Autor Thema: Runter mit der elendingen Arbeitszeit! Umfrage der KOMBA und DBB  (Read 27969 times)

MoinMoin

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Um die Ausfahrt zum eigentlichen Thema zu nehmen, glaube ich, dass von AG-Seite "nach zäher, harter Verhandlung" insgeheim gerne eine Stundenreduzierung um 2-3 h angenommen wird, schon allein um dem eigenen Lieblings-Dogma Ehre zu erweisen. Eine Verpflichtung, die wegfallenden Arbeitsstunden mit frischem Personal aufzufangen, sehe ich im Kontext der Tarifverhandlungen nicht.

Ich stimme Deinen Ausführungen weitestgehend zu (dass Entscheidungen irgendwann auch eine politische Dimension erhalten, liegt natürlich in der Natur des öD).

Aber zu obigen Prognose von Dir: Wie wird sich eine flächendeckende AZ-Reduktion auf die Entgelte auswirken?
Dein Stundenlohn wird erhöht, ist doch super!
 ;D

FearOfTheDuck

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Um die Ausfahrt zum eigentlichen Thema zu nehmen, glaube ich, dass von AG-Seite "nach zäher, harter Verhandlung" insgeheim gerne eine Stundenreduzierung um 2-3 h angenommen wird, schon allein um dem eigenen Lieblings-Dogma Ehre zu erweisen. Eine Verpflichtung, die wegfallenden Arbeitsstunden mit frischem Personal aufzufangen, sehe ich im Kontext der Tarifverhandlungen nicht.

Ich stimme Deinen Ausführungen weitestgehend zu (dass Entscheidungen irgendwann auch eine politische Dimension erhalten, liegt natürlich in der Natur des öD).

Aber zu obigen Prognose von Dir: Wie wird sich eine flächendeckende AZ-Reduktion auf die Entgelte auswirken?

Ich verorte das Geschick, etwas so teuer wie möglich zu verkaufen, auf der AG-Seite. Mein Tip wäre also, dass es neben einer Stundenreduzierung nur eine geringe Entgelterhöhung geben wird, so im 1-2%-Bereich. Ein 0,0 oder gar ein Minus können die Gewerkschaften nicht vertreten, da würden sie m.E. eher die Stundenreduzierung kippen.

Möglich ist auch eine Mogelpackung mit einer sehr langen Laufzeit, die ein Kleckschen von allem mit sich bringt. Die AG sind ja in einer prima Position, indem sie am offenen Treiben der Gewerkschaften ihre Strategien entspannt ausrichten können.

NelsonMuntz

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Dein Stundenlohn wird erhöht, ist doch super!
 ;D

 ;D ... Oh ja, das könnte dann ja mit etwas Glück in einem "besten Abschluss aller Zeiten" münden ;)

Ich bin wirklich sehr gespannt - für meine Holde als direkt Betroffene und für mich, der ich mittelbar durch den Blaupausencharakter für die spätere TV-L-Runde mit am Fliegenfänger hänge.


Ich verorte das Geschick, etwas so teuer wie möglich zu verkaufen, auf der AG-Seite. Mein Tip wäre also, dass es neben einer Stundenreduzierung nur eine geringe Entgelterhöhung geben wird, so im 1-2%-Bereich. Ein 0,0 oder gar ein Minus können die Gewerkschaften nicht vertreten, da würden sie m.E. eher die Stundenreduzierung kippen.

Möglich ist auch eine Mogelpackung mit einer sehr langen Laufzeit, die ein Kleckschen von allem mit sich bringt. Die AG sind ja in einer prima Position, indem sie am offenen Treiben der Gewerkschaften ihre Strategien entspannt ausrichten können.

Ja, da stimme ich Dir zu - Man wird unter 2% erhöhen und eine AZ-Verkürzung ähnlich wie bei der GDL über mehrere Stufen vereinbaren.

So ganz persönlich: Ich komme mit 40h absolut zurecht - Aber ich habe 2 Kinder, die in den kommenden Jahren ggf. ein oder zwei Euro Unterstützung im Studium erhalten möchten. Von daher ist mir "Mehr Geld" wichtiger, als "Mehr Freizeit".  ;)

KlammeKassen

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Seid ihr euch echt alle so sicher, dass die AG mehrere Stunden ablassen werden?
Ich kann mir das ehrlich gesagt gar nicht vorstellen. Ich denke mehr als 0,5 bis MAXIMAL 1 Stunde wird es auf gar keinen Fall geben, weil daraufhin gewiesen wird, dass ja 39 h schon besser als 40 h sind, was ja die "Normalarbeitszeit" wäre (dabei werden selbstverständlich sämtliche Tarifverträge mit weniger Stunden nicht erwähnt bzw. einbezogen).

Aber mit den Geldern ist schon echt heftig, bei Sachkosten werden die Mittel teilweise so ohne Sinn und Verstand herausgeworfen. Aber beim Personal darf es nicht um 0,00001 % steigen.

Bei einer Kollegin von mir wird sich sogar geweigert, die eingesparten Mittel durch Entgeltumwandlung weiterzugeben (Arbeitgeberzuschuss)... Bewerbungen gibt es zwar nie auf höhere Stellen, aber ändern muss man auch nichts natürlich.

NelsonMuntz

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Seid ihr euch echt alle so sicher, dass die AG mehrere Stunden ablassen werden?
...

Ich fürchte: Ja. Ob es mehrere Stunden werden, sei mal dahingestellt, aber man wird diese fehlende Stunde/n konsequent von den möglichen Erhöhungen wegrechnen. Das kann sich für die AG-Seite sogar lohnen, denn natürlich gibt es die Stellen, die man verdichten kann. Dort wird also kein zusätzliches Personal benötigt.

Da ich nicht von wesentlich mehr als 3% potentieller Erhöhung ausgehe, würde bei einer AZ-Verkürzung von 1,5h eine Nullrunde (jedenfalls über die Laufzeit) anstehen. Für die letzten 1 oder 2 Monate (da wären wir dann Anfang 2027) gäbe es vielleicht 2,5% oben drauf.

Das muss man wollen ... Ich tu das nicht ;)

XLS

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Ich gehe davon aus, dass die AG stufenweisen Arbeitszeitreduzierungen zustimmen werden, soweit im Gegenzug die Entgelterhöhung geringer ausfällt. Für Geld machen sie quasi alles :-).

Jeder muss nun für sich entscheiden, ob er / sie daraus Vorteile sieht.

Mir persönlich kommt es sehr entgegen. Ich würde mich über eine Senkung der Arbeitszeit sehr freuen, auch wenn diese zu Lasten der Entgelterhöhungen geht. Ich akzeptiere jedoch auch Kollegen, denen jeder Euro Entgelterhöhung wichtiger ist.

Da wären wir beim bekannten soziolischen Paradigma "....arbeite ich um zu leben oder lebe ich um zu arbeiten...."

Sinn- und Identitätsstiftung einseitig nur in der Erwerbsarbeit zu finden, greift m E zu kurz. Von wesentlicher Bedeutung ist auch die Einbindung weiterer Lebensbereiche gleichermassen, z. B. Familie, Hobbies, Sport....
« Last Edit: 03.05.2024 14:42 von XLS »

NelsonMuntz

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Ich gehe davon aus, dass die AG stufenweisen Arbeitszeitreduzierungen zustimmen werden, soweit im Gegenzug die Entgelterhöhung geringer ausfällt. Für Geld machen sie quasi alles :-).

Jeder muss nun für sich entscheiden, ob er / sie daraus Vorteile sieht.

Mir persönlich kommt es sehr entgegen. Ich würde mich über eine Senkung der Arbeitszeit sehr freuen, auch wenn diese zu Lasten der Entgelterhöhungen geht.

Jetzt mal ganz im Ernst: Bei einer Absenkung von 1,5h pro Woche würdest Du auf gut 3% mehr Lohn verzichten. Der Gewinn an Freizeit würde dann 18 Minuten(!) am Tag betragen. Knaller! ;)

Andererseits sind doch aber bereits heute die meisten Jobs teilzeitfähig: Warum nutzt Du diese Möglichkeit nicht, wenn Dir Freizeit wichtiger als Entgelt ist?

XLS

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....genau nachgerechnet habe ich nicht. Ich gehe gar nicht so sehr von "1,5 Stunden pro Woche" aus, sondern vielmehr von einer stufenweisen Absenkung, z. B. jährlich 1 Wochenstunde bis in ca. 4 Jahren womöglich 35 Stunden erreicht sind. Und 4 Stunden weniger pro Woche merken wir dann schon.

Klar ist Teilzeit schon jetzt möglich, jedoch nur mit entsprechenden Abschlägen, die ich nicht in Kauf nehmen möchte. Entgelterhöhungen wird es auch bei einer Absenkung der Arbeitszeit geben, wenngleich diese geringer ausfallen.

NelsonMuntz

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....genau nachgerechnet habe ich nicht. Ich gehe gar nicht so sehr von "1,5 Stunden pro Woche" aus, sondern vielmehr von einer stufenweisen Absenkung, z. B. jährlich 1 Wochenstunde bis in ca. 4 Jahren womöglich 35 Stunden erreicht sind.

Ja, und mit jeder Stunde "fallen" eben auch gut 2% Entgelterhöhung unter den Tisch.

Kaufkraft-technisch kannst Du das doch bereits heute haben, in dem Du heute schon auf 35h reduzierst (und dafür im Gegenzug sogar leichte Erhöhungen bei allgemeiner Absenkung der AZ erhalten würdest).

Mich persönlich stört hier der "Zwang", weniger arbeiten (und damit eben auch verdienen) zu dürfen. Der Begriff "Voller Lohnausgleich" ist Makulatur, das sollte jedem bewusst sein.

XLS

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....alles gut nachvollziebare Argumente auf individueller Ebene. Es geht aber um den Blick über den Tellerrand hinaus, quasi auf die gesamtgesellschaftliche Ebene. Ein verhältnismäßig reiches Land mit starker Wirtschaftskraft kann es sich leisten, die Arbeitszeiten der Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich zu reduzieren. Ich gehe davon aus, dass dies in nahezu allen Bereichen eintreten wird, nicht nur im öD.

NelsonMuntz

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....alles gut nachvollziebare Argumente auf individueller Ebene. Es geht aber um den Blick über den Tellerrand hinaus, quasi auf die gesamtgesellschaftliche Ebene. Ein verhältnismäßig reiches Land mit starker Wirtschaftskraft kann es sich leisten, die Arbeitszeiten der Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich zu reduzieren. Ich gehe davon aus, dass dies in nahezu allen Bereichen eintreten wird, nicht nur im öD.

Nein, der Tellerrand sagt eigentlich etwas ganz anderes: 40% der Menschen haben keine Rücklagen und leben von der Hand in den Mund. Das große Heer der Beschäftigten mag oft auskömmlich leben, aber der Reichtum sitzt in diesem Land in den KMUs, bei den (erfolgreichen) Selbständigen und natürlich in den Erbschaften - ziemlich sicher findet man ihn aber nicht auf einer Bezügemitteilung im öD ;)

Dabei spielt die individuelle Ebene überdies eine wichtige Rolle, weil die persönlichen Verpflichtungen eben ganz unterschiedlich ausfallen. Eine Bekannte lebt allein mit einer A8 im geerbten Häuschen von Omi. Sie hat mehr finanziellen Spielraum, als ich mit einer E12 und 2 Kindern und einem Haus, das ich selbst bezahlen darf. Daraus ergeben sich einfach unterschiedliche Perspektiven, aber der Ansatz "Wir sind ja so reich, also hoch mit den Füßen" wird  gerade in unteren Ebenen zu relativ höheren Transferleistungen und in Tarifverhandlungen zu mehr Sockel- oder Festbeträgen führen.

KlammeKassen

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Seid ihr euch echt alle so sicher, dass die AG mehrere Stunden ablassen werden?
...

Ich fürchte: Ja. Ob es mehrere Stunden werden, sei mal dahingestellt, aber man wird diese fehlende Stunde/n konsequent von den möglichen Erhöhungen wegrechnen. Das kann sich für die AG-Seite sogar lohnen, denn natürlich gibt es die Stellen, die man verdichten kann. Dort wird also kein zusätzliches Personal benötigt.

Da ich nicht von wesentlich mehr als 3% potentieller Erhöhung ausgehe, würde bei einer AZ-Verkürzung von 1,5h eine Nullrunde (jedenfalls über die Laufzeit) anstehen. Für die letzten 1 oder 2 Monate (da wären wir dann Anfang 2027) gäbe es vielleicht 2,5% oben drauf.

Das muss man wollen ... Ich tu das nicht ;)

Na dann Prost Mahlzeit, dann wird es noch weniger Bewerbungen und mehr Fluchtbewegungen als jetzt geben. Wobei wir auf viele Stellen ab EG9b eh keine Bewerbungen erhalten  ;D

KlammeKassen

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....genau nachgerechnet habe ich nicht. Ich gehe gar nicht so sehr von "1,5 Stunden pro Woche" aus, sondern vielmehr von einer stufenweisen Absenkung, z. B. jährlich 1 Wochenstunde bis in ca. 4 Jahren womöglich 35 Stunden erreicht sind. Und 4 Stunden weniger pro Woche merken wir dann schon.

Klar ist Teilzeit schon jetzt möglich, jedoch nur mit entsprechenden Abschlägen, die ich nicht in Kauf nehmen möchte. Entgelterhöhungen wird es auch bei einer Absenkung der Arbeitszeit geben, wenngleich diese geringer ausfallen.

das wird niemals auf 35 Stunden runtergehen. Auch nicht über 10 Jahre. Sorry, wenn ich dir deine Illusionen nehme.
38, mit ganz viel Wohlwollen noch 37,5 Stunden - weniger werden das niemals werden - auch nicht in 2034

KlammeKassen

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Ich gehe davon aus, dass die AG stufenweisen Arbeitszeitreduzierungen zustimmen werden, soweit im Gegenzug die Entgelterhöhung geringer ausfällt. Für Geld machen sie quasi alles :-).

Jeder muss nun für sich entscheiden, ob er / sie daraus Vorteile sieht.

Mir persönlich kommt es sehr entgegen. Ich würde mich über eine Senkung der Arbeitszeit sehr freuen, auch wenn diese zu Lasten der Entgelterhöhungen geht. Ich akzeptiere jedoch auch Kollegen, denen jeder Euro Entgelterhöhung wichtiger ist.

Da wären wir beim bekannten soziolischen Paradigma "....arbeite ich um zu leben oder lebe ich um zu arbeiten...."

Sinn- und Identitätsstiftung einseitig nur in der Erwerbsarbeit zu finden, greift m E zu kurz. Von wesentlicher Bedeutung ist auch die Einbindung weiterer Lebensbereiche gleichermassen, z. B. Familie, Hobbies, Sport....

Hängt auch einfach von deiner Lebensphase ab, wenn du schon etliche Jahre in Stufe 6 hängst, ist es wahrscheinlich nicht so relevant noch mehr Geld zu bekommen. Wenn du am Anfang stehst (ggf. auch gerade aus einem Studium kommst (IT, Igenieuere, Umweltwissenschaftler, BWLer)) und jetzt nach dem Studium endlich Geld verdienst oder vielleicht vor kurzem ein Haus finanziert hast, ist man nach den Jahren der fetten Inflation (diese ist vlt jetzt größtenteils vorbei, aber die Preise sind jetzt ja auf dem Level einfach, sie steigen nur nich mehr noch weiter so heftig) doch froh, wenn einfach mehr Geld kommt

KlammeKassen

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....alles gut nachvollziebare Argumente auf individueller Ebene. Es geht aber um den Blick über den Tellerrand hinaus, quasi auf die gesamtgesellschaftliche Ebene. Ein verhältnismäßig reiches Land mit starker Wirtschaftskraft kann es sich leisten, die Arbeitszeiten der Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich zu reduzieren. Ich gehe davon aus, dass dies in nahezu allen Bereichen eintreten wird, nicht nur im öD.

ich verstehe deine Argumentation nur nicht.

Wo ist denn der Unterschied, ob es jetzt xy % mehr Gehalt gibt (und du bei Reduzierung auf 37 h das gleiche Gehalt wie jetzt kriegst) oder ob pauschal beschlossen wird, dass jeder 37 h bekommt.
Ist es dann doch der "Neid", dass die anderen in Vollzeit mehr bekommen?

Das verstehe ich bei dieser Diskussion einfach nicht von denjenigen, die Zeit reduziert haben wollen.

Ich habe gerade keine Lust das durchzurechnen, aber nehmen wir mal an:
A) Vollzeit wird jetzt auf 37 h festgelegt
B) du bekommst so viel Entgelterhöhung, dass du bei einer Reduzierung auf 37 h auf deinem jetzigen Level bleibst

Bei A würdest du dich freuen und B würdest du nicht machen. Mir erschließt sich der Sinn da nicht.

Ich bin auch pro Geld oder ggf. Wahlmodell - 2 Stunden weniger oder mehr Geld