Es lohnt sich auch hier, den Blick gen Süden, also nach Österreich zu wenden. Da sind die Gespräche zur Regierungsbildung nicht zuletzt auch daran gescheitert, dass die ÖVP auf Kürzungen bei Pensionen und Gehältern im öffentlichen Dienst bestanden hat (
https://www.deutschlandfunk.de/koalitionsverhandlungen-zwischen-oevp-und-spoe-gescheitert-nehammer-kuendigt-ruecktritt-an-100.html). Wie wetterwendisch dabei die Politik ist, zeigt sich daran, dass auch die ÖVP vor noch nicht einmal einem Monat - am 11.12.2024 - gemeinsam mit der SPÖ, FPÖ und den Grünen den zwischen Regierung und Beamtengewerkschaft vereinbarten zweijährigen Gehaltsabschluss mit getragen hat, den sie ja maßgeblich mitverhandelt hatte. Demnach steigen die Gehälter im öffentlichen Dienst in diesem Jahr um 3,4 % und werden im nächsten in Höhe der um 0,3 % erhöhten Inflationsrate steigen (
https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2024/pk1101). Auch dort waren dabei die üblichen Floskeln zu hören, also bspw. vonseiten der ÖVP:
"Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über die Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst sprechen, dann sprechen wir nicht nur über einen nominellen Wert, sprechen wir nicht nur über eine Zahl, sondern dann sprechen wir auch über Wertschätzung für die Leistung der Menschen, der Bediensteten im öffentlichen Dienst. Ich denke dabei an die Bediensteten im Bereich der Sicherheit auf unseren Straßen, ich denke dabei an das Gesundheitspersonal, ich denke dabei an das Personal im Bereich der Bildung unserer Kinder. Die Bediensteten im öffentlichen Dienst, vor allem jene im Sicherheitsbereich, sind tagtäglich, auch an Sonn- und Feiertagen, für die Menschen in diesem Land unterwegs.
3,5 Prozent – dazu möchte ich ganz herzlich allen Beteiligten, allen Verhandlern, auf Regierungsseite dem Herrn Finanzminister und auch dem Herrn Beamtenminister, danken, dass dieser Vorschlag beziehungsweise dass diese Gehaltserhöhung zustande gekommen ist, weil es wirklich ein fairer Vorschlag und ein faires Verhandlungsergebnis ist, das für den öffentlichen Dienst zustande gekommen ist. Es zeigt auch, dass wir seitens der Politik, seitens des Finanzministers und auch seitens des Beamtenministers die Leistungen des öffentlichen Dienstes wertschätzen.
Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und seien wir ehrlich – außer dem Block hier auf der rechten Seite –: In Österreich machen sehr, sehr viele Institutionen und vor allem auch die Bundesbeamten beziehungsweise die Bediensteten im öffentlichen Dienst einen guten Job, dass sozusagen alles in diesem Laden Österreich auch läuft. Das haben wir vor allem in den letzten Jahren gesehen, die herausfordernd waren, bei den globalen Krisen, die wir auch zu bewältigen gehabt haben, auch bei der Digitalisierung, die natürlich auch im öffentlichen Dienst Einzug hält. Die Beamtinnen und Beamten, die Bediensteten im öffentlichen Dienst haben einen tollen Job gemacht und haben darauf geschaut, dass in Österreich vieles besser ist als in anderen Ländern. Das sollten wir uns bei dieser Diskussion auch immer wieder in Erinnerung rufen, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ein wichtiger Punkt noch, was die Planungssicherheit für die Bediensteten im öffentlichen Dienst betrifft: Wir haben nicht nur eine Gehaltserhöhung, eine Gehaltsanpassung für das Jahr 2025 vereinbart und werden diese heute hier auch beschließen, sondern auch für das Jahr 2026, mit 0,3 Prozentpunkten, gekoppelt an die rollierende Inflation. Das gibt natürlich auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst Planungssicherheit.
Der öffentliche Dienst ist nicht nur wichtig, sondern der öffentliche Dienst ist für mich auch unverzichtbar. – Ein herzliches Dankeschön an alle Bediensteten im öffentlichen Dienst." (
https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVIII/NRSITZ/5/A_-_14_52_11_00598293.html)
Also die üblichen gestanzten Aussagen hier wie dort:
- "Wertschätzung für die Leistung der Menschen, der Bediensteten im öffentlichen Dienst",
- "wirklich ein fairer Vorschlag und ein faires Verhandlungsergebnis",
- "dass wir seitens der Politik, seitens des Finanzministers und auch seitens des Beamtenministers die Leistungen des öffentlichen Dienstes wertschätzen",
- der "öffentliche Dienst ist das Rückgrat unserer Gesellschaft",
- die "Beamtinnen und Beamten, die Bediensteten im öffentlichen Dienst haben einen tollen Job gemacht",
- ein "wichtiger Punkt noch, was die Planungssicherheit für die Bediensteten im öffentlichen Dienst betrifft",
- das "gibt natürlich auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst Planungssicherheit",
- ein "herzliches Dankeschön an alle Bediensteten im öffentlichen Dienst".
All das sind die typischen Slogans auch in den hiesigen die Besoldung betreffenden Sonntagsreden in den Parlamenten - und hier wie dort, ist von den ganzen Slogans nicht mehr viel übrig, wenn's halt ans Eingemachte geht und man hier wie dort die Bediensteten im öffentlichen Dienst weiterhin als die Sparschweine der Nation benötigt. Entsprechend hebt nun Gisela Färber in ihrem aktuellen Beitrag zur "Übertragung der Tarifabschlüse auf den Beamtenbereich" seit 2020 in Bund und Ländern hervor (ZBR 2025, S. 10, 19) hervor:
"Die Mehrzahl der Länder hat ebenfalls den TV-L ohne den Mindesterhöhungsbetrag von 140 Euro zum 1.2.2025 vollständig übernommen; einige Länder haben allerdings die prozentualen Erhöhungen z.T. vorgezogen oder höher angesetzt. Gemeinsam ist allen - auch Hessen mit eigenem Tarifvertrag und Besoldungsrunde -, dass die Laufzeit des vorherigen Besoldungsfüges zum zweiten Mal gegen die Gewährung von Einmalzahlungen gestreckt wurde, mithin die Basis für die nachfolgende prozentuale Erhöhung niedrig blieb, welche dann selbst weder beim Bund noch bei den Ländern die realen Einkommensverluste in irgendeiner Weise ausgleichen konnte. Vielmehr gibt es 2024 außerdem in fast allen Ländern sogar nominal geringere Jahresbezüge als 2023! Die reale Einkommenssituation des gesamten öffentlichen Diensts - d.h. nicht nur der Beamten, sondern auch der Tarifbeschäftigten - hat sich seit 2020 massiv - in vielen Fällen um mehr als 10 Prozentpunkte! - verschlechtert."
Wir dürfen es also für gewiss halten, dass wir die gleichen Worthülsen wie in Österreich alsbald auch wieder hier bei uns hören werden und dass das Ziel hier unverändert bleiben wird, nämlich in den Tarifverhandlungen vonseiten der TdL nicht besonders die tatsächliche ökonomische Lage der Beschäftigten und also das "Sonderopfer" in den Blick zu nehmen, das ihnen spätestens seit 2020 in den letzten Jahren weiterhin in noch einmal besonderer Form abverlangt worden ist, sondern vielmehr dieses "Sonderopfer" in möglichst starker Form beizubehalten und fortzusetzen, um das am Ende mit den üblichen Worthülsen zu verkleistern und also die Beschäftigten mit diesen abzuspeisen, die sie mit einiger Wahrscheinlichkeit regelmäßig kaum weniger enttäuschen und wütend machen als das Ergebnis selbst.
Wer diese Art von Politik betreibt, also neben den vollzogenen und zu weiterhin vollziehenden ökonomischen Einschnitten die Menschen noch für blöd verkauft, weil er oder sie wohl meint, dass sie blöd sind, muss sich nicht wundern, wenn sich mehr und mehr Wählerinnen und Wähler von ihm abwenden und das Vertrauen in die Politik und auf Dauer auch in unser demokratisches Staatswesen verlieren. "Das sollten wir uns bei dieser Diskussion auch immer wieder in Erinnerung rufen, meine geschätzten Damen und Herren."
Wären sie doch wenigstens ehrlich und würden sagen, wie es ist: Die Kassen sind leer. Die Steuern wollen wir nicht erhöhen, nicht zuletzt, weil das unsere Wahlchancen bei einer deutlich größeren Zahl an Betroffenen schwinden lassen dürfte. Also greifen wir halt weiterhin den Beschäftigten im öffentlichen Dienst in die Tasche und belasten sie nach wie vor nicht gleichheitsgerecht. Dass sie den Laden dennoch weiterhin am Laufen halten, finden wir natürlich super. Und deshalb danken wir es ihnen, indem wir sie weiterhin so behandeln, wie wir sie sehen: als Sparschweine. Und wieso tun wir es? Weil wir es können. Hinsichtlich der Beamten können uns dabei irgendwelche weltfremden verfassungsrechtlichen Bedenken zurzeit leider nicht die Bohne interessieren. Die Beachtung der Verfassung heben wir uns hier für den Zeitpunkt auf, wenn es mal kurzfristig ggf. möglich ist. Wann das ist, wissen wir nicht, weil wir ja Politik machen und keine Verfassungsrechtler sind. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Gesetzesbegründung und fragen Sie Ihre Rechtsanwältin, Ihren Rechtsanwalt oder in Ihrer AfD.
Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit. Bitte lesen Sie also, was wir schreiben, nicht allzu genau und hören uns am besten gar nicht erst zu. Wir machen's allseits auch nicht anders. In diesem Sinne: Gute Nacht.