Autor Thema: Einstufung nach Promotionsstipendium  (Read 12596 times)

Behoerdenneuling

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Einstufung nach Promotionsstipendium
« am: 10.02.2024 00:39 »
Hallo!
Da ich nichts passendes gefunden habe, hoffe ich, dass vielleicht noch jemand hier einen Rat hat:
Ich habe eine Jobzusage für eine Stelle in der EG 13 an einer Bayerischen Landesbehörde bekommen und jetzt geht es um die Einstufung:
Ich habe schon häufiger mitbekommen, dass Promotionen welche mit Stipendium durchgeführt wurden, für die Einstufung anders behandelt werden. Während die Jahre der Promotion bei angestellten Doktorand:innen häufig ohne Probleme anerkannt werden, wird die gleiche (bzw häufig sogar Mehr-) Arbeit von Stipendiat:innen gar nicht anerkannt, weil man ja nicht angestellt war (obwohl die Stipendiengeber gerne von einer Bestenauslese sprechen und es sich ja ach so gut im Lebenslauf macht, bereits früh selber Mittel eingeworben zu haben).
Hat jemand damit Erfahrung, wie man am besten argumentiert um gleich behandelt/eingestuft zu werden (speziell in Bayern, die scheinen ja ein besonders harter Brocken zu sein)? Ich werde mir auf jeden Fall eine Bestätigung vom Stipendiengeber besorgen, dass sie mich über den gesamten Zeitraum finanziert haben. Ich weiß, dass der TV die Promotion als Abschluss nicht kennt, aber ich will einfach nur erreichen bei der Einstufung gleich behandelt zu werden.
Vielen Dank schonmal!

cyrix42

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #1 am: 10.02.2024 02:03 »
Moin,

im TV-L wird die Einstufung bei Stellenantritt via Berufserfahrung geregelt: Hat man einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Anstellung in Stufe 2, bei mindestens 3 Jahren in Stufe 3. Darüberhinaus kann auch förderliche Berufserfahrung anerkannt und ggf. höhere Stufen zugeordnet werden.

Knackpunkt ist das Wort Berufserfahrung. Dafür muss man einen Beruf ausgeübt haben, etwa angestellt gewesen sein. Bei einem Stipendium ist man per Definition nicht angestellt o.Ä.; der Stipendiengeber zahlt auch kein Arbeitseinkommen, sondern hat formal keinerlei Gegenleistung für sein gezahltes Geld. Insofern stellen Zeiten eines Stipendienbezugs zumindest nicht allein schon dadurch für die Einstufung im TV-L relevante Zeiten dar.

Wenn du aber neben dem Stipendium, wie ich es z.B. gemacht habe, dir etwas hinzuverdient hast, etwa als WHK oder WiMi auf einer Viertelstelle, dann zählt diese Tätigkeit dann als Berufstätigkeit und kann entsprechend bei der Stufenzuordnung berücksichtigt werden. (Dies ist im universitären Kontext aber deutlich einfacher, da dort entsprechende Zeiten gemäß TV-L auch anerkannt werden müssen; bei dir sieht das wohl anders aus, da du offenbar nicht an einer Uni/ Hochschule/ Forschungseinrichtung tätig bist.)

Behoerdenneuling

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #2 am: 10.02.2024 10:08 »
Danke für die schnelle Antwort!    :)
Mein Chef an der Uni hat mich leider nicht nebenbei angestellt, weil er der Meinung war ich bekäme ja schon mein Stipendium  :-X  plus die Uni blockt sämtliche Anstellungen bis 25% während du Promotionsstudent:in bis (während gleichzeitig eine Immatrikulationspflicht besteht...).

Also ist es am Ende so: ich hab die gleichen Dinge gemacht und das gleiche Skillset entwickelt wie angestellte Doktorand:innen, aber weil kein Arbeitsvertrag bestanden hat, habe ich aus Sicht der neuen PA nichts, was man anrechnen könnte? Und da führt kein Weg drum herum? :(

FearOfTheDuck

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #3 am: 10.02.2024 10:17 »
Ohne einschlägige Berufserfahrung hat man grundsätzlich nur Anspruch auf Stufe 1. Darüber hinaus kann der AG förderliche Zeiten der Berufserfahrung anerkennen. Wenn aber keine BE als solche vorliegt...

Du könntest dich mal mit de, § 16 Abs. 5 TVL vertraut machen und diesen anbringen. Vielleicht geht zumindest hier etwas.

Behoerdenneuling

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #4 am: 10.02.2024 11:01 »
Auch dir vielen Dank für die schnelle Antwort!
Ich hab die Hoffnung, dass ich die Zeit der Promotion irgendwie als förderliche Zeit verkauft bekomme... zumal ich mir nachweislich in der Zeit ein für die Stelle erforderliches Skillset angeeignet habe (z. B. deutlich vertiefte Statistikkentnisse).
Danke nochmal für den Hinweis auf § 16 Abs. 5 TVL, das hatte ich auch schon im Auge. Ich hoffe, dass ich da (besonders als Naturwissenschaftlerin) gut mit argumentieren kann. Einige Aussagen während des Bewerbungsgesprächs und dem Zusagegespräch lassen mich auch hoffen, dass zumindest die Abteilungsleitung sich der Problematik bewusst ist und sich für mich einsetzen wird.

MoinMoin

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #5 am: 10.02.2024 11:41 »
Du musst dich einfach entscheiden, ob du einen AG wählen willst, der deine Erfahrung honoriert und dann ist es sein Problem wie er es in seinem selbstgewähltem starren Korsett unterbringt.
Wenn es will, dann findet er einen Weg, 16.5 geht immer!!!
Da gibt es keine tarifliche Hürde es nicht einzusetzen.
Und dann ist man nach 3 Jahren bei einer Stufe 5 Bezahlung.
Also du musst wissen. was das Geld ist, für das du bereit bist zu arbeiten.

cyrix42

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #6 am: 10.02.2024 11:46 »
Ich hab die Hoffnung, dass ich die Zeit der Promotion irgendwie als förderliche Zeit verkauft bekomme... zumal ich mir nachweislich in der Zeit ein für die Stelle erforderliches Skillset angeeignet habe (z. B. deutlich vertiefte Statistikkentnisse).

So Leid es mir tut, aber du hast durch das Stipendium keine „förderliche Berufs-Erfahrung“ gesammelt. Und nur die ist tariflich relevant.

Klar kann dein AG dir freiwillig Stufen vorweggewähren. Aber ist das realistisch für eine Berufsanfängerin ohne Berufserfahrung? Ich würde mir da nicht zu viele Hoffnungen machen; es sei denn, du bist die einzige Kandidatin für die Stelle, und man muss dich unbedingt haben…

MoinMoin

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #7 am: 10.02.2024 11:49 »
Und ich würde mir als AG da auch keine Hoffnung machen, gute Mitarbeiter mit der Einstellung zu finden 😏

cyrix42

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #8 am: 10.02.2024 12:01 »
Und ich würde mir als AG da auch keine Hoffnung machen, gute Mitarbeiter mit der Einstellung zu finden 😏

Ich weiß ja nicht, wie dies andernorts organisiert ist. Aber zumindest während meiner Industrie-Erfahrung war es schon so, dass auch die Privatunternehmen Leuten, die frisch von der Uni kamen (ob mit oder ohne Dr-Grad), nicht gehaltstechnisch den roten Teppich ausgerollt haben, sondern sie erst einmal sich im Unternehmen beweisen sollten, bevor dann die größeren Gehaltssprünge möglich waren. Jemandem freiwillig deutlich mehr anzubieten, als man es bei vergleichbaren Personen machen würde, braucht schon eine gute Rechtfertigung. Aber kann man die gegenüber jemandem bringen, den man bisher nur aus den Bewerbungsunterlagen und -Gespräch kennt, welche noch nichts weiter für das Unternehmen Relevantes vorweisen kann? Ok, hier geht es um eine Behörde, nicht um ein Unternehmen. Ob das hilft?

@Behoerdenneuling: Sollte langfristig eine Verbeamtung für dich interessant sein, dann wird dir die dortige Regelung helfen, dass Zeiten der Promotion (in gewissem Umfang) angerechnet werden — unabhängig davon, wie man sich währenddessen da finanziert hatte.

MoinMoin

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #9 am: 10.02.2024 14:38 »
Frisch von der Uni….
Promoviert….
klingt irgendwie unlogisch.
Wer Promoviert hat, der hat in der Regel mehrere Jahre an der Arbeit gearbeitet, oftmals mit Studies/WiMis.
Wer also eine Promotion hingelegt hat, der hat durchaus gezeigt, dass er Projekt und Selbstmanagement beherrscht.
Und einen Promovierten gleichzustellen mit jemanden der sein Master und sonst nix gemacht hat, ist schon lustig.

Ärzte ausgenommen, die machen idR ja nur eine besser Studienarbeit und bekommen damit ihren Titel.

Was ich damit sagen will, wenn man einen Promovierten die Stufe 1 anbietet, dann muss man sich nicht wundern. Oder muss ein Mega interessanter AG sein, für den man auch noch Geld mitbringen würde um dort arbeiten zu dürfen.

cyrix42

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #10 am: 10.02.2024 16:13 »
Wer erfolgreich promoviert hat, hat damit nachgewiesen, eigenständig wissenschaftlich arbeiten zu können. Inwiefern sollte das für eine nicht-wissenschaftliche Einrichtung von Relevanz sein? Selbstmanagement hat man, das stimmt. Inwiefern Arbeit mit Studies/WiMis gegeben sein muss, wenn man eben nicht in ein Arbeitsprojekt integriert ist, sondern eigenständig mit Stipendium, ggf. allein im stillen Kämmerlein, arbeitet, lasse ich mal so stehen. Das kann ja auch fachrichtungsabhängig sein.

Was ich damit sagen will: Wer noch nichts anderes als Uni gesehen hat, ist für ein Unternehmen deshalb noch nicht zwangsläufig interessanter, wenn er/sie jetzt eine wissenschaftliche Monographie verfasst hat... Wenn dies zusammen mit Erfahrung im im Unternehmen entsprechend zu besetzenden Bereich kommt, dann, klar, kann man leicht auch Positionen mit Führungsverantwortung usw. erreichen. Aber warum sollte ich als promovierter Mathematiker jetzt plötzlich zum Berufseinstieg so viel mehr dort wert sein als jemand, der z.B. mit dem passenden Studienabschluss direkt nach dem Master dort einsteigt -- vergleichbar mit jemandem, der schon seit Jahren die zu übernehmenden Aufgaben kennt und in diese eingearbeitet ist?

Die Promotion ist eine wissenschaftliche Qualifikation, die in erster Linie auf die weitere wissenschaftliche Arbeit im akademischen Bereich vorbereitet. Sie ist nicht mehr, und auch nicht weniger...

MrBeam

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #11 am: 10.02.2024 19:21 »
Ich hatte seinerzeit (vor ca. 4 Jahren) dieselben Hoffnungen, die sich allerdings schnell zerstreut haben. Man muss wirklich eine Stelle (kein Stipendium) gehabt haben, damit es als förderliche Zeiten anerkannt wird. (Soweit ich weiß, sogar mindestens 50%.)
Ist blöd, aber in eine paar Jahren ist es vielleicht auch Dir nicht mehr so wichtig.

Vielleicht tröstet es ja auch, dass man durch das Stipendium idR ja tatsächlich keine anderen Verpflichtungen / Aufgaben hatte als eben die Promotion (Lehre, Arbeit für einen Prof. etc.). Insofern hat man zwar dieselbe fachwissenschaftliche Qualifikation, aber womöglich wirklich nicht dieselbe Berufserfahrung, wenn man mal ehrlich ist.

VFA West

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #12 am: 10.02.2024 19:30 »
Es könnten zwei Stufen vorweggewährt werden. Einfach mal nachfragen.

Behoerdenneuling

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #13 am: 10.02.2024 20:25 »
Danke an alle für die vielen Antworten! Hätte nicht gedacht, dass das Thema so viel Rückmeldung bekommt...

Danke vor allem für die positiven/bestärkenden Beiträge. Ich werde es, wie schon häufiger vorgeschlagen, mit einer Argumentation mit § 16 Abs. 5 TVL versuchen und hoffe auf den Rückhalt der Abteilungsleitung. Zumal ich weiß, dass die Bewerber:innen-Lage in meinem Bereich mehr als schlecht ist.

Ich will gerne in den öD weil ich was bewegen will und meinen Beitrag zur Gesellschaft leisten will (ich weiß, dass einige hier das als naiv abstempeln werden und mir eine zeitnahe und schmerzhafte Rückkehr in die Realität prognostizieren werden).
Ich bin mir vollauf bewusst, dass ich im öD deutlich weniger verdienen werde als in der freien Wirtschaft (zumal die Veträge zumindest zu Beginn genauso befristet sind und auch die sonstigen Konditionen auch nicht mehr besser sind).

Fakt ist aber auch: Mit einer EG13.1 würde ich weniger verdienen als meine Studentin, deren Bachelorarbeit ich letztes Jahr betreut habe, jetzt in ihrem ersten Job in der freien Wirtschaft verdient (der komplett fachfremd ist, bei dem es für die Einstellung nur auf den "Bachelor of Science" ankam). Und da ist dann doch eine Schmerzgrenze.

cyrix42

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Antw:Einstufung nach Promotionsstipendium
« Antwort #14 am: 10.02.2024 20:35 »
Ich hatte seinerzeit (vor ca. 4 Jahren) dieselben Hoffnungen, die sich allerdings schnell zerstreut haben. Man muss wirklich eine Stelle (kein Stipendium) gehabt haben, damit es als förderliche Zeiten anerkannt wird. (Soweit ich weiß, sogar mindestens 50%.)

Da gibt es seit ein paar Jahren ein BAG-Urteil dazu, dass es per se keine Teilzeit-Mindestanforderung für einschlägige Berufserfahrung gibt; es muss nur geschaut werden, ob die Tätigkeiten i.W. unverändert fortgesetzt werden. Natürlich kann ein sehr geringer Teilzeitumfang dazu führen, dass die Aufgaben nicht in voller Breite übertragen wurden, sondern nur Teilaspekte. Das spräche dann gegen die Einschlägigkeit. Wenn aber alle Aufgaben — nur eben in geringerem zeitlichen Umfang — schon im Vorfeld übertragen waren, kann man auch mit einer Viertelstelle oder weniger einschlägige Berufserfahrung gesammelt haben. (In meinem Fall traf dies auf die WHK-Stelle im Umfang von knapp ner Viertelstelle zu, welche ich neben dem Promotionsstipendium bekleidet habe, da ich dort die gleichen Aufgaben wie auf einer WiMi-Stelle hatte; nur eben halt entsprechend weniger. Auf die Bezeichnung der Stelle z.B. WiMi vs. WHK bzw. deren Finanzierung kommt es nicht an.)

Und was förderliche Berufserfahrung angeht, können AG und AN sowieso alles aushandeln, was sie wollen. Diese kann ja — nicht „muss“, wie im Falle einschlägiger Berufserfahrung — vollständig oder teilweise anerkannt werden. Wichtig ist nur, dass nur die Zeiten von Berufserfahrung als förderlich anerkannt werden können, in der man tatsächlich berufstätig war; Zeiten, in denen man das nicht war, gehen also nicht. Aber es spricht nichts dagegen — im Sinne von, dass man es nicht dürfe —, Zeiten einer Berufstätigkeit auch mit nur wenigen Wochenstunden als förderlich anzuerkennen…

@Behoerdenneuling: Dann wünsche ich Alles Gute für dein Vorhaben! Wenn du es dir leisten kannst, dass du die Stelle nicht bekommst, dann kannst du auch entsprechend pokern. Und wenn die Behörde dich unbedingt haben will, dann kann sie dir auch zwei Stufen vorweggewähren, wie schon einige geschrieben haben. (Auch könnte sie dir übertariflich mehr zahlen; aber das halte ich für noch unwahrscheinlicher als die Anwendung des §16 (5)…)
« Last Edit: 10.02.2024 20:45 von cyrix42 »