Wenn's nicht so traurig wäre, Bundi und BVerfGBeliever, könnte man wirklich drüber lachen. Ich habe den Entwurf noch nicht vollständig durchdrungen, zwar die Neuregelungen des Art. 1 nachvollzogen, aber noch nicht alle Begründungen hinreichend betrachtet. Auf dieser Grundlage lässt sich bereits einiges hinsichtlich der geplanten neuen Besoldungssystematik festhalten:
1. Mit Art. 1 Nr. 55 § 79 Abs. 1 zeigt sich die Besoldungsgruppe A 3 als Folge der Regelung für Beamte als nicht mehr belegt (vgl. im Entwurf S. 23), während sie für Soldaten weiterhin als die niedrigste erhalten bleibt, vgl. Art. 1 Nr. 61 lit j (S. 25).
2. Art. 1 Nr. 19 § 27 lit. c aa bestimmt unter der Ziffer 1 für neu eingestellte Beamte die Besoldungsgruppe A 4 mit der Erfahrungsstufe 5 als Einstiegsgehalt sowie in der Ziffer 2 in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 die Erfahrungsstufe 3 (S. 11 f.). Eine gesonderte Regelung für die Besoldungsgruppe A 5 habe ich dabei dem Entwurf bislang nicht entnehmen können.
Bislang stellte sich das Besoldungsgefüge wie hier dargesellt dar,
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund-2024&matrix=1):
Als Folge der Neuregelung fallen nun für Beamte die Besoldungsruppe A 3 weg, ebenso die ersten ersten vier Erfahrungsstufen der Besoldungsgruppe A 4 sowie die ersten beiden der Besoldungsgruppen A 6 und A 7. Die entsprechend neugeregelte Besoldungstabelle sind den nachfolgenden Betrachtungen zugrundezulegen:
a) Sofern es keine von mit übersehene Neuregelung der Besoldungsgruppe A 5 gibt, sollten die neueingestellten und übergeleiteten Beamten der Besoldungsgruppe A 4 höher besoldet werden als die Beamten im ersten Beförderungsamt in der Besoldungsgruppe A 5 in den ersten vier Erfahrungsstufen. Da der Beförderungserfolg in der Regel mit einer höheren Besoldung verbunden werden soll, dürfte die Neuregelung verfassungsrechtlich mindestens in Zweifel zu ziehen sein. Sofern ein unlängst in ein höheres Amt beförderter Kollege, der vormals in der Besoldungsgruppe A 4 eingruppiert gewesen ist, nun in den ersten Erfahrungsstufen der Besoldungsgruppe A 5 niedriger als zuvor besoldet werden sollte, liegt hier offensichtlich sowohl eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG als auch von Art. 33 Abs. 2 GG vor. Denn der Beförderungserfolg müssten ihm als Folge der geplanten gesetzlichen Regelung zum Nachteil gereichen.
b) Der Abstand zwischen der untersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 3 als Ausgangspunkt der Besoldungsstaffelung und der untersten Erfahrungsstufe A 8 betrug bislang 416,4 €. Ein nach A 8/1 besoldeter Beamter des mittleren Dienst wurde so um 15,4 % höher besoldet als der im Besoldungsgefüge am niedrigsten besoldete Beamte. Mit der Neuregelung wird sich dieser Abstand zwischen der niedrigsten Grundbesoldung, A 4/5, und der Besoldung des nach A 8/1 eingruppierten Beamten auf 122,31 € verringern, womit der letztgenannte Beamte nur noch um 4,1 % höher besoldet wird als die entsprechend übergeleiteten Beamten. § 9 BBG hebt hervor, dass die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber sich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung richte. § 22a BBG regelt, dass vor dem Wechsel in ein Amt einer höheren Laufbahngruppe (Aufstieg) die erforderliche Qualifikation durch eine Prüfung nachzuweisen sei. Für Beförderungen gelten nach § 22 Abs. 1 BBG die Grundsätze des § 9 BBG (
https://www.gesetze-im-internet.de/bbg_2009/__22.html). Auf Grundlage der gesetzlichen Regelung sollte keine Möglichkeit gegeben sein, entsprechende Regelungen wie die gerade genannten durchzuführen. Denn de facto erfolgen sie mit Beförderungen gleichkommender Wirkung, ohne dass die entsprechend übergeleiteten Beamten eine höherwertige Leistung erzielen können oder nachgewiesen haben werden. Hierauf verweist ebenfalls die Begründung, wenn sie auf der S. 96 hervorhebt:
„Im Zusammenhang mit der Einführung eines einheitlichen Eingangsamts der Besoldungsgruppe A 4 für den einfachen Dienst (vgl. Nummer 16 zu § 23) soll allen Beamtinnen und Beamten, denen noch ein Amt der Besoldungsgruppe A 3 übertragen ist, mit Wirkung vom Inkrafttreten des Gesetzes ein Amt der Besoldungsgruppe A 4 übertragen werden. Dabei behalten sie die bereits in A 3 erreichte Erfahrungsstufe und setzen die in der erreichten Stufe bereits zurückgelegte Stufenlaufzeit bis zum Erreichen der nächsten Stufe fort.“
Der unlängst noch nach der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 3 besoldete Beamte bzw. der soeben noch nach der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 besoldete Beamte wird nun höher besoldet als der soeben noch in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 7 besoldete Beamte. De facto wird so gegenüber heute ein Aufstieg um vier bzw. drei Besoldungsgruppen vorgenommen, ohne dass entsprechende gesetzliche Möglichkeiten und in den Fähigkeiten der entsprechenden Beamten nachgewiesene Leistungen gegeben wären.
c) Der Abstand zwischen der untersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 und der untersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppen A 6, A 7 und A 8 belief sich bislang auf 74,17 € (2,7 %), 204,74 € (7,4 %) und 364,16 € (13,2 %). Mit der Neuregelung ergeben sich folgende Unterschiede von 28,84 € (1,0 %), 163,57 € (5,4 %) und 122,31 % (4,1 %). Insbesondere die weitgehende Einebnung der Unterschied zwischen den Besoldungsgruppen A 4 und A 8 sollte sich sachlich kaum rechtfertigen lassen. Darüber hinaus wird als Folge der Neuregelung ein in der untersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 7 eingruppierter Beamter um 41,26 € höher besoldet als ein in der untersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 8 eingruppierter Beamter. Die niedrigere Besoldung eines höherwertigen Amts bzw. einer höherwertigen Tätigkeit als Folge einer nicht als Beförderung zu betrachtenden Überleitung sollte sich aber gleichfalls nicht mit dem Alimentationsprinzip in Einklang bringen lassen.
d) Zur Begründung der entsprechenden Neuregelung zur Neueinstellung bzw. Überleitungen führt die Begründung auf S. 84 aus, dass im einfachen Dienst die Erbringung einer vollwertigen Leistung kaum von einer beruflichen Erfahrung abhängig sei, so dass auch ohne Vorerfahrung eine entsprechende Leistung erbracht werden könne. Sofern sich diese Aussage als sachlich erhärtbar zeigen sollte, ließe sich so erst recht nicht begründen, wieso mit einer Beförderung in ein höherwertiges Amt und einem entsprechenden Aufstieg von der Besoldungsgruppe A 4 in die Besoldungsgruppe A 5 nun zukünftig für die gerade entsprechend beförderten Beamten ein ggf. niedrigeres Grundgehalt erzielt werden sollte. Auf Grundlage der ausgeführten Begründung für die Überleitung stellt sich der Beförderungserfolg als faktisch Herabstufung dar, obgleich der Beförderung eine offensichtlich höhere Leistungsfähigkeit zugrunde gelegen haben musste als das gerade genannte Anforderungsniveau. Ebenso ließe es sich offensichtlich kaum vor dem Alimentationsprinzip rechtfertigen, dass die oben dargelegte Einebnungen von Besoldungsunterschieden von Beamten mit dem gerade genannten Anforderungsniveau und dem von Beamten, die im mittleren Dienst beschäftigt sind, vollzogen wird. Denn es gibt keinen sachlichen Grund, der eine solche Einebnung rechtfertigen könnte, wie sie oben bspw. insbesondere an der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 8 nachgezeichnet worden ist und die darüber hinaus auf die weiteren Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen ausstrahlt. Diese Ausstrahlungswirkung wird vom Gesetzentwurf durchaus referiert, ohne daraus jedoch die notwendigen sachlichen Schlüsse zu ziehen (vgl. im Entwurf S. 53).
e) Der mit der Neuregelung offensichtlich verbundene Zweck der Einhaltung des Mindestabstandsgebots, wie er eingangs der Begründung auf der S. 53 hervorgehoben wird, erweist sich darüber hinaus als evident sachwidrig. Entsprechend hebt die Begründung an der zuvor genannten Stelle (S. 84) hervor:
„Letztlich dient der reguläre Einstieg in höhere Erfahrungsstufen für Beamtinnen und Beamte im einfachen Dienst in der Besoldungsgruppe A 4 Stufe 5 sowie in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 in Stufe 3 auch der Sicherstellung einer ausreichenden Mindestalimentation. Auch wenn sich die Abstände der Einstiegsgehälter verringern, wird das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen nicht verletzt, da hierfür das jeweilige Endgrundgehalt maßgebend ist“.
Denn das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen besagt, dass es dem Besoldungsgesetzgeber materiell-rechtlich ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums untersagt ist, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen, soweit der Gesetzgeber nicht in dokumentierter Art und Weise von seiner Befugnis zur Neueinschätzung der Ämterwertigkeit und Neustrukturierung des Besoldungsgefüges Gebrauch macht (vgl. den zweiten Leitsatz in BVerfGE 145, 304;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html). Eine Neueinschätzung der Ämterwertigkeit ist zunächst einmal in den gerade genannten Darlegungen nicht sachlich begründet worden. Die Betrachtung von Endgrundgehältern dient darüber hinaus ausschließlich der indiziellen Prüfung, hat also keine materiell-rechtliche Bedeutung. Denn es liegt auf der Hand, dass es dem Besoldungsgesetzgeber nicht nur nicht verboten ist, Abstände zwischen der vorletzten und der letzten Erfahrungsstufe unstatthaft einzuebnen, sondern dass sich dieses Verbot auf die gesamte Besoldungssystematik erstreckt.
Damit haben wir zunächst nur die Grundlagen betrachtet, die zum neuen Ausgangspunkt der Besoldungssystematik führen sollen und die allein für sich betrachtet bereits keine sachliche Konsistenz beanspruchen könnten. Allein die bislang dargelegten Problematiken sollten ausreichen, um den gesamten Entwurf als evident sachwidrig zu betrachten. Fortsetzung folgt.