder einer verbalen Übereinkunft, sondern in konkludentem Handeln durch Arbeitsaufnahme (AN) und deren Duldung (AG).

Da während einer Arbeitsunfähigkeit die Willenserklärung auf Arbeitnehmerseite fehlt, mangelt es naturgemäß an konkludentem Handeln.



tina92

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Der anfangs geschilderte Fall lässt für mich überhaupt nicht erkennen, dass das Arbeitsverhältnis weiterbesteht.
Das Verhalten der Mitarbeiterin ist dreist/übergriffig, der Arbeitgeber hat klar erkennen lassen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.
Und damit bleibt es beim Auslaufen des befristeten Vertrages.
Wäre hier der Tatbestand Hausfriedensbruch erfüllt?