Lineare Erhöhung und Einführung einer Herdprämie
Zunächst ist die Gewährung einer linearen Erhöhung statt eines Sockelbetrages positiv, da dies bei den Beamten aufgrund des systeminternen Abstandgebotes notwendig ist. Dass die Erhöhung unter Anrechnung der bereits zum 01.01.2023 gewährten linearen Erhöhung erfolgt, ist zumindest aus haushalterischer Sicht nachvollziehbar.
Allerdings ist es fraglich, ob dies zu einer verfassungsgemäßen Besoldung führen kann.
Die Erhöhung in 2023 wurde gemacht, da selbst nach den Berechnungen des TFM die Besoldung ansonsten verfassungswidrig gewesen wäre. Zum damaligen Zeitpunkt wurde eine nach der Berechnung des TFM verfassungsgemäße Besoldung in 2023 nur dadurch erreicht, dass eine lineare Erhöhung und ein steuerfreier Inflationsausgleich gezahlt wurde, gestaffelt nach den familiären Bedingungen der Beamten. Aufgrund der Erhöhung des Bürgergeldes um 12% zum 01.01.24, der nunmehr angedachten geringfügigen Erhöhung um 1,462 % zum 01.11.2024, dem bereits „verbrauchten“ Inflationsausgleich und der weiter fortlaufenden Inflation (wenn auch nicht mehr so stark) dürfte der damals eingebaute „Puffer“ zwischen Mindestbesoldung und Grundsicherung von einem Prozent, spätestens seit dem 01.01.2024 geradezu pulverisiert sein. Und wenn man es doch eh anrechnet, warum dann überhaupt machen? Hätten es auch einfach laufen lassen können, wie alle anderen Bundesländer auch, ob ein Jahr mehr oder weniger verfassungswidrig, darauf kommt es am Ende ja aus Sicht der Politik eh nicht mehr an. Denn jetzt greift die angedachte Erhöhung ja auch erst zum 01.11.2024, insoweit dürfte die Besoldung zumindest für den Zeitraum 01.01.2024 bis 31.10.2024 ja auch verfassungswidrig sein. Allerdings duldet das Grundgesetzt auch keine nur temporäre Verfassungswidrigkeit, wäre es so, dann könnten wir den Laden auch einfach zu machen. Das TFM versucht die offenkundige Verfassungswidrigkeit aber mit weiteren Rechentricks zu vermeiden, hier durch eine weitere Erhöhung der Familienzuschläge und der Einführung einer tatsächlich ausschließlichen Berechnungsgröße, dem sog. Ergänzungszuschlag für Alleinverdienerfamilien oder wie ich ihn nenne, einer Herdprämie.
Durch diese Maßnahmen kommt das TFM nach seiner Berechnung dann doch noch auf eine verfassungsgemäße Besoldung, dürfte damit jedoch krachend scheitern, da dies lediglich zur Kosteneinsparung erfolgt, nicht begründet ist uns somit prozedural nicht gerechtfertigt ist. So bleibt bereits die Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindexes (zweiter Parameter, erste Prüfungsstufe) derart im Ungleichgewicht (über 16%), dass allein dieser Punkt m.E. schon genügt, um eine verfassungsgemäße Alimentation zu verneinen.
Selbst das TFM bestätigt, dass dieser Punkt nicht eingehalten wird, nur um darauf folgend zu relativieren das:
„Im Rahmen der Gesamtabwägung (zweite Prüfungsstufe) wird allerdings nachgewiesen, dass dieser Parameter aufgrund von Sonderzahlungen in den Jahren 2022 bis 2024 für die Jahre 2024 und 2025 voraussichtlich für alle Familienkonstellationen eingehalten werden wird.“
Damit stellt das TFM aber nichts Anderes an, als Vermutungen. Es kann seine Begründung aber eben nicht auf Vermutungen stützen, sondern muss sich an den tatsächlichen Bedarfen orientieren. Dies ist prozedural nicht zu rechtfertigen und dürfte deshalb mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit in die Verfassungswidrigkeit führen.
Zur Herdprämie eins noch, in 2020 hat Rot-Rot-Grün damit geworben, dass sie diese abgeschafft haben, nur um sie jetzt wieder einzuführen? (vgl.
https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/dokument/77723/24_plenarsitzung.pdf S.1698) Fällt das unter die Kategorie, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?
Eine solche „Herdprämie“ ist nicht nur verfassungswidrig nach dem GG, sondern auch nach der Thüringer Verfassung und widerspricht zudem dem politischen Ziel der Fachkräftegewinnung und der Gleichberechtigung der Geschlechter, sie ist diskriminierend und ebenfalls prozedural nicht gerechtfertigt.
Streichung erste ErfahrungsstufeDie Streichung erfolgt, um die Attraktivität des Berufes zu steigern, mithin als Mittel der Fachkräftegewinnung. Durch die Streichung wird beispielsweise im Eingangsamt A7 eine um ca. 63€ höhere Nettobesoldung erreicht, in der A9 sind es ca. 50 €. Für junge Kollegen ist das zwar grundsätzlich positiv und daher m.E. zu unterstützen, ob diese geringfügigen Nettolohnsteigerungen jedoch dazu führen, dass der öD attraktiver wird, ist zumindest diskutabel. Dienstältere Kollegen profitieren jedoch nicht und geraten unter bestimmten Konstellationen gar ins Hintertreffen, weshalb diese Maßnahme unter Abwägung aller Umstände schlussendlich nicht gerechtfertigt ist. Ihr wäre nur dann zuzustimmen, wenn alle Kollegen profitieren, also alle in die nächste Erfahrungsstufe übergeleitet werden.