Autor Thema: Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?  (Read 6251 times)

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #30 am: 05.01.2024 10:20 »

Reisezeit bei Dienstzweck ist Arbeitszeit, selbst wenn die Dienstreise am Wohnort endet.
Nochmal: Welche gesetzlichen Regelungen bzw. Urteile sagen das so uneingeschränkt für alle Berufsgruppen und Reiseformen aus?


Grundsatzurteil BAG: 5 AZR 553/17

https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/5-azr-553-17/

Dies war die Wende in der dt. Rechtsprechung. Vorher war tatsächlich Fahrzeit keine Dienstzeit.
Interessanter Weise gab es hier sogar einen Rahmentarifvertrag, den hat das BAG aber bewusst nicht angewandt, sondern entschieden, dass die Reise eine vertragliche Hauptleistung des Arbeitnehmers nach § 611 Abs. 1 BGB und somit vergütungspflichtig sei. Ist die Reise ausschließlich im Interesse des AGs (und, das möchte ich bei angeordneten Schulungen mal bejahen), sind Reisezeiten zu vergüten. Es sei denn, es gibt abweichende vertragliche Regelungen, wobei auch diese keine einseitige Benachteiligung der AN beinhalten sollten.

AG, die der Meinung sind, die AN tun unterwegs ja nichts, sollten mMn eh von ihrer Gutsherrenart runter kommen. Denn 1. tun die AN etwas, nämlich begeben sich zur vom AG gewünschten Schulung etc. und damit auch zu einem abweichenden Dienstort. Und 2. führt solch ein Verhalten ganz schnell, zu einer gewissen Unwilligkeit bei An überhaupt zu solchen Veranstaltungen zu fahren und diese zB auch mal selbst aktiv an den AG heranzutragen.

MoinMoin

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #31 am: 05.01.2024 12:15 »
Thema mögliche Arbeitszeit oder tägliche Sollzeit.
Das man durch eine Dienstreise keine Minusstunden machen darf, obwohl man mehr als die Sollarbeitszeit unterwegs ist, das ist unstrittig.

Strittig war doch für einen normalerweise mit festen Arbeitsplatz tätigen AN, der eine Dienstreise macht und dafür mit An/Abfahrt und auswärtiger Geschäftstätigkeit im Zug/Flug/ als Beifahrer unterwegs ist die volle An/Abfahrt als Arbeitszeit angerechnet werden muss, sofern nicht eine andere vertragliche Regelung existiert.
(bzw. ob die tarifliche Regelung illegal ist)

 5 AZR 553/17 bejaht dies, da wir aber tariflich eine andere Regelung haben ist das für uns egal? Oder ist damit die tarifliche Regelung hinfällig und warum wird/wurde sie dann nicht geändert?
(ich persönlich bin von den ganzem Quatsch zum Glück nicht betroffen, da ich einen AG und DV habe, der was Reisezeiten und Stundenvergütung angeht mehr als korrekt ist.)

Also muss der Beifahrer wie der Fahrer was Arbeitszeit angeht gleichgestellt werden.

Interessant ist doch: Wie hoch muss diese Arbeitszeit vergütet werden, der AG könnte flugs auf die Idee kommen und sagen:  An/Abfahrt ist stets Arbeitszeit, die nur mit Mindestlohn vergütet wird  :-[

Bzw. noch krasser:  An/Abfahrt ist Arbeitszeit, die nicht vergütet wird, da du in Summe (also unvergütete  An/Abfahrt und vergütete Reisezeit, sprich Tätigkeit Vorort) überm Mindestlohn bist.

und btw: Wenn ein AG dich anweist eine Schulung zu besuchen, dann kannst du Unwillig sein, aber musst trotzdem fahren.

sebbo83

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #32 am: 08.01.2024 10:20 »
Also jetzt mal ohne juristischen Kram, bei uns in der Behörde wird es so gehandhabt: Fahrt vom Arbeitsort zum Dienstort ist Arbeitszeit für Fahrer, Beifahrer, Zugreisende - ohne Unterschied. Ebenso die Rückfahrt. Bei uns wird die Rückfahrt sogar zum Wohnort angerechnet, wenn diese zeitlich sinnvoller war, bzw. die Tore der Behörde verschlossen sind zum Ankunftszeitpunkt.
Wir reden jedoch nur von Arbeitszeit, die dann auf das Überstundenkonto hinzugefügt wird. Ohne Antrag auch nur maximal 10 Stunden. Mit Antrag der dienstlichen Notwendigkeit der Dienstreise auch über 10 Stunden. Die Überstunden werden dann langsam wieder abgebaut. Im Prinzip ändert sich als nichts an der Vergütung, ich habe nach einer langen Dienstreise jedoch mehr Freizeit hinten raus.
Darum bin ich auch so vehement für eine komplette Anrechnung jeglicher Zeiten die ein AN für eine Dienstreise auf sich nimmt. Denn auch die Reise/Anfahrt an sich ist keine Freizeit, die der AN mit seiner Familie verbringen kann. Die Gerichte haben das nun auch so erkannt.

Daher ist das genauso richtig und wichtig:


AG, die der Meinung sind, die AN tun unterwegs ja nichts, sollten mMn eh von ihrer Gutsherrenart runter kommen. Denn 1. tun die AN etwas, nämlich begeben sich zur vom AG gewünschten Schulung etc. und damit auch zu einem abweichenden Dienstort. Und 2. führt solch ein Verhalten ganz schnell, zu einer gewissen Unwilligkeit bei An überhaupt zu solchen Veranstaltungen zu fahren und diese zB auch mal selbst aktiv an den AG heranzutragen.

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #33 am: 08.01.2024 12:25 »

und btw: Wenn ein AG dich anweist eine Schulung zu besuchen, dann kannst du Unwillig sein, aber musst trotzdem fahren.

Du musst schon alles lesen. Einfach Teile herauspicken, und dazu etwas schreiben, ist schlicht unsinnig!
Ich schrieb davon, dass MA unwillig werden selbst aktiv Schulungen an den AG heranzutragen!
In meinem Falle, waren dies 100% der Schulungen. Und, auch immer wenn Bedarfe gesehen wurden, hieß es: Suchen Sie sich mal etwas...

MoinMoin

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #34 am: 08.01.2024 13:25 »

und btw: Wenn ein AG dich anweist eine Schulung zu besuchen, dann kannst du Unwillig sein, aber musst trotzdem fahren.

Du musst schon alles lesen. Einfach Teile herauspicken, und dazu etwas schreiben, ist schlicht unsinnig!
Ich schrieb davon, dass MA unwillig werden selbst aktiv Schulungen an den AG heranzutragen!
In meinem Falle, waren dies 100% der Schulungen. Und, auch immer wenn Bedarfe gesehen wurden, hieß es: Suchen Sie sich mal etwas...
Also ist es in deinen Augen unsinnig, dass ich darauf Verweise, dass ein AG einen AN gegen seinen Willen zu einer Schulung schicken kann.
Ok, sei es drum.


Öffdler

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #35 am: 08.01.2024 13:58 »
Thema mögliche Arbeitszeit oder tägliche Sollzeit.
Das man durch eine Dienstreise keine Minusstunden machen darf, obwohl man mehr als die Sollarbeitszeit unterwegs ist, das ist unstrittig.

Strittig war doch für einen normalerweise mit festen Arbeitsplatz tätigen AN, der eine Dienstreise macht und dafür mit An/Abfahrt und auswärtiger Geschäftstätigkeit im Zug/Flug/ als Beifahrer unterwegs ist die volle An/Abfahrt als Arbeitszeit angerechnet werden muss, sofern nicht eine andere vertragliche Regelung existiert.
(bzw. ob die tarifliche Regelung illegal ist)

 5 AZR 553/17 bejaht dies, da wir aber tariflich eine andere Regelung haben ist das für uns egal? Oder ist damit die tarifliche Regelung hinfällig und warum wird/wurde sie dann nicht geändert?
(ich persönlich bin von den ganzem Quatsch zum Glück nicht betroffen, da ich einen AG und DV habe, der was Reisezeiten und Stundenvergütung angeht mehr als korrekt ist.)

Also muss der Beifahrer wie der Fahrer was Arbeitszeit angeht gleichgestellt werden.

Interessant ist doch: Wie hoch muss diese Arbeitszeit vergütet werden, der AG könnte flugs auf die Idee kommen und sagen:  An/Abfahrt ist stets Arbeitszeit, die nur mit Mindestlohn vergütet wird  :-[

Bzw. noch krasser:  An/Abfahrt ist Arbeitszeit, die nicht vergütet wird, da du in Summe (also unvergütete  An/Abfahrt und vergütete Reisezeit, sprich Tätigkeit Vorort) überm Mindestlohn bist.

und btw: Wenn ein AG dich anweist eine Schulung zu besuchen, dann kannst du Unwillig sein, aber musst trotzdem fahren.


das sagt das genannte Urteil doch genau: Falls nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag anders geregelt, ist Reisezeit vergütungsrechtliche Arbeitszeit (Ziffer 17). In unserem Fall regelt der TV-L dies eben anders, damit ist das maßgeblich.




Alien1973

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #36 am: 10.01.2024 11:58 »
Bei uns sagt hierzu eine DV, dass zumindest die Sollzeit von 8 Stunden und 10 Minuten angerechnet wird. Max bis zu 10 Stunden. Das reicht im Normalfall auch dicke für jede Schulung.

Dann gibt es den Zusatz, dass am An- und Abreisetag bis zu 12 Stunden auf Antrag angerechnet werden können.

Als Beispiel:
Wenn ich nach München in die Landeshauptstadt zum Bayerischen Städtetag um 06:00 Uhr in der früh mit dem Zug fahre und dann um 19 Uhr wieder daheim bin, dann bin ich 13 Stunden unterwegs. Ohne einmal ein- oder ausgestempelt zu haben, da es unsinnig wäre vorher zum Arbeitsort zu fahren.
von den 13 Stunden werden dann 45 Minuten Pause abgezogen (30 min nach 6 Stunden und dann nochmal 15 min nach 9 Stunden) und es bleiben 12 Std. udn 15 min stehen. Die 15 Minuten schenke ich dem AG und 12 Stunden kommen auf mein Stundenkonto. An dem Tag haben ich dann 3 Std. und 50 min Mehrarbeit geleistet.

Es gab auch mal den Fall, dass ich 2 völlig voneinander unabhängige Schulungen an zwei aufeinander folgenden Tagen in München hatte. Ich bin nicht hin und her gefahren sondern habe dargelegt, dass die Stunden und das Zugticket teurer für den AG sind als ein Hotel und ich bin vor Ort geblieben. 


Solche Überlegungen mit Fahrzeit zu bspl. Baustellen nicht zu vergüten kenne ich aus der Wirtschaft und die sind dort auch an der Tagesordnung. Ich kenne es aber dann auch so, wenn die Wegstrecken zu weit werden wird eher vor Ort übernachtet als hin und her gefahren. Die Leute lassen sich bei weitem nicht mehr so viel gefallen wie vor 20-30 Jahren noch üblich...

sebbo83

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #37 am: 11.01.2024 08:11 »
Bei uns sagt hierzu eine DV, dass zumindest die Sollzeit von 8 Stunden und 10 Minuten angerechnet wird. Max bis zu 10 Stunden. Das reicht im Normalfall auch dicke für jede Schulung.

Dann gibt es den Zusatz, dass am An- und Abreisetag bis zu 12 Stunden auf Antrag angerechnet werden können.

Als Beispiel:
Wenn ich nach München in die Landeshauptstadt zum Bayerischen Städtetag um 06:00 Uhr in der früh mit dem Zug fahre und dann um 19 Uhr wieder daheim bin, dann bin ich 13 Stunden unterwegs. Ohne einmal ein- oder ausgestempelt zu haben, da es unsinnig wäre vorher zum Arbeitsort zu fahren.
von den 13 Stunden werden dann 45 Minuten Pause abgezogen (30 min nach 6 Stunden und dann nochmal 15 min nach 9 Stunden) und es bleiben 12 Std. udn 15 min stehen. Die 15 Minuten schenke ich dem AG und 12 Stunden kommen auf mein Stundenkonto. An dem Tag haben ich dann 3 Std. und 50 min Mehrarbeit geleistet.


Das ist exakt das Vorgehen, dass auch Thüringen so handhabt. Und wenn die 13 Stunden überschritten werden, gibt es zwar keine weiteren Stunden gutgeschrieben, aber ab 13 Stunden aufwärts dann so eine Art Tages- oder Essensgeld. Kann ja passieren, dass ein Zug ausfällt, den Fall hatte ich auch schon. Da war ich dann insgesamt 14 Stunden unterwegs.

Nussacker

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #38 am: 11.01.2024 17:25 »
Also wenn man sich ständig solche Fragen stellen muss: AG wechseln!

Was für ein zeitraubender Blödsinn.
« Last Edit: 11.01.2024 17:39 von Nussacker »