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[TH] Besoldungsrunde 2023-2025 Thüringen
SwenTanortsch:
Das ist sachlich schlüssig, jedoch musst Du die Gesetzeslage betrachten - und die besagt über die jeweilige Begründung, dass Du amtsangemessen alimentiert wirst. Insofern kannst Du mit Deiner Argumentation keine Neubewertung in Deinem Sinne veranlassen, da die heutige Rechtslage das nicht zulässt, bzw. eine Überprüfung zu dem Ergebnis kommen muss, dass Du amtsangemessen im Sinne der Rechtslage alimentiert wirst. Du kannst nur bspw. in dem Sinne, wie ich das darlege, zeigen, dass Du durch die gesetzliche Regelung in Deinem grundrechtsgleichen Recht auf eine amtsangemessene Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG verletzt wirst, weil die Rechtslage gegen Art. 3 Abs. 1 GG - den allgemeinen Gleichheitssatz - verstößt.
LehrerTH:
Ich bin im November 2023 aufgrund der Anrechnung von 3 Dienstjahren (Seiteneinsteiger) in A13/5 verbeambetet worden. Ein Seiteneinsteiger (gleiche Vorraussetzungen) der dann nach neuem Gesetz verbeamtet wird erhält dann ja die A13/6. Verstehe ich das richtig? Das würde ja bedeuten, dass ich bis zum erreichen der höchsten Erfahrungsstufe immer schlechter gestellt bin wie der später verbeamtete Kollege. Das kann doch rechtlich nicht richtig sein?
Archipel:
--- Zitat von: LehrerTH am 01.02.2024 20:16 ---Ich bin im November 2023 aufgrund der Anrechnung von 3 Dienstjahren (Seiteneinsteiger) in A13/5 verbeambetet worden. Ein Seiteneinsteiger (gleiche Vorraussetzungen) der dann nach neuem Gesetz verbeamtet wird erhält dann ja die A13/6. Verstehe ich das richtig? Das würde ja bedeuten, dass ich bis zum erreichen der höchsten Erfahrungsstufe immer schlechter gestellt bin wie der später verbeamtete Kollege. Das kann doch rechtlich nicht richtig sein?
--- End quote ---
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das rechtlich richtig wäre. Ich bin derzeit in R1/EFS 2 verbeamtet und würde nach dem derzeitigen Stand in einigen Monaten in die EFS 3 aufsteigen. Wenn die EFS 1 nach dem Gesetzesentwurf jetzt wegfällt, wäre ich trotz der bald erreichten vier Dienstjahre den Berufseinsteigern gerade einmal eine EFS voraus. Sinnvoll erscheint es doch dann, eine Neubewertung der EFS anhand der Dienstjahre vorzunehmen, sodass in dem o.g Beispiel eine Einstufung bei erreichen der vier Dienstjahre in die EFS 4 erfolgt.
SwenTanortsch:
Am Ende erfolgt eine Eingruppierung immer auf Grundlage der bestehenden Rechtslage. Wenn die Rechtslage so vollzogen wird, dass sie am Ende wegen des Wegfalls einer Erfahrungsstufe zu dem Ergebnis führt, das ihr jeweils beschreibt, dann ist sie so von der Verwaltung zu exekutieren, da sie keine andere Rechtslage vorfindet.
Daraus folgt nicht, dass diese Regelung verfassungskonform wäre, sondern nur, dass sie solange, wie sie nicht geändert wird, als geltendes Recht zu exekutieren wäre. Das wollte ich vorhin sagen.
Da wir den konkreten Gesetzentwurf nicht kennen, können wir keine Aussage darüber machen, wie sie für die von euch beschriebenen Fälle ausfallen wird.
Allerdings ist in der Vergangenheit in den einzelnen Rechtskreisen zumeist so verfahren worden, wie ich das vorhin für Thüringen ab dem Jahr 2015 beschrieben habe: Untere Besoldungsgruppen und/oder Erfahrungsstufen sind ersatzlos gestrichen und die davon unmittelbar betroffenen Bediensteten sind in die entsprechend höheren übergeleitet worden, da nun die vormalige nicht mehr existierte. Ein weitere Überleitung von Bediensteten, die von der Streichung der Besoldungsgruppe oder Erfahrungsstufe nicht unmittelbar betroffen waren, da für sie keine Überleitungsregelung vollzogen worden ist, sind weiterhin wie zuvor betrachtet und also entsprechend besoldet worden.
Entsprechend habe ich vorhin hervorgehoben, dass das im einzelnen nicht verfassungskonform vollzogen worden sein wird - aber solange nicht gegen eine solche Regelung geklagt wird und das Bundesverfassungsgericht die Regelung nicht als mit der Verfassung nicht vereinbar betrachtet hat, ist sie geltendes Recht und also so von der Exekutive zu vollziehen.
Betrachte ich also die drei von euch dargestellten Fälle, würde sie sich mir ohne weitere gesetzliche Zusatzbedingungen (wie gesagt, wir kennen den konkreten Gesetzentwurf nicht) wie folgt darstellen:
@ Satoshi
Da eine untere Erfahrungsstufe weggestrichen würde, würde sich ohne weitere Zusätze in einem neuen Gesetz nichts für Dich ändern. Die Rechtslage würde sich für Dich weiterhin so darstellen wie bisher. Du würdest also in anderthalb Jahren in die sechste Erfahrungsstufe aufsteigen.
@ Lehrer
Ein Seiteneinsteiger mit den identischen Vorerfahrungen wie Du würde ebenfalls wie Du in die zweitniedrigste Erfahrungsstufe eingruppiert werden, die dann für ihn die Erfahrungsstufe 6 wäre. Ohne weitere gesetzliche Regelung würdest Du bis zum regelmäßigen Erreichen der nächsthöheren Erfahrungsstufe (also der Erfahrungsstufe 6) weiterhin in der nun untersten Erfahrungsstufe 5 verbleiben. Denn ohne eine gesetzliche Überleitungsregelung darfst Du nicht anders aufsteigen.
@ Archipel
Dein Aufstieg in die dritte Erfahrungsstufe würde ohne weitere gesetzliche Zusatzbedingungen identisch wie bislang zu vollziehen sein. Sofern die erste Erfahrungsstufe ersatzlos gestrichen werden würde, hätte das für Dich keine Auswirkungen. Ein nach dem Streichen der ersten Erfahrungsstufe in das Richteramt einzugruppierender Richter würde die zweite als unterste vorfinden und also in diese eingruppiert werden.
Man kann nun ggf. argumentieren, dass hier eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vorliegt und also ausführen, das wesentlich Gleiches nicht wesentlich gleich betrachtet wird. Das könnte ggf. bei dem Streichen von nur einer Erfahrungsstufe jedoch nicht hinreichend tragfähig sein, weil der Unterschied in der Besoldungshöhe von zwei direkt aufeinander folgenden Erfahrungsstufen eher gering ist (das müsste im Einzelfall konkret begründet werden). In den vorhin von mir so hervorgehobenen Fällen, ist entsprechend so vorgegangen worden, wie ich das beschrieben habe. Da hier im einzelnen mehrere Besoldungsgruppen gestrichen worden sind, finden wir hier deutlich größere Besoldungshöhen bzw. -unterschiede vor - auch resultiert bei euch ein Stufenaufstieg anders als ein Aufstieg in den Besoldungsgruppen nicht aus einem Beförderungserfolg. Insofern dürften sich die vorhin dargelegten gesetzlichen Regelungen mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit sachlich angreifen lassen, da ein Aufstieg um mehrere Besoldungsgruppen de facto wie eine Beförderung wirkt, ohne dass hier ein entsprechendes Qualifikationsniveau gegeben sein dürfte, was aber jeweils im Einzelfall zu betrachten wäre.
Der langen Rede kurzer Sinn: Noch vor 15 Jahren waren in den meisten Rechtskreisen die Besoldungsgruppe A 2 oder A 3 sowie die jeweils erste Erfahrungsstufe (bzw. damals zumeist noch erste Lebensaltersstufe) die unterste. Seitdem haben alle Besoldungsgesetzgeber untere Besoldungsgruppen und/oder Erfahrungsstufen gestrichen und sind dabei i.d.R. so vorgegangen wie dargelegt: Die von der Streichung unmittelbar betroffenen Bediensteten sind entsprechend übergeleitet worden; für alle anderen Bediensteten hat sich nichts geändert.
semper fi:
Lineare Erhöhung und Einführung einer Herdprämie
Zunächst ist die Gewährung einer linearen Erhöhung statt eines Sockelbetrages positiv, da dies bei den Beamten aufgrund des systeminternen Abstandgebotes notwendig ist. Dass die Erhöhung unter Anrechnung der bereits zum 01.01.2023 gewährten linearen Erhöhung erfolgt, ist zumindest aus haushalterischer Sicht nachvollziehbar.
Allerdings ist es fraglich, ob dies zu einer verfassungsgemäßen Besoldung führen kann.
Die Erhöhung in 2023 wurde gemacht, da selbst nach den Berechnungen des TFM die Besoldung ansonsten verfassungswidrig gewesen wäre. Zum damaligen Zeitpunkt wurde eine nach der Berechnung des TFM verfassungsgemäße Besoldung in 2023 nur dadurch erreicht, dass eine lineare Erhöhung und ein steuerfreier Inflationsausgleich gezahlt wurde, gestaffelt nach den familiären Bedingungen der Beamten. Aufgrund der Erhöhung des Bürgergeldes um 12% zum 01.01.24, der nunmehr angedachten geringfügigen Erhöhung um 1,462 % zum 01.11.2024, dem bereits „verbrauchten“ Inflationsausgleich und der weiter fortlaufenden Inflation (wenn auch nicht mehr so stark) dürfte der damals eingebaute „Puffer“ zwischen Mindestbesoldung und Grundsicherung von einem Prozent, spätestens seit dem 01.01.2024 geradezu pulverisiert sein. Und wenn man es doch eh anrechnet, warum dann überhaupt machen? Hätten es auch einfach laufen lassen können, wie alle anderen Bundesländer auch, ob ein Jahr mehr oder weniger verfassungswidrig, darauf kommt es am Ende ja aus Sicht der Politik eh nicht mehr an. Denn jetzt greift die angedachte Erhöhung ja auch erst zum 01.11.2024, insoweit dürfte die Besoldung zumindest für den Zeitraum 01.01.2024 bis 31.10.2024 ja auch verfassungswidrig sein. Allerdings duldet das Grundgesetzt auch keine nur temporäre Verfassungswidrigkeit, wäre es so, dann könnten wir den Laden auch einfach zu machen. Das TFM versucht die offenkundige Verfassungswidrigkeit aber mit weiteren Rechentricks zu vermeiden, hier durch eine weitere Erhöhung der Familienzuschläge und der Einführung einer tatsächlich ausschließlichen Berechnungsgröße, dem sog. Ergänzungszuschlag für Alleinverdienerfamilien oder wie ich ihn nenne, einer Herdprämie.
Durch diese Maßnahmen kommt das TFM nach seiner Berechnung dann doch noch auf eine verfassungsgemäße Besoldung, dürfte damit jedoch krachend scheitern, da dies lediglich zur Kosteneinsparung erfolgt, nicht begründet ist uns somit prozedural nicht gerechtfertigt ist. So bleibt bereits die Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindexes (zweiter Parameter, erste Prüfungsstufe) derart im Ungleichgewicht (über 16%), dass allein dieser Punkt m.E. schon genügt, um eine verfassungsgemäße Alimentation zu verneinen.
Selbst das TFM bestätigt, dass dieser Punkt nicht eingehalten wird, nur um darauf folgend zu relativieren das:
„Im Rahmen der Gesamtabwägung (zweite Prüfungsstufe) wird allerdings nachgewiesen, dass dieser Parameter aufgrund von Sonderzahlungen in den Jahren 2022 bis 2024 für die Jahre 2024 und 2025 voraussichtlich für alle Familienkonstellationen eingehalten werden wird.“
Damit stellt das TFM aber nichts Anderes an, als Vermutungen. Es kann seine Begründung aber eben nicht auf Vermutungen stützen, sondern muss sich an den tatsächlichen Bedarfen orientieren. Dies ist prozedural nicht zu rechtfertigen und dürfte deshalb mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit in die Verfassungswidrigkeit führen.
Zur Herdprämie eins noch, in 2020 hat Rot-Rot-Grün damit geworben, dass sie diese abgeschafft haben, nur um sie jetzt wieder einzuführen? (vgl. https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/dokument/77723/24_plenarsitzung.pdf S.1698) Fällt das unter die Kategorie, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?
Eine solche „Herdprämie“ ist nicht nur verfassungswidrig nach dem GG, sondern auch nach der Thüringer Verfassung und widerspricht zudem dem politischen Ziel der Fachkräftegewinnung und der Gleichberechtigung der Geschlechter, sie ist diskriminierend und ebenfalls prozedural nicht gerechtfertigt.
Streichung erste Erfahrungsstufe
Die Streichung erfolgt, um die Attraktivität des Berufes zu steigern, mithin als Mittel der Fachkräftegewinnung. Durch die Streichung wird beispielsweise im Eingangsamt A7 eine um ca. 63€ höhere Nettobesoldung erreicht, in der A9 sind es ca. 50 €. Für junge Kollegen ist das zwar grundsätzlich positiv und daher m.E. zu unterstützen, ob diese geringfügigen Nettolohnsteigerungen jedoch dazu führen, dass der öD attraktiver wird, ist zumindest diskutabel. Dienstältere Kollegen profitieren jedoch nicht und geraten unter bestimmten Konstellationen gar ins Hintertreffen, weshalb diese Maßnahme unter Abwägung aller Umstände schlussendlich nicht gerechtfertigt ist. Ihr wäre nur dann zuzustimmen, wenn alle Kollegen profitieren, also alle in die nächste Erfahrungsstufe übergeleitet werden.
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