Autor Thema: Verhandlungsposition und -argumente für Stufenaufstieg gem. Fachkräfte-RL  (Read 3189 times)

Kyuss

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Hallo zusammen,

ich bin Teamleiter in einer Ausländerbehörde und bin seit längerem an der Belastungsgrenze. Die Gespräche mit meiner Vorgesetzten liefen in der Regel nach dem Schema "Ich weiß ja, dass Sie viel zu tun haben, aber wir können Ihnen nicht mehr bieten. Lob und Anerkennung kann ich Ihnen geben, dafür können Sie sich aber nichts kaufen." Nun sitze ich da mit knapp 20 KollegInnen im Team und genieße das Leben in einer E9c. Man muss dazu sagen, dass die Teamleitung nicht nur in vollem Umfang die Urlaubsplanung, die Mitarbeitergespräche, das Einspringen für ausgefallene Teammitglieder etc. umsetzt, sondern ich auch noch über eigene Aufgaben wie Negativentscheidungen bei Anträgen einer gewissen Tragweite eingebunden werde. Undzwar von Anfang an. Das heißt, ich habe auch ganz eigene Fälle und bin dahingehend auch selbst mit der Sachbearbeitung betraut. Laut Stellenbeschreibung zu 80%.

Aktuell bin ich gerade in die Stufe 3 der E9c gekommen und für den Job ist das aus meiner Sicht zu wenig. Ich gebe alles (was sicher viele von sich behaupten), aber es kommt finanziell nicht viel rum. Stress, Krisen und Anfeindungen (unzufriedener KollegInnen, welchen meine Entscheidungen nicht passen) sind mein täglich Brot.

Meine Kommune leistet sich annäherend 10.000 Beschäftigte inkl. der Beamten. Allerdings macht sie vom vorzeitigen Stufenaufstieg (gem. § 17 Abs. 2 S. 1 TVöD-V) laut meiner Vorgesetzten keinen Gebrauch und sieht auch bei mir keine Ausnahmeveranlassung dazu. Nun plane ich gemäß der Fachkräfte-RL zu argumentieren. Undzwar wurde ja unter Ziffer 2. die Vorweggewährung von Stufen als Option zur Personalbindung zwischen den Tarifparteien beschlossen. Mir ist bewusst, dass die jeweiligen Kommunen das anwenden können, aber nicht müssen.

Allerdings sind einige Stellen seit längerem unbesetzt, teilweise werden sie auch gar nicht mehr ausgeschrieben, sondern man wartet auf "schlechtere Zeiten in der Wirtschaft, um höhere Bewerberzahlen zu generieren" (O-Ton Vorgesetzte auf meine Frage, warum wir mehrere offene Stellen nicht ausschreiben).

Sie haben ja schon in der E9a Probleme und können die Stellen nicht besetzen. Mit mir haben sie einen Dummen gefunden, der sich den Stress für das bisschen Kohle antut. Bevor ich eine Kündigung in Erwägung ziehe, würde ich aber nochmal auf das Pferd Stufenaufstieg setzen, eine Ersatz für meine essentielle Stelle finden sie ohnehin nicht. Damit und mit meinen guten Bewertungen will ich in die Verhandlung gehen. Allerdings befürchte ich fast, dass sie auf Durchzug schalten. Da ich bisher noch nie wirklich verhandelt habe, möchte ich einmal bei euch nachfragen, wie ich das am besten anstellen sollte.

Beste Grüße

Kyuss

FearOfTheDuck

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Auch wenn der Zusammenhang zwischen dem Stress, den du hast und deiner Bezahlung nicht ganz klar ist...

Du sagst dem AG, was du haben willst und drohst damit, dass du ansonsten gehst. Am Besten legst du zum Beweis Stellenausschreibungen vor, auf die dich dich bewerben wirst oder dich beworben hast. Wenn man nicht reagierst, solltest du deine Konsequenzen für dich ziehen, wie auch immer du sie ziehst.

Kyuss

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Der Zusammenhang mit dem Stress ist, dass die Arbeit in einer Ausländerbehörde von intern wie extern nur noch als etwas negatives wahrgenommen wird. Da ist tatsächlich was dran. Die Belastungen für die E9a und E9c sind deutlich höher, als in anderen Bereichen mit identischer Eingruppierung. Ich könnte dahin wechseln, aber ich mag die Materie. Ich möchte die negativen Seiten, die auch den  Vorgesetzten bekannt sind, natürlich als weitere Begründung anführen, dass man sich den Stress auch als „Schmerzensgeld“ versilbern lassen möchte. Eben in Form eines vorzeitigen Stufenaufstieges.

Könnte es passieren, dass sie im Gegenzug für die höhere Stufe eine zeitliche Bindung mit mir vereinbaren möchten? Das würde ich als AG tun, denn wer garantiert mir sonst, dass ich mit der höheren Stufe nicht nach der Gewährung trotzdem gehe.

Schokobon

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Die Stellen mögen für die gleiche Eingruppierung wie anderswo zwar stressiger sein, dafür sind sie aber auch leichter zu ergattern (weil es niemand machen möchte).
Häufig ist in der gewährten Bezahlung bereits eine Schmerzensgeld-Komponente enthalten. Das heißt, dass die Aufgabenbeschreibung beim Aufdröseln in Arbeitsvorgänge nichtmal die EG ergeben würde, die aber bezahlt wird.

Wo genau liest du dein Begehren aus der benannten Fachkräfte-RL heraus?

Ansonsten Was FearOfTheDuck sagt

FearOfTheDuck

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Was dein AG im Einzelnen tun würde, kann bei der Fülle der AG im ÖD nur Kaffeesatzleserei sein. Die Frage wäre dann relativ einfach: Stört dich das oder nicht? Ewig binden kann nur der Eine Ring und Garantien gibt's im Leben wenige. ;)

TVOEDAnwender

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Die Verhandlungsposition ist sehr einfach: "Zahlt mir die Zulage oder ich gehe". Wird die Zulage nicht gezahlt, sollte man aber auch gehen.

Casa

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Ich finde ein Team mit 20 Mitarbeitern seltsam. Da passt die Leitungsspanne recht sicher nicht.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Zimmer032

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Die Verhandlungsposition ist sehr einfach: "Zahlt mir die Zulage oder ich gehe". Wird die Zulage nicht gezahlt, sollte man aber auch gehen.

Die Stellenbesetzungssituation ist bei uns ähnlich. Wir finden gerade in diesem Bereich kaum Bewerber. Wenn sich dein AG diesem Problem bewusst ist, weiß er, dass er für 9c niemanden finden wird, der sich die Leitung eines 20-köpfigen Teams antut. BTW: wir haben ein ähnlich großes Team in diesem Bereich - Eingruppierung bei uns TL: EG 11. Sachbearbeitung 9a.

Organisator

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Ich finde ein Team mit 20 Mitarbeitern seltsam. Da passt die Leitungsspanne recht sicher nicht.

Bei gleichförmigen Tätigkeiten die kaum fachlicher Anleitung bedürfen wären auch 20 Leute handhabbar.

Öffdler

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das vlt, aber wenn der TE lt. Stellenbeschreibung 80% SB-Tätigkeiten ausführen muss, habe ich schon starke Zweifel an der Richtigkeit der Leitungsspanne.

Organisator

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das vlt, aber wenn der TE lt. Stellenbeschreibung 80% SB-Tätigkeiten ausführen muss, habe ich schon starke Zweifel an der Richtigkeit der Leitungsspanne.

 ;D ;D ;D oh ja!

Kyuss

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Ich finde ein Team mit 20 Mitarbeitern seltsam. Da passt die Leitungsspanne recht sicher nicht.

Es sind laut Stellenplan zwei Teamleiterstellen für ingesamt 20 Personen (fünf Stellen in der E9a sind dauerhaft unbesetzt). Allerdings finden wir seit Ende 2021 niemanden, um die zweite TL Stelle zu besetzen. Mein letzter Kollege hat damals kurz vor dem Ende seiner Probezeit gekündigt. Man hat irgendwann Ende 2022 aufgehört, die Stelle auszuschreiben und verspricht mir seitdem, dass man diese an eine(n) der FH AbsolventInnen vergeben will. Bisher haben sich alle, die dafür eingeplant waren, erfolgreich dagegen wehren können. Meine Vorgesetzte ist als SGLin in der A12 und hat kaum Kontakt zum Team. Ich sehe sie einmal pro Woche im jour fix. Aktuell suche ich nach Alternativen, bei denen ich entweder Zusagen erhalte oder zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werde. Sonst läuft meine Drohung, dass ich gehe, ins Leere. Allerdings glaube ich fast nicht dran, dass man mir eine höhere Stufe zugesteht. Und die Anzahl der ausgeschriebenen und oftmals besser bezahlten Stellen ist groß. Da ist der Lust auf den Wechsel fast größer als der Aufstiegswunsch.

FollFosten

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Ich finde ein Team mit 20 Mitarbeitern seltsam. Da passt die Leitungsspanne recht sicher nicht.

Es sind laut Stellenplan zwei Teamleiterstellen für ingesamt 20 Personen (fünf Stellen in der E9a sind dauerhaft unbesetzt). Allerdings finden wir seit Ende 2021 niemanden, um die zweite TL Stelle zu besetzen. Mein letzter Kollege hat damals kurz vor dem Ende seiner Probezeit gekündigt. Man hat irgendwann Ende 2022 aufgehört, die Stelle auszuschreiben und verspricht mir seitdem, dass man diese an eine(n) der FH AbsolventInnen vergeben will. Bisher haben sich alle, die dafür eingeplant waren, erfolgreich dagegen wehren können. Meine Vorgesetzte ist als SGLin in der A12 und hat kaum Kontakt zum Team. Ich sehe sie einmal pro Woche im jour fix. Aktuell suche ich nach Alternativen, bei denen ich entweder Zusagen erhalte oder zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werde. Sonst läuft meine Drohung, dass ich gehe, ins Leere. Allerdings glaube ich fast nicht dran, dass man mir eine höhere Stufe zugesteht. Und die Anzahl der ausgeschriebenen und oftmals besser bezahlten Stellen ist groß. Da ist der Lust auf den Wechsel fast größer als der Aufstiegswunsch.

AN-Sicht: Nach den Schilderungen würde ich sofort versuchen, mir eine andere Stelle zu suchen.
AG-Sicht: Wenn mir Mitarbeitende drohen, dass sie gehen, halte ich gerne die Tür offen ... dass ist dann eh schon die innerliche Kündigung!

FearOfTheDuck

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Kommt auf die Formulierung an: Wenn man sagt "x oder ich gehe", könnte der AG noch überlegen...

Kyuss

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Kommt auf die Formulierung an: Wenn man sagt "x oder ich gehe", könnte der AG noch überlegen...

Das werde ich wohl auch probieren. Allerdings vermute ich, dass ich mich dennoch für eine andere Stelle entscheiden werde. Ich habe mich lange nicht mehr um Stellenausschreibungen geschert, nun sehe ich aber, dass es zu viele gute Alternativen gibt. Ich muss halt nur den Zuschlag kriegen.