Bei der Frage der Diäten ist der Landtag mal wieder großzügig, da spielt auch die vermeintlich leere Landeskasse gar keine Rolle:
Niedersachsens Abgeordnete können sich auf üppige Diätenerhöhung freuen
Die Diäten der Abgeordneten im niedersächsischen Landtag sollen zum 1. Juli um 6,2 Prozent steigen. Der Landtag hatte vor Jahren einen Automatismus eingeführt, hält sich daran aber nur bei auch steigenden Löhnen. Der Bund der Steuerzahler kritisierte die Pläne.
Hannover. Die Diäten der 146 Abgeordneten im niedersächsischen Landtag sollen zum 1. Juli um 6,2 Prozent von jetzt 7635 Euro auf dann 8108 Euro steigen. Das ergibt sich nach Angaben des Landtags aus dem sogenannten Nominallohnindex, den das Landesamt für Statistik für das vergangene Jahr berechnet hat. Die Landtagsfraktionen signalisierten bereits ihre Zustimmung zu der üppigen Anhebung.
Die Diätenerhöhung folgt einem Automatismus, den der Landtag vor einigen Jahren eingeführt hat. Die Abgeordneten waren es leid, jährlich ihr Gehalt selbst festzulegen und die Angemessenheit rechtfertigen zu müssen. Für den Automatismus wurde die Bezahlung der Abgeordneten an die Vergütung von Beamten in der höchsten Stufe der A-16-Besoldung geknüpft. Seitdem richtet sich die Grundentschädigung nach der Entwicklung der Löhne.
Bestätigung ist Formsachse
Auch die Aufwandsentschädigung, mit der die Abgeordneten ihre Wahlkreisbüros und Material finanzieren, soll steigen. Der Zuschuss soll um 5 Prozent von 1635,88 Euro auf 1717,67 Euro angehoben werden. Landtagssprecher Jan-Thede Domeyer verwies darauf, dass es bisher nur eine Unterrichtung der Abgeordneten über die Lohn- und Preisentwicklung gebe. Für eine Diätensteigerung bedürfe es „einer Bestätigung durch den Landtag“. Das ist aber seit Jahren Formsache.
2020, im ersten Corona-Jahr, verzichteten die Abgeordneten auf eine Erhöhung – und ernteten Applaus. Auch im zweiten Jahr „verzichteten“ sie. Allerdings hätte der Automatismus zu einer Senkung der Diäten geführt. Im vergangenen Jahr wich der Landtag wieder ab. Statt der 2,4 nach Lohnentwicklung gönnte er sich 4,3 Prozent – um den Verzicht aus der Corona-Zeit nachzuholen.
Fraktionen verteidigen Anhebung
„Dass Abgeordnete als einzige Gruppe ihre Einkünfte selbst festlegen, wird in der Öffentlichkeit mitunter kritisch diskutiert“, sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Bajus dieser Redaktion. Das Bundesverfassungsgericht sehe die Entscheidung darüber, wie hoch die Anhebung ausfalle, aber allein bei den jeweiligen Parlamenten. In Niedersachsen überprüfe zudem eine Diätenkommission regelmäßig die Höhe der Bezüge. „Sie hat die Angemessenheit zuletzt im vergangenen Jahr bestätigt“, sagte Bajus.
„Der Vorschlag zur Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung kommt nicht von den Abgeordneten selbst, sondern von der unabhängigen Diätenkommission“, sagte CDU-Fraktionssprecher Ralph Makolla. Ihr Vorschlag richte sich nach einem Index, der zu Beginn jeder Wahlperiode überprüft werde. Die Abgeordneten seien gut beraten, dieser Empfehlung zu folgen.
Kritik vom Steuerzahlerbund
Die AfD erklärte, dass sie der Diätenkommission vertraue. „Jedem Parlamentarier, dem ein Diätenzuwachs unangemessen erscheint, steht es zudem frei, die Gelder zu spenden“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Peer Lilienthal. AfD-Abgeordnete hätten dies in der Vergangenheit bereits getan. „Die wiederkehrende Diskussion über Abgeordnetendiäten zeigt aber auch, wie wichtig es ist, endlich eine grundsätzliche Parlamentsreform anzugehen“, sagte Lilienthal. „Ein verschlankter Landtag wäre nicht nur leistungsfähiger, sondern auch kostengünstiger.“ Als Beispiel nannte er die „fünf gut bezahlten Landtagsvizepräsidenten“ der Altparteien.
Die SPD-Fraktion erklärte, sie habe das Thema gesehen, sich aber noch nicht damit beschäftigt.
Der Bund der Steuerzahler in Niedersachsen kritisiert unterdessen die Pläne. „Andere Arbeitnehmer mussten mit guten Argumenten für ihre Tarifanpassungen streiten“, sagte Vorstand Jan Vermöhlen der „Bild“-Zeitung. Die Landtagsabgeordneten entschieden selbst über ihre Gehaltserhöhung. „Das ist aber kein Muss.“