Autor Thema: [SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein  (Read 6586 times)

cyrix42

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #15 am: 29.02.2024 15:17 »
Hm, ist der dbb SH der Meinung, dass nicht mehr die Beamtenfamilie als Ganze alimentiert werden soll, sondern nur noch das Amt der/des Beamtin/Beamten, wie es entsprechend in der Privatwirtschaft auch üblich ist? Dort gibt es für Kinder keinen Gehaltsbonus. Die aufgeworfene Frage "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" stellt sich also auch jetzt schon; und eine Antwort liefert er ja gleich mit: "Dafür gibt es keinen überzeugenden Grund."


Goldene Vier

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Malkav

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #17 am: 01.03.2024 08:22 »
Hm, ist der dbb SH der Meinung, dass nicht mehr die Beamtenfamilie als Ganze alimentiert werden soll, sondern nur noch das Amt der/des Beamtin/Beamten, wie es entsprechend in der Privatwirtschaft auch üblich ist? Dort gibt es für Kinder keinen Gehaltsbonus. Die aufgeworfene Frage "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" stellt sich also auch jetzt schon; und eine Antwort liefert er ja gleich mit: "Dafür gibt es keinen überzeugenden Grund."

Keine Ahnung welche Meinung der dbb da vertritt.

Wenn alleine die Grundbesoldung der untersten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsstufe so bemessen werden würde, dass man davon eine 4Kopf-Familie auf 115% des Bürgergeldes bekommt, hätte wohl niemand irgendwelche Einwände gegen eine Streichung der diesbezüglichen Familienzuschläge. Das setzt natürlich eine Wahrung des internen Abstandsgebotes voraus, sodass es zu keinem weiterem Abschmelzen der Abstände kommt. Von solchen Blüten wie dem FEZ und so weiter will ich jetzt gar nicht anfangen.

Ab dem dritten Kind ist die zusätzliche Alimentation in Höe von mind. 115% des entsprechenden Bürgergeldes jedoch vom BVerfG zwingend vorgesehen.

cyrix42

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #18 am: 01.03.2024 09:05 »
Ab dem dritten Kind ist die zusätzliche Alimentation in Höhe von mind. 115% des entsprechenden Bürgergeldes jedoch vom BVerfG zwingend vorgesehen.

Jep, was den Einwand dess dbb sh "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" ad absurdum führt; die Antwort wäre hier also: Weil es das BVerfG so will.

Worauf ich hinaus will: Man kann nicht einerseits fordern, dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen hat, weil anderswo ja auch nicht die Kinderzahl sich im Gehalt widerspiegelt; andererseits aber auf dem Prinzip der Alimentation der gesamten Familie der/des Beamtin/Beamten beharren, was gerade bei kinderreichen Familien ja einen nicht geringen Anteil ausmacht.

Ich bin ja auch dafür, dass Beamte einerseits amtsangemessen und wertschätzend besoldet werden und das andererseits sie ihre verfassungsgemäße Alimentation erhalten. Aber die Argumentation der Forderungen sollte halt schon in sich schlüssig sein...

Malkav

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #19 am: 01.03.2024 09:41 »
Worauf ich hinaus will: Man kann nicht einerseits fordern, dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen hat, weil anderswo ja auch nicht die Kinderzahl sich im Gehalt widerspiegelt; andererseits aber auf dem Prinzip der Alimentation der gesamten Familie der/des Beamtin/Beamten beharren, was gerade bei kinderreichen Familien ja einen nicht geringen Anteil ausmacht.

Tja da kommen wir nicht weiter, da das BVerfG sich dazu entschieden hat Art. 33 Abs. 5 GG so mit Leben zu füllen, dass diese beiden Stränge des Alimentationsprinzips (Besoldung einer 4K-Familie einerseits und Besoldung kinderreicher Beamter andererseits) rechtlich nahezu nichts miteinander zu tun haben. Und ich sehe nicht, dass das BVerfG diese Stränge irgendwie wieder zusammenführen will oder wird.

Und der Argumentation, dass bei der 4k-Familie das Leistungsprinzip Vorrang haben sollte, finde ich grundsätzlich überzeugend und begrüßenswert. Dies steht ja auch im Ermessen des Gesetzgebers. Dieser will ja lieber bis in den ehem. gD eine "bedarfsgerechte" Einheitsalimentation gewähren.

SwenTanortsch

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #20 am: 01.03.2024 10:08 »
Ab dem dritten Kind ist die zusätzliche Alimentation in Höhe von mind. 115% des entsprechenden Bürgergeldes jedoch vom BVerfG zwingend vorgesehen.

Jep, was den Einwand dess dbb sh "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" ad absurdum führt; die Antwort wäre hier also: Weil es das BVerfG so will.

Worauf ich hinaus will: Man kann nicht einerseits fordern, dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen hat, weil anderswo ja auch nicht die Kinderzahl sich im Gehalt widerspiegelt; andererseits aber auf dem Prinzip der Alimentation der gesamten Familie der/des Beamtin/Beamten beharren, was gerade bei kinderreichen Familien ja einen nicht geringen Anteil ausmacht.

Ich bin ja auch dafür, dass Beamte einerseits amtsangemessen und wertschätzend besoldet werden und das andererseits sie ihre verfassungsgemäße Alimentation erhalten. Aber die Argumentation der Forderungen sollte halt schon in sich schlüssig sein...

Die Forderung, "dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen hat" (Hervorhebung durch mich), stellt auch niemand, der sich in der Sache auskennt, cyrix, und auch nicht der dbb-SH, der die Gesetzentwürfe der Landesregierung kritisch begleitet.

Das Bundesverfassungsgericht hat, wie hier regelmäßig dargelegt, zwischen der amtsangemessenen Alimentation des Beamten mit bis zu zwei Kindern und dem alimentativen Mehrbedarf ab dem dritten Kind unterschieden. Entsprechend heißt es im ersten Leitsatz der aktuellen Parallelentscheidung über den alimentativen Mehrbedarf:

"Der Dienstherr ist aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichtet, seinen Richtern und Beamten sowie ihren Familien einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Deshalb kann bei der Beurteilung und Regelung dessen, was eine amtsangemessene Besoldung ausmacht, die Anzahl der Kinder nicht ohne Bedeutung sein. Sind die Grundgehaltssätze so bemessen, dass sie zusammen mit den Familienzuschlägen bei zwei Kindern amtsangemessen sind, darf Richtern und Beamten nicht zugemutet werden, für den Unterhalt weiterer Kinder auf die familien-neutralen Bestandteile ihres Gehalts zurückzugreifen." (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 6/17 https://www.bverfg.de/e/ls20200504_2bvl000617.html -).

Der alimentative Mehrbedarf ab dem dritten Kind ist also, das folgt zwangsläufig aus dem Zitat, ausschließlich über eine familienbezogene Besoldungskomponente zu gewährleisten.

Davon sachlich zu trennen, ist die amtsangemessene Alimentation von Beamten mit bis zu zwei Kindern. Diesbezüglich hält der Senat in der Rn. 47 der aktuellen Entscheidung fest:

"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf" (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).

Dabei ist bei der Festlegung der Grundgehaltssätze die Sicherung der Attraktivität des Amtes für entsprechend qualifizierte Kräfte, das Ansehen dieses Amtes in den Augen der Gesellschaft, die von Beamten, Richtern und Staatsanwälten geforderte Ausbildung, ihre Verantwortung und ihre Beanspruchung hinreichend zu berücksichtigen (Rn. 99). Die familien-neutralen Grundgehaltssätze sind also strukturell maßgeblich, um den amtsangemessenen Gehalt der zu gewährenden Nettoalimentation zu gewährleisten, woraus folgt, dass es auch (und gerade) auf ihre Höhe ankommt, um die Gewährleistungspflicht einer amtsangemessenen Alimentation zu garantieren.

Nicht umsonst hat der Zweite Senat auch in dieser aktuellen Entscheidung die Grundgehaltssätze der vom Land Berlin gewährten Alimentation in den Jahren 2009 bis 2016 als mit der Verfassung unvereinbar betrachtet (vgl. dort den Tenor). Entsprechend ist der Senat in der Gesamtabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bemessung der Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppen R 1 bis R 3 in Berlin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht mehr amtsangemessen war (Rn. 176); er hat also ein weiteres Mal keinen Zweifel an dem sachlichen Gehalt auch dieser Entscheidung gelassen.

Eine für den BDR-SH erstellte Stellungnahme aus dem Mai des letzten Jahres zur damaligen Fassung des SHBesG hat nun in enger Anbindung an die neue bundesverfassungsgerichtliche Besoldungsdogmatik gezeigt, dass auch in Schleswig-Holstein das Indiz der Mindestbesoldung ob der Schwere ihres Gewichts - nämlich der indiziellen Verfehlung des Mindestabstandsgebots - die weitgehende Heilung der vom Gesetzgeber im Jahr 2022 vollzogenen Gesetzgebungsverfahren eingestandenen Unteralimentation strukturell und von der Höhe her im Rahmen unserer Verfassung - also im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Besoldungsdogmatik - nicht durch die weitgehend erfolgte Anhebung familienbezogener Besoldungskomponenten erlaubt hat.

In diesem Sinne ist das, was der dbb-SH ausführt, sachlich in sich stimmig, da er nicht fordert, "dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen hat", sondern dass der Gesetzgeber eine sachgerechte und damit amtsangemessene Alimentation zu gewähren hat - unstimmig ist entsprechend das zielgerichtet verfassungswidrige Handeln der Landesregierung und der Mehrheit des Landtags, worauf beide darüber hinaus auch im genannten Gesetzgebungsverfahren vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags in aller gebotenen Deutlichkeit hingewiesen worden sind.

cyrix42

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« Antwort #21 am: 01.03.2024 11:45 »
Also, wenn man die Frage liest, "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", dann dürfte man sich schon fragen, warum sich diese nur auf die ersten zwei Kinder -- für die es bisher in A6/2 je ca. 150€ gibt --, nicht aber auf die weiteren -- für die derzeit mehr als 400€/Kind gezahlt werden -- beziehen soll.

Mir ist die rechtliche Lage schon klar. Wer aber mit obigem Spruch kommt, differenziert damit offensichtlich nicht zwischen den ersten zwei und weiteren Beamtenkindern... (Es hätte ja auch komisch geklungen, wenn man stattdessen gefragt hätte: "Warum sollten die ersten zwei Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder? [Ok, aber unsere dritten, vierten usw. sind natürlich tatsächlich viel wertvoller als alle anderen Kinder -- dies dürft ihr nicht antasten, sagt das Bundesverfassungsgericht!]")

Es ist einfach eine Rosinenpickerei, die ich hier sehe und die ich entsprechend den Personen, die diese Dinge äußern, vorwerfe. Entweder, man erkennt an, dass die Beamten-Alimentation nach dem Familienstand erfolgen muss. Dann stellt sich die Frage "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" nicht, denn der Wert des entsprechenden Kinds bemisst sich nicht entlang der staatlichen Leistungen. Oder, man stellt diese Frage, und impliziert damit, dass man eine Bezahlung wie in der Privatwirtschaft wünscht, in welcher nicht der Familienstand des Arbeitnehmers, sondern dessen Tätigkeit (im Beamtenkontext also dessen Amt) ausschlaggebend für die Bezahlung ist: Für alle anderen Personen mit Kindern gibt es das Kindergeld/ den Kinderfreibetrag; und Beamten-Kinder wären dann auch nicht mehr wert.
« Last Edit: 01.03.2024 12:02 von cyrix42 »

SwenTanortsch

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« Antwort #22 am: 01.03.2024 15:50 »
Also, wenn man die Frage liest, "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", dann dürfte man sich schon fragen, warum sich diese nur auf die ersten zwei Kinder -- für die es bisher in A6/2 je ca. 150€ gibt --, nicht aber auf die weiteren -- für die derzeit mehr als 400€/Kind gezahlt werden -- beziehen soll.

Mir ist die rechtliche Lage schon klar. Wer aber mit obigem Spruch kommt, differenziert damit offensichtlich nicht zwischen den ersten zwei und weiteren Beamtenkindern... (Es hätte ja auch komisch geklungen, wenn man stattdessen gefragt hätte: "Warum sollten die ersten zwei Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder? [Ok, aber unsere dritten, vierten usw. sind natürlich tatsächlich viel wertvoller als alle anderen Kinder -- dies dürft ihr nicht antasten, sagt das Bundesverfassungsgericht!]")

Es ist einfach eine Rosinenpickerei, die ich hier sehe und die ich entsprechend den Personen, die diese Dinge äußern, vorwerfe. Entweder, man erkennt an, dass die Beamten-Alimentation nach dem Familienstand erfolgen muss. Dann stellt sich die Frage "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" nicht, denn der Wert des entsprechenden Kinds bemisst sich nicht entlang der staatlichen Leistungen. Oder, man stellt diese Frage, und impliziert damit, dass man eine Bezahlung wie in der Privatwirtschaft wünscht, in welcher nicht der Familienstand des Arbeitnehmers, sondern dessen Tätigkeit (im Beamtenkontext also dessen Amt) ausschlaggebend für die Bezahlung ist: Für alle anderen Personen mit Kindern gibt es das Kindergeld/ den Kinderfreibetrag; und Beamten-Kinder wären dann auch nicht mehr wert.

Das, was Du schreibst, ist einerseits - denke ich - in sich schlüssig, basiert aber andererseits eben auf einer nicht vollständigen Beachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, was in dem Thema wiederkehrend ein Dauerzustand ist und damit zusammenhängt, dass die Beamtenalimentation als Folge des ihr zugrunde liegenden Sonderrechtsverhältnisses prinzipiell nicht mit Entlohnungsformen in der freien Wirtschaft verglichen werden kann, da jenen prinzipiell kein Sonderrechtsverhältnis zugrunde liegt. Alimentation und Entlohnung sehen insofern von außen betrachtet weitgehend identisch aus, sie stellen sich in ihrem (verfassungsrechtlichen) Kern und ihrer daraus folgenden materiellen Ausgestaltung aber gänzlich anders dar, eben als wesentlich Ungleiches, sodass die meisten Vergleiche zwischen beiden Rechtinstituten ins Leere laufen, was aber nicht immer einfach zu erkennen ist. Deklinieren wir das Thema also der Einfachheit halber noch einmal durch:

Da nun der Beamte über das Recht verfügt, mitsamt seiner Familie lebenslang amtsangemessen alimentiert zu werden, da sich anders das Sonderrechtsverhältnis nicht kompensieren ließe, dem er (prinzipiell anders als der Beschäftigte in der freien Wirtschaft) unterliegt, kann der Besoldungsgesetzgeber nicht vom familiär bedingten Unterhaltsbedarf absehen und hat er also bei der Bemessung der Besoldung zu berücksichtigen, dass diese Besoldung dem Beamten, Richter oder Staatsanwalt über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebensunterhalt ermöglichen muss (Rn. 40 der aktuellen Entscheidung). Während also der Beschäftigte in der Privatwirtschaft kein Recht darauf hat, dass sein Arbeitgeber die Anzahl seiner Kinder berücksichtigte, sieht das für den Bediensteten anders aus - womit die beiden für unser Thema hier zentralen Begriffe gefallen sind: der familiär bedingte Unterhaltsbedarf und der amtsangemessene Lebensunterhalt. An ihnen ist nun die Gewährung familienbezogener Besoldungskomponenten zu messen, wenn wir uns die Folgen des allgemeinen Gleichheitssatzes vor Augen führen: Denn um ihn geht es hinsichtlich der aufgeworfenen "Wert"-Frage.

Dabei stellt sich unter Beachtung dessen, was ich in meinem letzten Beitrag geschrieben haben, nun die Frage, wo die verfassungsrechtliche "Sollbruchstelle" zu suchen ist, sofern man eine wesentliche Ungleichbehandlung identifizieren will - und die ist hinsichtlich des dritten und jedes weiteren Kinds eines Beamten das Binnenverhältnis der als Beamte wesentlich Gleichen, die also ausnahmslos über das grundrechtsgleiche Recht verfügen, amtsangemessen alimentiert zu werden und über einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu verfügen. Das Bundesverfassungsgericht betrachtet die Familienalimentation ab dem dritten Kind dabei als etwas wesentlich Ungleiches gegenüber der Familienalimentation der ersten beiden Kinder, womit wir beim Kern der hier diskutierten Sachlage angekommen wären.

Denn wenn nun das dritte Kind mit den beiden ersten Kindern gleich behandelt werden soll, dann muss dessen Unterhaltsbedarf besonders betrachtet werden, da der Beamte ansonsten bei seinem dritten und allen weiteren seiner Kindern auf die "familienneutralen" Bestandteile seines Gehalts mit der Folge zurückgreifen müsste, dass mit wachsender Kinderzahl diese" familienneutralen" Gehaltsbestandteile fortschrteitend aufgezehrt werden würden. So verstanden würde die wesentlich gleiche Behandlung des Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind zu einer im Binnenverhältnis der Beamten wesentlich ungleichen Behandlung der hier wesentlich gleichen Beamten führen, die also - darin liegt die Wesensgleichheit - allesamt über dasselbe Recht verfügen, amtsangemessen alimentiert zu werden: Die wesentlich ungleiche Behandlung des Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind sichert so verstanden die wesentlich gleiche amtsangemessene Alimentation aller Beamten im Sinne des genannten Binnenverhältnisses.

Das dritte und jedes weitere Kind ist deshalb entsprechend auch nicht "mehr wert" als das erste oder zweite Kind, sondern die Gleichbehandlung der wesentlich gleichen Beamtenverhältnisse fordert eine Ungleichbehandlung in der Familienbesoldung und also eine besondere und damit andere Betrachtung des familiär bedingten Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind, weshalb wir hier - mit dem alimentativen Mehrbedarf - einen Sonderzweig des Alimentationsprinzips vorfinden: Das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten kann nur gegenüber dem ersten und zweiten Kind gleich behandelt werden, indem sein und der Unterhaltsbedarf jedes weiteren Kinds des Beamten anders betrachtet wird als der des ersten und zweiten Kinds jenes Beamten. Würde der Unterhaltsbedarf des dritten und jedes weiteren Kinds eines Beamten dahingegen nicht entsprechend ungleich betrachtet werden, könnte in der Lebenswelt des Beamten nicht sichergestellt werden, dass diese Kinder nicht gleich mit den ersten beiden Kindern behandelt werden würden, sodass sich entweder der Lebensunterhalt dieses dritten und jedes weiteren Kindes nicht mehr amtsangemessen darstellte oder der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten nicht mehr gewährleistet wäre, der so nun - ab dem dritten und mit jedem weiteren Kind zunehmend - auf die "familienneutralen" Komponenten der ihm gewährten Besoldung zurückgreifen müsste und damit gegenüber den wesentlich gleichen Beamten, die dasselbe Amt bekleiden, ungleich behandelt und im Ergebnis de facto diskriminiert werden würde, weil so die Richter, Staatsanwälte und Beamten mit mehr als zwei Kindern den ihnen zukommenden Lebenszuschnitt nicht oder nur zulasten ihrer Familie erreichen könnten (vgl. die Rn. 30 der vorhin genannten Parallelentscheidung 2 BvL 6/17).

So verstanden stimmt es erst einmal nicht, dass das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten "mehr wert" seien als die ersten beiden Kinder. Vielmehr erschließt sich auf dieser Grundlage mein vorhin ausgeführtes Zitat der Rn. 47:

"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf".

Wenn nun aber die hohen familienbezogenen Besoldungskomponenten ab dem dritten Kind im Rahmen des besonderen Rechtsinsituts der Beamtenalimentation sachlich gerechtfertigt sind, da nur so der allgemeinen Gleichheitssatz im Binnenverhältnis der Beamten untereinander gewährleistet werden kann, gilt das offensichtlich nicht für entsprechend hohe familienbezogene Besoldungskomponenten für die ersten beiden Kinder. Denn um eine Privilegierung von Beamten und seiner Kinder zu vermeiden, hat sich auch deren Alimentation an den tatsächlichen (Lebens-)Verhältnissen zu orientieren. Hierbei hat der Senat bereits 1977 festgehalten:

"Legt man etwa das gegenwärtige System der Besoldungsstruktur zugrunde, das, wie dargelegt, verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben ist, so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten." (Beschluss vom 30.03.1977 - 2 BvR 1039/75 -, hier Rn. 75; https://openjur.de/u/173228.html)

So verstanden ist hier - in der drei- oder vierköpfigen Beamtenfamilie - der familiär bedingte Unterhaltsbedarf nicht vollständig auszugleichen, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten und seiner bis zu zwei Kinder zu gewährleisten. In diesem Sinne geht das gerade dargestellte Zitat wie folgt weiter:

"In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden."

Unter Berücksichtigung einer solchen Betrachtung, von der auszugehen ist, dass sie der Zweite Senat weiterhin als sachlich geboten betrachtet (es gibt keine Direktive, die zur Vermutung Anlass geben sollte, dass der Senat zu einer mittlerweile anderen Auffassung gelangt sei), erhält nun die Frage: "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", ihren Sinn. Denn der Besoldungsgesetzgeber gewährt hier nun Beamten ein materielles Gut, das - sofern er es Beamten gewähren würde, die aus ihren "familienneutralen" Besoldungsbestandteilen heraus bereits amtsangemessen alimentiert werden würden - als eine Privilegierung dieser Kinder zu betrachten wäre. Wenn er aber auf der anderen Seite (von jener Frage wieder im Allgemeinen auf das Thema zurückkehrend) versucht, die amtsangemessene Alimentation insbesondere durch solch hohe Besoldungsdifferenzierungen für die ersten beiden Kinder herzustellen, um damit von dem abzusehen, was ich vorhin geschrieben habe, und um so auch das beiseitezuwischen, was aus den beiden gerade zitierten Textpassgagen zu entnehmen ist, nämlich dass die familienbezogenen Besoldungsbestandteile nur Nebenkomponenten der Besoldung darstellen und also "bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten", dann handelt er offensichtlich nicht im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, und zwar nun mit der Folge, dass das erste oder zweite Kind von Beamten offensichtlich gegenüber anderen Kindern deutlich besser gestellt und so betrachtet privilegiert werden. Das soll offensichtlich mit dem in diesem Sinne kaum zugespitzten Satz: "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", zum Ausdruck gebracht werden. Mit "Rosinenpicken" hat das, wenn ich es richtig sehe, nichts zu tun, mit dem Beklagen einer offensichtlich verfassungswidrigen Besoldungspraxis hingegen sehr viel.

cyrix42

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #23 am: 01.03.2024 16:12 »

Das, was Du schreibst, ist einerseits - denke ich - in sich schlüssig, basiert aber andererseits eben auf einer nicht vollständigen Beachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung,

Sorry, du musst mir nicht die Rechtslage erklären. Nicht ich habe die zitierte Frage gestellt, sondern der dbb SH in seiner Stellungnahme, weil er eine entsprechende Diskussion in der Gesellschaft erwartet/ führen will. Wenn, dann darfst du gern dem dbb SH schreiben, dass er wenn er die Bemessung, welches Beamtenkind dem Besoldungsgeber wie viel wert sein darf, zum Thema machen will, das doch bitte differenzierter ausdrücken soll.

Ich gehe nämlich schwer davon aus, dass jedwede mediale und allgemeingesellschaftlich geführte Diskussion unter der Fragestellung, die der dbb SH so plakativ anstößt, wie viel "Beamtenkinder wert sein dürfen" auf die entsprechenden Familienzuschläge für Kind Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, ... bezogen wird. Wer fordert, dass die Zuschläge für Kind Nr. 1 und Nr. 2 nicht hoch sein dürfen, kann das *nicht* mit "Beamtenkinder dürfen nicht mehr wert sein als andere Kinder" begründen -- jedenfalls dann nicht, wenn er dies nicht auch für den Zuschlag für Kind Nr. 3 fordert. Ja, ich weiß, dass dass der dbb SH nicht will -- und genau das bedeutet, dass er hier kein echtes Argument anbringt.

Mir ist durchaus klar, dass die Unterhaltskosten für Kind Nr. 3 ff. via Zuschlägen geregelt werden müssen -- und auch, dass Grundbesoldung + Zuschläge für verheiratet + 2 Kinder für die 4K-Familie ausreichen muss. Aber "Beamtenkinder dürfen nicht mehr wert sein als andere Kinder" ist jetzt kein Argument dafür, welcher Punkt in der letztgenannten Summe welchen Anteil haben darf; im Gegenteil könnte man mit dieser Linie eher rechtfertigen, dass alle Beamtenkinder -- egal ob Nr. 1 oder Nr. 4 -- gleich viel "wert" sein sollten, also Zuschläge auf Höhe, wie sie für das dritte und weitere Kinder nötig sind, bedürfen...
« Last Edit: 01.03.2024 16:26 von cyrix42 »

SwenTanortsch

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #24 am: 01.03.2024 16:46 »
Es ist davon auszugehen, dass der dbb-SH hier in der politischen Auseinandersetzung eine sachliche Frage an der zitierten Stelle in einer ansonsten sachlich formulierten Mitgliederinformation nicht gänzlich unpolemisch zuspitzt, was - denke ich - sein gutes Recht ist, wenn man sich das konkrete Handeln der schleswig-holsteinischen Landesregierung und des Gesetzgebers der letzten Jahre anschaut und wenn man voraussetzt, dass solche Mitgliederinformationen immer auch Teil der politischen Interessensvertretung und also politischen Auseinandersetzung sind.

Wenn Du ihm das auf sachlich nicht hinreichender Grundlage als "Rosinenpickerei" vorwirfst, dann nützte es wenig, wenn ich mich nun an ihn wendete, da er ja - wie gezeigt - den Kern korrekt greift, wenn er ihn auch polemisch zuspitzt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass er die Zuspitzung in seiner konkreten Stellungnahme zum Gesetzentwurf sachlich präzisieren wird, da er - davon gehe ich erfahrungsgemäß hier aus - sich ebenfalls auf Basis des von mir heute skizzierten Verfassungsrechts bewegte. Eine Mitgliederinformation ist keine Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren.

Warum sollte ich also ihn anschreiben und sollte ich auf Deine Beiträge nicht antworten, wenn er im Kern die Sachlage korrekt - wenn auch im einzelnen polemisch zugespitzt - betrachtet, während sich Dein Vorwurf der "Rosinenpickerei" hier nicht erhärten lässt? Ich denke, Du darfst mir hier sachlich widersprechen und ich darf Dir hier ebenfalls sachlich widersprechen - und wenn das Ganze dann noch anhand der hinzuzuziehenden Rechtsprechung erfolgt, hat's ggf. auch einen informativen Gehalt. Um jenen ging es mir hier eigentlich zuvördest.

cyrix42

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #25 am: 01.03.2024 17:42 »
Ohne dies weiter in die Länge ziehen zu wollen, da es sich anfängt zu wiederholen, abschließend die Bemerkung, dass mir klar ist, dass auch dir klar ist, was der dbb sh wohl will, nämlich einerseits für die 4K-Beamten-Familie eine ausreichende Alimentation, die sich aber hauptsächlich aus der Grundbesoldung ergibt (sodass auch alleinstehende Beamte davon profitieren?), und andererseits auch eine solche für kinderreiche Beamte. Auch brauchst du mir die Rechtslage nicht vorhalten, da dies gar nicht das Thema meiner Einlassung war, sondern, dass die provokant vom dbb so gestellte Frage, wie viel Beamten-Kinder im Vergleich zu anderen „wert“ sein dürfen, für die politische (= gesamtgesellschaftliche, denn der Gesetzgeber muss seine Gesetze ja gegenüber der gesamten Bevölkerung rechtfertigen) Diskussion, im Sinne der Ziele des dbb sh nicht zielführend ist, da sie eben einerseits den „Wert“ eines Beamten-Kinds an der Höhe der für dieses gezahlte Zuschläge festmacht, dabei aber nur über die ersten zwei, nicht aber die weiteren Kinder reden will — und dies auch noch unterschlägt. Das ist mindestens rhetorisch schlecht, aber eben auch argumentativ nicht zielführend, da sich ein bestimmter Bereich des aufgegriffenen Themas herausgegriffen wird, der zweite, wo man das selbst angeführte Argument aber eben gerade nicht zur Anwendung bringen will, es aber in einer Debatte aber durchaus genauso und mit gleicher Berechtigung angebracht werden könnte, ignoriert. Dies ist Rosinenpickerei; unabhängig davon, ob du sie nun einsiehst, oder nicht. Ja, ich weiß, wie die Rechtssprechung ist — und erstens ist auch dieser Part nicht unabänderlich, also offen für gesetzliche Veränderung, aber zweitens ist diese nicht das Thema! Thema war die vom dbb sh aufgeworfene Frage, wie viel Beamtenkinder „wert“ sein dürfen — nicht „erste und zweite Beamtenkinder“, sondern alle.

Gegebenenfalls wirst du hierauf wieder mit viel Text antworten und aufzeigen, dass der Gesetzgeber aber gar nicht anders handeln darf und entsprechend den eigentlichen Forderungen, die auch ich oben dem dbb sh unterstellt habe, nachkommen muss. Mag sein — aber das ist immer noch nicht das Thema. Drum lasse ich dies hiermit nun stehen; ich habe alles gesagt, das Problem aufgezeigt und begründet — und wer es nicht sehen will, muss es auch nicht.

Im Rahmen einer politischen Diskussion kann es ja durchaus verschiedene Ansichten geben, die per se nebeneinander stehen können müssen. Am Ende müssen die politischen Akteure die gesellschaftlichen Ansichten bündeln und unter Beachtung der (ggf. selbst anzupassenden) juristischen Rahmenbedingungen umsetzen. Das — so zumindest vermute ich — wird weder dich noch mich direkt vor die Aufgabe stellen, hier Entscheidungen zu treffen und Gesetze zu erlassen. Drum werde ich mich auch nicht weiter in eine ggf. müßig werdende Diskussion einbringen.

SwenTanortsch

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #26 am: 01.03.2024 19:20 »
Die Grundlage Deiner Sichtweise, der dbb-SH wolle hier "Rosinenpickerei" betreiben, basiert auf einer sachlich falschen Sicht auf die Dinge. Das habe ich in meinen letzten Beitrag gezeigt. Das führte der Natur der Sache nach auch an jener Stelle in einen längeren Beitrag, da nur auf Basis der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der sachliche Gehalt einer Aussage über sie - die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung - möglich ist. Der letzte Beitrag gab und gibt Dir folglich die Möglichkeit, den sachlich falschen Bezug zu erkennen. Denn wie willst Du den sachlich korrekten Gehalt einer - zugespitzt formulierten - Sichtweise des dbb-SH bewerten, wenn Du die dafür notwendigen sachlichen Grundlagen nicht hinreichend kennst? Kenntest Du sie, würdest Du nun nicht erneut den sachlichen falschen Bezug wählen, dass die "Wertigkeit" des dritten Kindes eines Beamten eine andere sei als die der ersten beiden. Du würdest also nicht dort "Rosinenpickerei" sehen, wo keine ist.

Darüber hinaus habe ich in dem ersten der beiden längeren Beiträge dargelegt, dass Deine Sicht auf die Dinge, "dass die Familiensituation keine Rolle spielen darf, sondern sich alles über die Grundgehaltssätze abzuspielen" habe (Hervorhebung durch mich), von niemandem aufgestellt worden ist, auch nicht von dbb-SH. Wenn Du liest, was der dbb-SH in der Mitgliederinformation schreibt, dann bleibt Deine nun wieder in die gleiche Richtung zielende Darlegung, der dbb-SH wolle "aber nur über die ersten zwei, nicht aber die weiteren Kinder reden", sachlich falsch, da es ihm in der Mitgliederinformation gar nicht um den alimentativen Mehrbedarf geht, sondern ausschließlich um die amtsangemessene Alimentation. Damit "unterschlägt" er aber nichts, sondern informiert seine Mitglieder und die Öffentlichkeit darüber, dass die Landesregierung ihre offensichtlich verfassungswidrig ausgeformte Besoldungsgesetzgebung ungebrochen fortsetzen und ein weiteres Mal auf die Spitze treiben will.

Da es für ihn also die von Dir falsch zugrunde gelegte unterschiedliche "Wertigkeit" der Kinder von Beamten nicht gibt, hat der dbb-SH bislang weder in seinen Stellungnahmen in Gesetzgebungsprozessen noch in seinen Mitgliederinformationen an irgendeiner Stelle gegen höhere familienbezogene Zuschläge ab dem dritten Kind argumentiert, will er also - sobald es thematisch darum geht - sicherlich über die Höhe des alimentativen Mehrbedarfs sprechen, wird er dabei ebenso sicherlich weiterhin nicht deren Begrenzung fordern und hat er damit auch in der Öffentlichkeit keine Probleme; denn die Forderung deutlich höherer Familienzuschläge ab dem dritten Kind steht - wie im letzten Beitrag gezeigt - verfassungsrechtlich in keinem Widerspruch zu der Forderung, dass familienbezogene Besoldungskomponenten für die ersten beiden Kinder verfassungsrechtlich nur einen verhältnismäßig geringen Anteil am Besoldungsniveau haben können. Darauf hat heute morgen übrigens auch schon Malkav verwiesen, indem er hervorhob, "dass diese beiden Stränge des Alimentationsprinzips (Besoldung einer 4K-Familie einerseits und Besoldung kinderreicher Beamter andererseits) rechtlich nahezu nichts miteinander zu tun haben. Und ich sehe nicht, dass das BVerfG diese Stränge irgendwie wieder zusammenführen will oder wird."

Die in der Mitteilung aufgestellten Forderungen des dbb-SH sind also recht einfach, er fordert eine amtsangemessene Alimentation von ledigen und verheirateten Beamten und ebenso die von Beamten mit einem oder zwei Kindern und darüber hinaus auch die von Beamten mit mehr als zwei Kindern, da die Gewährung von amtsangemessenen Familienzuschlägen ab dem dritten Kind zwar den alimentativen Mehrbedarf ab dem dritten Kind abdeckt, darüber hinaus aber weiterhin nicht dazu führt, dass die Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern amtsangemessen wäre. Im Ergebnis muss dabei eine amtsangemessene Alimentation zu deutlich höheren Grundgehaltssätzen führen, was der dbb-SH ebenso ein weiteres Mal im Einklang mit dem Verfassungsrecht auch in dieser Mitgliederinformation fordert. Wieso sollte er sich also in dem von Dir unterstellten Sinne politisch verbiegen, wenn es dafür sachlich gar keinen Grund gibt? Und wieso sollte er irgendein Interesse daran haben, seine sachlich berechtigte Forderung nach amtsangemessenen und also hohen Familienzuschläge ab dem dritten Kind nicht auch öffentlich Nachdruck zu verleihen?

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #27 am: 11.03.2024 16:06 »
Der Referentenwurf zum Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Schleswig-Holstein im Jahr 2024 (Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2024 - BVAnpG 2024) liegt nun vor:
http://oeffentlicher-dienst.info/g/sh-bvanpg-2024

dem anonymen Einsender dafür herzlichen Dank!

Der Obelix

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Antw:[SH] Besoldungsrunde 2023-2025 Schleswig-Holstein
« Antwort #28 am: 12.03.2024 09:27 »
Mit dem neuen Gesetzentwurf gesteht Schleswig Holstein einen Fehlbedarf von ca 14.000 € ein. Zum Glück hat man ja dort die Besoldungsgruppen unterhalb A6 abgeschafft, sonst wäre es noch mehr.

Ein Glück dass man zu diesem Fehlbedarf ein Ehegatteneinkommen dazurechnen kann. Dann sieht die Sache ja schon wieder viel rosiger aus!