Autor Thema: Runter mit der elendingen Arbeitszeit! Umfrage der KOMBA und DBB  (Read 45737 times)

XLS

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 212
....bis in die 1970er Jahre hinein wurde noch Samstags gearbeitet (6 Tagewoche um die 48 Wochenstunden). Warum soll sich die Entwicklung in einer leistungsfähigen Volkswirtschaft nicht auf eine weitere Reduzierung der Arbetiszeit ausweiten, z. B. auf 35 Wochenstunden, evtl. 4 Tage Woche?

NelsonMuntz

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 646
....bis in die 1970er Jahre hinein wurde noch Samstags gearbeitet (6 Tagewoche um die 48 Wochenstunden). Warum soll sich die Entwicklung in einer leistungsfähigen Volkswirtschaft nicht auf eine weitere Reduzierung der Arbetiszeit ausweiten, z. B. auf 35 Wochenstunden, evtl. 4 Tage Woche?

Einfache Antwort: Weil zu jener Zeit a) die jährliche Steigerung der Produktivität höher war und b) jeweils relativ geburtenstabile Jahrgänge in den Arbeitsmarkt eintraten. Beides ist heute anders.

Ich kann nachvollziehen, dass es aus bestimmten Perspektiven heraus attraktiv erscheint, die AZ in der Breite zu reduzieren - aber volkswirtschaftlich ist es insbesondere in der aktuellen Zeit mit ihren wirklich großen Herausforderungen fatal. Der so viel gelobte "Standort Deutschland" hat bereits deutlich an Standing verloren. In die Leistungsfähigkeit unseres Landes besteht immer weniger Vertrauen - Jetzt den "Wohlstand des Weniger" zu proklamieren, ist (in meinen unbedarften Augen) daher sogar suizidal.

Wer das Glück hat, ein saturiertes Leben führen zu dürfen, der soll seine AZ gerne und unkompliziert reduzieren dürfen - es aber allen aufzuzwingen, hat (für mich) keine argumentative Grundlage.

Ramirez

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 80
Bei meinem ÖR Arbeitgeber kann jeder seine Arbeitszeit in dem hier besprochenem Umfang, ohne Widerspruchsrecht eines Vorgesetzen, reduzieren (bis -3h/Woche), macht aber kaum einer.
Daher finde ich das als tarifliche Forderung für alle schlecht, denn es bedeutet augenscheinlich für die nicht wollende Mehrheit weniger Geld.

KlammeKassen

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 353
....bis in die 1970er Jahre hinein wurde noch Samstags gearbeitet (6 Tagewoche um die 48 Wochenstunden). Warum soll sich die Entwicklung in einer leistungsfähigen Volkswirtschaft nicht auf eine weitere Reduzierung der Arbetiszeit ausweiten, z. B. auf 35 Wochenstunden, evtl. 4 Tage Woche?

So leistungsfähig ist diese Volkswirtschaft leider gar nicht mehr.... und vor allem fehlen einfach die Leute. Ab 2030 wird es sehr krass werden mit dem Personalmangel. Da unsere Legislative dennoch wahrscheinlich nicht weniger unsinnige Gesetze erlassen wird, die durch die Exekutive auszuführen sind, verschlimmert eine Stundenreduzierung das Problem nur noch mehr,; es muss einfach mehr Geld kommen, damit überhaupt noch 1,2 Leute in den öffentlichen Dienst gelockt werden.

KlammeKassen

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 353
....bis in die 1970er Jahre hinein wurde noch Samstags gearbeitet (6 Tagewoche um die 48 Wochenstunden). Warum soll sich die Entwicklung in einer leistungsfähigen Volkswirtschaft nicht auf eine weitere Reduzierung der Arbetiszeit ausweiten, z. B. auf 35 Wochenstunden, evtl. 4 Tage Woche?

Einfache Antwort: Weil zu jener Zeit a) die jährliche Steigerung der Produktivität höher war und b) jeweils relativ geburtenstabile Jahrgänge in den Arbeitsmarkt eintraten. Beides ist heute anders.

Ich kann nachvollziehen, dass es aus bestimmten Perspektiven heraus attraktiv erscheint, die AZ in der Breite zu reduzieren - aber volkswirtschaftlich ist es insbesondere in der aktuellen Zeit mit ihren wirklich großen Herausforderungen fatal. Der so viel gelobte "Standort Deutschland" hat bereits deutlich an Standing verloren. In die Leistungsfähigkeit unseres Landes besteht immer weniger Vertrauen - Jetzt den "Wohlstand des Weniger" zu proklamieren, ist (in meinen unbedarften Augen) daher sogar suizidal.

Wer das Glück hat, ein saturiertes Leben führen zu dürfen, der soll seine AZ gerne und unkompliziert reduzieren dürfen - es aber allen aufzuzwingen, hat (für mich) keine argumentative Grundlage.

Stimme ich dir voll und ganz zu.
Und man darf auch nicht vergessen, dass die Beiträge für KV und RV noch ins Unermessliche steigen werden. Bei mehr Gehalt bleibt dann zumindest auch etwas mehr übrig....

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 6,002
Wer das Glück hat, ein saturiertes Leben führen zu dürfen, der soll seine AZ gerne und unkompliziert reduzieren dürfen - es aber allen aufzuzwingen, hat (für mich) keine argumentative Grundlage.
Nur die paar Menschen, die keine TZ bekommen, weil betriebliche Gründe es verhindern, wären ein Argument.

thebiba

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 29
Und dennoch muss die Verkürzung der Wochenarbeitszeit kommen, bzw. möglich werden.
Ich persönlich kenne die Antwort meines AG bezüglich Verkürzung: Betriebsbedingt nicht möglich!
Und deswegen hier allen die Verkürzung schlecht zu reden, von wegen Volkswirtschaft etc., finde ich unmöglich.
Runter mit den Stunden und zwar am besten sofort!
Wer sich weiter knechten lassen möchte kann ja gerne freiwillig mehr arbeiten.

XLS

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 212
....in den Übergangsjahren - also während der stufenweisen Abenkung der Wochenarbeitszeit wird dies wahrscheinlich zu Lasten von Entgelterhöhungen gehen. Das nehme ich in Kauf. Wenn aber in ein paar Jahren das mögliche Minimum der Regelarbeitszeit erreicht ist (sich z. B. auf 35 Wochenstunden Vollzeit einpegelt), wird es auf dieser Basis auch wieder stärkere Entgelterhöhungen geben.

Nach Senkung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden in den 1970er Jahren hat es auf der Basis der jahrzehntelangen 40 Stunden-Woche auch regelmäßige Entgelterhöhungen gegeben.

Bitte blickt über Eure Tellerränder ... multiperspektivischer Weitblick ist angesagt ... und natürlich auch Reduzierung von Öffnungszeiten der Ämter: Warum muss ein Jobcenter oder Sozialamt freitags unbedingt geöffnet sein? Kitas und weitere Betreuungskapazitäten können bei einer 4 Tage Woche ebenso reduziert werden. Und zum Weitblick gehört auch das Mehr an Freizeit: Familien, Hobbies, Ausflüge, Sport treiben u. v. m. stattt  auf Arbeit sitzen....

thebiba

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 29
....in den Übergangsjahren - also während der stufenweisen Abenkung der Wochenarbeitszeit wird dies wahrscheinlich zu Lasten von Entgelterhöhungen gehen. Das nehme ich in Kauf. Wenn aber in ein paar Jahren das mögliche Minimum der Regelarbeitszeit erreicht ist (sich z. B. auf 35 Wochenstunden Vollzeit einpegelt), wird es auf dieser Basis auch wieder stärkere Entgelterhöhungen geben.

Nach Senkung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden in den 1970er Jahren hat es auf der Basis der jahrzehntelangen 40 Stunden-Woche auch regelmäßige Entgelterhöhungen gegeben.

Bitte blickt über Eure Tellerränder ... multiperspektivischer Weitblick ist angesagt ... und natürlich auch Reduzierung von Öffnungszeiten der Ämter: Warum muss ein Jobcenter oder Sozialamt freitags unbedingt geöffnet sein? Kitas und weitere Betreuungskapazitäten können bei einer 4 Tage Woche ebenso reduziert werden. Und zum Weitblick gehört auch das Mehr an Freizeit: Familien, Hobbies, Ausflüge, Sport treiben u. v. m. stattt  auf Arbeit sitzen....

Sehr schön formuliert.
Die Liste könnte noch endlos erweitert werden. Z. B. Muss ein kommunales Schwimmbad auch nicht 7 Tage die Woche je 11 Stunden geöffnet sein.

KlammeKassen

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 353
....in den Übergangsjahren - also während der stufenweisen Abenkung der Wochenarbeitszeit wird dies wahrscheinlich zu Lasten von Entgelterhöhungen gehen. Das nehme ich in Kauf. Wenn aber in ein paar Jahren das mögliche Minimum der Regelarbeitszeit erreicht ist (sich z. B. auf 35 Wochenstunden Vollzeit einpegelt), wird es auf dieser Basis auch wieder stärkere Entgelterhöhungen geben.

Nach Senkung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 40 Stunden in den 1970er Jahren hat es auf der Basis der jahrzehntelangen 40 Stunden-Woche auch regelmäßige Entgelterhöhungen gegeben.

Bitte blickt über Eure Tellerränder ... multiperspektivischer Weitblick ist angesagt ... und natürlich auch Reduzierung von Öffnungszeiten der Ämter: Warum muss ein Jobcenter oder Sozialamt freitags unbedingt geöffnet sein? Kitas und weitere Betreuungskapazitäten können bei einer 4 Tage Woche ebenso reduziert werden. Und zum Weitblick gehört auch das Mehr an Freizeit: Familien, Hobbies, Ausflüge, Sport treiben u. v. m. stattt  auf Arbeit sitzen....

Du darfst mir gerne erstmal meine Frage beantworten, die ich dir zu dem Thema gestellt habe?
Seite 14 in diesem Thread.
Ich kann das unter den Bedingungen nicht nachvollziehen.

Wenn ihr gerade aus dem Studium kommen würdet oder ein Haus vor kurzem finanziert hättet oder ähnliches kostspieliges hinter euch hättet, wärt ihr auch für das Geld.
Daher ist der freiwillige Verzicht der einzig richtige.

Es sind meist die jungen und gut ausgebildeten Leute, die fehlen. Und die kannst du - insbesondere wegen der krassen Inflation der letzten Jahre - am ehesten noch über eine vernünftige Entgelterhöhung ködern/halten.
Wer natürlich kurz vor der Rente steht, hat ggf. vorgesorgt.

Da die jungen Leute auch noch schön lange für die RV extrem hohe Beiträge zahlen dürfen (und für KV + PV), sollte dies nicht auch noch zu Lasten gelegt werden.

Also entweder Geld, dann könnt ihr freiwillig runtergehen oder Wahlmodell

XLS

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 212
...das ist allenfalls Deine individuelle Meinung. Es gibt ebenso viele junge Menschen, die den Wert von Freizeit schätzen. Mit einer normativen Absenkung der Arbeitszeiten machen sich Arbeitgeber in besonderer Weise attraktiv. Wer will schon bei einem Arbeitgeber 39 h rackern, wenn er / sie bei einem anderen für das gleiche Geld nur 35 Stunden arbeiten muss.

Die Betonung liegt auf "normativ", d. h. wir machen eine Absenkung der Wochenarbeitszeit zur Normalität, Vollzeit sind dann evtl. 35 Wochenstunden. Dadurch nimmt auch der psychosoziale Druck von Erwerbsarbeit ab und andere wichtige Lebensbereiche erhalten einen höheren Stellenwert, z. B. mehr Zeit für Familie, Kinder, Hobbies, Ausflüge, Sport....

Was die individuelle Haushaltsplanung von einzelnen Beschäftigten betrifft: Die Arbeitgeber sind mit ihren Entgelten nicht für finanzielle Fehlplanungen ihrer Beschäftigten verantwortlich, insbesondere ... wer zu wenig Eigenkapital hat, kann sich eben kein Haus kaufen .... wer viel Geld "versenkt" und wenig gespart bzw. investiert hat, kann nicht seinen Arbeitgeber und die Entgelte schlechtreden, nur weil er / sie an den Kreditzinsen erlahmt. Jeder ist im Wesentlichen auch selbst für seine individuelle Haushaltsplanung / Vermeidung von Fehlausgaben usw. verantwortlich....

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 6,002
Und dennoch muss die Verkürzung der Wochenarbeitszeit kommen, bzw. möglich werden.
Ich persönlich kenne die Antwort meines AG bezüglich Verkürzung: Betriebsbedingt nicht möglich!
Und deswegen hier allen die Verkürzung schlecht zu reden, von wegen Volkswirtschaft etc., finde ich unmöglich.
Runter mit den Stunden und zwar am besten sofort!
Wer sich weiter knechten lassen möchte kann ja gerne freiwillig mehr arbeiten.
Leider wird Verdi einer 30h Woche ohne Lohnausgleich nicht zstimmen.
Also Runter mit der Zeit, da geht der AG sicher mit, wenn es ohne stundenlohnerhöhung geht.

XLS

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 212
Und dennoch muss die Verkürzung der Wochenarbeitszeit kommen, bzw. möglich werden.
Ich persönlich kenne die Antwort meines AG bezüglich Verkürzung: Betriebsbedingt nicht möglich!
Und deswegen hier allen die Verkürzung schlecht zu reden, von wegen Volkswirtschaft etc., finde ich unmöglich.
Runter mit den Stunden und zwar am besten sofort!
Wer sich weiter knechten lassen möchte kann ja gerne freiwillig mehr arbeiten.
Leider wird Verdi einer 30h Woche ohne Lohnausgleich nicht zstimmen.
Also Runter mit der Zeit, da geht der AG sicher mit, wenn es ohne stundenlohnerhöhung geht.

...von jetzt auf gleich eine Absenkung der Arbeitzeit auf 30 h bei vollem Lohnausgleich ist unrealistisch. Es wird stufenweise kommen, vlt. jedes Jahr eine Stunde weniger bei vollem Lohnausgleich .... bis wir in 4 Jahren bei 35 Stunden angelangt sind.

2strong

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,545
Die Liste könnte noch endlos erweitert werden. Z. B. Muss ein kommunales Schwimmbad auch nicht 7 Tage die Woche je 11 Stunden geöffnet sein.
Denn selbstverständlich sollte sich das Nutzungsverhalten des kommunale Steuerzahlers, der den Schwimmbadbetrieb finanziert, am Freizeitbedürfnis der Aushilfe im Kassenhäuschen orientieren.

Solche Glanzlichter sollte man im öffentlichen Dienst einfach entlassen. Dann könnte man die Fleißigen auch besser bezahlen und hätte trotzdem noch Geld gespart.

NelsonMuntz

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 646
Und dennoch muss die Verkürzung der Wochenarbeitszeit kommen, bzw. möglich werden.
...

Das ist doch ein ganz anderer Punkt. Es spricht überhaupt nix dagegen, die "Vollzeit" tariflich oder gesetzlich mit einem Rahmen zu versehen, den der AG dann zu akzeptieren hat. Wer sich in diesem Rahmen entscheidet, mehr zu arbeiten, schuldet dann entsprechend mehr Leistung, erhält aber auch mehr Geld. Also warum der Zwang?

...das ist allenfalls Deine individuelle Meinung. Es gibt ebenso viele junge Menschen, die den Wert von Freizeit schätzen. Mit einer normativen Absenkung der Arbeitszeiten machen sich Arbeitgeber in besonderer Weise attraktiv. Wer will schon bei einem Arbeitgeber 39 h rackern, wenn er / sie bei einem anderen für das gleiche Geld nur 35 Stunden arbeiten muss.

Jepp, Du hast Recht: Es gibt ne Menge junger (und natürlich auch älterer) Menschen, die im satten Wohlstand großgeworden sind. Neben der Schule gab es die Tennisstunden, regelmäßige Restaurantbesuche, Theater und Konzerte, Shoppen für die angesagte Klamotte, und natürlich ging es im Winter in die Berge und im Sommer 3 Wochen in die sommerliche Sonne.

Da stört Arbeit natürlich.

Ist vielleicht ein Zeichen unserer Zeit? Da kommt der Strom eben aus der Steckdose, im Supermarkt gibt es genug zu Essen und wenn man mal was Aua hat: Ärzte und Krankenhäuser sind ja sowieso da. Also warum sich abrackern, wenn doch alles da ist?

Du schreibst es ja selbst:

Bitte blickt über Eure Tellerränder ... multiperspektivischer Weitblick ist angesagt ... und natürlich auch Reduzierung von Öffnungszeiten der Ämter: Warum muss ein Jobcenter oder Sozialamt freitags unbedingt geöffnet sein? Kitas und weitere Betreuungskapazitäten können bei einer 4 Tage Woche ebenso reduziert werden. Und zum Weitblick gehört auch das Mehr an Freizeit: Familien, Hobbies, Ausflüge, Sport treiben u. v. m. stattt  auf Arbeit sitzen....

... denk das doch mal weiter: Warum müssen Polizei, Feuerwehr oder Krankenhäuser denn unbedingt 24/7 erreichbar sein? Diese Knechtschaft muss enden !11elf! Man kann ja gesetzlich das Verbrechen von Fr. 0:00 bis So. 23:59 verbieten - klappt bestimmt. Außerdem eine Verletzungs- und Feuer-Verbot erlassen. So geht Zukunft. Oder so ähnlich ... oder halt auch nicht!