Ich bezog mich eher auf den zweiten Teil von wegen "ich möchte zu Fuß sicher sein". Wer mal durch Berlin Kreuzberg oder bestimmte Parks läuft, der fühlt sich wahrscheinlich nicht mehr so sicher wie 1990. Auch gab es damals noch keine "No-Go-Areas" für die Polizei.
Gefühle sind immer so eine Sache - oftmals sind sie auch trügerisch. Eine offizielle Proklamation rechtsfreier Räume, die von der Polizei nicht mehr betreten werden, muss überdies an mir vorbeigegangen sein.
Was die Entwicklung sozialer Brennpunkte anbelangt: Hier muss man wohl feststellen, dass Staat und Gesellschaft augenscheinlich zu wenig Interesse oder eben schlicht mangelnde Kompetenz an den Tag legen, wenn es um die Verbesserung der dortigen Situation geht. Hier mit der primitiven und populistischen Peitsche zu drohen, wie es manche politischen Kräfte gerne tun, wird daran nichts ändern. Menschen brauchen Perspektiven, keine gegen sie gerichteten Drohungen.
Man kann das alles gerne klein reden, aber es kommt einer offiziellen Proklamation gleich, wenn ein Vorsitzender einer Gewerkschaft einer Landespolizei Folgendes sagt: "Es gibt keine Gegend, wo wir nicht mehr reinfahren als Polizei, aber es gibt Gegenden, die wir als No-Go Area bezeichnen. Die anderen sagen Angsträume, also Stadtteile, wo unsere Kolleginnen und Kollegen ungerne mit einem Streifenwagen reinfahren."
Und da ist er nicht alleine damit. Deshalb habe ich das auch in Anführungszeichen gesetzt. Eine hochoffizielle Erklärung käme ja auch einem Eingeständnis des Verlusts des Gewaltmonopols gleich, weshalb man dies nie tun wird.
Fakt bleibt aber, dass es diese Räume gibt. Die reine Bezeichnung ändert nichts daran und ist Wortklauberei.
Zu "zu wenig Interesse oder eben schlicht mangelnde Kompetenz an den Tag legen, wenn es um die Verbesserung der dortigen Situation geht" bleibt mir nur zu sagen, dass dies ebenfalls ein Standardargument einer politischen Ausrichtung ist, wenn was nicht so läuft wie gewünscht.
Ich stimme zu, dass Menschen Perspektiven brauchen. Aber mir gefällt nicht, dass dies immer als reine Bringschuld des Staates gesehen wird. Fakt ist auch hier, dass Perspektiven da wären, wenn man denn ernsthaft nach ihnen suchen würde. Komischerweise gab es vor 20 Jahren noch viel weniger Angebote diesbezüglich als heute, dennoch ist es nicht so eskaliert. Aber das ist kein Wunder, wenn man als Staat den Bürgern mehr und mehr das Gefühl gibt, dass man sich um jeden kleinen Teilaspekt des Lebens kümmern und diesen regulieren wird. Uns wird doch die Eigenverantwortung politisch gewollt ständig mehr aberzogen.
Wir müssen denke ich auch wieder zu einem anderen Selbstverständnis kommen, das hat denke ich viel damit zu tun. Chancen muss man sich erarbeiten und werden einem nicht stets vom Nanny-Staat auf dem Silbertablett serviert. Ich lehne es ab, allen "Problemkindern" pauschal die Eigenverantwortung abzusprechen, weil die Nanny nicht schnell genug war.
Deshalb kann und darf die Antwort nicht immer nur mehr Verständnis sein. Irgendwann ist man auch an einem Punkt, wo es beides braucht: Das berühmte Zuckerbrot und die Peitsche. Nur in der Kombination wird man das entschärfen können.