Autor Thema: Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst  (Read 456375 times)

Ryan

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #585 am: 18.02.2025 16:59 »

Was meint ihr mit Sockel?
Sockel ist ja eigentlich absoluter Betrag + Prozente oben drauf (sowie letztes Mal + 200 + 5,5 %).
Oder meint ihr eigentlich Mindestbetrag und habt das falsch ausgedrückt?

Im Beamtenbereich gibt es keinen Sockelbetrag, da bestehen (vorgeblich) verfassungsrechtliche Bedenken von Seiten der Besoldungsgeber. Deswegen wird der sog. Sockel umgerechnet in Prozente, die dann rechnerisch das gleiche ergeben sollen (es faktisch aber nicht tun).


Das haben die Experten hier zur letzten Tarifrunde auch schon geschrieben und trotzdem gab es den Sockelbetrag auch für Beamte

Ein Indiz für eine evdente Sachwidrigkeit liegt vor, wenn

Prüfparameter 4: Systeminterner Besoldungsvergleich

Verringerung der Abstände der Bruttogehälter in den Besoldungsgruppen infolge unterschiedlich hoher linearer Anpassungen bei einzelnen Besoldungsgruppen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen. Verstoß gegen das Abstandsgebot, wenn die Abstände zwischen zwei vergleichbaren Besoldungsgruppen um mindestens 10 Prozent in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen werden.

Eine Verringerung der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen durch Übertragung von Sockelbeträgen ist unter Einhaltung des 4. Prüfparameter zulässig.

Das würde ich so nicht unterschreiben. Aus der Tatsache, dass der Parameter keine evidente Sachwidrigkeit indiziert kann m.E. nicht geschlossen werden, dass die Abschmelzung "zulässig" ist.

Die Wertigkeit der Ämter zueinander wurde verändert, ohne dass hier eine dokumentierte Neubewertung stattgefunden hätte.

Der Gesetzgeber begründete wie folgt:

"Vor dem Hintergrund der besonderen Ausnahmesituation einer andauernd historisch hohen Inflation, die insbesondere Beamtinnen und Beamte in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen in besonderer Weise belastet, hält sie die einmalige Übertragung dieses Teils der Tarifeinigung vom 22. April 2023 allerdings dienstrechtspolitisch für geboten. Sie dient im Zusammenwirken mit den nach diesem Gesetz ebenfalls für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe zu gewährenden Sonderzahlungen (zum Inflationsausgleich) insbesondere dazu, inflationsbedingte Kaufkraftverluste bei den besonders betroffenen Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfängern in unteren und mittleren Besoldungsgruppen hinreichend abzufedern." [BBVAnpÄndG 2023/2024 , S. 43] 

In der Begründung ist also nichts bzgl. des Amts zu finden. Stattdessen bezieht sich der Bund auf die Inflation. Eine solche Argumentation hat das Bundesverfassungsgerichts bereits zuvor als "nachvollziehbar" aber "nicht überzeugend" zurückgewiesen.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Im Urteil heißt es (es geht dort um eine um 4 Monate verzögerte Anpassung höherer Besoldungsgruppen, nicht um Sockelbeträge):

Rn 94:
"So können schon die für eine Differenzierung angeführten Gründe nicht überzeugen. Zwar erscheint auf den ersten Blick die Begründung, dass Empfänger höherer Bezüge von der allgemeinen Teuerung, zu deren Ausgleich die lineare Erhöhung der Besoldung und Versorgung beitragen soll, jedenfalls teilweise weniger stark betroffen sind als Empfänger niedriger Bezüge (so noch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juni 2001 – 2 BvR 571/00 –, juris, Rn. 5; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2001 – 2 BvR 666/00 –, juris, Rn. 5), nachvollziehbar. Dies mag namentlich mit Blick auf den Grundbedarf zutreffen, der sich mit einem relativ kleineren Anteil ihres (höheren) Gehalts decken lässt."

Rn 96:
"Abgesehen davon ist die Differenzierung zwischen einem (allgemeinen) Grundbedarf und darüber hinausgehenden, amtsangemessenen Bedarfen nicht überzeugend. Es ist vielmehr von einem dem jeweiligen Amt angemessenen Gesamtbedarf auszugehen (so auch Günther, Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allge25/35 97 98 99 meinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, 1987, S. 200 f.). Innerhalb des jeweils „amtsangemessenen“ Unterhalts ist keine Differenzierung in verschiedene Bedarfe angelegt, weshalb es beim Abstandsgebot auch nicht auf absolut, sondern auf relativ gleichbleibende Abstände in der Besoldung der unterschiedlich bewerteten Ämter ankommt (vgl. auch Urteile des BVerwG vom 12. Dezember 2013 – 2 C 24.12 und 2 C 26.12 –, juris, Rn. 17). Infolge der Inflation verlieren Empfänger aller Besoldungsgruppen in relativ gleichem Maße an Kaufkraft. Zum Aufwiegen des Kaufkraftverlusts und damit zur Sicherung des jeweils „amtsangemessenen“ Unterhalts ist daher eine Besoldungserhöhung in ebenfalls relativ gleichem Maße nötig."

bebolus

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #586 am: 18.02.2025 17:14 »
Bei der Post heute
In der dritten Verhandlungsrunde hat uns der Arbeitgeber fol gendes Angebot vorgelegt:
➡ 1,8 % Erhöhung zum 01.07.2025
➡ 2,0 % Erhöhung zum 01.10.2026
➡ Eine Anpassung der Urlaubsregelung mit einem zusätzlichen Urlaubstag für Arbeitnehmer*innen, die noch keine 30 Tage haben, Dual-Studierende und Auszubildende
➡ Laufzeit von 27 Monaten
Die Arbeitgeberseite behauptet, es gebe keinen finanziellen Spielraum für bessere Löhne. Wir lassen uns nicht mit einem Angebot abspeisen, was nicht mal die Inflation ausgleicht!

Quelle: ver.di

Wow - ist das schlecht.

Schlecht? Eher frech... Ich wünschte wir dürften Sonntag wählen..

bebolus

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #587 am: 18.02.2025 17:31 »
Es gehören alle Zulagen um mindestens 15% erhöht, dazu die Tagegelder, die Wegstreckenentschädigungen für z. B. Prüfer, DuZ, Polizeizulage.. etc.

Knecht

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #588 am: 18.02.2025 17:44 »
Es gehören alle Zulagen um mindestens 15% erhöht, dazu die Tagegelder, die Wegstreckenentschädigungen für z. B. Prüfer, DuZ, Polizeizulage.. etc.

Unterschreibe ich voll. Ist ne Schande, dass da die letzen Jahre nichts passiert ist während alle Kosten explodieren.

fcesc4

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #589 am: 18.02.2025 19:32 »
Wer hätte es gedacht...

⛔ Ende der 2. Verhandlungsrunde: Bund und Kommunen verweigern Angebot

dbb Verhandlungsführer Volker Geyer: „Die Arbeitgebenden blockieren eine Lösung und verkennen völlig den Ernst der Lage. Statt mit uns über eine Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen zu verhandeln, verweisen sie bei jedem inhaltlichen Punkt immer wieder nur auf ihre ‚leeren Kassen‘. Die Beschäftigten sind aber nicht verantwortlich für die Misere der öffentlichen Haushalte und wir werden auch nicht zulassen, dass sie die Zeche zahlen müssen.“

👉 Mehr Informationen: https://www.dbb.de/artikel/arbeitgebende-kopf-in-den-sand-faeser-beamte-streiks-warnstreiks.html

#warnstreiks #öffentlicherdienst #einkommen #verhandlungen

fcesc4

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #590 am: 18.02.2025 19:32 »
Sind denn 3 Runden Pflicht?

UNameIT

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #591 am: 18.02.2025 19:41 »
Sind denn 3 Runden Pflicht?

Nach 3 Runden ist die Schlichtung Pflicht

Petr Rigortzki

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #592 am: 18.02.2025 20:14 »
Tarifverhandlungen die Einleitung von Streikmaßnahmen grundsätzlich erst nach der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens möglich ist. Nach § 9 der Schlichtungsvereinbarung herrscht vom Beginn des Tages an, an dem die Schlichtungskommission erstmalig zusammentritt, spätestens vom Beginn des dritten Kalendertags, der auf den Tag der Anrufung der Schlichtung folgt, absolute Friedenspflicht. Jegliche Arbeitskämpfe sind unzulässig. In dem Zeitraum zwischen dem Scheitern der Verhandlungen und dem Beginn der absoluten Friedenspflicht wollen die Tarifvertragsparteien alles unterlassen, was den Erfolg des Schlichtungsverfahrens gefährden könnte. Während der Dauer dieses sog. "Krawall-Fensters" dürften flächendeckende Streikmaßnahmen regelmäßig den Erfolg des sich anschließenden Schlichtungsverfahrens gefährden, sodass solche Maßnahmen unterlassen werden müssten.

Die Friedenspflicht endet, wenn die Einigungsempfehlung nicht seitens der Geschäftsstelle der Schlichtungskommission jeder Tarifvertragspartei spätestens 24 Stunden nach dem Tag der Beschlussfassung zugestellt wird bzw. wenn die wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen von mindestens einer Tarifvertragspartei für gescheitert erklärt werden.

KlammeKassen

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #593 am: 18.02.2025 20:48 »
Sind denn 3 Runden Pflicht?

Nach 3 Runden ist die Schlichtung Pflicht

Nur, wenn eine Partei die Schlichtung anruft, sonst nicht.

fcesc4

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #594 am: 18.02.2025 20:58 »
Dann sollte man auf 2 Runden runter gehen und den gleichen Mist wie seit Jahren verkürzen.

AR76

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #595 am: 19.02.2025 07:16 »
Ist das die Wertschätzung, von der die Arbeitgeber und Minister wie die Faeser immer faseln?
Dann Respekt. Drei Runden aussitzen, Schlichtung und dann mit halben Jahr Verzögerung die Bezüge anheben.

Rocknrollmops

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #596 am: 19.02.2025 08:05 »
Es ist einfach nur noch frustrierend, wie seit Jahren auf dem Rücken der Beschäftigten die mangelhafte (Personal)Politik ausgefochten wird. Wenn sie kein Geld raus rücken wollen, sollen sie die Arbeitszeit zurück auf 39 Stunden setzen, dann ist den Meisten schon geholfen.

BalBund

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #597 am: 19.02.2025 08:31 »
Es war genau so zu erwarten, die ersten drei Monate des neuen Tarifjahres haben sich über die vergangenen Abschlüsse hinweg immer als Geschenk an die Arbeitgeberseite dargestellt, die mit einer mehr oder minder großen Einmalzahlung gepflastert wurde.

Der Umstand, dass die Gewerkschaftsmitglieder das selbe Prozedere seit über einer Dekade so schlucken zeigt deutlich, warum man die Beiträge sinnvoller in andere Dinge stecken könnte, aber der deutsche Leithammel sagt ja, Gewerkschaft = gut und wichtig, deswegen macht man mit.

Genug mit der Polemik: Bisher lief das Ganze genau wie erwartet, es folgen nun die üblichen Streiks im Bereich der Kinderbetreuung und ein bisschen in der kritischen Infrastruktur der Bürger (Müllabfuhr, Bürgeramt vor Ostern für die Reisepässe etc.) und dann landen wir in der dritten Runde nach "harten Verhandlungen, die die Kommunen an den Rand der Belastbarkeit bringen und schmerzhafte Einschnitte für den Bürger erfordern werden" bei den von mir weiter vorne skizzierten Werten.  Für die Beamten wird es dann mindestens Oktober, da erst der Haushalt beschlossen, danach ein Anpassungsgesetz verabschiedet werden muss und dann die Auszahlungsstellen die Programmanpassung programmieren lassen können (geht dieses Jahr nicht vorher, weil vorläufige Haushaltsführung, sprich eine Vorabentwicklung ist haushaltsrechtlich nicht zulässig).

Ich rate daher jedem Bundesbeamten, in diesem Jahr nicht mit Zuwächsen zu planen und sich dann über die Nachzahlung in Form eines Weihnachtsgeldes zu freuen, auch wenn dieses Plus die Steuerprogression natürlich wieder antreibt.

Hummel2805

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #598 am: 19.02.2025 08:35 »
Wahrscheinlich wird es wieder einen Schlichterspruch geben wie beim letzten Mal.

Das Problem ist, dass die Verdi Verhandler alle Total Versager sind, da ist überhaupt keine Strategie erkennbar.
Im BMI lacht man sich über diese "Pappnasen" kaputt.

Vor allen Dingen die Terminfindungen sind doch nicht mehr zeitgemäß, ich würde nur ein Wochenende als Verhandlungstermin festlegen und das wars!

Hans1W

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #599 am: 19.02.2025 08:37 »
Auf der Bundesseite hat mit Bundeswasserstraßen (Schleusen etc.) ein neues Streikmittel gefunden, da kann mit wenig Personal ein ordentlicher Schaden beim Güterverkehr angerichtet werden. Allerdings liegt der Schaden auf der Privatseite, nicht beim Staat.