Ob Beamte verfassungsrechtlich eine Ewigkeitsgarantie auf Alimentation ohne Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Partner haben ist zumindest strittig, die althergebrachten Grundsätze und ein etwaiger Vertrauensschutz all derjenigen die hier unter diesen Bedingungen ins Beamtentum eingestiegen sind beißen sich hier mit einer sicherlich im Grunde notwendigen Fortentwicklung des Berufsbeamten.
Danke für Deie Info, Bal, die die Problematik in den Dienstrechtsministerien offenbart: Denn die verfassungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ist auch hier eineutig und wird sich zukünftig nicht ändern: Das Leitbild "Alleinverdienermodell" ist verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben und kann deshalb vom Besoldungsgesetzgeber jederzeit geändert werden, wie das hinsichtlich der vierköpfigen Beamtenfamilie Brandenburg und Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit getan haben, ohne dass diese Veränderung zur Vermutung Anlass geben könnte, dass die von ihnen an jenem Leitbilid ausgerichteten Regelungen ursprünglich von ihrer Form und Höhe verfassungswidrig sein könnten. Es ist der Politik folglich erlaubt, entsprechend neue Leitbilider in ihre Besoldungsgesetzgebung einzufügen und ihre Regelung der Gesetzeslage an ihnen auszurichten, sie also zur ihrer Begründung sachlich heranzuziehen. Denn die soziale Wirklichkeit ist eindeutig: Das Doppelverdienermodell spielt heute eine wichtige Rolle in der Gesellschaft.
Festgeschrieben ist aber bis auf Weiteres verfassungsrechtlich der aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleitete Kontrollmaßstab des "Alleinverdienermodells", der besagt, dass die Verwaltungsgerichte sich gezwungen sehen, anhand dieser Bezugsgröße, die hier also im gerichtlichen Kontrollverfahren nicht als politisches Leitbild heranzuziehen ist, die Grenze zur Unteralimentation zu bemessen.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat also in entsprechenden Verfahren zu kontrollieren, ob die Mindestalimentation, die anhand des alleinverdienenden verheirateten Beamten mit zwei Kindern zu bemessen ist, vom Besoldungsgesetzgeber garantiert wird. Wird sie unterschritten, ist die von diesem Unterschreiten unmittelbar betroffene Alimentation der jeweiligen Beamten evident unzureichend und stellt sich so als verfassungswidrig dar.
Entsprechend ist das zu lesen, was ich ab der Seite 14 meiner Betrachtung ausgeführt habe.
Da nun die Besoldungsgesetzgeber neue politische Leitbilder mit zwei zum Familieneinkommen beitragenden Verdienern erstellen, sehen sie sich weiterhin veranlasst, in ihrer Prüfung zur Begründung ihrer Gesetzgebung den Blick der Verwaltungsgerichtsbarkeit einzunehmen. Darüber hinaus verfügen sie - anders als die Verwaltungsgerichtsbarkeit - über das Recht, einen anderen Prüfungsmaßstab zur Überporüfung ihrer in Form und Höhe zu betrachtenden Besoldungsgesetzgebung heranzuziehen. Dieser Prüfungsmaßstab müsste dann in der gerichtlichen Kontrolle betrachtet werden. Allerdings hat einen solchen Prüfungsmaßstab bislang kein Besoldungsgesetzgeber entwickelt, sodass es verfassungsrechtlich weiterhin keine Diskussion geben kann, dass das Bundesverfassungsgericht einen anderen Kontrollmaßstab seiner Rechtsprechung zugrundelegen könnte, da es ja gar keinen Prüfungsmaßstab vorfinden wird, wenn dann in nächster Zeit die ab 2022 auf Basis des Leitbilids des Doppelverdienermodells erstellten neuen Strukturen und Höhen der Beamtenbesoldung von den Verwaltungsgerichten geprüft werden werden und die Verwaltungsgerichte also zu dem Schluss kommen werden, dass das Mindestabstandsgebot in diesen Gesetzen von seiner Höhe her in Gestalt der unmittelbar von diesen Regelungen betroffenen Beamten sich als verletzt zeigt.
In den Dienstrechtsministerien werden genau solche Diskussionen, wie Du sie beschreibst, Bal, stattfinden. Allerdings haben sie keine sachliche Relevanz, da die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterhin eindeutig ist. Wollte man als Besoldungsgesetzgeber darauf hinwirken, dass sich das Bundesverfassungsgericht veranlasst sehen könnte, seine regelmäßige Rechtsprechung zu verändern, müsste man zunächst einmal sachliche Argumente dafür ins Feld führen. Das "Leitbild" Doppelverdienermodell ist dafür gänzlich ungeeignet, da es aus sich allein keine Betrachtung eines zweiten Einkommens in der gesetzgeberischen Prüfung des Mindestabstandsgebots zulässt.
Da die von Bal skizzierte und darin in den jeweiligen Dienstrechtsministerien bislang regelmäßig nicht hinreichend sachgerecht begriffene verfassungsrechtliche Situation folglich wiederkehrt, hier das Ende der Fahnenstange, also die Konsequenz dessen, was ich in der Vergangenheit regelmäßig dargelegt und in meinem letzten, hier zitierten Beitrag skizziert habe:
1. Eine immer größere Anzahl an Besoldungsgesetzgebern erstellen in ihrer Besoldugsgesetzgebung seit 2022 Doppelverdienermodelle als Leitbild ihrer Besoldungsgesetzgebung.
2. Auf dieser Grundlage betrachten sie den Verdienst des Ehe- oder Lebenspartners eines Beamten und beziehen diese Betrachtung in die Bemessung der amtsangemessenen Alimentation mit ein.
3. Die Verwaltungsgerichte sehen sich aber gezwungen, die Beachtung des Mindestabstandsgebots anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu kontollieren, also bis auf Weiteres in der Gegenüberstellung der am Alleinverdienermodell erstellten Mindestalimentation und der tatsächlich gewährten Nettoalimentation den Bezugspunkt des verbeamteten Alleinverdieners heranzuziehen, da sie der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung weiterhin keinen anderen entnehmen können, anhand dessen sie die Einhaltung des Mindestabstandsgebot durch den Besoldungsgesetzgeber kontrollieren könnten.
4. Von daher reicht es sachlich nicht aus, dass der Besoldungsgesetzgeber ein entsprechendes Leitbild der Doppelverdienerfamilie seiner Besoldungsgesetzgebung zugrunde legt. Vielmehr muss er ebenso einen neuen Kontrollmaßstab entwickeln, um so sicherstellen zu können, dass die Form des neuen Doppelverdienermodells und die daraus mit ihm begründete Höhe der von ihm gewährten Alimentation unter anderen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich von Art. 6 Abs. 1 GG im Einklang steht, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, ebenso mit Art. 14 Abs. 1 GG, wonach das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet werden, ebenso mit Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat, dass also die Neuregelung in ihrer Form und Höhe den Leistungsgrundsatz hinreichend beachtet, und dass ebenso mit der Neuregelung keine Verletzung des Alimentationsprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG einhergeht.
5. Sofern der Besoldungsgesetzgeber mit der Zugrundelegung des Doppelverdienermodells als neues Leitbild seiner Gesetzgebung also keinen entsprechenden neuen Kontrollmaßstab entwickelt hat, was bislang in allen Rechtskreisen so geschehen ist - ein neuer Kontrollmaßstab ist bislang nirgends entwickelt worden -, sieht sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit gezwungen, allein das Alleinverdienermodell als Kontrollmaßstab zur Kontrolle des Mindestabstandsgebots heranzuziehen, also die Einhaltung des Mindestabstandsgebots an ihm - dem Alleinverdienermodell - zu kontrollieren. An ihm gemessen, sind alle entsprechenden Gesetzgebungen als das Mindestabstandsgebot verletztend zu betrachten.
6. Das Bundesverfassungsgericht wird entsprechend kontrollieren - das ist seine verfassungsrechtliche Aufgabe in einem konkreten Normenkontrollverfahren -, ob das eine Richtervorlage vorlegende Verwaltungsgericht seine gerichtliche Kontrolle sachgerecht vollzogen hat. Es wird also prüfen, ob das vorlegende Gericht das Mindestabstandsgebot sachgerecht am Alleinverdienermodell kontrolliert hat. Da es darüber hinaus in der Vorlage des Verwaltungsgerichts keine weiteren Ausführungen zu einem anderen Kontrollmaßstab vorfindet, kann es einen nicht vorhandenen weiteren Kontrollmaßstab gleichfalls nicht betrachten. Es wird also seine Rechtsprechung unter der Betrachtung eines verletzten Mindestabstandsgebots vollziehen.
7. Sofern in Zukunft ein Besoldungsgesetzgeber einen entsprechenden Kontrollmaßstab für ein Doppelverdienermodell entwickeln wollte bzw. ihn entwickelte, würde das angerufene Verwaltungsgericht hinsichtlich der Kontrolle des Mindestabstandsgebots wie folgt vorgehen:
a) Es würde, wie es seine Pflicht ist, das Mindestabstandsgebot anhand des Alleinverdienermodells kontrollieren und feststellen, dass es weiterhin von seiner Höhe her als verletzt zu betrachten ist, weshalb es hinsichtlich von Klagen von Beamten, deren Alimentationshöhe sich entsprechend als unmittelbar nicht ausreichend darstellte, eine verfassungswidrige Unteralimentation formulierte, um auch hier einen Vorlagebeschluss zu fassen;
b) Es würde darüber hinaus, sofern der neue Kontrollmaßstab des Besoldungsgesetzgebers dazu sachlich Veranlassung geben sollte, auch ihn betrachten und seine entsprechende Betrachtung in der Vorlage begründen, ohne dass das etwas daran ändern würde, dass es einen Vorlagebeschluss fassen würde, da es auf Grundlage der von ihm verpflichtend heranzuziehenden bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sich gezwungen sieht, zum in Nr. 7 lit. a genannten Ergebnis zu gelangen.
8. Das Bundesverfassungsgericht würde nun diese Begründung des vorlegenden Gerichts prüfen und ggf. zu dem Ergebnis kommen, dass der neu entwickelte Kontrollmaßstab des Besoldungsgesetzgebers sachgerecht zur Kontrolle des Mindestabstandsgebots unter der Betrachtung des Leitbilds des Doppelverdienermodell sei, sodass es in diesem Fall - sofern der Kontrollmaßstab in der Prüfung zu einem solchen Ergebnis führt (wovon auszugehen sein müsste, da der Besoldungsgesetzgeber ansonsten selbst noch während des Gesetzgebungsverfahren eingestanden hätte, dass sich das Mindestabstandsgebot als verletzt darstellte) - von einem nicht verletzten Mindestabstandsgebot in Form und Höhe unter Beachtung des Leitbilds des Doppelverdienermodells käme. Als Folge könnten dann weitere Besoldungsgesetzgebers ihr jeweiliges Doppelverdienermodell an der entsprechenden Begründung des Bundesverfassungsgerichts prüfen.
8. Ebenso könnte das Bundesverfassungsgericht nun in der Prüfung der Begründung des vorlegenden Gerichts zu dem Ergebnis gelangen, dass dessen Kontrolle des neuen Kontrollmaßstabs nicht sachgerecht erfolgt, was Karlsruhe begründen müsste, sodass die Besoldungsgesetzgeber für ihre Besoldungsgesetzgebung unter dem Leitbild des Doppelverdienermodells Kriterien zu deren Prüfung in Form und Höhe vorfinden würden.
Dieser sachlich vorgezeichnete Weg liegt vor uns. In nächster Zeit werden die ersten Verwaltungsgerichte zu dem Ergebnis gelangen, dass sie keinen Kontrollmaßstab zur Kontrolle des Mindestabstandsgebots unter dem Leitbild des Doppelverdienermodells von Besoldungsgesetzgebern vorfinden werden und sich ggf. mit dem jeweiligen Leitbild des Doppelverdienermodells beschäftigen und dann die entsprechenden Verletzungen des Mindestabstandsgebots mindestens unter der Betrachtung von Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG feststellen und entsprechende Vorlagen formulieren. Diese Begründungen wird das Bundesverfassungsgericht aufnehmen, sodass wir dann die Ergebnisse vorfinden werden, die ich gerade unter der Nr. 5 und 6 beschrieben habe.