Autor Thema: (Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber  (Read 7701 times)

dmmx

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Hallo,

im meiner Behörde war lediglich intern eine Stelle ausgeschrieben, um dich ich mich mit bekanntem GdB 50 beworben habe.
Nach Eingang der Bewerbung wurde mir mitgeteilt, dass ich nicht weiter berücksichtigt werde, weil mir eine wichtige fachliche Voraussetzung, nämlich recht spezifische und hoch-spezielle Vor-Erfahrungen auf dieser und für genau diese Stelle fehlen würden. Das ist prinzipiell richtig (kann man aber lernen), doch reicht das für die von der Rechtsprechung geforderte "offensichtliche" fachliche Nicht-Eignung?
Hintergrund vermutlich:
In dem Referat wurde die bisherige RL zur AL, die Stv. zur RL, die Nummer 3 soll jetzt wohl Stv. werden. Beworben hat sich m.W. außer mir nur Nr. 3, und ich sehe auch nicht, wer im Haus sonst noch das Kriterium der Vorerfahrung erfüllen würde.
Wie mir weiterhin mitgeteilt wurde, ist das Auswahlverfahren wohl abgekürzt worden, so dass nun gar keine Vorstellungsgespräche mehr stattfinden.
Warum schreibt man dann überhaupt aus, wenn es ohnehin nur eine Person werden kann und soll?

Über Einschätzungen wäre ich dankbar.
 

cyrix42

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #1 am: 07.07.2024 13:59 »
Ohne auf deine konkrete Situation eingehen zu können: Wenn die Ausschreibung eine notwendige Voraussetzung in der Person fordert, die ein_e schwerbehinderte_r Bewerber_in nicht erfüllt, dann muss diese_r Bewerber_in auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Ob dies auf deinen Fall zutrifft, kann man nicht beurteilen, da die Auschreibung nicht bekannt ist.

dmmx

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #2 am: 07.07.2024 14:12 »
Danke erstmal!

Ohne auf deine konkrete Situation eingehen zu können: Wenn die Ausschreibung eine notwendige Voraussetzung in der Person fordert, die ein_e schwerbehinderte_r Bewerber_in nicht erfüllt, dann muss diese_r Bewerber_in auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Ob dies auf deinen Fall zutrifft, kann man nicht beurteilen, da die Auschreibung nicht bekannt ist.

Die Rechtsprechung hebt aber m.W. nach IMMER auf die "offensichtliche FACHLICHE Nicht-Eignung" ab, nicht auf eine solche, die, wie du schreibst, in der Person begründet ist (mangelnde Erfahrung).

Diese Differenzierung finde ich interessant.

Ich versuche, das geforderte Kriterium etwas anonymisiert wiederzugeben: "Erfahrungen bei der Erstellung von xxx Stellungnahmen zu
unterschiedlichsten Plan- und Genehmigungsverfahren und bei der Beratung
komplexer Umplanungen bei xxx."

Die habe ich in der Tat nicht, aber nach 20 Jahren in dem Laden weiß ich schon einigermaßen, wie der Hase läuft und könnte mich schon einarbeiten.

Ansonsten wird neben "weichen" Kriterien wie Teamfähigkeit usw. nur ein fachspezifischer Uni-Abschluss verlangt, den ich habe. Bei den "wünschenswerten" Qualifikationen schneide ich dagegen recht gut ab.

Die Frage ist jalt jetzt, ob das ein Fall für das AGG, speziell Art. 15, ist. Weil ich finde, wenn man schon trickst, sollte man verdammt gut tricksen.
« Last Edit: 07.07.2024 14:19 von dmmx »

MoinMoin

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #3 am: 07.07.2024 17:49 »
Wenn du eine in der Ausschreibung genannte Voraussetzung nicht erfüllst, dann darfst du nicht im Auswahlverfahren berücksichtigt werden. Egal ob SB oder nicht.
Selbst ein PR müsste deine Bewerbung ablehnen, da es keine Chancengleichheit gegenüber anderen wäre, die sich nicht "illegal" beworben haben, weil sie sich an den Ausschreibungstext gehalten haben.
Egal ob man sie erlernen kann oder nicht.
Denn wenn da stünde: Hochschulabschluss muss vorhanden sein, dann könntest du mit der gleichen Begründung sagen: Kann ich ja noch abschließen, also müsst ihr mich berücksichtigen!

Tiffy

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #4 am: 07.07.2024 18:29 »

Die Rechtsprechung hebt aber m.W. nach IMMER auf die "offensichtliche FACHLICHE Nicht-Eignung" ab, nicht auf eine solche, die, wie du schreibst, in der Person begründet ist (mangelnde Erfahrung).

Sowohl (fehlende) Erfahrung als auch (fehlende) Abschlüsse liegen in der Person begründet. Worin auch sonst?

dmmx

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #5 am: 08.07.2024 09:00 »
Ok, wir meinen etwas anderes.
Die Rechtsprechung unterscheidet nämlich durchaus zwischen FACHLICHER und PERSÖNLICHER Eignung. Letzteres wäre so etwas wie charakterliche Eigenschaften.
Der Mangel an einschlägiger Erfahrung ist dann aber ein fachliches Kriterium, kein in der Person bedingtes.

dmmx

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #6 am: 08.07.2024 09:15 »
Wenn du eine in der Ausschreibung genannte Voraussetzung nicht erfüllst, dann darfst du nicht im Auswahlverfahren berücksichtigt werden. Egal ob SB oder nicht.
Selbst ein PR müsste deine Bewerbung ablehnen, da es keine Chancengleichheit gegenüber anderen wäre, die sich nicht "illegal" beworben haben, weil sie sich an den Ausschreibungstext gehalten haben.
Egal ob man sie erlernen kann oder nicht.
Denn wenn da stünde: Hochschulabschluss muss vorhanden sein, dann könntest du mit der gleichen Begründung sagen: Kann ich ja noch abschließen, also müsst ihr mich berücksichtigen!

Ganz so einfach ist es nicht - die mangelnde fachliche Eignung muss schon "offensichtlich" sein. Und das ist eben hier die Preisfrage. Einem schwerbehinderten Bewerber, der im Staatsexamen nur die Note 3 statt der in der Ausschreibung geforderten Note 2 hatte, und deswegen nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, hat das BAG eine Abfindung zugesprochen.

MoinMoin

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #7 am: 08.07.2024 09:51 »
Wenn du eine in der Ausschreibung genannte Voraussetzung nicht erfüllst, dann darfst du nicht im Auswahlverfahren berücksichtigt werden. Egal ob SB oder nicht.
Selbst ein PR müsste deine Bewerbung ablehnen, da es keine Chancengleichheit gegenüber anderen wäre, die sich nicht "illegal" beworben haben, weil sie sich an den Ausschreibungstext gehalten haben.
Egal ob man sie erlernen kann oder nicht.
Denn wenn da stünde: Hochschulabschluss muss vorhanden sein, dann könntest du mit der gleichen Begründung sagen: Kann ich ja noch abschließen, also müsst ihr mich berücksichtigen!

Ganz so einfach ist es nicht - die mangelnde fachliche Eignung muss schon "offensichtlich" sein. Und das ist eben hier die Preisfrage. Einem schwerbehinderten Bewerber, der im Staatsexamen nur die Note 3 statt der in der Ausschreibung geforderten Note 2 hatte, und deswegen nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, hat das BAG eine Abfindung zugesprochen.
Und wie ist deine Einschätzung? Hätte er auch eine Abfindung bekommen, wenn überhaupt kein Staatsexamen gehabt hätte? (Weil er kurz vor dem Examen ist z.B.?)
Hast du das Urteil greifbar, würde mir helfen.


Quodlibet

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #8 am: 08.07.2024 11:00 »
Ich verstehe Deine Argumentation ehrlich gesagt nicht.

Hat die Schwerbehinderung Dich gehindert, die erforderlichen Erfahrungen zu sammeln? Denn wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du aufgrund der mangelnden fachlichen Qualifikation aus dem Rennen nicht wegen der Schwerbehinderung.

dmmx

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #9 am: 08.07.2024 11:40 »
Die vorausgesetzte Ausbildung ist konkret greifbar (ja/nein), "Erfahrungen" sind zumindest etwas dehnbarer.


Hast du das Urteil greifbar, würde mir helfen.
[/quote]

https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/benachteiligung-eines-schwerbehinderten-bewerbers-einladung-zu-einem-vorstellungsgespraech-mindestnote-der-ausbildung/

dmmx

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #10 am: 08.07.2024 11:54 »
Ich verstehe Deine Argumentation ehrlich gesagt nicht.

Hat die Schwerbehinderung Dich gehindert, die erforderlichen Erfahrungen zu sammeln? Denn wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du aufgrund der mangelnden fachlichen Qualifikation aus dem Rennen nicht wegen der Schwerbehinderung.

Ich fürchte, ihr versteht nicht, was ich meine:
Laut §165 SGB IX ist der öffentliche AG verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn die fachliche Nicht-Eignung nicht "offensichtlich" ist. Dies gilt auch, wenn bereits nach Aktenlage (Bewerbungsunterlagen) geeignetere/bessere Kandidaten vorhanden sind. Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung reichen nicht aus, da sie in einem Vorstellungsgespräch ausgeräumt werden könnten.
Zudem muss nach AGG nicht ich nachweisen, dass der AG mich diskriminiert hat, sondern der AG, dass er mich nicht diskriminiert hat.

Ich habe nichts dagegen, dass ein besser geeigneter Kandidat die Stelle bekommt, aber mir stößt es auf, dass man sich möglicherweise die Mühe sparen will, ein sauberes Auswahlverfahren durchzuführen, weil man eh schon weiß oder zu wissen glaubt, wer als Einziger in Frage kommt. Dann kann ich mir nämlich eine Ausschreibung sparen. Und es kommt bei uns tatsächlich immer wieder vor, dass ohne Ausschreibung besetzt wird, sogar mit Externen.

cyrix42

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #11 am: 08.07.2024 12:10 »
Du brauchst da nicht zu fürchten, dein Anliegen ist vollkommen klar -- und die Antworten hier auch. Wenn eine schwerbehinderte Person ein notwendiges Kriterium nicht erfüllt, dann ist sie offensichtlich ungeeignet. Da gibt es auch nichts dran herumzudiskutieren, ob man dieses Kriterium noch nachholen könne oder nicht.

MoinMoin

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #12 am: 08.07.2024 12:33 »
Die vorausgesetzte Ausbildung ist konkret greifbar (ja/nein), "Erfahrungen" sind zumindest etwas dehnbarer.


Hast du das Urteil greifbar, würde mir helfen.

https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/benachteiligung-eines-schwerbehinderten-bewerbers-einladung-zu-einem-vorstellungsgespraech-mindestnote-der-ausbildung/
[/quote]
Danke für den Link, aber wie ist denn jetzt das Urteil ausgegangen?
"Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte berechtigt war, in der Stellenausschreibung für den von ihr geforderten Hochschulabschluss die Mindestnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium zu bestimmen und dass dem Kläger angesichts dessen die fachliche Eignung für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich fehlte. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob die Beklagte auch niemand anderen, der das geforderte Hochschulstudium nicht mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossen hatte, zum Vorstellungsgespräch eingeladen bzw. eingestellt hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, die Anforderung eines bestimmten, mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossenen Hochschulstudiums im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren konsequent angewendet hat. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht."

Bin kein Jurist, aber ich lese da raus, dass dass BAG das Verfahren ans LAG zurückgewiesen hat, weil nicht dargelegt wurde, dass niemand mit befriedigend im Auswahl verfahren war.

Man aber durchaus berechtigt ist ein gut zu fordern und dann einen SB damit auch abzuweisen, der kein gut hat.


Und noch klarer dürfte es sein, wenn er noch nicht einmal die geforderte Ausbildung/Qualifikation hat.
Da er damit keinerlei Güte in diesem Forderungsbereich hat.

ike

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Antw:(Nicht-)Einladung schwerbehinderter interner Bewerber
« Antwort #13 am: 08.07.2024 12:48 »
1. Wenn Gewerkschaftsmitglied: rechtlich beraten lassen und auf Möglichkeit wg. einer Klage prüfen, Fristen beachten!

2. Wenn Rechtsschutzversicherung vorhanden: siehe Nr. 1,

3. Wenn weder Nr. 1 noch Nr. 2 zutreffend: hinnehmen und ggf. Behörde wechseln, wenn man genervt ist.

MoinMoin

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« Antwort #14 am: 08.07.2024 12:54 »
1. Wenn Gewerkschaftsmitglied: rechtlich beraten lassen und auf Möglichkeit wg. einer Klage prüfen, Fristen beachten!

2. Wenn Rechtsschutzversicherung vorhanden: siehe Nr. 1,

3. Wenn weder Nr. 1 noch Nr. 2 zutreffend: hinnehmen und ggf. Behörde wechseln, wenn man genervt ist.
oder 4. Urteile richtig lesen, denn die besagen, dass man einen SB nicht einladen muss, wenn er die Voraussetzungen nicht erfüllt.
Das BAG hat doch geurteilt, dass wenn Note 2 gefordert ist, der SB mit Note 3 nicht eingeladen werden muss.
(so lese ich zumindest das von dmmx als Argument hinzugezogenen Urteil)
Und wo da was von eine Entschädigung steht, die der SB erhalten haben soll kann ich dort nicht finden.
Da muss dmmx, dass LAG Urteil noch irgendwo rumliegen haben.