Autor Thema: [BW] Doppelverdienermodel in BW?  (Read 19566 times)

lotsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 810
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #45 am: 04.10.2024 11:56 »
"Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen."

Wenn ich den Satz lese, neige ich zum Sarkasmus, aber man kann ja mal ernsthaft über die Zielsetzung des Senats in der Besoldungsrechtsprechung diskutieren. Wenn man die Ziele kennt, kann man seine Rechtsprechung vielleicht auch besser verstehen.
Oberstes Ziel wird sein, zu jeder Zeit einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst zu gewähren. Dann wird wahrscheinlich die Wirtschaftlichkeit kommen, also so günstig wie möglich. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist wahrscheinlich auch wichtig. Einige hatten ja schon die Vermutung, dass die Gesellschaft eine Erhöhung der Besoldung um, sagen wir mal 30 % nicht akzeptieren würde. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Die Klarheit der gesetzlichen Regelungen, also Kontinuität, obwohl desto unklarer, desto mehr Gestaltungsspielraum. Anpassung an die gesellschaftlichen Gegebenheiten. Die Gewährung einer fiskalischen Pufferfunktion, die nun leider schon mindestens 20 Jahre andauert, ähnlich der Kriegsdividende, dien nun leider nicht mehr sprudelt. Man hat nach 1989 die Bundeswehr ausbluten lassen, weil wir von lauter Freunden umzingelt waren. Jetzt testet man inwieweit man den öffentlichen Dienst belasten kann. Das könnte jetzt aber schon wieder Sarkasmus sein, oder gehört das einfach zu Punkt 2, Wirtschaftlichkeit, und ist normal und einfach kontinuierliche Aufgabe einer Regierung?

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,003
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #46 am: 12.10.2024 02:13 »

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,003
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #47 am: 12.10.2024 05:01 »
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/7000/17_7519.pdf Seite 136

Zitat
Dieser Artikel soll die mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in
Zusammenhang stehenden Nachzahlungsansprüche für das Jahr 2023 regeln. Die
Notwendigkeit von Nachzahlungen für das Jahr 2023 wird aufgrund der
Sondersituation durch die vielfältigen Auswirkungen in Folge des Angriffskrieges auf
die Ukraine gesehen, die allesamt nicht vorhersehbar waren (beispielsweise
unerwartet stark gestiegene Preise durch Inflation, unerwartet stark gestiegene
Kosten für Unterkunft und Heizung durch Gasmangellage). In dieser dynamischen
Lage war die Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse
insgesamt ebenso wenig vorhersehbar wie die tatsächlichen Entwicklungen im
Bereich der Grundsicherung oder potentielle Entlastungsmaßnahmen, die sich positiv
auf die Berechnung der Nettobesoldung auswirken.
Durch die unerwartet stark gestiegenen Kosten hat sich in den untersten
Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen für das Jahr 2023 teilweise ein deutlicher
familienbedingter Fehlbetrag ergeben, der zielgerichtet und bedarfsgerecht
nachgezahlt werden soll. Nachzahlungen sollen nur an diejenigen Beamtinnen und
Beamten in den untersten Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen erfolgen, deren
Besoldung den Mindestabstand zur Grundsicherung aufgrund der oben genannten
Sondersituation im Jahr 2023 nicht eingehalten hat. Hinsichtlich der allgemeinen
Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung der jeweiligen Fehlbeträge in der Besoldung
wird auf die Ausführungen zur Einhaltung des Mindestabstands von 15 Prozent
(Vierter Parameter) bezogen auf das Prüfjahr 2024 im allgemeinen Teil der
Begründung verwiesen. Bei der Ermittlung des Grundsicherungsniveaus wurden für
die Berechnung die Regelsätze für das Jahr 2023 herangezogen. Soweit sich bei
den untenstehenden Ansätzen gegenüber dem Jahr 2024 Abweichungen ergeben,
ist dies jeweils in den Fußnoten erläutert

Zitat
In der niedrigsten Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe ergibt sich für den
monatlichen Nettofehlbetrag in Höhe von 301,79 Euro ein erforderlicher monatlicher
Bruttomehrbetrag für die Besoldung in Höhe von 413,44 Euro. Für die weiteren
betroffenen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen reduziert sich der Betrag um
den jeweiligen Gehaltszuwachs.
Entsprechend der Ausführungen im Rahmen des BVAnp-ÄG 2022
(Landtagsdrucksache 17/3274, Seite 114), gibt es im Bereich der
Beamtenversorgung aktuell noch keine Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsmäßig erforderlichen Höhe der
Alimentation. Eine Übertragung auf die Beamtenversorgung scheidet daher vor
Ergehen der Rechtsprechung aus. Dies steht im Einklang mit der in vorgenannter
Landtagsdrucksache kommunizierten Vorgehensweise.

Einfach mal um 301 Euro mtl. verschätzt aber natürlich nur für A7-1 bis A9-2.

lotsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 810
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #48 am: 12.10.2024 09:58 »
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/7000/17_7519.pdf Seite 136

Zitat
Entsprechend der Ausführungen im Rahmen des BVAnp-ÄG 2022
(Landtagsdrucksache 17/3274, Seite 114), gibt es im Bereich der
Beamtenversorgung aktuell noch keine Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsmäßig erforderlichen Höhe der
Alimentation. Eine Übertragung auf die Beamtenversorgung scheidet daher vor
Ergehen der Rechtsprechung aus.

Die Dienstherren werden immer dreister. Sie bemühen sich nicht einmal mehr um eine einigermaßen verfassungskonforme Besoldung. Begründung: Es gibt noch keine genaue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Keinerlei Fürsorge, keinerlei Anstand. Wir können Widerspruch einlegen, ansonsten sind wir machtlos. Wahrscheinlich wird es zur Routine, dass Beamte erst mit Abschlagszahlungen entlohnt werden und erst nach Jahrzehnten die völlig vom Geldwert entwertete Schlusszahlung erhalten. Besonders tragisch ist es für die Versorgungsempfänger, die ihren vorenthaltenen Wohlstand nicht mehr nachholen können.
Muss es erst verbreitete Korruption und Beamtenaufstände geben, bevor die Dienstherren reagieren?

AlxN

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 28
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #49 am: 12.10.2024 10:08 »
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/7000/17_7519.pdf Seite 136

Zitat
Dieser Artikel soll die mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in
Zusammenhang stehenden Nachzahlungsansprüche für das Jahr 2023 regeln. Die
Notwendigkeit von Nachzahlungen für das Jahr 2023 wird aufgrund der
Sondersituation durch die vielfältigen Auswirkungen in Folge des Angriffskrieges auf
die Ukraine gesehen, die allesamt nicht vorhersehbar waren (beispielsweise
unerwartet stark gestiegene Preise durch Inflation, unerwartet stark gestiegene
Kosten für Unterkunft und Heizung durch Gasmangellage). In dieser dynamischen
Lage war die Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse
insgesamt ebenso wenig vorhersehbar wie die tatsächlichen Entwicklungen im
Bereich der Grundsicherung oder potentielle Entlastungsmaßnahmen, die sich positiv
auf die Berechnung der Nettobesoldung auswirken.
Durch die unerwartet stark gestiegenen Kosten hat sich in den untersten
Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen für das Jahr 2023 teilweise ein deutlicher
familienbedingter Fehlbetrag ergeben, der zielgerichtet und bedarfsgerecht
nachgezahlt werden soll. Nachzahlungen sollen nur an diejenigen Beamtinnen und
Beamten in den untersten Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen erfolgen, deren
Besoldung den Mindestabstand zur Grundsicherung aufgrund der oben genannten
Sondersituation im Jahr 2023 nicht eingehalten hat. Hinsichtlich der allgemeinen
Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung der jeweiligen Fehlbeträge in der Besoldung
wird auf die Ausführungen zur Einhaltung des Mindestabstands von 15 Prozent
(Vierter Parameter) bezogen auf das Prüfjahr 2024 im allgemeinen Teil der
Begründung verwiesen. Bei der Ermittlung des Grundsicherungsniveaus wurden für
die Berechnung die Regelsätze für das Jahr 2023 herangezogen. Soweit sich bei
den untenstehenden Ansätzen gegenüber dem Jahr 2024 Abweichungen ergeben,
ist dies jeweils in den Fußnoten erläutert

Zitat
In der niedrigsten Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe ergibt sich für den
monatlichen Nettofehlbetrag in Höhe von 301,79 Euro ein erforderlicher monatlicher
Bruttomehrbetrag für die Besoldung in Höhe von 413,44 Euro. Für die weiteren
betroffenen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen reduziert sich der Betrag um
den jeweiligen Gehaltszuwachs.
Entsprechend der Ausführungen im Rahmen des BVAnp-ÄG 2022
(Landtagsdrucksache 17/3274, Seite 114), gibt es im Bereich der
Beamtenversorgung aktuell noch keine Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsmäßig erforderlichen Höhe der
Alimentation. Eine Übertragung auf die Beamtenversorgung scheidet daher vor
Ergehen der Rechtsprechung aus. Dies steht im Einklang mit der in vorgenannter
Landtagsdrucksache kommunizierten Vorgehensweise.

Einfach mal um 301 Euro mtl. verschätzt aber natürlich nur für A7-1 bis A9-2.

Das bedeutet wohl, dass die Berechnung der Nachzahlungen auf verkorkster Grundlage erfolgen.. Und höhere Besoldungsgruppen sollen leer ausgehen?

Wie im Mittelalter: Gebt dem Pöbel mehr Brotkrumen damit es keinen Aufstand gibt

LehrerBW

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 441
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #50 am: 12.10.2024 11:13 »
Verstehe ich das richtig, dass die oberen Gehaltsgruppen nichts bekommen?
Müsste doch bei uns prozentual mitsteigen.
Wird gar keine Stellungnahme zum Abstandsgebot gegeben?

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,003
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #51 am: 12.10.2024 11:36 »
Verstehe ich das richtig, dass die oberen Gehaltsgruppen nichts bekommen?
Müsste doch bei uns prozentual mitsteigen.
Wird gar keine Stellungnahme zum Abstandsgebot gegeben?

Abstandsgebot gilt nur für das Grundgehalt mehr gibt es aus BW nicht zu hören. Bei A9 Stufe 2 hören die Nachzahlungen für 2023 auf, wenn ich es richtig gesehen habe. Und da sind diese bereits abgeschmolzen.

Kenne übrigens einige Gymansiallehrerinnen, die wegen Teilzeit oder später Verbeamtung sehr nahe an der Mindestpension sind. Dabei war auch das Land die Ursache, dass teilweise gar nicht oder erst so spät verbeamtet hat.

Selbst eine volle A14 Pension ist bald unter der Mindestalimentation und der nahezu 4k Nettogrundsicherung, die jede Familie mit 2 Kindern bekommt, die über die Grenze hüpft und die 4 magischen Buchstaben sagt. Nur um mal die Lebensleistung ins Verhältnis zu rücken.

lotsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 810
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #52 am: 12.10.2024 16:43 »
Prof. Dr. Dr. Ulrich Battis nannte es einen langjährigen, konzertierten Verfassungsbruch. Ich würde dies noch erweitern und auch als strukturellen Verfassungsbruch bezeichnen.
(Strukturelle Rahmenbedingungen sind relativ dauerhafte Bedingungen, die einen Einfluss auf die Situation eines Individuums haben können)

Ich fürchte, wir werden uns irgendwann an die Strukturen von Verfassungsbrüchen gewöhnen müssen, und vielleicht ist es genau diese Beliebigkeit, von der Battis meinte, dass sie letztendlich rechtsstaatsgefährdend ist. Was will ich mit einem Rechtsstaat, an den sich keiner hält, nicht einmal der Staat selbst?

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,003
Antw:[BW] Doppelverdienermodel in BW?
« Antwort #53 am: 13.10.2024 11:10 »
Die Alimentation mag verfassungswidrig sein, aber halt erst wenn das BVerfG es sagt.
Die soziale Hierachie zu zerstören ist aber absolut Staatszersetzend - mit all seinen Konsequenzen.

400 Euro Brutto mehr für das Eingangsamt - 200 Euro Sockel für alle (und den 200 Euro Sockel gibt es auch für das Eingangsamt).

Ich kratze mir mittlerweile jedes mal am Kopf, wenn ich mit Beamten zu tun habe, um es freundlich zu sagen. Da kommen die komischsten Nachfragen und Behauptungen, Dokumente werden übersehen, Rechtslagen falsch wiedergegeben, etc.

Ich will gar nicht wissen, wie oft Normalbürger über den Tisch gezogen werden.