Autor Thema: [Allg] Amtsarztuntersuchung für eine Verbeamtung als Verwaltungsmitarbeiter  (Read 15611 times)

alexanderw85

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eben. das mein ich ja, dass es da anscheinend nichts konkretes gibt? kann mir nicht vorstellen, dass das so problematisch ist, wenn man sachen macht, die nicht mal strafbar sind? darunter wird ja wohl kaum eine ruhestörung oder sowas fallen oder wenn man sich irgendwo mal unflätig äußert, zum beispiel im fussballstadion.

Landesdiener

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Es geht um die Pflicht zu achtungswürdigem Verhalten, § 34 Satz 3 Beamtenstatusgesetz. Tatsächlich war das betrunken Torkeln ein vereinfachtes Beispiel. Das muss im Einzelfall geprüft werden, ob das jetzt wirklich Konsequenzen hat. Brüllst du dabei vielleicht noch rum: "Sch*** Polizeistaat!", dann bist du sicher schneller bei einem Disziplinarverfahren.

Auch die einfache Ruhestörung dürfte noch kein Problem sein. Hier müsste dies vielleicht auch noch in Kombination mit oben genanntem Ausruf sein.

Und dann kommt es auch auf deine Tätigkeit an. Bist du beim Ordnungsamt für Ruhestörungen zuständig, bist du auch schneller dran, als wenn du beim Finanzamt bist.

Casa

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Zitat
das mit dem torkeln lese ich zum ersten mal, habe ich so auch noch nie gehört, kann mir kaum vorstellen, dass das problematisch ist, da es sich nicht auf den dienst an sich auswirkt? das ist ja nicht mal eine straftat?

Beamte haben eine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht. Es gibt ein paar Grundsätze, die stets gelten und weitere Verhaltensweisen die amtsbezogen relevant werden können.

Torkeln ist ein Zeichen übermäßigen Alkoholkonsums. Dadurch kann grundsätzlich das Ansehen des Dienstherren beeinträchtigt sein.
Oder stell dir vor du torkelst heute durch die Straßen und übermorgen erklärst du einem Bürger als Mitarbeiter der Führerscheinstelle, er müsse den Führerschein wegen mangelnder Fahreignung abgeben (ggf. sogar wegen Torkelns als Fußgänger und nachdem er von der Polizei aufgeschnappt und seine Fahreignung bei einer MPU geprüft wurde).

Unabhängig davon führt Alkoholkonsum zu verminderter Leistung und beeinträchtigt die Gesundheit. Beamte haben eine Gesunderhaltungspflicht. Da du schwerbehindert bist, solltest gerade du einen besseren Blick auf deine Gesundheit haben und an deiner Gesunderhaltung arbeiten.

Die Verletzung von beamtenrechtlichen Pflichten (Gesunderhaltung, Wohlverhalten usw.) kann disziplinarrechtlich geahndet werden.

Du bist vielleicht schon Verwaltungsmitarbeiter, jedenfalls aber willst du Verwaltungsbeamter werden. Mit dem Plan sollte bei dir bereits vor der Verbeamtung ein grundlegendes Verständnis über das Beamtentum bestehen. Dazu gibt es ausreichend Quellen im Internet.



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alexanderw85

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das mag ja sein, das mit der führerscheinstelle, aber im unterschied zu ihm bin ich nicht betrunken auto gefahren, wenn man das jetzt auf das beispiel bezieht. manche schätzen das ja falsch ein und unterschätzen die wirkung, wenn man da aus versehen mehr zu sich genommen hat. kann mir kaum vorstellen, dass dann gesagt wird, weil er die wirkung unterschätzt hat, dass es da probleme gibt? sonst könnte man ja auch sagen, ja, der beamte xy raucht 30 zigaretten in der stunde in seiner freizeit, boah, was ist das für ein raucher, kann mir nicht vorstellen, dass da der ruf der verwaltung geschädigt wird? man kann ja nicht sagen, 5 sind noch okay, aber 10 dann nicht mehr, ist verständlich was ich meine?

die wohlverhaltensregeln sind wohl bewusst allgemein gehalten, da es keine konkrete grenze gibt meiner meinung nach, wo man dann sagen kann, nach dem und dem ist das jetzt okay, aber nach dem eben nicht mehr?

die thematik die wir jetzt haben mit der wohlverhaltenspflicht ist ja jetzt nur eine rein theoretische geschichte, die jedoch interessant ist.

wobei ich denke, das führt jetzt zu weit und wir kommen vom thema ab.

Grandia

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Das Thema ist exakt richtig! An diesen 2 Rundsätzen festzuhalten und diese eben nicht zu relativieren, ist eine der Aufgaben eines Beamten.
Diese Salamitaktik ist echt unangebracht. Es verlangt keiner Perfektion, aber schon eine innere, angemessene Haltung.

alexanderw85

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warum ist es exakt richtig? es ging in der ausgangsfrage überhaupt nicht um irgendein ausserdienstliches verhalten?

für die anderen: es ist auch verpönt 100x falsch zu parken. inwieweit schädigt sowas genau das beamtentum wenn es sich überhaupt nicht auf den dienst bezieht? oder wenn man 50 zigaretten in der stunde raucht? dann ist es doch beim alkohol nicht anders, nur weil einer nicht geradeaus läuft. das kann doch alles einen schlechten ruf nach sich ziehen. trotzdem gibt es da keine konkrete grenze, was noch okay ist und was nicht? wer definiert denn genau eine innere, angemessene haltung? dazu konnte mir noch niemand was konkret sagen. je nach gusto kann das ja nun nicht ausgelegt werden.

clarion

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Die entsprechenden Paragraphen, dass Beamte auch in der Freizeit Beamte sind, hat man Dir schon zitiert.  Wenn Du das nicht willst,  solltest Du das besondere Dienst- und Treueverhältnis nicht eingehen.

Dein beharrliches Bestreben hier zahlenmäßig Grenzen auszuloten, lässt mich zweifeln, dass Du die notwendige innere Haltung hast.

Es gibt auch keine zahlenmäßig festgelegte Grenze.  Dein Verhalten ist immer in Relation zu den konkreten Umständen zu bewerten.

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist jemand der drei, vier Mal die Woche viel Alkohol trinkt oder täglich schachtelweise Zigaretten raucht nicht geeignet für eine Verbeamtung, da offensichtlich ist, dass man der Gesundhaltungspflicht nicht nachkommt. Wenn man beim Amtsarzt lügen muss, ist die Eignung eben nicht gegeben.

Magda

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Es sollte natürlich heißen, dass es einem Beamten grundsätzlich nicht verboten ist, Alkohol zu konsumieren.

Ich finde die Mengenangaben sind schon relevant. Wenn ich als Amtsarzt danach Frage, macht es für mich einen Unterschied, ob ein junger Mensch vor mir sitzt, der an den Abenden am WE 2-3 Gläser trinkt oder der auch unter der Woche eine größere Menge Alkohol trinkt. Da würde ich schon eher eine Blutuntersuchung anordnen, sofern es meine Ermessensentscheidung ist und es nicht generell vorgesehen ist. In Bremen ist es das offensichtlich nicht. Dazu kommt auch der Gesamteindruck. Ich bin mit einem Alkoholiker aufgewachsen. Übermäßiger Alkoholkonsum verändert Menschen auch über die Leberwerte hinaus (optisch, Verhalten).

Wenn du aber von heute auf morgen einfach komplett aufhören kannst: Go for it! Dann aber bitte nicht nur bis zur amtsärztlichen Untersuchung sondern auch darüber hinaus. Die meisten Alkoholiker können nämlich durchaus eine zeitlang (Wochen, teilweise auch Monate) auf Alkohol verzichten, wenn äußerer Druck das verlangt. Das ist also kein Kriterium zur Beurteilung, ob jemand abhängig ist oder nicht. Wenn man aber langfristig immer wieder in die alten Gewohnheiten fällt (häufiger Konsum von großen Mengen), dann sollte man sich Hilfe holen. 

Kingrakadabra

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Ich denke nicht, dass der "torkelnde Fußgänger" von der Polizei zur MPU geschickt wird. Die Polizei kann dies zudem eh nur dem Straßenverkehrsamt mitteilen und die MPU ggf. "anregen".
Ansonsten müsste dies bei jedem Discobesucher angeregt werden. ;)

Ich denke, hier wird aus einer Mücke irgendwie ein Elefant gemacht.

2strong

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Aus NRW ist mir ein Fall bekannt, bei dem aufgrund auffälliger Leberwerte infolge von Medikamentenmissbrauch (Anabolika) die Verbeamtung auf Widerruf (Vorbereitungsdienst) erfolgte, vor Verbeamtung auf Probe jedoch eine wiederholte Untersuchung angeordnet wurde, um festzustellen, ob sich die Werte wieder „gefangen“ hatten (aufgrund eingestellten Konsums).

Du solltest sofort mit dem Saufen aufhören, anfangen Sport zu treiben und Dich ordentlich ernähren. Dann kommst Du in ein paar Wochen vielleicht mit nem blauen Auge davon.

Kat95

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Es ging in der Ausgangsfrage für dich vielleicht nicht um außerdienstliches Verhalten, aber auch dies hat als Beamter einen Einfluss.
Kann man mögen oder nicht, ist aber so.
Und wenn du das nicht willst oder nicht akzeptieren kannst, dann solltest du darüber nachdenken, ob du dich verbeamten lassen willst.
Da du immer wieder nachfragst, ob Trinken ok ist oder nicht und wenn ja wie viel, hinterlässt den Eindruck, als ob es doch nicht so easy ist, wie du es beschreibst.
Hier kann dir wahrscheinlich niemand genau sagen, wie viel ok ist und was der Amtsarzt macht oder nicht.
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, hör auf und lass es ganz, dann gibt´s auch keine Probleme.
Wenn du  weiter machst und es dann doch irgendwie zu Problemen oder Konsequenzen kommt, wurdest du vorgewarnt und dann liegt das in deiner Verantwortung.

Casa

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Zitat
das mag ja sein, das mit der führerscheinstelle, aber im unterschied zu ihm bin ich nicht betrunken auto gefahren, wenn man das jetzt auf das beispiel bezieht.

Deswegen hatte ich das Beispiel mit dem Torkelnden Fußgänger angebracht. Auch ein Fußgänger nimmt am Straßenverkehr teil und es besteht die Möglichkeit, dass der betrunkene Fußgänger auf seine Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr geprüft wird. Insbesondere ist dabei die Trennung von Teilnahme am Straßenverkehr und Alkoholkonsum zu betrachten.

Zitat
die thematik die wir jetzt haben mit der wohlverhaltenspflicht ist ja jetzt nur eine rein theoretische geschichte, die jedoch interessant ist.

Das ist eine sehr praktische Angelegenheit.


Zitat
Es verlangt keiner Perfektion, aber schon eine innere, angemessene Haltung.

Eben.



Zitat
Ich denke nicht, dass der "torkelnde Fußgänger" von der Polizei zur MPU geschickt wird. Die Polizei kann dies zudem eh nur dem Straßenverkehrsamt mitteilen und die MPU ggf. "anregen".

Es hat niemand gesagt, dass die Polizei den torkelnden Fußgänger zur MPU schickt.




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alexanderw85

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zunächst einmal danke für die hilfreichen antworten! es hilft mir sehr weiter, und habe jetzt ein gutes, besseres gefühl!

zum thema, ich finde es interessant, dass mir unterstellt wird, ich hätte probleme, das zu lassen, dabei ist es doch fakt, dass es so ist, dass ich da einen cut gemacht habe und es mich nicht stört. wenn es nicht okay ist, ist es doch voll okay, und wenn es okay ist, ebenso? hätte mich einfach nur interessiert, wie die lage da ist.

zum anderen themenkomplex, speziell an clarion: stichwort ausserdienstliches verhalten. ich übertreibe jetzt mal bewusst und gehe mal von sucht und rauschmitteln weg. es ist auch verpönt, barfuss durch die stadt zu laufen, oder dauernd falsch zu parken, wenn es keine straftat ist, oder sich mit fünf halbnackten frauen zu zeigen, oder wenn man im fussballstadion sich unflätig äussert. wie schon gesagt, das kann doch alles auch einen schlechten ruf nach sich ziehen, dem einen ist das egal, dem anderen nicht. nach wie vor, wer sagt mir, was okay ist, was eben nicht? mir kommt es so vor, als wäre das eine bauchgefühlsentscheidung, die von einzelnen personen je nach laune abhängig ist.

ich habe, auch wenn es sich nicht auf die ausgangsfrage bezieht mal selber nochmal geschaut und folgendes gefunden - zitat folgt von einer bachelorarbeit von michael dommel, die man im internet finden kann, dort steht auf seite 42:

Zitat
Bei außerdienstlichem Verhalten muss geprüft werden, ob eine Amtsbezogenheit gegeben
ist. Denn nur das Verhalten, das dem Amt des Beamten oder dem Ansehen des
Beamtentums in bedeutsamer Weise beeinträchtigen kann, ist hiervon betroffen. Außerhalb
des Dienstes hat sich der Beamte in erster Linie gesetzeskonform zu verhalten.
Außerdienstliches Fehlverhalten liegt z. B. bei Diebstahl, Trunkenheit am Steuer, Betrug,
Meineid oder Unfallflucht vor, nicht jedoch bei Ehebruch oder leichten Verkehrsdelikten.
Darüber hinaus hat der Beamte sein Amt uneigennützig und gewissenhaft auszuführen

das sagt mir, dass das verhalten keine relevanz hat, wenn man sich nicht im strafrechtlichen bereich bewegt, oder sehe ich das falsch?

Grandia

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Ner Kollegin wurde die Verbeamtung mit allen Konsequenzen entzogen, weil sie "geschwänzt" hat und in den Dschungelcamp zur Unterstützung der Tochter in der TV Show gefahren ist.
Nur mal so, wie wichtig die Außendarstellung sein kann.

clarion

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Nun, Arbeitszeitbetrug in Form erschwindelter Krankmeldungen würde wahrscheinlich bei Tarifbeschäftigten den Rauswurf nach sich ziehen.

@alexanderw85, ich wiederhole mich. Beamte sind in der Freizeit zu Wohlverhalten und zur Gesundhaltung verpflichtet. Das sind natürlich unbestimmte Rechtsbegriffe. Hier und da ist das durch Rechtssprechung konkretisiert.  In Hannover wurde vor ein paar Jahren ein Polizeipräsident degradiert und auf einen Posten abgeschoben, wo er keinen Schaden anrichten konnte: Grund: Er hatte in seiner Freizeit ein Establissement im Steintorviertel aufgesucht. Die Inanspruchnahme derartiger Dienstleistungen ist nicht strafbar, das war aber trotzdem das Ende der Karriere. 

Auch wegen Gesundhaltung gab es m.W. schon gerichtliche Verfahren, z.B. weil Beamte sich geweigert haben in Reha zu gehen. Der Amtsarzt vor der Verbeamtung dient einzig und allein dem Zweck, dass keine Leute verbeamtet werden, die aus gesundheitlichen Gründen früh aus dem Dienst ausscheiden oder aber die dem konkreten Amt körperlich nicht gewachsen sind. Demzufolge ist es völlig logisch,  dass exzessive Raucher und Trinker nicht verbeamtet werden.

Wenn Dir das nicht passt, dann wäre mein dringender Rat, auf die Verbeamtung zu verzichten.