Autor Thema: Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr  (Read 3095 times)

lyrik23

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Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« am: 20.08.2024 08:32 »
Hallo liebe Community,

ich hatte eine befristete Stelle für 9 Monate inne und wollte nach Wechsel auf eine andere Stelle ein Arbeitszeugnis.
Im Januar habe ich es bei meiner Vorgesetzten angefordert. Es hieß sie hätte viel zu tun und bräuchte Zeit dafür.
Dann zog es sich immer weiter hin, mal reagierte sie auf E-Mails, mal nicht. Dann habe ich den Personalservice gebeten, zu vermitteln. Auch der PS hat sie mehrfach angeschrieben.
Der Personalrat könne auch nichts tun.

Im Juni habe ich ein Arbeitszeugnis erhalten, dass in Aufbau und Inhalt keinem qualifizierten Arbeitszeugnis entspricht. Ich habe dem PS geschrieben, dass ich damit nicht einverstanden bin. Der PS hat meine Vorgesetzte (die mittlerweile ebenfalls ihre Stelle gewechselt hat und quasi nicht mehr zuständig ist) um Korrektur gebeten. Bisher passierte nichts.

Was tun? Gibt es Ratschläge?
Mir fällt nur noch ein, ein letztes Gespräch mit dem PS zu versuchen und sonst mit Klage zu drohen. Aber das kostet auch Geld und Nerven...

Viele Grüße!

Tagelöhner

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #1 am: 20.08.2024 10:23 »
Letztes Gespräch mit dem Personalreferat führen, ordentlich vorbereitet einen Gegenentwurf vorlegen, in dem deine Abweichungen gut begründet dargestellt werden. Ansonsten bleibt tatsächlich nur die Hinzuziehung eines Anwalts inkl. Gang vor das Arbeitsgericht. Zeugnisstreitigkeiten sind meistens undankbares Begleitwerk, um das sich auch Anwälte nicht schlagen. Die sind eher auf Kündigungsschutzklagen scharf, bei denen ein gutes Arbeitszeugnis dann nur noch Teil der Verhandlungsmasse bei der Abfindung wird.

Auch immer daran denken, dass du formal nur Anspruch auf ein Zeugnis mit der Gesamtnote befriedigend hast. Dementsprechend bist Du in der Nachweispflicht, wenn es besser ausfallen soll.

Arbeitszeugnisse sind heutzutage doch in aller Regel nur noch Lügenblättchen, die lange nicht mehr den Stellenwert von früher haben. Zu gute Zeugnisse werden gerne mal als "Wegloben" usw. eines unliebsamen Mitarbeiters interpretiert, schlechtere Zeugnisse können auch dazu gedient haben, dem geliebten Mitarbeiter einen Weggang zu erschweren usw.

Alles daher nicht so ganz im Sinne des Erfinders.

MoinMoin

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #2 am: 20.08.2024 10:47 »
Die „Noten“ sind in der Tat eher irrelevant, die Arbeitsinhalt sind durchaus für uns von Interesse.
Aber wenn jemand ständig laue Zeugnisse hat, dann ist dass natürlich was worüber man im VG reden kann.

lyrik23

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #3 am: 21.08.2024 12:52 »
Moin,

vielen Dank für die Rückmeldungen. Ich finds einfach dämlich, meinen AG wegen so etwas verklagen zu müssen. Aber es juckt ja scheinbar auch niemanden so sehr, dass mehr Druck gemacht wird. Jetzt wo meine ehemalige Vorgesetzte auch eine andere Stelle inne hat, müsste eigentlich der Personalservice zuständig sein. Vielleicht tut sich ja etwas nach einem weiteren Gespräch...

@MoinMoin
Die Arbeitsinhalte fehlten auch teilweise. Danke für den Hinweis.

@Tagelöhner
Ich wusste nicht, dass ich gar Anspruch auf eine bestimmte Note (in dem Fall "befriedigend") habe. Wie soll man denn etwas besseres nachweisen, nach so langer Zeit oder wenn Unterlagen nicht mehr zur Verfügung stehen?


TVOEDAnwender

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #4 am: 21.08.2024 14:40 »

@Tagelöhner
Ich wusste nicht, dass ich gar Anspruch auf eine bestimmte Note (in dem Fall "befriedigend") habe. Wie soll man denn etwas besseres nachweisen, nach so langer Zeit oder wenn Unterlagen nicht mehr zur Verfügung stehen?



Zitat
Hinsichtlich der Beurteilung von Leistung und Führung geht das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum hat, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Vollständig überprüfbar sind aber die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Das BAG hat folgerichtig entschieden, dass

der Arbeitnehmer darlegen und beweisen müsse, dass er überdurchschnittlich war (sehr gut und gut)
der Arbeitgeber darlegen und beweisen müsse, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittlich (ausreichend und schlechter) beurteilt werden muss.
Dabei gilt eine befriedigende Leistung, der Schulnote 3 entsprechend, als durchschnittlich. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung von Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Arbeitszeugnisse in ihrer Bewertung den Schulnoten "gut" oder "sehr gut" entsprechen.

Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und diese im Bestreitensfall auch nachweisen, die ihn zu einer unterdurchschnittlichen Beurteilung, also unterhalb der Schulnote "befriedigend" geführt haben. Dazu können erteilte Abmahnungen herangezogen werden oder detaillierte Informationen durch Vorgesetzte oder Kollegen. Allgemeine und undifferenzierte Aussagen ("Herr Müller ist ständig zu spät zur Arbeit erschienen.") reichen nicht aus; in einem solchen Falle kann etwa durch einen Auszug aus dem Zeiterfassungssystem ein entsprechender Nachweis erbracht werden.

Im Regelfall enden solche Verfahren bei den Arbeitsgerichten mit einem Vergleich, dass die Beurteilung im Bereich des "befriedigend" erfolgt.

https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/arbeitszeugnis-gerichtliche-durchsetzung_idesk_PI42323_HI3453594.html#:~:text=Dabei%20gilt%20eine%20befriedigende%20Leistung,oder%20%22sehr%20gut%22%20entsprechen.

lyrik23

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #5 am: 28.08.2024 08:49 »
Moin,

hier mal ein Update nach einem Telefonat mit Abteilungsleitung des PS:

Auch der PS sei unzufrieden mit meiner ex-Vorgesetzten wie die Dinge laufen, aber der PS hätte keine Handhabe, was das Arbeitszeugnis angeht. Denn zuständig sei immer noch die Vorgesetzte. Der PS dient eher als Durchlauferhitzer.
Man werde nur tätig, wenn das Arbeitszeugnis formal nicht korrekt ist. Das sehe der PS aber derzeit nicht.
Wenn ich der Meinung sei, Aufgaben fehlen, sei ich in der Nachweispflicht.

Ein Gespräch mit einem Anwalt folgt demnächst.

troubleshooting

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #6 am: 28.08.2024 09:32 »
...
Man werde nur tätig, wenn das Arbeitszeugnis formal nicht korrekt ist. Das sehe der PS aber derzeit nicht.
Wenn ich der Meinung sei, Aufgaben fehlen, sei ich in der Nachweispflicht.

Ein Gespräch mit einem Anwalt folgt demnächst.

So hatte ich deinen Eingangspost allerdings verstanden. Eben, dass nicht nur inhaltlich, sondern wie du schreibst auch vom Aufbau her keinem qualifizierten Arbeitszeugnis entspricht. Entsprechend wäre doch das jetzt der Zeitpunkt für die PS, die Kaffeetasse wegzustellen...

Aber, mal grundsätzlich: Neue AG als direkter Nachfolger interessieren sich nach meiner Erfahrung nicht für ein Arbeitszeugnis. Im Gegenteil ist eher Konsens, dass dieses nicht vorliegt und erst für den übernächsten AG relevant wird/ist (Übrigens auch Originalaussage meiner aktuellen PS zum Zeugnis vom Alt-AG).

Und ja, wenn du was ergänzt haben willst, musst du nachweisen. Stellenbeschreibung, zur Not aus der Bewerbung reicht aber üblicherweise.

lyrik23

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #7 am: 28.08.2024 10:42 »
So hatte ich deinen Eingangspost allerdings verstanden. Eben, dass nicht nur inhaltlich, sondern wie du schreibst auch vom Aufbau her keinem qualifizierten Arbeitszeugnis entspricht. Entsprechend wäre doch das jetzt der Zeitpunkt für die PS, die Kaffeetasse wegzustellen...

Dazu meinte der PS, dass das nur meine Meinung sei, das der Aufbau keinem qualifizierten Arbeitszeugnis entspräche... Deswegen der Gang zum Anwalt.
Meine bisherigen Arbeitszeugnisse sind sonst auch gut, aber ärgerlich finde ich es schon. Zumal es sein könnte, dass der nächste Vorgesetzte auch schlechte Zeugnisse schreibt.

troubleshooting

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #8 am: 28.08.2024 14:46 »
Also dann, ab zum Anwalt!

Brauchst auch kein schlechtes Gewissen haben, zumal Streitigkeiten zum Arbeitszeugnis das Pendant zur Blinddarm-OP sind.

lyrik23

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #9 am: 30.08.2024 13:51 »
Moin,

hier das Update/der Abschluss:

Ich werde kein Verfahren anstrengen und das Zeugnis so belassen wie es ist. Einfache Aufwand-Nutzen-Überlegung.

Das Arbeitszeugnis hat das Minimum erfüllt, um formal als Arbeitszeugnis gelten zu können. Auch wenn es teilweise widersprüchlich geschrieben sei, so der Anwalt.
Wenn ich mit der Angabe von Aufgaben oder Bewertungen nicht einverstanden sei, hätte ich die Beweispflicht.
Da jetzt nochmal nach E-Mails zu suchen (zumal mein alter Account gelöscht wurde) oder Kolleg:innen als Zeug:innen vorzuladen, halte ich wegen einem 9-monatigem Zwischenzeugnis für too much.

Stattdessen könnte ich es einfach weglassen, bei 9 Monaten, sonst guten Zeugnissen und zumal bei einem internen Wechsel würde das selten jemand hinterfragen.

Danke für den Support!

GeoFen

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #10 am: 01.09.2024 17:46 »
Für 9 Monate hätte sich meiner Auffassung nach wirklich nicht mehr gelohnt.

Ekko

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #11 am: 04.09.2024 08:17 »
Für die Zukunft und weil Zeugnisse im ÖD gerne mal auf sich warten lassen:

Alternativ bietet sich in diesen Fällen immer an, selber ein Zeugnis zu schreiben und zur Unterschrift vorzulegen. Bei inkompetenten Führungskräften profitiert man häufig von deren Opportunismus. Wenn Sie etwas, dass nicht volkommen an den Haaren herbei gezogen ist, konsequenzlos unterschreiben können und dafür die Arbeit erspart kriegen, es selbst zu verfassen, geht das oft erstaunlich schnell.

In den meisten Fällen haben die FK einfach so viel "wichtigeres" zu tun, dass die Zeugnisse immer weiter nach hinten geschoben werden. Die bringen schließlich nichts fürs Tages- oder Projektgeschäft.
Auch da: Zeugnisvorschlag = einfach und schnell für die FK. Da sie mit dir nichts mehr zu tun hat, ist es ihr häufig sogar egal, was letzten Endes drin steht und beide Seiten haben Ruhe.

Das beruht auf rein persönlichen Erfahrungen und kann an anderer Stelle natürlich vollkommen anders aussehen.

lyrik23

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Antw:Arbeitszeugnis, Wartezeit fast ein Jahr
« Antwort #12 am: 30.09.2024 13:59 »
Moin,

hier nochmal ein erfreulicher Nachtrag:

Der Personalservice hat sich nochmal an meine ehemalige Vorgesetzte gewandt und konnte Änderungen hinsichtlich meiner Aufgaben erwirken. D.h. die Aufgaben, die ich auch übernommen habe, stehen nun im Zeugnis drin.

Dranbleiben hat sich also gelohnt. :)