Am einfachsten wäre die Bildungsfreistellung erneut zu beantragen, sofern noch fristgerecht möglich. Nach der Frist kann der Arbeitgeber freistellen, muss es aber nicht.
Dies interessiert mich tatsächlich primär:
Wann ist mir als AN der per "Hauspost" versendete Brief des AG als zugegangen?
Zitiert aus meiner Antwort in einem anderen Thread.
Der Zugang erfolgt hier, wenn der VA in den Machtbereich des Empfängers gelangt und bei gewöhnlichem Verlauf und normaler Gestaltung der Verhältnisse mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger zu rechnen ist.
VA ist am Montagmittag mit der Hauspost in der Funktionseinheit angelangt, am Dienstag kann mit Kenntnis durch den Beamten gerechnet werden.
Hier ists freilich ein AN.
Zusammenfassung Bildungsfreistellung über 2 Jahre.§ 3 Abs. 4 AWbG regelt den Anspruch bei Ablehnung der Bildungsfreistellung aus den in § 5 Abs. 2 genannten Gründen. Unabhängig von dem Anspruch auf Übertragung gem. § 3 Abs. 4 kann der Bildungsurlaub gem. § 3 Abs. 1 zusammengefasst werden.
Das "kann" wird von der Behörde im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ausgelegt. In 2024 kann also Bildungsfreistellung mit den Tagen aus 2023 beantragt werden. Die mir bekannten Behörden verweigern üblicherweise keine Zusammenfassung des Bildungsurlaubs aus 2 Jahren. Die Behörde wird eine Entscheidung treffen müssen und muss diese begründen.
Formwirksamkeit Antrag und VAAus dem Erfordernis der schriftlichen Mitteilung in § 5 Abs. 1 AWbG ergibt sich, dass sowohl der Antrag, als auch die in der Norm genannten Unterlagen schriftlich zu übermitteln sind. Grundsätzlich ist ein Antrag eine Willenserklärung. Wird die Willenserklärung nicht dem Formerfordernis entsprechend abgegeben, ist sie unwirksam, § 125 BGB analog.
Gleichwohl kann ein Verwaltungsakt auch bei Vorliegen rechtlicher erlassen werden und bestandskräftig werden. Er muss dafür wenigstens wirsam sein und darf nicht nichtig sein. Hier stellt sich die Frage, ob eine Genehmigungsfiktion ohne formgültigen Antrag wirksam ist und in Bestandskraft erwachsen kann.
Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist, § 44 Abs. 1 VwVfG NRW.
Ich sehe den Tatbestand nicht als erfüllt an.
Weitere Nichtigkeitsgründe aus § 44 Abs. 2 sind nicht ersichtlich.
Viel mehr spricht die Regelung in § 45 Abs. 1 VwVfG NRW dafür, dass ein mangelnder Antrag (also auch ein formunwirksamer Antrag) keinen besonders schwerwigenden Fehler darstellt. Nichtige Verwaltungsakte können nicht geheilt werden. Um einen VA zu heilen, darf er nur rechtswidrig, aber nicht nichtig sein. Der mangelnde Antrag kann nach dieser Norm nachträglich gestellt werden. Das spricht deutlich für einen wirksamen Verwaltungsakt.
I. E. ist die Genehmigungsfiktion auch bei formunwirksamer Antragstellung eingetreten. Der Verwaltungsakt ist rechtswidrig, aber bestandskräftig. Eingeschlossen sind alle beantragten Tage für den Bildungsurlaub, also auch die Tage aus 2023.
Eine Aufhebung kann nur gem. § 48 VwVfG NRW erfolgen.
*§ 5 Abs. 4 stellt m. E keine Lösung dar, da der AG den Antrag nicht aus Sachgründen abgelehnt hat, sondern aus formalen Gründen und keine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Dies würde den vom Gesetzgeber gewollten Anwendungsbereich doch deutlich übersteigen.
Verweigert der Arbeitgeber die Freistellung aus anderen Gründen als aus denen des Absatzes 2, so kann der Arbeitnehmer ihm binnen einer Woche seit Mitteilung der Verweigerung schriftlich mitteilen, er werde gleichwohl an der Bildungsveranstaltung teilnehmen; in diesem Fall darf er an der Veranstaltung auch ohne Freistellung teilnehmen.
Ich würde es trotzdem versuchen und binnen Wochenfrist die Teilnahme mitteilen. Mal sehen wie der AG reagiert.
Weiterhin würde ich mitteilen, "die Ablehnung hat keine Grundlage, da der Antrag durch Genehmigungsfiktion bewilligt ist und das Verwaltungsverfahren beendet ist. Die verspätete Bearbeitung des Antrags aus Dezember 2023 sowie der mangelnde Hinweis auf eine formwirksame Antragstellung führt zudem zu Amtshaftungsansprüchen bzw. Schadensersatzansprüchen, sollte die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung untersagt werden. Anbei erhalten Sie für Ihre Unterlagen den Antrag aus 2023 und die dazugehörigen Unterlagen in Schriftform."
Binnen Monatsfrist wäre Widerspruch zu erheben. Grund 1: "Ein erneuter Antrag wurde nicht gestellt. Ohne Antrag darf die Behörde hier nicht tätig werden."
Denkbar ist zudem, dass die Ablehnung in eine Aufhebung gem. § 48 VwVfG NRW umgedeutet werden kann. Daher ist im Widerspruch weiterhin anzuführen, Grund 2: "Sofern eine Aufhebung der Genehmigungsfiktion vorliegen sollte, mangelt es der Aufhebung an der notwendigen Ermessensausübung und Begründung."
*
Das Unterlassen notwendiger Verfahrensschritte führt hingegen grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsfiktion. Dann ist es allerdings folgerichtig, die §§ 45, 46 anzuwenden (Schoch/Schneider/Baer/Wiedmann VwVfG § 42a Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). § 48 VwVfG findet Anwendung (Schoch/Schneider/Baer/Wiedmann VwVfG § 42a Rn. 21).