Autor Thema: [TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen  (Read 43257 times)

SwenTanortsch

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #120 am: 22.02.2024 22:28 »
Kannst Du Verwaltungsgerichtsentscheidungen, auf die Du Dich beziehst, nennen, Cyrix?

cyrix42

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #121 am: 22.02.2024 23:29 »
Ich muss mich korrigieren -- die Dinge, die ich gesehen habe, beschäftigten sich (nach nochmaligem Lesen) nicht mit den BVerfG-Urteilen, sondern anderen Fragen rund um die individuelle Besoldung einzelner klagender Beamter; und die Dinge, die sich mit ihnen beschäftigten, mündeten in Vorlage-Beschlüssen beim BVerfG. Letztendlich ist also von dort (weitere) Klärung zu erwarten.

Ich bleibe jedoch dabei, dass erstens die Gesetzesgeber nicht so dumm sind, wie hier gern unterstellt wird, sondern genügend juristischen Sachverstand besitzen, eine offenbar durchaus vertretbare Position zu beziehen. Dass verschiedene juristische Sachverständige hier verschiedene Ansichten zu dieser haben und äußern ist jetzt nicht überraschend. Aber als Laie so zu tun, als hätte man den Durchblick, erscheint mir zu viel angemaßt.

Nichtdestotrotz darf man, selbst wenn das hier von einigen sehr stark vertretene Prinzip, dass dem ledigen Beamten im 1K-Haushalt eine Alimentation zustehen sollte, die ausreichen muss, eine 4K-Familie (die er nicht hat) zu ernähren -- und mit ihr auf dem amtsangemessenen Niveau leben zu können, aus irgendwelchen "althergebrachten Grundsätzen des Beamtentums" ableitbar sein sollte, hinterfragen, ob man diese "althergebrachten Grundsätze" nicht an modernere Zeiten anpasst. Die Lebenswirklichkeit ist mittlerweile eine ganz andere als in der Weimarer Republik oder zuvor im preußischen Beamtenapparat. Ich wüsste nicht, wo durch die Ewigkeitsklausel geschützt wäre, dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können müssten... Schlussendlich wäre es also eine rein politische Frage, an welchen Grundsätzen hier die Beamtenbesoldung ausgerichtet werden soll. Und das sollte dann durchaus auch von der Legislative entschieden werden.

clarion

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #122 am: 23.02.2024 07:15 »
Du verwechselst ganz offensichtlich eine Beamtenfamilie mit einer Bedarfsgemeinschaft.

Ich halte ja eher ein Familienmodell für zeitgemäß, in dem Paare selbst bestimmen wie viel gearbeitet wird und wieviele Kinder geboren werden. Und gelebte Lebenswirklichkeit ist es in der PW , dass die Entlohnung unabhängig vom Familienstand ist.

SwenTanortsch

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #123 am: 23.02.2024 08:48 »
Ich muss mich korrigieren -- die Dinge, die ich gesehen habe, beschäftigten sich (nach nochmaligem Lesen) nicht mit den BVerfG-Urteilen, sondern anderen Fragen rund um die individuelle Besoldung einzelner klagender Beamter; und die Dinge, die sich mit ihnen beschäftigten, mündeten in Vorlage-Beschlüssen beim BVerfG. [1] Letztendlich ist also von dort (weitere) Klärung zu erwarten.

Ich bleibe jedoch dabei, dass erstens die Gesetzesgeber [2] nicht so dumm sind, wie hier gern unterstellt wird, [3] sondern genügend juristischen Sachverstand besitzen, eine offenbar durchaus vertretbare Position zu beziehen. Dass verschiedene juristische Sachverständige hier verschiedene Ansichten zu dieser haben und äußern ist jetzt nicht überraschend. Aber als Laie so zu tun, als hätte man den Durchblick, erscheint mir zu viel angemaßt.

Nichtdestotrotz darf man, selbst wenn das hier von einigen sehr stark vertretene Prinzip, dass dem ledigen Beamten im 1K-Haushalt eine Alimentation zustehen sollte, die ausreichen muss, eine 4K-Familie (die er nicht hat) zu ernähren -- und mit ihr auf dem amtsangemessenen Niveau leben zu können, aus [4] irgendwelchen "althergebrachten Grundsätzen des Beamtentums" ableitbar sein sollte, hinterfragen, ob man diese "althergebrachten Grundsätze" nicht an modernere Zeiten anpasst. [5] Die Lebenswirklichkeit ist mittlerweile eine ganz andere als in der Weimarer Republik oder zuvor im preußischen Beamtenapparat. [6] Ich wüsste nicht, wo durch die Ewigkeitsklausel geschützt wäre, dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können müssten... Schlussendlich wäre es also eine rein politische Frage, an welchen Grundsätzen hier die Beamtenbesoldung ausgerichtet werden soll. Und das sollte dann durchaus auch von der Legislative entschieden werden.

Ich finde es sinnvoll und gut, dass Du Dich im ersten Absatz korrigierst, cyrix, da das zeigt, dass Du eine sachliche Diskussion führen und nicht nur Behauptungen aufstellen willst. Darüber hinaus ist jede weitere Deine Ansichten sachlich diskutierbar. Ich gehe das mal - in jedem der nachfolgenden Fälle sachlich verkürzend, da das hier sonst ein weiteres Mal ein sehr langer Text werden würde - sachlich durch, wozu ich Deine Aussagen in eckigen Klammern durchnummeriert habe:

[1] Seit 2020 - seit der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2020 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html) - haben das VG Hamburg, das OVG Schleswig-Holstein, der VGH Hessen, das VG Düsseldorf und das VG Berlin Vorlagebeschlüsse über verschiedene A-, B- und R-Besoldung(sgrupp)en und unterschiedliche Zeiträume, die Jahre 2007 sowie 2011 bis 2020 betreffend, gefasst. Im letzten Jahr hat das VG Berlin dabei den betrachteten Zeitraum 2016 und 2017, die R-Besoldung betreffend, entsprechend betrachtet und die Jahre ab 2018 hier (also die R-Besoldung betreffend) als verfassungskonform, wobei davon ausgegangen werden kann, dass hier Berufungsverfahren geführt werden, da die befasste Kammer des VG für den Zeitraum ab 2018 bislang eine - was die anderen genannten Verwaltungs und Oberverwaltungsgerichte bzw. den VGH Hessen betrifft - Einzelmeinung vertreten hat. Eine weitere Entscheidung der Kammer zur A-Besoldung aus dem letzten Jahr hat diese auch über das Jahr 2017 hinaus als verfassungswidrig betrachtet und hier ebenfalls einen Vorlagebeschluss gefasst. Wir finden also seit 2020 eine weitgehende Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor, aus der letztes Jahr die Kammer des VG Berlin für Besoldungsgruppen, die im Entscheidungszeitraum ab A 10 aufwärts lagen, ausgeschert ist, was nun sachlich weiter zu klären wäre.

Darüber hinaus ist in dem DÖV-Beitrag "Das Alimentationsprinzip der Besoldungsordnung A 2008 bis 2020 - eine 'teilweise drastische Abkopplung der Besoldung' als dauerhafte Wirklichkeit?", S. 198 ff., der Nachweis auf Grundlage der neuen Besoldungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts geführt worden, dass zwischen 2008 und 2020 in allen 16 Länderrechtskreisen das Mindestabstandsgebot als verletzt zu betrachten ist, und zwar weit überwiegend in eklatanter Art und Weise, dass sich hier also eine Alimentation in den unteren Besoldungsgruppen noch unterhalb des Grundsicherungsniveaus findet. Den dort dargestellten Ergebnissen ist bislang von keiner Seite widersprochen worden.

[2] Die mit der Gesetzgebung befassten Verantwortungsträger in den Dienstrechtsministerien sind sicherlich genauso wenig wie die politischen Verantwortungsträger dumm. Darüber hinaus bleiben die ersten weisungsgebunden und haben die zweiten ein - sachlich nachvollziehbares - Interesse, die in allen 17 Rechtskreisen hohen Personal- und Versorgungskosten zu minimieren. Die Personalkosten sachlich angemessen gering zu halten, ist dabei nicht nur ein legitimes politisches Ziel, sondern ist zugleich sachlich geboten, um die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht auf Kosten der Steuerzahler zu privilegieren; auf der anderen Seite steht hier das grundrechtsgleiche Individualrecht des einzelnen Beamten, amtsangemessen alimentiert zu werden, was vom Dienstherrn besonders zu beachten ist, da sich der Beamte in einem Sonderrechtsverhältnis befindet, das verschiedene seiner Grundrechte einschränkt, und weil von der amtsangemessenen Alimentation nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung maßgeblich abhängt, womit die amtsangemessene Alimentation deutlich über das grundrechtsgleiche Individualrecht des einzelnen Bediensteten hinausreicht oder hinausweist.

[3] In diesem Spannungsfeld zwischen legitimen und von Seiten des Dienstherrn gebotenen Interessen, die Personalkosten angemessen gering zu halten, und seiner Pflicht, jeden seiner Beamten amtsangemessen zu alimentieren, wird nun der zweifellos sowohl in den Dienstrechtsministerien als auch in Teilen der politischen Entscheidungsträgern vorhandene juristische Sachverstand genutzt, um die insgesamt hohen Besoldungs- und Versorgungsaufwendungen zu minimieren, was dazu führt, dass seit 2021 alle 16 Ländergesetzgeber die familienbezogenen Besoldungskomponenten exorbitant angehoben haben (der Bund hat Anfang 2021 den verfassungswidrigen Gehalt der von ihm gewährten Besoldung und Alimentation eingestanden, um seitdem Maßnahmen zur Abhilfe zu betrachten, dabei aber gesetzgeberisch weiterhin untätig zu bleiben). Es ist im Einzelnen für alle dieser 16 Rechtskreise der begründete Nachweis geführt worden, dass diese Regelungen nicht mit der zu beachtenden Rechtsprechung des Zweiten Senats zu vereinbaren sind; das gilt nicht zuletzt in den Rechtskreisen, in denen der Wissenschaftliche Dienst des jeweiligen Landtags eingeschaltet worden ist, auch von jener Seite. Dahingegen wäre es am jeweiligen Besoldungsgesetzgeber gewesen, diese sachliche Kritik noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren sachlich zu entkräften. Mir ist seit 2021 jedoch kein Fall bekannt, in dem das geschehen wäre, weshalb ich vor ein paar Tagen an anderer Stelle (nicht an Dich gerichtet) nachgefragt habe, wer solch einen Fall kennte.

[4] Art. 33 Abs. 5 GG lautet: "Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln." Solange das Grundgesetz so verfasst ist, sind die 17 Besoldungsgesetzgeber daran gebunden. Sie haben darüber hinaus jederzeit die Möglichkeit, auch diesen Absatz des Artikels neu zu fassen, was zum letzten Mal 2006 geschehen ist, als hier die Fortentwicklungsklausel eingeführt worden ist. Dabei bestand bereits vor deren Einführung in den Art. 33 GG jederzeit die Möglichkeit der einfachgesetzlichen Weiterentwicklung des Beamtenrechts auf Grund veränderter sozialer Verhältnisse, wie bspw. die Einführung der Teilzeitbeamtenverhältnisse zeigt (vgl. Battis in: Sachs-Battis, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 33, Rn. 68). Auch weiterhin lässt die Rechtsprechung des Zweiten Senats - auch die sich seit 2012 sachlich zunehmend deutlicher kontinuierende neue Besoldungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts - den weiten Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, bestehen; er ist seitdem aber zunehmend eingehegt worden, weil der Zweite Senat seit 2012 in bis heute sechs weiteren Entscheidungen jeweils den verfassungswidrigen Gehalt der jeweils betrachteten Besoldungsordnungen betrachten musste. Für die zunehmende Einhegung seines Gestaltungsspielraums trägt also am Ende der jeweilige Besoldungsgesetzgeber selbst die Verantwortung, indem er zunächst begründeten Anlass zur Vermutung eines verfassungswidrigen Handelns geboten hat, der sich danach in den betreffenden Normenkontrollverfahren rechtskräftig bestätigte. Wenn er darüber hinaus trotz des o.g. Nachweises einer seit 2008 bestehenden Kontinuität des verletzten Mindestabstandsgebots dieses in allen Rechtskreisen, wie sich zeigen lässt, verletzt weiterbestehen lässt, um darüber hinaus seit 2021 mit Maßnahmen zu reagieren, die in allen seitdem vollzogenen Gesetzgebungsverfahren von unterschiedlichen Seiten vielfach schwere sachliche Kritik gefunden haben, dann stellt sich meiner Meinung nach die Frage, ob er aus den sechs seit 2012 erfolgten Entscheidungen des Zweiten Senats die richtigen Schlüsse zieht. Diese Frage kann nur er selbst beantworten, indem er handelt, wie er handelt.

[5] Wie schon unter der Ziff. 4 hinsichtlich der Fortentwicklungsklausel hervorgehoben, gibt es den "starren" Kern im Art. 33 Abs. 5 nicht, den Du voraussetzt, so als würden wir noch immer eine gesetzliche Verfasstheit des Berufsbeamtentums wie in der Weimarer Republik oder zuvor im Kaiserreich vorfinden. Das Berufsbeamtentum ist auf Grundlage des öffentlichen Dienstrechts seit 1949 kontinuierlich in die sich wandelnde soziale Wirklichkeit eingebunden worden. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums standen dem dabei nicht im Wege; mit einer rechtlichen Verfasstheit der 1870er oder 1920er Jahre wären die staatlicherseits zu vollziehenden Aufgaben durchs heute bestehende Berufsbeamtentum nicht zu bewerkstelligen. Auch hier ist es hilfreich, sich die Sachlage sine ira et studio vor Augen zu führen, wie sie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte bis heute entwickelt hat:

"Der Entwurf des Abs. 5 (Art. 27b II [des Entwurfsartikels des GG]) fixierte die Berücksichtigung der 'hergebrachten Grundsätze über die Rechtstellung des Berufsbeamtentums' durch den künftigen Gesetzgeber. Dies sollte einerseits sicherstellen, dass die traditionellen und institutionellen Grundzüge des bisherigen Beamtenrechts erhalten blieben, darüber hinausgehend aber auch die Beachtung der neueren Grundsätze auf dem Gebiet der im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten einschließen. Auf eine strenge Bindung an die hergebrachten Grundsätze wurde mit Blick auf die notwendige Gestaltung eines neuen Beamtentums und Beamtenrechts verzichtet. Durch G. v. 28.8.2006 [BGBl. I 2006 S. 2034] - Föderalismusreform I - ist Abs. 5 um die Worte 'und fortzuentwickeln' ergänzt worden. Vorschläge, Art. 33 V ersatzlos zu streichen oder auch Art. 33 IV zu verändern, haben sich in der Föderalismuskommission I nicht durchsetzen können." vgl. Battis in: Sachs-Battis, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 33, Rn. 6; Hervorhebungen wie im Original)

[6] In diesem Sinne gilt für die Alimentation des Beamten und seiner Familie, solange es nicht um den alimentativen Mehrbedarf ab dem dritten Kind geht, weitgehend das, was ich gestern in zwei Beiträgen in den allgemeinen Foren in knapper Form skizziert habe, vgl. hier die Nr. 10627 unter https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.10620.html und hier die Nr. 5739 unter https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.5730.html). Dabei geht es nicht darum, "dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können" müssten, sondern dass aus den Schutzrechten des Beamten, der einem Sonderrechtsverhältnis unterliegt, Pflichten des Dienstherrn erwachsen, die dessen Vorteile, die aus jenem Sonderrechtsverhältnis resultieren, kompensieren, um so weiterhin die Forderungen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG erfüllen zu können. Denn auch der Beamte bleibt zunächst einmal Staatsbürger, dessen Grundrechte in unserer staatlichen Ordnung nur im engen Rahmen eingeschränkt werden dürfen - und da sie für ihn als Folge des Beamtenverhältnisses eingeschränkt werden, bedarf es dafür gesetzlich zu regelnder Kompensationen: Ein "Rosinenpicken" ist als Folge des gegenseitigen Treueverhältnisses keiner der beiden Seiten gestattet.

Entsprechend hat der Besoldungsgesetzgeber, solange sich der Dienstherr entscheidet, Beamte mit hoheitlichen Aufgaben zu betrauen, die Pflicht, jene amtsangemessen zu alimentieren; so wie der Gesetzgeber als Ganzes jederzeit über das Recht verfügt, diese aus dem Grundgesetz folgenden Bindungen durch deren Änderung verfassungsrechtlich neu zu fassen oder sie ggf. über die ersatzlose Streichung des Art. 33 Abs. 5 GG zu beenden. Damit dürften ggf. für ihn Kostenersparnisse einhergehen; auf der anderen Seite dürften damit allerdings offensichtlich auch Nachteile für ihn verbunden sein, da er dann nicht mehr auf ein Personal zurückgreifen könnte, das sich in einem Sonderrechtsverhältnis befände und über das er entsprechend so im Rahmen gegenseitiger Treuepflichten verfügen könnte.
« Last Edit: 23.02.2024 08:55 von SwenTanortsch »

lotsch

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #124 am: 23.02.2024 10:15 »
Ich muss mich korrigieren -- die Dinge, die ich gesehen habe, beschäftigten sich (nach nochmaligem Lesen) nicht mit den BVerfG-Urteilen, sondern anderen Fragen rund um die individuelle Besoldung einzelner klagender Beamter; und die Dinge, die sich mit ihnen beschäftigten, mündeten in Vorlage-Beschlüssen beim BVerfG. [1] Letztendlich ist also von dort (weitere) Klärung zu erwarten.

Ich bleibe jedoch dabei, dass erstens die Gesetzesgeber [2] nicht so dumm sind, wie hier gern unterstellt wird, [3] sondern genügend juristischen Sachverstand besitzen, eine offenbar durchaus vertretbare Position zu beziehen. Dass verschiedene juristische Sachverständige hier verschiedene Ansichten zu dieser haben und äußern ist jetzt nicht überraschend. Aber als Laie so zu tun, als hätte man den Durchblick, erscheint mir zu viel angemaßt.

Nichtdestotrotz darf man, selbst wenn das hier von einigen sehr stark vertretene Prinzip, dass dem ledigen Beamten im 1K-Haushalt eine Alimentation zustehen sollte, die ausreichen muss, eine 4K-Familie (die er nicht hat) zu ernähren -- und mit ihr auf dem amtsangemessenen Niveau leben zu können, aus [4] irgendwelchen "althergebrachten Grundsätzen des Beamtentums" ableitbar sein sollte, hinterfragen, ob man diese "althergebrachten Grundsätze" nicht an modernere Zeiten anpasst. [5] Die Lebenswirklichkeit ist mittlerweile eine ganz andere als in der Weimarer Republik oder zuvor im preußischen Beamtenapparat. [6] Ich wüsste nicht, wo durch die Ewigkeitsklausel geschützt wäre, dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können müssten... Schlussendlich wäre es also eine rein politische Frage, an welchen Grundsätzen hier die Beamtenbesoldung ausgerichtet werden soll. Und das sollte dann durchaus auch von der Legislative entschieden werden.

 Dabei geht es nicht darum, "dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können" müssten, sondern dass aus den Schutzrechten des Beamten, der einem Sonderrechtsverhältnis unterliegt, Pflichten des Dienstherrn erwachsen, die dessen Vorteile, die aus jenem Sonderrechtsverhältnis resultieren, kompensieren, um so weiterhin die Forderungen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG erfüllen zu können.

Die Versorgung eines hypothetischen Partners und von 2 Kindern durch einen Beamten der niedrigste Besoldungsgruppe, plus eines Aufschlags von 15 % muss als Referenzwert betrachtet werden und wurde vom BVerfG, maßgebend von dessen ehemaligen Präsidenten Voßkuhle, sicher mit Bedacht festgelegt, auch unter der Kenntnis, dass sich die sozialen Verhältnisse mit der Zeit verändern werden. Dieser Referenzwert stellt auch einen gewissen Lohnabstand zur Sozialhilfe dar, die wiederum durch das Existenzminimum fixiert wird und sich ständig anpasst. So gesehen ist dieser Referenzwert schlüssig und anpassungsfähig, und für mich ist überhaupt nicht verständig, warum hier auf der einen Seite der Waage ein fiktives Partnereinkommen draufgesattelt wird. Das hat mit angepassten Lebensverhältnissen überhaupt nichts zu tun und verändert den Referenzwert nur zu Lasten des Beamten und bringt ihn näher an die Sozialhilfe und das Existenzminimum heran.
Da der Referenzwert für die niedrigste Besoldungsgruppe, also auch für die geringste Befähigung, mit einem Abstand von 15 % festgelegt wurde, und der Besoldungsgesetzgeber diese niedrigsten Besoldungsgruppen inzwischen in vielen Besoldungsordnungen gestrichen hat, weil angeblich die Befähigung dieser Beamten angestiegen ist (wahrscheinlich aus Gründen der Personalkosteneinsparung), muss nach m.E. der 15 % Abstand ebenfalls erhöht werden. Sicher wird es hierzu irgendwann eine Entscheidung des BVerfG geben, wenn eine dementsprechende Klage vorliegt.

semper fi

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #125 am: 23.02.2024 21:20 »
Ich muss mich korrigieren -- die Dinge, die ich gesehen habe, beschäftigten sich (nach nochmaligem Lesen) nicht mit den BVerfG-Urteilen, sondern anderen Fragen rund um die individuelle Besoldung einzelner klagender Beamter; und die Dinge, die sich mit ihnen beschäftigten, mündeten in Vorlage-Beschlüssen beim BVerfG. Letztendlich ist also von dort (weitere) Klärung zu erwarten.

Ich bleibe jedoch dabei, dass erstens die Gesetzesgeber nicht so dumm sind, wie hier gern unterstellt wird, sondern genügend juristischen Sachverstand besitzen, eine offenbar durchaus vertretbare Position zu beziehen. Dass verschiedene juristische Sachverständige hier verschiedene Ansichten zu dieser haben und äußern ist jetzt nicht überraschend. Aber als Laie so zu tun, als hätte man den Durchblick, erscheint mir zu viel angemaßt.

Nichtdestotrotz darf man, selbst wenn das hier von einigen sehr stark vertretene Prinzip, dass dem ledigen Beamten im 1K-Haushalt eine Alimentation zustehen sollte, die ausreichen muss, eine 4K-Familie (die er nicht hat) zu ernähren -- und mit ihr auf dem amtsangemessenen Niveau leben zu können, aus irgendwelchen "althergebrachten Grundsätzen des Beamtentums" ableitbar sein sollte, hinterfragen, ob man diese "althergebrachten Grundsätze" nicht an modernere Zeiten anpasst. Die Lebenswirklichkeit ist mittlerweile eine ganz andere als in der Weimarer Republik oder zuvor im preußischen Beamtenapparat. Ich wüsste nicht, wo durch die Ewigkeitsklausel geschützt wäre, dass ledige Beamte einen nicht vorhandenen hypothetischen Partner und nicht vorhandene zwei Kinder versorgen können müssten... Schlussendlich wäre es also eine rein politische Frage, an welchen Grundsätzen hier die Beamtenbesoldung ausgerichtet werden soll. Und das sollte dann durchaus auch von der Legislative entschieden werden.

Das hier irgendwer gefordert hätte, dass einem ledigem Beamten so viel gezahlt werden soll, als würde er eine ganze Familie unterhalten müssen, ist schlicht gelogen und nirgends hier im Forum zu finden. Ich habe langsam das Gefühl, dass sie entweder an diesem Müllhaufen von Gesetz mitgeschrieben haben oder aber im TFM an entsprechender Position sitzen oder mit SPD Parteibuch alles unterstützen, was R2G so verzapft.

Darüberhinaus gebe ich Ihnen auch zur Frage des juristischen Sachverstandes der Gesetzgeber nicht recht. Allein schon wie man bei den letzten Gesetzen zur Gewährung einen verfassungsgemäßen Alimentation in Thüringen gesehen hat, haben schlicht alle, wirklich alle verfassungsrechtliche Bedenken, natürlich nur nicht von Seiten der Gesetzgeber. Die Seiten der Gewerkschaften mögen dabei klar sein aber es gibt auch Gutachten von Nichtbetroffenen, wie von Prof.Dr.Dr. Ulrich Battis aber sogar vom eigenen wissenschaftlichen Dienst im Landtag. Die Tatsache, das mehr als 2/3 der Verwaltungsrichter, die in den Klageverfahren Urteil sprechen sollen, selbst gegen die Besoldung klagen, dass der Verein der Verwaltungsrichter oder der Richterbund, klipp und klar von Verfassungsbruch reden, sollte einem wohl zu denken geben. Mit Verlaub aber ich erachte die rechtliche Meinung von Richtern und den führenden Verfassungsrechtlern der Bundesrepublik nicht für „Laienwissen“ und spreche diesen durchaus mehr Sachverstand zu, als zum Beispiel unserer Finanzministerin oder den Abteilungsleitern mit dem „richtigen“ Parteibuch in der Tasche.

cyrix42

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #126 am: 25.02.2024 17:18 »
Sorry, dass ich erst jetzt antworte — die liebe Arbeit geht aber vor.

Das hier irgendwer gefordert hätte, dass einem ledigem Beamten so viel gezahlt werden soll, als würde er eine ganze Familie unterhalten müssen, ist schlicht gelogen und nirgends hier im Forum zu finden.

Nu, das sehe ich anders. Gerade dieser Thread — aber auch die Parallel-Diskussionen — zeugen ja gerade von der hier vertretenen Ansicht, dass die notwendig gewordenen Anpassungen der Beamten-Alimentation, damit auch einem Alleinverdiener-Beamten in der untersten Stufe des niedrigsten Amtes genügend für die Versorgung seiner 4K-Familie zusteht, so zu erfolgen hätte, dass nicht nur diese Gruppe, sondern alle entsprechend mehr erhalten. Auch dann, wenn sie gar nicht davon betroffen waren; z.B., weil sie keine 4K-Familie (allein) zu versorgen haben. Es wird die These als unabänderlicher Grundsatz dargestellt, dass die Beamten-Alimentation nicht etwa nach Bedarf zu erfolgen habe, sondern sich ausschließlich (oder zumindest weitestgehend ausschließlich) aus den Grundbezügen zu ergeben habe, für welche dann die Amtsangemessenheit eine Rolle spielt. Hier wird aber gerade der Fehler begangen, diese beiden Themen — Amtsangemessenheit der Grundbezüge vs. Alimentation der Beamtenfamilie durch familienbezogene Zuschläge — unlauter in einen Topf zu werfen.

Wenn man die beiden sich widersprechenden Zielsetzungen einer Amtsangemessenheit der Besoldung vs. der bedarfsgerechten Alimentation der gesamten Beamtenfamilie (damit eben jene als solche z.B. den Mindestbedarf erhält) betrachtet, lassen sich nie beide ohne Abstriche am anderen erfüllen: Mit genügend großer Kinderzahl wird immer eine Person mit niedrigerem Amt mehr Bedarf besitzen als jemand mit weniger Kindern in einem höheren. Sobald man also einen Mehrbedarf für zusätzliche Familienmitglieder anerkennt, der durch den Dienstherrn abzubilden ist, kann man eine strikte Forderung, dass jemand in Besoldungsgruppe A n+1 — inklusive der familienbezogenen Bestandteile — immer mehr zu erhalten hat als jeder in Besoldungsgruppe A n gleicher Stufe, nicht mehr aufrecht erhalten.

Insofern greift die hier auch von Personen mit mehr juristischem Sachverstand, als ich ihn mitbringe, geäußerte Forderung, dass die Beamtenalimentation nicht in erster Linie via familienbezogener Bestandteile geleistet werden können, zu kurz, da dies niemals gelingen kann, wenn man nur genügend viele Kinder mit ins Spiel bringt. Sicherlich, eine 20K-Familie wird eher selten auftreten. Aber auch diese müsste versorgt werden. Und, es dürfte kein Zweifel bestehen, dass a) diese einen hohen Bedarf hat und b) man sicherlich nicht den A7-ledigen Beamten so viel zahlen müsste, damit er mehr hat als die A6-Alleinverdienerin mit 18 Kindern und Hausmann; und den gleichen Abstand zwischen A8 und A7 usw.

(Auch, wenn man die Grenze, ab wann man denn Mehrbedarf anerkennt, erst/ schon bei 2 Kindern zieht, ist dies eine recht beliebig gezogene. Ja, sie wird in einem BVerfG-Urteil erwähnt. Aber wieso sollte dies so fest in Stein gemeißelt sein, dass der Gesetzesgeber es nicht auch anders definieren könne?)

Die in dieser Absolutheit hier dargestellten Forderungen können also nicht gemeint sein. Es scheint eher darum zu gehen, in einem Spektrum an Möglichkeiten zwischen „es gibt nur Grundgehalt, welches in jeglicher Konstellation ausreichen muss“ und „es ist ausschließlich nach Bedarf zu alimentieren“ die richtige Austarierung zu finden. Das ist aber ein politischer Prozess; hier gibt es keine Position, die berechtigt für sich in Anspruch nehmen kann, die einzig wahre zu sein… Und ein solcher Abwägungsprozess gehört in die Hände der Legislative; die Judikative sollte nur Randmarkierungen bereitstellen.

Und nur, um das mal klarzustellen: Ich fordere durchaus auch, dass Beamte verfassungsgemäß besoldet werden und halte es für einen Skandal, dass dies offensichtlich so lang nicht der Fall gewesen ist! Aber bis zur Klärung durch das BVerfG haben wir bisher nur Meinungen verschiedener Personen, ob die Reparatur-Gesetze der verschiedenen Dienstherren diesen Mangel nun beheben, oder nicht. Hier im Forum ist eine Meinung recht stark überrepräsentiert, während die andere eher in den Parlamenten vorherrscht. Klar kann das BVerfG auch zu der Feststellung gelangen, dass weiterhin keine verfassungsgemäße Beamtenalimentation vorliegt. Es kann aber auch anders kommen — zumindest mal diese Möglichkeit sollte man hier bedenken.

Zitat
Ich habe langsam das Gefühl, dass sie entweder an diesem Müllhaufen von Gesetz mitgeschrieben haben oder aber im TFM an entsprechender Position sitzen oder mit SPD Parteibuch alles unterstützen, was R2G so verzapft.

Weder sitze ich in einem Ministerium, noch unterstütze ich unüberlegt qua Parteibuch oder sonstiger Einstellung, was mir irgendwer vorbetet, sondern mache mir meine eigenen Gedanken.

Zitat
Darüberhinaus gebe ich Ihnen auch zur Frage des juristischen Sachverstandes der Gesetzgeber nicht recht. […]

Nun, ich halte es da eher mit dem, was SwenTanortsch dazu schreibt: Natürlich haben die Gesetzesgeber (und die Juristen, die gerade die Besoldungsgesetze auszuarbeiten haben) mehrere Interessen zu bündeln, d.h., dass diese Gesetze (wie auch alle anderen auch) nicht im leeren Raum und für sich allein entstehen, sondern in einen Kontext eingebunden sind. Insofern ist völlig klar, dass hier versucht wird (und auch versucht werden muss), möglichst sparsam mit den eingenommenen Steuergeldern umzugehen. Umgekehrt unterstelle ich vielen Diskutanten hier im Forum, dass auch sie interessengeleitet sind; und gern hätten, dass sie von den offensichtlichen Problemen, die es in den Beamten-Alimentationen gab (Mindestalimentation, kinderreiche Beamte), auch profitieren können. Und beides halte ich für natürlich. Aber deshalb sind die einen nicht doof, weil sie nur nicht das machen, was die anderen wollen… Ja, es gibt auch prominent ausgewiesene juristische Sachverständige, die sich kritisch bezüglich der Reparatur-Gesetze äußern. Und das sollte man auch wahrnehmen. Aber deshalb ist es noch lange nicht so, dass man hier bewussten Verfassungsbruch unterstellen könne, wie es hier ab und an getan wird. Es kann sich noch herausstellen, dass auch diese durch die Gesetzgeber gefundenen Wege der Heilung der zuvor genannten Probleme in den Beamtenbesoldungen nicht ausreichen. Aber von „offensichtlich“ zu sprechen, erscheint mir dann doch eher Wunschdenken bei einigen, denn tatsächlicher juristischer Expertise. Jedenfalls dürfte schwer zu vermitteln sein, wenn doch jeder juristische Laie in diesem Forum zu dieser Erkenntnis zu gelangen scheint, warum das BVerfG sich doch recht viel Zeit zur Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen lässt…

BVerfGBeliever

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #127 am: 25.02.2024 18:35 »
Hier im Forum ist eine Meinung recht stark überrepräsentiert, während die andere eher in den Parlamenten vorherrscht.

Die "Meinung" in den Parlamenten dürfte weniger auf eigener Einschätzung der Abgeordneten, sondern eher auf "Angst" vor dem Wahlvolk gründen.

Siehe beispielsweise diesen Post, in dem ein entsprechender Hetz-Artikel der Bild-Zeitung erwähnt wird: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg343419.html#msg343419

DrStrange

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #128 am: 26.02.2024 07:45 »
Aber von „offensichtlich“ zu sprechen, erscheint mir dann doch eher Wunschdenken bei einigen

Wenn man aber schon in der Begründung der Gesetze nicht mal annähernd die vorgeschriebene Prozeduralisierung versucht, weil bspw zugrunde gelegte Werte zu niedrig oder gar nicht vermerkt werden ist das für meine Begriffe offensichtlich!

cyrix42

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #129 am: 26.02.2024 08:08 »
Dann stellt sich mir die Frage, warum das BVerfG dies nicht in einem Handstreich erledigt, sondern die Verfahren so lang dauern... Vielleicht möchten die zuständigen Richter_innen dann doch etwas genauer argumentieren, als dies hier im Forum üblich ist.

Floki

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #130 am: 26.02.2024 08:12 »
Dann stellt sich mir die Frage, warum das BVerfG dies nicht in einem Handstreich erledigt, sondern die Verfahren so lang dauern... Vielleicht möchten die zuständigen Richter_innen dann doch etwas genauer argumentieren, als dies hier im Forum üblich ist.

Vielleicht möchten die zuständigen Richter genauer argumentieren (sie müssen es sogar), vielleicht gibt es auch immer mehr Verfahren und Eilanträge, die zuerst entschieden werden müssen ohne das Personal signifikant aufgestockt wurde.

Goldene Vier

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #131 am: 26.02.2024 12:30 »
Weil der zuständige Richter Maidowski wohl gelegentlich nicht im Dienst ist

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/12/vb20231221_vz000323.html

accipiter

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #132 am: 26.02.2024 20:09 »
Die Anzahl der Vorlageverfahren beim BVerfG dürften, wie @Floki bereits erwähnte, ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle spiele.

Stand 21.11.2023 waren es 51 Vorlageverfahren
https://fragdenstaat.de/anfrage/verfassungswidrige-beamten-besoldung/852332/anhang/schreibenreiningerurteilbesoldungbeamte_geschwaerzt.pdf

Stand 27.12.2023 waren es dann schon 55 Vorlageverfahren
https://fragdenstaat.de/anfrage/anhaengige-verfahren-zur-verfassungswidrigen-besoldung-der-beamten/

Nicht gerade ein Zeichen, dass alles in Butter ist; zumal in 12/2023 die Thematik "Familienergänzungszuschlag", welcher ja mit einer anderen Begrifflichkeit auch in TH als § 39a eingeführt werden soll, nun auch dem BVerfG vorgelegt wurde.

Aufgrund einer eigenen Nachfrage im vergangenen Jahr wurde mir von der Geschäftsstelle des 2. Senats mitgeteilt, dass man verschiedene Verfahren als Pilotentscheidung zusammenfassen bzw. zusammen behandeln / entscheiden möchte. Das ist nachvollziehbar und macht mE. nicht zuletzt aus prozessökonomischen Gründen durchaus Sinn. Wenn allerdings aufgrund der Kreativität der einzelnen Dienstherrn alle Nasen lang andere Varianten auf den Tisch gelegt werden, die ihrerseits die Gerichte offenbar nicht überzeugen, welche dann wieder nach Art 100 I GG vorlegen, bekommt man sicher auch in Karlsruhe langsam ein "Schwämmchen." Von daher kann ich nur hoffen, dass wie auch immer das BVerfG den Deckel drauf macht und das Theater beendet, wenn es die Politik einfach nicht auf die Reihe bekommt oder die Kollegen aus den Innen- / Finanzministerien Stückwert ggü. den politischen Entscheidungsträgern abliefern, was am Besten nix kosten soll. Auch die Thüringer Finanzministerin hat seinerzeit einmal sinngemäß gesagt, dass eine neue Besoldungsstruktur (Verfassungsrecht hin und her) unter dem Strich nicht mehr kosten kann und darf als bisher. *Färtsch*

Bzgl. der ganzen Diskussion zum Grundsicherungsabstand gehört @cyrix42 nun einmal dazu, dass das BVerfG dies aufgrund der Vorlageentscheidung des BVerwG so gemacht hat. Das kann man persönlich anders sehen; ist aber nun einmal so. Der Thüringer Gesetzgeber nimmt dies ja auch auch als Vergleichsmaßstab. Was ist dann schlimm daran, wenn dann bei der Besoldung, wo einer voll arbeitet dann am Ende in der Familie +x% rauskommen ggü der Familie wo keiner arbeitet (aus welchen Gründen auch immer). Wäre nur die unterste Besoldungsgruppe betroffen, könnte man das ggf auch nur dort korrigieren. In TH lief das aber bis ins Eingangsamt des gD. hinein. Hierzu hat das BVerfG gesagt, dass, wenn mehrere Laufbahnen (Besoldungsgruppen) betroffen sind, dann ist strukturell was bei der Alimentation zu machen. Damit hat aber die Berücksichtigung des Ehepartnereinkommens rein gar nichts zu tun. Des Weiteren muss man sich in diesem Kontext auch einmal die zweite Prüfstufe anschauen (und nicht immer nur auf dem Abstand zur Grundsicherung herumreiten), in welcher das EK/Besoldung von Beamten mit den EK von vergleichbaren (!) Berufsgruppen außerhalb des öD. verglichen. Auch hierzu gibt es Entscheidungen des BVerfG in welchen im Übrigen von destatis die Werte auch vergleichbar berechnet wurden, da Beamte ja keine SV-Beiträge zahlen aber aus dem Netto noch die PKV abzuziehen ist. Nimmt man die letzte Verdienststrukturerhebung 2018 (wird nur alle vier Jahre erstellt) schneidet der Beamte vergleichbar schlecht ab. Über alle Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen als Mittelwert gerechnet unterschritt bspw der gD. in TH (A9 bis A13) die Mittelwerte in der Leistungsgruppe 2 bezüglich der Abschnitte A bis S der Verdienststrukturerhebung 2018 von destatis um rund 15 %. Soweit man überdurchschnittlich qualifiziertes Personal gewinnen und die Alimentation als qualitätssicherndes Merkmal erhalten will, gleichwohl die Alimentation im Vergleich zur Privatwirtschaft unterdurchschnittlich ausgestaltet, ist dies mE. widersprüchlich und nicht ohne weiteres adäquat. Von daher sehe ich hier schon ein strukturelles Problem, welches man nur nach und nach über die Tabelle lösen kann; dies aber nicht macht, weil das einem zu teuer erscheint. Und deshalb ist es so wie es ist einschließlich der ganzen Klagerei.

Eine Lösung wäre auch, das Beamtentum in seiner derzeitigen Form abzuschaffen. Dann muss man halt die Regeln ändern. Das hat ja schon @swen tartosch ausgeführt. Aber nicht nur bei der Besoldung sondern auch im Dienstrecht, Disziplinarrecht etc. Einseitige Maßnahmen hierzu wie derzeit beim Bund mit der faktischen Beweislastumkehr im Disziplinarrecht gehen da nicht mehr. Auch vorenthaltene Entgelte - anders als bei Tarifbeschäftigten - einfach mal nicht zu verzinsen oder die Geltendmachung eines Steuerschadens auszuschließen, geht dann auch nicht mehr. Dann ist das wie bei Tarifbeschäftigten auch. Und zu guter Letzt sind dann selbstverständlich vom AG (Dienstherren) auch SV-Beiträge abzuführen und mit einem Schlag nehmen die PK in der HG 4 um rund 20 % zu. Bei rund 1,8 Mrd EUR PK 2024 für Beamte und Richter in TH sind das rund 360 Mio. EUR Mehrausgaben ggü. dem derzeitigen Sollansatz im HH-2024 die dann bereitzustellen wären. Ach ja; Sonderzuwendungen die man bei Beamten in TH schon 2004/2005 abgeschafft hat, gäbe es dann wieder. Führt sicher auch noch einmal zu Mehrausgaben von rund 100 Mio. EUR ggü. dem derzeitigen Stand. Das ist aber Geld was man angeblich nicht hat; so zumindest wird das als Textbaustein vom TFM fortlaufend vorgetragen. Also die Politik sollte sich einmal entscheiden, was sie denn eigentlich will.     
 

unnamed

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #133 am: 29.02.2024 11:17 »
Wenn ich den Gesetzentwurf aus Sachen und die Neuigkeiten aus Schleswig-Holstein sehe, frage ich mich, inwiefern es Fortschritte bei uns in Thüringen gibt...

Also das zum einem der Entwurf ein Witz ist (haargenaue Anrechnung um nächstes Jahr wieder mal eine nicht amtsangemessene Allimentation zu haben // Herdprämie // usw.) und zum Anderen, dass es mal wieder alles ewig dauert kann doch nicht mehr wahr sein.

Hat jemand von jemanden was gehört der wieder jemanden kennt....... wie der aktuelle Stand ist?

semper fi

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Antw:[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
« Antwort #134 am: 29.02.2024 11:31 »
Zitat
Aber deshalb ist es noch lange nicht so, dass man hier bewussten Verfassungsbruch unterstellen könne, wie es hier ab und an getan wird. Es kann sich noch herausstellen, dass auch diese durch die Gesetzgeber gefundenen Wege der Heilung der zuvor genannten Probleme in den Beamtenbesoldungen nicht ausreichen. Aber von „offensichtlich“ zu sprechen, erscheint mir dann doch eher Wunschdenken bei einigen, denn tatsächlicher juristischer Expertise.

Bisher zeigte sich noch keine einzige Entscheidung des Besoldungsgesetzgebers als richtig und für die Jahre bis 1997 wurde die Verfassungswidrigkeit der Besoldung doch selbst eingeräumt! Natürlich darf und muss man dann von offenem Verfassungsbruch sprechen und zwar seit nunmehr 27 Jahren! Wer hiervor die Augen verschließt und denkt, na es wird schon alles richtig sein, der braucht sich nicht zu wundern, weshalb es mit diesem Land immer weiter den Bach runter geht. Das größte Problem sind die überlangen Verfahrensdauern, weshalb einfach mal die Geschichte im Laufe der Zeit vergessen wird. Und natürlich braucht das BVerfG lange, das liegt zum einen daran, dass es immer mehr Eilbedürftige Vorlagen gibt, da ja auch im Bundestag die Verfassung keine Rolle mehr zu spielen scheint, zum anderen daran, dass es 17 Rechtskreise mit den ganz ähnlichen aber eben nicht den gleichen Problemen gibt und immer mehr Vorlagen und immer neue fixe Ideen der Gesetzgeber. Da hält kein Gericht mit, die zudem noch massive Personalprobleme haben, was mitunter an einer desolaten Besoldung liegt, ein Teufelskreis, aus dem aber nicht ausgebrochen wird, sondern immer nur verschärft wird.

Vielleicht hierzu mal ein kleiner zeitlicher Abriss der achso tollen Entscheidungen des Gesetzgebers:

1.)
In den 90 – iger und „Nullerjahren“ wurde entschieden, dass Leute die in den neuen Bundeländern die Beamtenausbildung gemacht hatten nach der sogenannten zweiten Besoldungsübergangsverordnung trotzdem abgesenkte Dienstbezüge erhielten. Die Kollegen aus dem bisherigen Bundesgebiet als sogenannte „Aufbauhelfer“ erhielten hingegen einen Zuschuss auf 100%, wurden sprungbefördert (teilweise gab es an einem Tag gleich zwei Urkunden oder ganze Besoldungsgruppen oder Laufbahnen wurden übersprungen). Hierneben erhielten die Kollegen aus dem bisherigen Bundesgebiet als sogenannte „Aufbauhelfer“ steuerfreies Trennungsgeld, Reisekostenzuschüsse und eine landesläufig so bezeichnete „Buschzulage“; diese auch steuerfrei, weil der Osten ja unerschlossenes und gefährliches Terrain war. Das haben sich nicht alle gefallen gelassen. Widerspruch eingelegt und geklagt. Über VG Weimar, BVerwG Leipzig, BVerfG Karlsruhe und wieder zurück zum BVerwG Leipzig. Am Ende gewonnen.

2.)
Nach den vormals bereits abgesenkten Pensionsansprüchen von 75% auf 71,75% wurde im Jahre 2004/2005 das Weihnachtsgeld- und Urlaubsgeld nach mehreren Absenkungsrunden im Vorfeld gestrichen. Die Gestaltungsfreiheit die man als Land bekam, um bei den eigenen Leuten Geld zu sparen, hat man dann auch unverzüglich genutzt. Im Ergebnis ergaben sich hieraus Besoldungskürzungen, welche in der Gesamtschau zu einer verfassungswidrigen Alimentation führten bzw. maßgeblich hierzu beitrugen.
3.)
Mit dem ThürBesG 2008 stellte man ua. fest, dass die Kinderzuschläge für kinderreiche Beamte und Richter nicht mehr passen, da sie der Rechtsprechung des BVerfG aus dem Jahre 1997 (!!!) widersprechen würden. Zur „Wahrung des Rechtsfriedens“ wurde dann der Kinderzuschlag um 50 EUR pro Kind und Monat angehoben. Diese Erhöhung der Kinderzuschläge für kinderreiche Beamten war mitnichten ausreichend, was sich ja nach 12 Jahren bestätigt hatte bzw. mit dem ThürBesG 2020/2021 vom Dienstherrn selbst eingeräumt wurde.
4.)
Im Jahre 2009/2010 erfolgte eine nach Besoldungsgruppen unterschiedliche Anpassung der Ost- an die der Westbesoldung. Ein solches Vorgehen wurde vom Bundeverfassungsgericht am Beispiel Sachsen als verfassungswidrig eingeordnet. Kurz vor Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wurde seitens des Dienstherrn nicht sein eigenes verfassungswidriges Verhalten korrigiert, sondern flugs noch über 1.000 Widerspruchsbescheide rausgehauen in der Hoffnung das es kaum Klagen gibt, was sich ja leider auch bestätigt hatte. Eine Korrektur und Nachzahlung erfolgte nur bei den Fällen die beklagt waren oder vergessen wurden.
5.)
Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Petitionsverfahren E-129/19 wurde seitens der LR erstmalig und öffentlich eingeräumt, dass die Thüringer Besoldung jedenfalls seit dem Jahr 2008 verfassungswidrig war . Im Zuge dessen wurden verschiedene Lösungsansätze präsentiert.
a) Anstieg der Grundbesoldung,
b) Wiedereinführung von Sonderzahlungen (bekommen rund 86 % der Tarifbeschäftigten ohne das die Firma / öffentliche AG hieran pleitegeht oder pleite gegangen sind)
oder
c) Anpassung des Familienzuschlages.
Variante a) und b) wurden verworfen, da diese zu teuer waren und es wurde sich daher für Variante c) entschieden.

(Zu der vor 2020 durchgeführten Indexberechnung unseres Dienstherrn gegenüber den Berechnungen vom Bundesverfassungsgericht (hier: insbesondere der Tarifindex als Vergleichsparameter mit Tarifbeschäftigten im öD.) wurde seinerzeit vom TFM beschieden, dass man dort die Auffassung vertreten würde, dass hier das Bundeverfassungsgericht falsch abgebogen wäre- wenn das mal nicht Hybris ist- und die Berechnungen des TFM insoweit näher an der Wahrheit liegen und damit richtig sind. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aufgegriffen und dann im Ergebnis anders gesehen. War eine von vielen Fehlannahmen des TFM, welche sich bis in die Gegenwart fortsetzen, wie die fortlaufenden Berechnungsunterschiede des TFM zu denen des Bundesverfassungsgerichtes bzgl. des Abstandes zur Grundsicherung unmissverständlich zeigen.)

6.)
Mit dem ThürBesG 2020/2021 erfolgte im Ergebnis der eigenen Feststellung - in der Vergangenheit - verfassungswidrig gehandelt zu haben - eine entsprechende Korrektur der besoldungsrechtlichen Vorschriften dahingehend, als dass die Familienzuschläge für die Kinder zum 01.01.2020 für alle Beamte und Richter angepasst und Nachzahlungen vorgenommen wurden. Gleichwohl gibt es hier entsprechende Berechnungsunterschiede des Landes zu denen des Bundesverfassungsgerichtes, welche im Ergebnis zu Gunsten des Landes ausfallen und nach wie vor im Streit stehen (bspw. Heizkosten und Ermittlung des Besoldungsindexes). Für den Zeitraum vor dem 01.01.2020 erfolgte eine Anpassung der Familienzuschläge nur bis einschließlich der Besoldungsgruppe A9, was für sich gesehen wiederum einen Verfassungsverstoß darstellen dürfte (da bspw. das Familieneinkommen bei einer Beförderung nach A10 ggü. dem Familieneinkommen nach A9 sinkt), im Übrigen den gesetzlichen Regelungen ab dem 01.01.2020 widerspricht und auch nicht mit dem Grundsatz der Ämterwertigkeit im Übereinklang steht, wenn dies zu dem absurden Ergebnis führt, dass nach einer Beförderung weniger Geld auf dem (Familien-)Konto ist als vor der Beförderung. In den besoldungsrechtlichen Fällen vor dem 01.01.2020 erfolgten Nachzahlungen vor dem 01.01.2020 nur in den Fällen, in denen rechtshängige Verfahren noch nicht abgeschlossen waren. Bei Lichte betrachtet, hat man für den Zeitraum 2008 bis 2019 seitens des Landes ziemlich viel Geld gespart. Mit der Neuausgestaltung des Familienzuschlags für das erste und zweite Kind, wurde die Gleichmäßigkeit der jeweiligen Kinderzuschläge verlassen. Der Zuschlag für das erste Kind wurde ggü. dem Zuschlag für das zweite Kind abgesenkt. Im Ergebnis erhalten „Einkindfamilien“ ggü. dem vorherigen System einen niedrigeren Kinderzuschlag, was sich für das Land fiskalisch besser darstellte, da es mehr „Einkindfamilien“ und der für das erste Kind abgesenkte Familienzuschlag insoweit Haushaltsmittel einspart. Das mit dem ThürBesG 2020/2021 gewählte Verfahren - um eine nach Auffassung des Gesetzgebers verfassungsgemäße Besoldung zu gewährleisten - wurde für das ThürBesG 2022 und 2023 beibehalten.
7.)
Mit dem ThürBesG 2024/2025 soll der nächste Richtungswechsel erfolgen indem man auf eine weitere Anpassung der Familienzuschläge verzichtet, da man ab dem 01.01.2024 das Ehegatteneinkommen über einen „Alimentativen Ergänzungszuschlag“ berücksichtigen möchte und hierüber der Mindestabstand zur Grundsicherung eingehalten wird (eheähnliche Lebensgemeinschaften o.ä dürften hiervon nicht erfasst sein). Dabei handelt es sich um ein antragsgebundenes Verfahren. Der „Alimentative Ergänzungszuschlag“ umfasst das Gesamtsystem des Besoldungsgefüges, ist insoweit an alle Beamten und Richter adressiert und wurde für Versorgungsempfänger nachgezeichnet. Übersetzt heißt dies, dass wenn der Ehepartner in 2024 unter 538 EUR im Monat „hinzuverdient“ oder gar nicht arbeitet, kann der „Alimentative Ergänzungszuschlag“ bei der Bezügestelle beantragt werden. Diesbezüglich bestehen scharfe Restriktionen in der Nachweisführung, welche bis hin zu einer möglichen Strafverfolgung(!) führen können. Die Rechtsnatur des „Alimentativen Ergänzungszuschlags“ ist unklar, da dieser anders als andere Zuschläge nicht an einer Besoldungsanpassung teilnimmt, so dass dahingestellt sein kann, ob und inwieweit dieser überhaupt der Alimentation zugerechnet werden kann. Denn maßgeblich hierfür ist nicht das, was auf dem Paket steht (Überschrift), sondern das was im Paket enthalten ist. Insoweit bleibt festzustellen, dass man sich offenbar nicht mehr an das gebunden fühlt, was unter Punkt 6 im politischen Raum noch vor nicht allzu langer Zeit ausgeführt und im Übrigen auch in den jeweiligen Gesetzen ausführlich begründet wurde. Maßgeblich dürften für den erneuten Richtungsschwenk wieder fiskalische Gründe eine tragende Rolle spielen. Zudem stellt sich die Frage, wie viele Fälle hiervon erfasst sind und wie diese Vorschrift im Thüringer Landesamt für Finanzen mit dem vorhandenen Personalbestand exekutiert werden soll. Das sich die Annahmen des Gesetzgebers zu möglichen Vollzugsaufwendungen häufig als Fehlannahmen verweisen, zeigt beispielhaft die Antwort der Landesregierung auf die KA 7/38086 unter der DS 7/7447. Wurden darin die zunehmenden Klagen vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit mehr oder weniger als unproblematisch angesehen, zeigt die Verfahrensdauer ein anderes Bild der Lebensrealität.

Fazit
Im Ergebnis werden mit dieser letzten Volte unseres Dienstherrn die Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes aus den Jahren 2015 und 2020 konterkariert, welche dann im Hinblick auf die Herleitung der absoluten Besoldungsuntergrenze völlig leerlaufen und dem Dienstherrn in seiner Willkür Tür und Tor öffnen. Gleiches gilt für die seinerzeitigen Vorlageentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes als Vorinstanz entsprechend, welches maßgeblich die vom Bundesverfassungsgericht aufgegriffenen Verfahren zur absoluten Besoldungsuntergrenze entwickelt hat. Alles für die Galerie.

Wird dies Gesetz so verabschiedet und setzt sich diese Anschauung durch, dann existiert das Alimentationsprinzip wie wir es bisher kannten nicht mehr. Dann muss man mE. aber auch die Regeln des Art. 33 GG anpassen und entscheiden, wie sich das Beamtentum in Deutschland weiter entwickeln soll. Das Dienstrecht, Disziplinarrecht und auch das Streikverbot gehören dann ebenfalls auf den Prüfstand. Alles andere wäre Rosinenpicker- und Augenwischerei.