Autor Thema: Freistellung bei Hochwasser  (Read 15382 times)

Mariposa

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Freistellung bei Hochwasser
« am: 04.06.2024 20:36 »
Hallo zusammen,

Ich bin in Süddeutschland persönlich vom Hochwasser betroffen.  Mein Arbeitgeber meint nun ich muss dafür Urlaub nehmen. Kann das wirklich sein? Also es geht nicht um den Weg zur Arbeit sondern weil wir bei uns zu Hause Hochwasser hatten in der ganzen Stadt/Region. Hier sind Keller und Garagen überflutet... Autos weggeschwommen...Muss man bei Naturkatastrophen wirklich Urlaub nehmen?

flip

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #1 am: 04.06.2024 20:43 »
Nach § 616 BGB hat der Arbeitgeber auch das Gehalt für den Arbeitsausfall fortzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer von einer Naturkatastrophe (wie Hochwasser) persönlich betroffen ist und ihm die Arbeitsleistung deshalb vorübergehend nicht zuzumuten ist, weil er erst einmal seine eigenen Angelegenheiten ordnen und regeln muss (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. August 1982 - Az. 5 AZR 823/80).

https://www.ihk-bonn.de/fileadmin/dokumente/Downloads/Recht_und_Steuern/Arbeitsrecht/ArbeitsrechtlicheAuswirkungenNaturkatastrophe.pdf

Mariposa

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #2 am: 04.06.2024 21:15 »
Das habe ich auch gefunden. Aber das muss unserer Personalabteilung ja auch bekannt sein?

andi1504

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #3 am: 04.06.2024 21:45 »
Nach § 616 BGB hat der Arbeitgeber auch das Gehalt für den Arbeitsausfall fortzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer von einer Naturkatastrophe (wie Hochwasser) persönlich betroffen ist und ihm die Arbeitsleistung deshalb vorübergehend nicht zuzumuten ist, weil er erst einmal seine eigenen Angelegenheiten ordnen und regeln muss (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. August 1982 - Az. 5 AZR 823/80).

https://www.ihk-bonn.de/fileadmin/dokumente/Downloads/Recht_und_Steuern/Arbeitsrecht/ArbeitsrechtlicheAuswirkungenNaturkatastrophe.pdf

Das zitierte Urteil sehe ich für den TVöD als nicht einschlägig an, da in Paragraph 29 Abs. 1 TVöD abschließend die Anlässe für eine Arbeitsbefreiung nach 616 BGB benannt sind. Naturkatastrophen sind hier nicht genannt. 

flip

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #4 am: 04.06.2024 21:51 »
Das habe ich auch gefunden. Aber das muss unserer Personalabteilung ja auch bekannt sein?

Da hier ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, scheint es bei manchen Arbeitgebern ohne Klage nicht möglich zu sein zu seinem Recht zu kommen.

Vielleicht hilft der Personalrat. Natürlich muss man dem PR auch ein bisschen auf die Sprünge helfen mit z.B. vorgenanntem Urteil.

Mariposa

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #5 am: 04.06.2024 21:58 »
Puh Klagen... unfassbar das man das im Zweifel muss. Personalrat ist noch eine Idee. Das man den mit dem Urteil auf die Sprünge helfen muss ist auch unfassbar. Manchmal habe ich das Gefühl bei uns kann weder Personalabteilung noch PR googeln :-X


flip

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #7 am: 04.06.2024 22:17 »
Das zitierte Urteil sehe ich für den TVöD als nicht einschlägig an, da in Paragraph 29 Abs. 1 TVöD abschließend die Anlässe für eine Arbeitsbefreiung nach 616 BGB benannt sind. Naturkatastrophen sind hier nicht genannt.

Ein Tarifvertrag schlägt kein Gesetz.

NelsonMuntz

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #8 am: 04.06.2024 22:25 »
Das zitierte Urteil sehe ich für den TVöD als nicht einschlägig an, da in Paragraph 29 Abs. 1 TVöD abschließend die Anlässe für eine Arbeitsbefreiung nach 616 BGB benannt sind. Naturkatastrophen sind hier nicht genannt.

Ein Tarifvertrag schlägt kein Gesetz.

Das Gesetz ist aber in hohem Maße interpretationsfähig. Ab wann wäre dem AN das Erscheinen bei einem Hochwasserschaden nicht mehr zumutbar:
 
5cm Wasser im Keller?
5cm Wasser im Erdgeschoss?
Oder erst, wenn die Wassermassen das gesamte Gebäude mitgerissen haben?

Das Gesetz allein gibt das eben nicht vor.

2strong

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #9 am: 05.06.2024 01:33 »
§ 29 Abs. 3 TVöD sieht immerhin vor, dass der Arbeitgeber in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter
Fortzahlung des Entgelts nach § 21 für bis zu drei Arbeitstage gewähren kann.

Beim Hochwasser in Westdeutschland im Juli 2021 haben viele Arbeitgeber hier in der Region übertariflich Freistellung gewährt, "Überstundenspenden" ermöglicht und oft pragmatische Lösungen für den Einzelfall gefunden.

andi1504

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #10 am: 05.06.2024 08:13 »
Das zitierte Urteil sehe ich für den TVöD als nicht einschlägig an, da in Paragraph 29 Abs. 1 TVöD abschließend die Anlässe für eine Arbeitsbefreiung nach 616 BGB benannt sind. Naturkatastrophen sind hier nicht genannt.

Ein Tarifvertrag schlägt kein Gesetz.

Du hast doch selbst das BAG-Urteil angeführt und das IHK-Merkblatt hierzu verlinkt. Da steht eindeutig und unmissverständlich: "Die Ansprüche können außerdem arbeitsvertraglich sowie durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge ausgeschlossen werden." Auch der von mir verlinkte Haufe-Beitrag stellt das klar.


MoinMoin

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #11 am: 05.06.2024 08:55 »
Das habe ich auch gefunden. Aber das muss unserer Personalabteilung ja auch bekannt sein?

Da hier ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, scheint es bei manchen Arbeitgebern ohne Klage nicht möglich zu sein zu seinem Recht zu kommen.

Vielleicht hilft der Personalrat. Natürlich muss man dem PR auch ein bisschen auf die Sprünge helfen mit z.B. vorgenanntem Urteil.
Könnte aber auch sein, dass sie diese Links und Urteile und Kommentare kennen und gelesen haben und deswegen klar der Meinung sind, dass 616 nicht angewendet werden muss.

Lies dir doch einfach im IHK Dokument den letzte Satz vom zweiten Absatz durch.


Können kann man natürlich vieles, wenn man als guter AG es wollte.

Kryne

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #12 am: 05.06.2024 09:05 »
Mich wundert es, dass du überhaupt arbeitsfähig bist. Wäre ich von so einer Katastrophe betroffen, wäre ich psychisch vermutlich erstmal gar nicht arbeitsfähig, bis meine Angelegenheiten geklärt sind.

Nerostar

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #13 am: 05.06.2024 09:09 »
Mich wundert es, dass du überhaupt arbeitsfähig bist. Wäre ich von so einer Katastrophe betroffen, wäre ich psychisch vermutlich erstmal gar nicht arbeitsfähig, bis meine Angelegenheiten geklärt sind.

Die Arbeitsunfähigkeit wäre auch für mich die einzig logische Konsequenz.

MoinMoin

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Antw:Freistellung bei Hochwasser
« Antwort #14 am: 05.06.2024 09:16 »
Mich wundert es, dass du überhaupt arbeitsfähig bist. Wäre ich von so einer Katastrophe betroffen, wäre ich psychisch vermutlich erstmal gar nicht arbeitsfähig, bis meine Angelegenheiten geklärt sind.

Die Arbeitsunfähigkeit wäre auch für mich die einzig logische Konsequenz.
Soso, finde ich spannend, dass eine Arbeitsunfähigkeit durch Logik entsteht.
Entweder man ist es oder nicht und offensichtlich ist die Person nicht Arbeitsunfähig.