Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
HochlebederVorgang:
Es scheint vor allem der Irrglaube zu bestehen, dass man Bürokratieabbau betreibe, wenn man Personal kürze und schlechter behandle.
Dabei handelt es sich nicht um mehr als einen bloßen Nachweis von scheinbarer Aktivität. Nein, die Herren, die den Bürokratieabbau fordern, müssten zunächst einmal an die durch sie beschlossenen Gesetze und Rechtsverordnungen ran.
Es gibt Verwaltungszweige, wie z.B. die Zollverwaltung oder die Steuerverwaltung, die sehr effizient arbeiten. Es sind die zu verwaltenden Vorschriften.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: HochlebederVorgang am 09.04.2025 12:44 ---Es scheint vor allem der Irrglaube zu bestehen, dass man Bürokratieabbau betreibe, wenn man Personal kürze und schlechter behandle.
Dabei handelt es sich nicht um mehr als einen bloßen Nachweis von scheinbarer Aktivität. Nein, die Herren, die den Bürokratieabbau fordern, müssten zunächst einmal an die durch sie beschlossenen Gesetze und Rechtsverordnungen ran.
Es gibt Verwaltungszweige, wie z.B. die Zollverwaltung oder die Steuerverwaltung, die sehr effizient arbeiten. Es sind die zu verwaltenden Vorschriften.
--- End quote ---
Genau das ist der Punkt, wieso die unschattierte Forderung nach Büroktatieabbau reiner Populismus ist: Denn unter der Anzahl gleichbleibender Regularien nun Personal in der öffentlichen Verwaltung abzubauen, kann letztlich nur dazu führen, dass eine geringere Zahl an Personal dieselbe Anzahl an Regularien und deren Inhalte anzuwenden hat, was zwangsläufig zu einer Verlängerung von staatlicherseits zu organisierenden Verfahren und einer geringeren Kontrolldichte durch staatliche Akteure führen muss. Eventuell kann man argumentieren, dass eine geringere Kontrolldichte tatsächlich die Chance auf ein größeres BIP zur Folge haben kann, die allerdings dann mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht immer im rechtsstaatlichen Rahmen gesucht werden dürfte; noch einmal längere Verfahrensdauern wie bspw. Prüfung von Anträgen sind allerdings kaum wachstumsfördernd.
Bürokratieabbau kann erst dann sinnvoll sein, wenn eine umfassende Deregulierung vollzogen werden würde - ob das im rechtsstaatlichen Rahmen sinnvoll ist, dürfte von Fall zu Fall der jeweiligen Regularien unterschiedlich zu bewerten sein: Das allerdings liegt in der Kompetenz des Gesetzgebers, der allerdings ebenfalls in nicht geringen Teilen lieber das Hohelied auf den Bürokratieabbau singt, um damit weiterhin lieber das zu vollziehen, was einfacher ist, nämlich mehr Regularien zu schaffen - solle doch die Exekutive sehen, wie sie deren Umsetzung mit nach Möglichkeit weniger Personal hinbekomme.
Organisator:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 09.04.2025 13:03 ---
--- Zitat von: HochlebederVorgang am 09.04.2025 12:44 ---Es scheint vor allem der Irrglaube zu bestehen, dass man Bürokratieabbau betreibe, wenn man Personal kürze und schlechter behandle.
Dabei handelt es sich nicht um mehr als einen bloßen Nachweis von scheinbarer Aktivität. Nein, die Herren, die den Bürokratieabbau fordern, müssten zunächst einmal an die durch sie beschlossenen Gesetze und Rechtsverordnungen ran.
Es gibt Verwaltungszweige, wie z.B. die Zollverwaltung oder die Steuerverwaltung, die sehr effizient arbeiten. Es sind die zu verwaltenden Vorschriften.
--- End quote ---
Genau das ist der Punkt, wieso die unschattierte Forderung nach Büroktatieabbau reiner Populismus ist: Denn unter der Anzahl gleichbleibender Regularien nun Personal in der öffentlichen Verwaltung abzubauen, kann letztlich nur dazu führen, dass eine geringere Zahl an Personal dieselbe Anzahl an Regularien und deren Inhalte anzuwenden hat, was zwangsläufig zu einer Verlängerung von staatlicherseits zu organisierenden Verfahren und einer geringeren Kontrolldichte durch staatliche Akteure führen muss. Eventuell kann man argumentieren, dass eine geringere Kontrolldichte tatsächlich die Chance auf ein größeres BIP zur Folge haben kann, die allerdings dann mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht immer im rechtsstaatlichen Rahmen gesucht werden dürfte; noch einmal längere Verfahrensdauern wie bspw. Prüfung von Anträgen sind allerdings kaum wachstumsfördernd.
Bürokratieabbau kann erst dann sinnvoll sein, wenn eine umfassende Deregulierung vollzogen werden würde - ob das im rechtsstaatlichen Rahmen sinnvoll ist, dürfte von Fall zu Fall der jeweiligen Regularien unterschiedlich zu bewerten sein: Das allerdings liegt in der Kompetenz des Gesetzgebers, der allerdings ebenfalls in nicht geringen Teilen lieber das Hohelied auf den Bürokratieabbau singt, um damit weiterhin lieber das zu vollziehen, was einfacher ist, nämlich mehr Regularien zu schaffen - solle doch die Exekutive sehen, wie sie deren Umsetzung mit nach Möglichkeit weniger Personal hinbekomme.
--- End quote ---
Ich möchte dazu ergänzen, dass die Verschlankung der Verwaltung aber auch schon auf Verwaltungsebene selbst erfolgen kann. Bislang hatte man dazu jedoch (gefühlt) keine Not, da leidlich genug Personal vorhanden ist. Fehlt jedoch dieses Personal im entscheidenen Maße muss man bereits verwaltungsintern überlegen, wie man das Restpersonal effizient einsetzt.
Dann kann man schon verwaltungsintern überlegen, ob die gelebten (teils umständlichen) Prozesse tatsächlich so vollzogen werden müssen, oder ob man innerhalb der bestehenden Regularien Vereinfachungen vornehmen kann.
Als Beispiel: Für die Verlängerung eines Personalausweises bedarf es (zumindest bei mir) zweimaligem Vorsprechen im Amt. Ich bin mir sicher, dass bei 90% der Fälle die Neuerstellung eines Personalausweises ohne besondere Risiken auch ohne persönlichen Bürgerkonktakt ablaufen kann.
Als Gegenbeispiel: Man kann das Hochrisikothema "Eröffnen eines Bankkontos" komplett online und ohne Personenkontakt darstellen.
Hier bedarf es aber eines veränderten Mindsets (auch durch die Politik vorgelebt), dass man einfach mal neue Wege ausprobiert.
HochlebederVorgang:
So trivial ist das Thema ohnehin nicht und man macht einen großen Fehler, den Begriff Bürokratie stets in einen negativen Zusammenhang zu stellen. Sie ermöglicht nämlich zu einem großen Teil unser Zusammenleben, wie es
gerade in diesem Moment stattfindet. Sie ist untrennbar mit dem Rechtsstaat verbunden.
Sie reguliert die gesellschaftlichen Kräfte, indem sie dem Recht Geltung verschafft und verleiht damit unserem Zusammenleben eine Struktur. Diese beschränkt individuell und verleiht Sicherheit zugleich.
Abschaffung der Bürokratie ist immer auch mit dem Einzug von Willkür und der Durchsetzung des Rechts des Stärkeren verbunden. Wieso wird wohl der Staat in den USA gerade rasiert!?
Ich verweise immer wieder gerne auf das hervorragende "Why nations fail". Dort bekommt man genügend Antworten.
HochlebederVorgang:
--- Zitat von: Organisator am 09.04.2025 13:11 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 09.04.2025 13:03 ---
--- Zitat von: HochlebederVorgang am 09.04.2025 12:44 ---Es scheint vor allem der Irrglaube zu bestehen, dass man Bürokratieabbau betreibe, wenn man Personal kürze und schlechter behandle.
Dabei handelt es sich nicht um mehr als einen bloßen Nachweis von scheinbarer Aktivität. Nein, die Herren, die den Bürokratieabbau fordern, müssten zunächst einmal an die durch sie beschlossenen Gesetze und Rechtsverordnungen ran.
Es gibt Verwaltungszweige, wie z.B. die Zollverwaltung oder die Steuerverwaltung, die sehr effizient arbeiten. Es sind die zu verwaltenden Vorschriften.
--- End quote ---
Genau das ist der Punkt, wieso die unschattierte Forderung nach Büroktatieabbau reiner Populismus ist: Denn unter der Anzahl gleichbleibender Regularien nun Personal in der öffentlichen Verwaltung abzubauen, kann letztlich nur dazu führen, dass eine geringere Zahl an Personal dieselbe Anzahl an Regularien und deren Inhalte anzuwenden hat, was zwangsläufig zu einer Verlängerung von staatlicherseits zu organisierenden Verfahren und einer geringeren Kontrolldichte durch staatliche Akteure führen muss. Eventuell kann man argumentieren, dass eine geringere Kontrolldichte tatsächlich die Chance auf ein größeres BIP zur Folge haben kann, die allerdings dann mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht immer im rechtsstaatlichen Rahmen gesucht werden dürfte; noch einmal längere Verfahrensdauern wie bspw. Prüfung von Anträgen sind allerdings kaum wachstumsfördernd.
Bürokratieabbau kann erst dann sinnvoll sein, wenn eine umfassende Deregulierung vollzogen werden würde - ob das im rechtsstaatlichen Rahmen sinnvoll ist, dürfte von Fall zu Fall der jeweiligen Regularien unterschiedlich zu bewerten sein: Das allerdings liegt in der Kompetenz des Gesetzgebers, der allerdings ebenfalls in nicht geringen Teilen lieber das Hohelied auf den Bürokratieabbau singt, um damit weiterhin lieber das zu vollziehen, was einfacher ist, nämlich mehr Regularien zu schaffen - solle doch die Exekutive sehen, wie sie deren Umsetzung mit nach Möglichkeit weniger Personal hinbekomme.
--- End quote ---
Ich möchte dazu ergänzen, dass die Verschlankung der Verwaltung aber auch schon auf Verwaltungsebene selbst erfolgen kann. Bislang hatte man dazu jedoch (gefühlt) keine Not, da leidlich genug Personal vorhanden ist. Fehlt jedoch dieses Personal im entscheidenen Maße muss man bereits verwaltungsintern überlegen, wie man das Restpersonal effizient einsetzt.
Dann kann man schon verwaltungsintern überlegen, ob die gelebten (teils umständlichen) Prozesse tatsächlich so vollzogen werden müssen, oder ob man innerhalb der bestehenden Regularien Vereinfachungen vornehmen kann.
Als Beispiel: Für die Verlängerung eines Personalausweises bedarf es (zumindest bei mir) zweimaligem Vorsprechen im Amt. Ich bin mir sicher, dass bei 90% der Fälle die Neuerstellung eines Personalausweises ohne besondere Risiken auch ohne persönlichen Bürgerkonktakt ablaufen kann.
Als Gegenbeispiel: Man kann das Hochrisikothema "Eröffnen eines Bankkontos" komplett online und ohne Personenkontakt darstellen.
Hier bedarf es aber eines veränderten Mindsets (auch durch die Politik vorgelebt), dass man einfach mal neue Wege ausprobiert.
--- End quote ---
Ich kann dies nur beschränkt teilen.
Es gibt Verwaltungszweige, in denen es nicht mehr um den Verwaltungsprozess an sich geht. Vielmehr wird an vielen Stellen bereits auf die Durchsetzung geltenden Rechts verzichtet, weil zum einen die Flut an Normen zu groß und zum anderen das Personal zu gering ist.
Nun kann man darüber streiten, ob die Anwendung und Einhaltung einzelner Normen durch die Verwaltung sinnvoll ist, unser Rechtssystem sieht jedoch schlichtweg nicht vor, dass gültige Normen nicht angewandt werden, weil die Anwendung im Arbeitsprozess zu ineffizient ist. Hierüber entscheidet die Legislative, die eine andere Norm erlassen oder die vorhandene Norm aufheben kann, oder letztendlich die Judikative in Form des BVerfG, welches die Norm verwerfen kann.
Es ist nicht Aufgabe der Exekutive, im Sinne eines Bürokratieabbaus, rechtsbeugend kreativ zu werden.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version