Autor Thema: Vaterschaftsurlaub  (Read 10615 times)

danbir

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #30 am: 19.02.2024 08:23 »
Ich sehe das mit dem "sollte" in den Erwägungen nicht so kritisch, sondern würde das so lesen, dass die Erwägungen eine nähere Begründung für die nachfolgende Richtlinie liefern. Eine nationale Gesetzesbegründung hat ja auch keine unmittelbaren Auswirken, sondern ggf. erst im Falle der historischen Auslegung, falls eine Regelungslücke vorhanden ist bzw. vermutet wird.
In der (rechtlich relevanten) Richtlinie steht aber im von mir zitierten Artikel 8 Abs. 3 ganz klar: "Bei Vaterschaftsurlaub nach Artikel 4 Absatz 1 ist eine Bezahlung oder Vergütung in einer Höhe zu entrichten, die mindestens der Höhe der Bezahlung oder Vergütung entspricht, die der betreffende Arbeitnehmer vorbehaltlich der im nationalen Recht festgelegten Obergrenzen im Fall einer Unterbrechung seiner Tätigkeit aus Gründen im Zusammenhang mit seinem Gesundheitszustand erhalten würde."

Insofern handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Kein Ermessen, kein "soll ist muss wenn kann" oder ähnliche Spielchen.

P.S.: Für Tarifbeschäftige könnte der Hinweis auf den Gesundheitszustand natürlich kritisch sein. Bezieht sich die Richtlinie hier auf die 100% Gehalt während der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auf das (geringere) Krankengeld?
« Last Edit: 19.02.2024 08:29 von danbir »

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #31 am: 19.02.2024 08:41 »
Falls zur anstehenden Geburt bei Dir kein nationales Gesetz zur Gewährung von Vaterschaftsurlaub eingeführt werden sollte, welchen konkreten Weg der Beantragung würdest du wählen? Wie schätzt du die Bereitschaft deines Vorgesetzten ein, dir diesen Vaterschaftsurlaub zu gewähren? Hast du schon eine Meinung dazu wie weit du rechtlich gehen würdest?

danbir

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #32 am: 19.02.2024 12:42 »
Mein Vorgesetzter dürfte das geringste Problem sein, da kann ich mich in keiner Weise beschweren. Das Problem dürfte eher die Personalabteilung sein. Ich stehe zumindest aktuell auf dem Standpunkt: Antrag (hilfsweise EU, um definitiv frei zu haben, dann aber inkl. Antrag auf Wiedergutschrift) => Widerspruch => Klage

Kaldron

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #33 am: 19.02.2024 14:03 »
Mein Vorgesetzter dürfte das geringste Problem sein, da kann ich mich in keiner Weise beschweren. Das Problem dürfte eher die Personalabteilung sein. Ich stehe zumindest aktuell auf dem Standpunkt: Antrag (hilfsweise EU, um definitiv frei zu haben, dann aber inkl. Antrag auf Wiedergutschrift) => Widerspruch => Klage

Gegen wen soll sich denn Deine Klage richten? Du hast zwar schon aufgeführt "...gegen den Bund als Dienstherrn...". Dies wird mEn aber ins Leere laufen, da der Bund als Dienstherr lediglich bestehende Gesetze umzusetzen hat, jedoch keine EU-Richtlinien. Dies ist ausschließlich dem Bund als Gesetzgeber vorbehalten.
Somit kann der Dienstherr (Arbeitgeber) Dir nicht abhelfen. Die Klage führt ins Nichts.
Klagst Du gegen den Bund als Gesetzgeber, dass er die EU-Richtlinie nicht umgesetzt hat, dann ist dies analog des EU-Vertragsverletzungsverfahren. Was soll aber der outcome daraus sein? Die EU oder das Gericht werden kein Gesetz in Kraft treten lassen können (s BVerfG mit Alimentation), sondern ggf Druckmittel in Form von Strafzahlungen o.ä. (s. Verfahren gegen Polen aufgrund der Richter) einsetzen. Da enden jedoch auch schon die Möglichkeiten.
Die bestehenden Konjunktive in der EU-Richtlinie lassen jedoch auch einen großen Spielraum in der nationalen Umsetzung zu. Daher auch die konkurrierenden Meinungen, ob der Bund nun bereits genug getan hat oder nicht sowie Bezahlung oder nicht. Das Prozessrisiko ist daher enorm hoch, da es wohl auf viele juristische Feinheiten ankommt. Am Ende wird Dir/Euch weder kurz, noch mittelfristig abgeholfen werden. Wahrscheinlicher ist eher, dass geurteilt wird "Ja, ihr habt Recht, müsst aber trotzdem warten, bis ein Gesetz verabschiedet wird, gegen das ihr dann wiederum klagen könnt" (auch hier analog Alimentation).
Es sei jedem gegönnt und im Zuge der Familienfreundlichkeit auch sinnstiftend. Jedoch sehe ich hier das berühmte mit Kanonen auf Spatzen schießen. Der Bund ist dran, etwas zu tun, wenn auch deutlich zu spät und die EU ist dran, dem Bund auf die Zehenspitzen zu treten. Ob eine extra Klage zur Beschleunigung beiträgt, sehe ich zumindest nicht. Ob die Ansprüche gewahrt werden, sehe ich nur bedingt. Ob es den Schweiß, die Nerven, die Zeit und das Geld wert ist, muss dann jeder selbst entscheiden.

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #34 am: 20.02.2024 22:54 »
Nach meinen Recherchen und kurzen mündlichen Gesprächen mit den Interessensverbänden gilt jedoch der öffentliche Arbeitgeber als Staat, der es verpasst hat ein passendes Gesetzt zu erlassen und der dann angehalten ist im Sinne der Richtlinie zu entscheiden. Zitat meines Eingangsposts von Anwalt24: „ Dabei gilt der öffentliche Arbeitgeber als Staat.“

Hier finden sich übrigens einige Parallelen zur EU Arbeitszeitverordnung wo entsprechende Beamten in einem ähnlichen „Begründungskonstrukt“ die Umsetzung auf sich erwirkt haben.

Gegen einen abgelehnten Urlaubsantrag kann man übrigens nach Durchlauf des Widerspruchswegs, klagen. Man müsste also nicht gegen die fehlende Umsetzung direkt vorgehen. Sondern nur dagegen, dass die unmittelbare Wirkung der Richtlinie nicht erfolgte.

Die Verhältnismäßigkeit dieses ganzen Weges ist natürlich so eine Sache, unkritisch sehe ich das auch nicht. Ob ich weitere Wege gehe bleibt ungewiss, insbesondere die finanziellen Risiken scheue ich. Nach bisheriger Auskunft würde die erste Instanz im Verwaltungsgericht jedoch nur einen unteren 3 stelligen Betrag kosten und diesen kann man ohne Rechtsbeistand gehen.

Habe heute die Eingangsbestätigung des Gerichts erhalten. Jetzt heißt es abwarten ob das Thema überhaupt angenommen wird.


Mattia0188

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #36 am: 23.02.2024 17:52 »
https://www.welt.de/politik/deutschland/article250225624/Bezahlte-Auszeit-nach-Geburt-Warum-ein-Vater-die-Ampel-Regierung-auf-Schadensersatz-verklagt.html

Ich habe gerade darüber gelesen. Ist es möglich, eine Sammelklage dagegen einzureichen?
https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/vaterschaftsurlaub-ein-berliner-vater-verklagt-die-bundesrepublik-auf-schadenersatz/29672220.html

Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Änderung der Elterngeldregelung, wir dürfen nicht länger als einen Monat gleichzeitig mit dem Partner beziehen, das ist lächerlich. Diese Regierung zeigt, dass sie weit von der Seite der Familien entfernt ist. Jedes Land in Europa hat den Vaterschaftsurlaub, einige Länder sogar 9 Wochen!!!

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #37 am: 24.02.2024 10:58 »
Ich habe kein Wissen über Sammelklagen in Deutschland. Ich gehe aber davon aus dass erst jedem einzelnen ein „Schaden“ entstanden sein müsste. Der liegt nicht automatisch mit dem Vater werden vor, sonder erst der angelehnte Antrag auf 10d Vaterschaftsurlaub wäre ein Schaden. Ich würde daher jedem Vater empfehlen einen Antrag auf Vaterschaftsurlaub zu stellen, dann kann man in Ruhe weiter sehen wie in den nächsten Monaten die Gerichte entscheiden.

Jemand eine Ahnung wie so ein Schaden dann berechnet wird? Urlaub kann man ja als Angestellter bei nicht öffentlichen Firmen wohl nicht vom Staat bekommen als Entschädigung, wohl aber finanziellen Ausgleich. Wäre das dann vereinfacht gesagt 10d Gehalt? (Ca. 1/3 Monatslohn)

Alexander79

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #38 am: 25.02.2024 07:17 »
Ich würde daher jedem Vater empfehlen einen Antrag auf Vaterschaftsurlaub zu stellen, dann kann man in Ruhe weiter sehen wie in den nächsten Monaten die Gerichte entscheiden.
Das ist ja ne simple Rechtsberatung...
Was machst du wenn der Urlaubsantrag abgelehnt wird?
Widerspruch?
Was wenn der Widerspruch abgelehnt wird, wovon man derzeit ausgehen kann?
Im Normalfall hast du dann 1 Monat Zeit Klage einzureichen...

Also hoffe ich für dich du hast ne Rechtschutzsversicherung.

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #39 am: 25.02.2024 07:56 »
Das war natürlich ungünstig formuliert. Eine Rechtsberatung kann ich ja schon rein rechtlich nicht durchführen. Editieren kann den Post ja nicht… Weitere Aussagen unterlasse ich mal in dieser Richtung und werde über meine Bewertung und meine Schritte berichten.

danbir

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #40 am: 25.02.2024 08:52 »
Das war natürlich ungünstig formuliert. Eine Rechtsberatung kann ich ja schon rein rechtlich nicht durchführen. Editieren kann den Post ja nicht… Weitere Aussagen unterlasse ich mal in dieser Richtung und werde über meine Bewertung und meine Schritte berichten.

Über eine weitere Berichterstattung würde ich mich sehr freuen! :)

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #41 am: 11.03.2024 08:56 »
Auch weitere Klagen scheinen jetzt zu starten. Unter Myright findet man auch einen "Rechner für Schadensersatz".

https://www.openpr.de/news/1258892/Vaterschaftsurlaub-myRight-verklagt-Deutschland-Schadensersatz-fuer-500-000-frisch-gewordene-Vaeter.html

Andy24

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #42 am: 11.03.2024 13:43 »
So….da ich am Wochenende zum vierten Mal Vater geworden bin, habe ich zu diesem Anlass ebenso Vaterschaftsurlaub bei meinem Dienstherrn beantragt.
Es ist davon auszugehen, dass dieser abgelehnt wird, so dass ich ebenso beabsichtige Schadensersatzansprüche gegenüber der Bundesrepublik zu stellen.

Hat jemand über Myright ein Klageverfahren angestrebt oder sich seiner eigenen Rechtsschutz mit Anwalt bedient? Für sachdienliche Tipps wäre ich dankbar.

Viele Grüße
Andy

Manuel123

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #43 am: 12.03.2024 21:48 »
MyRight habe ich bisher nicht genutzt, da mein Ziel ist die Urlaubstage zu bekommen und nicht eine Entschädigung. Letzteres könnte ich aber weiter verfolgen wenn es mit dem Urlaub nichts wird. Dir Frage ist wann die Entschädigungspflicht verjährt.

Hatte eine kurze Rechtsberatung die mich in meiner Position bestärkt hat.

Und natürlich herzlichen Glückwunsch zur Geburt!

PushPull

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Antw:Vaterschaftsurlaub
« Antwort #44 am: 15.03.2024 10:17 »
Ich hoffe, in der Sache tut sich dieses Jahr noch was. Anfang 2025 ist für das zweite Kind angepeilt. Vielleicht kommt durch den Klagedruck mehr Bewegung in den Plan, der ja im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist.