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Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil
BVerfGBeliever:
--- Zitat von: cyrix42 am 10.09.2024 16:20 ---@Rentenonkel: Danke für die sachliche Darstellung! (Ich muss auch konstatieren, dass ich in der Diskussion nicht immer frei von Emotionen geblieben bin. Die ad hominem Einwürfe waren nicht zielführend...)
--- End quote ---
No offence taken. :)
Ansonsten hier noch mal meine "Meinung":
Du hast völlig Recht, es gibt einen Widerspruch zwischen dem Leistungsprinzip und dem Alimentationsprinzip (wobei ich vermutlich eher von "Spannungsverhältnis" sprechen würde, was natürlich nichts am Ergebnis ändert).
- Das Leistungsprinzip besagt, salopp formuliert, dass jeder Beamte nach seiner "Leistung", also seiner Inanspruchnahme, Verantwortung, Wertigkeit seines Amtes, usw., besoldet werden muss. Und dies (zunächst mal) völlig losgelöst von seiner familären Situation, genau wie jeder andere Arbeitnehmer auch.
- Das Alimentationsprinzip besagt, dass dem Beamten und seiner gesamten Familie eine amtsangemessene Lebensführung ermöglicht werden muss.
Je länger ich darüber nachdenke, desto "salomonischer" finde ich den Kompromiss, den das BVerfG aus meiner Sicht zur Auflösung des Konflikts zwischen den beiden konkurrierenden Forderungen gefunden hat:
1.) Ab dem dritten Kind gilt quasi ausschließlich das Alimentationsprinzip. Für dieses und jedes weitere Kind hat der Beamte Anspruch auf eine zusätzliche (Netto-)Alimentation in Höhe von 115% des Bedarfs eines entsprechenden Bürgergeld-Kindes. Und ja, natürlich heißt das, dass hohe Besoldungsgruppen einen höheren Brutto-Anspruch haben als niedrige, um netto den gleichen Zuschlag zu erhalten (allerdings könnte ich mir vorstellen, dass das BVerfG diesbezüglich eine gewisse Pauschalierung erlaubt). Und ja, daraus ergeben sich Fragen und Anmerkungen:
- Natürlich ist die Grenze beim dritten Kind in gewisser Weise willkürlich (warum nicht erst ab dem fünften? oder schon ab dem ersten?). Aber irgendwo muss diese nun mal sein und als Abgrenzung zwischen Klein- und Großfamilie ist die Zahl ja vielleicht gar nicht mal so schlecht gewählt.
- Und ja, durch diese Regelung wird das Leistungsprinzip quasi "außer Kraft" gesetzt. Mit beliebig vielen Kindern kann auch ein A3, A4 oder A5 eine beliebig hohe Besoldung erreichen.
- Und ja, natürlich kann sich ein Tarifangestellter zu Recht fragen, warum ein Beamter ab dem dritten Kind 800 oder 900 Euro zusätzlich bekommt und er nicht.
- Und ja, natürlich kann die Springer-Presse hetzerische Artikel (Stichwort "goldene Beamtenkinder") dazu schreiben.
-> Zu all diesen Punkten lautet die simple Antwort: Das BVerfG hat nun mal so entschieden. Und zwar nicht erst kürzlich und nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder und das (mindestens) seit 1977.
2.) In diametralem Gegensatz dazu ist die Situation bei den ersten beiden Kindern. Hier besteht explizit KEIN Anspruch auf eine bedarfsgerechte Kinder-Alimentation. Im Gegenteil: Dem Beamten mit einem oder zwei Kindern ist es zuzumuten, "Einschnitte in der Lebensführung" gegenüber einem kinderlosen Beamten hinzunehmen und die zusätzlichen Kosten quasi "aus eigener Tasche" bezahlen zu müssen, genauso wie übrigens jeder andere Arbeitnehmer auch. Denn auch bei Beamten ist die Familienplanung "Privatsache". Somit ergeben sich auch hier Fragen und Anmerkungen:
- Ja, der Gesetzgeber darf grundsätzlich auch hier mit Zuschlägen arbeiten, so dass ein Beamter mit zwei Kindern (etwas) mehr bekommt als ein kinderloser Beamter.
- ABER: Im Gegensatz zu oben muss hier strikt das Leistungsprinzip beachtet werden! Das klingt möglicherweise erstmal harmlos, ist jedoch aus meiner Sicht (wenn man etwas länger darüber nachdenkt) ein sehr scharfes Schwert.
- Denn wie erwähnt haben sich jahrzehntelang alle Gesetzgeber in allen Besoldungskreisen an das Leistungsprinzip gehalten, indem sie nur sehr geringe Zuschläge gezahlt und somit das Besoldungsgefüge aufrecht- und damit die Ämterwertigkeit eingehalten haben.
- Seit kurzem ist dies jedoch leider nicht mehr der Fall. So kann beispielsweise aktuell in NRW ein (nahezu ungelernter) A5/3 mit zwei Kindern bereits an seinem allerersten Arbeitstag ein höheres Gehalt bekommen als ein kinderloser A12/5, der schon eine Weile "am Start" ist.
- Mit anderen Worten: Die seit Jahrzehnten austarierte Besoldungssystematik zwischen den Gruppen und Stufen wurde per Handstreich zerschossen und pulverisiert.
- Und ja, du hast völlig Recht, bisher hat sich das BVerfG hierzu noch nicht geäußert. Aber das nur deshalb, weil bisher keinerlei diesbezügliche Notwendigkeit bestand.
- Somit bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass das geschilderte Beispiel (A5 <-> A12) massiv gegen Artikel 33 unseres Grundgesetzes verstößt. Oder würdest du etwa behaupten wollen, dass die aktuelle NRW-Regelung folgende Punkte noch ausreichend berücksichtigt, die sich laut BVerfG in der Besoldung widerspiegeln MÜSSEN (Quelle: Randnummer 52 des BVerfG-Urteils von 1977, siehe https://openjur.de/u/173228.html)?
a) Bedeutung der Institution des Berufsbeamtentums
b) Rücksicht darauf, daß das Beamtenverhältnis für qualifizierte Kräfte anziehend sein muß
c) Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft
d) vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung
e) Verantwortung des Amtes
f) Beanspruchung des Amtsinhabers (häufig als "Leistung" bezeichnet)
-> Zusammenfassend: Zu hohe Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder zerstören die Ämterwertigkeit und sind daher (aus meiner Sicht) grob verfassungswidrig. Würde das BVerfG dies "erlauben" wollen, hätte es sich den gesamten obigen "Zinnober" mit der trennscharfen Unterscheidung ab dem dritten Kind sparen können. Somit hoffe ich sehr, dass es den absurden Zuschlagsorgien der Besoldungsgesetzgeber möglichst bald ein jähes Ende bereiten wird.
Und ja, selbstverständlich ist nichts von dem, was ich geschrieben habe, bis in alle Ewigkeit in Stein gemeißelt. Allerdings bedürfte es nach meinem Verständnis schon sehr guter Begründungen, um fundamentale Änderungen durchzusetzen, da das BVerfG aus guten Gründen sehr auf Kontinuität bedacht ist (alleine schon, weil es keine weitere Instanz mehr über ihm gibt).
P.S. Ich bin noch nicht so gut mit der hiesigen Suchfunktion vertraut, aber lustigerweise hat anscheinend @Ryan bereits vor einigen Monaten etwas (zumindest nach meinem Verständnis) sehr Ähnliches wie ich geschrieben: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.msg343258.html#msg343258
BVerfGBeliever:
--- Zitat von: Rentenonkel am 11.09.2024 09:36 ---Der Dienstherr ist allerdings Arbeitgeber und Staat in Personalunion. Er hat quasi immer sicherstellen, dass das Nettoeinkommen des Beamten unabhängig von seinem Familienstand und der Anzahl der Kinder ohne Anrechnung von etwaigen ergänzenden Sozialleistungen mit der Besoldung (plus Kindergeld) von Amts wegen mindestens 15 % über dem Existenzminimum liegt.
--- End quote ---
Nicht ganz. Die korrekte Bedingung des BVerfG lautet, dass eine vierköpfige Beamten-Familie immer mindestens 15% netto mehr bekommen muss als eine vierköpfige Bürgergeld-Familie.
Warum die beiden Formulierungen nicht das Gleiche sind (und aufgrund des Leistungsprinzips insbesondere zu deutlich anderen Ergebnissen führen), habe ich versucht, in meinem vorhergehenden Post zu erläutern.
MoinMoin:
Das spannende wird sein, ob die seinerzeit als Grenze zwischen Normalfamilie und Großfamilie gezogene Linie von 4 Personen vom BVerG bestätigt wird, oder sie es anpassen an die Lebenswirklichkeiten (da würde man sicherlich von der 3K Familie reden müssen, denn "gefühlt" ist man heutzutage mit 2 Kinder schon eine Großfamilie), denn Amtsangemessenheit ist nichts was im freien juristischem Raum hängt, sondern Eng mit der gesamtgesellschaftlichen Situation zusammenhängt und nicht davon abgekoppelt sein darf.
Wobei ich mich immer wieder Frage, wo an welcher Stelle "Das BVerfG hat nun mal so entschieden" hat es diese Grenze gibt, oder ob diese Grenze nicht durch den Gesetzgeber vorher eingeführt wurde und es nur vom BVerG aufgegriffen und verarbeitet wurde (Hier wäre ich dankbar, wenn man mir auf die Sprünge hilft).
Denn es gab die Abstufung zwischen einem Kind zwei Kinder und viele Kinder in der Gestzgebung (ab 3. Kind war das Kindergeld gleich und da drunter geringer), auf dem das BVerG sich bezieht.
Also von daher wird immer so geschrieben, als ob es eine Erfindung vom BVerG wäre und es sich damit quasie aus dem GG ableitet, ist es aber nicht, sondern nur eine Reaktion auf die bestehende Gesetzgebung und die dort vorhandene Abstufungen.
Dies ist aber Geschichte und auch das ist für mich ein Indiz, dass das BVerG hier eine Anpassung an die heutigen Gegebenheiten machen könnte.
Und wenn man seinerzeit das BVerG feststellt daß jedenfalls in der Lebenswirklichkeit die Beamten ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Familie "sich annähernd das gleiche leisten" können. (Rn55) aber dort auch feststellt "Das läßt sich nicht auf Heller und Pfennig ausrechnen", so haben wir derzeitig eben eine Abkehr von eben diesem BVerG, dass es eben durchaus auf Heller und Pfennig ausgerechnet hat, was es bedeutet und wir nun sehen, dass der 4K A3er mindestens eben 40 Prozent mehr braucht um amtsangemessen besoldet zu sein.
Und ob man sich annähernd das gleiche leisten kann, wenn der Single und 4k Familie vom Einkommen her nur 10% auseinanderliegen somit der Single extrem viel mehr zur Verfügung hat, ist etwas, was ich bezweifle und wo ich eine Verfassungswidrigkeit sehe und ich mich Frage, ob hier nicht offensichtlich wird, dass der Bogen des "Privatvergnügens der Familie bis Kind 3" überspannt ist.
Man darf gespannt sein.
Denn nochmals, 1977 war die Gesetzgebung beim Kindergeld und bei den Steuerfreibeträge (Auch die Kinderfreibeträge waren damals gestaffellt!!) dergestalt, das es eine Trennung zwischen Kind 1,2 und 3+ gab, mE kommt daher diese Unterscheidung beim BVerG.
Und dies hatte direkte Auswirkung auf die Besoldung und die Besoldung musste entsprechend justiert werden.
Wenn sie also unter den heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen Urteilen müssten, gäbe es uU diesen Bezug auf eine 4k Familie nicht (so meine steile These).
Falls man jedoch zum Schluss kommt, dass nur ein verschwindet geringer Teil für Kind 1 und 2 via Kinderzuschlag in die Besoldung einfließen darf, dann muss in der Tat eine sehr hohe Grundbesoldung her.
Dann müsste der A3er so um die 40% mehr bekommen.
Was mich für alle freuen würde.
Dann wäre damit geklärt, was eine A3 Amt bezogen auf die Bedeutung des Berufsbeamtentums, Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, der vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung, der Verantwortung des Amtes, Wertigkeit seiner Ausbildung und der Beanspruchung des Amtsinhabers monetär wert ist:
Es ist der Bezahlung eines Angestelltem mit einem Studium gleichzustellen.
Da bin ich jedoch gespannt, ob dann nicht ein Bürger gegen diese Besoldung klagt oder ob da nicht beim Widerspruch zwischen dem Leistungsprinzip und dem Alimentationsprinzip andere Leitlinien als die Ausrichtung 4K für den Single gefunden werden müssen.
NelsonMuntz:
--- Zitat von: BVerfGBeliever am 12.09.2024 06:11 ---
--- Zitat von: Rentenonkel am 11.09.2024 09:36 ---Der Dienstherr ist allerdings Arbeitgeber und Staat in Personalunion. Er hat quasi immer sicherstellen, dass das Nettoeinkommen des Beamten unabhängig von seinem Familienstand und der Anzahl der Kinder ohne Anrechnung von etwaigen ergänzenden Sozialleistungen mit der Besoldung (plus Kindergeld) von Amts wegen mindestens 15 % über dem Existenzminimum liegt.
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Nicht ganz. Die korrekte Bedingung des BVerfG lautet, dass eine vierköpfige Beamten-Familie immer mindestens 15% netto mehr bekommen muss als eine vierköpfige Bürgergeld-Familie.
Warum die beiden Formulierungen nicht das Gleiche sind (und aufgrund des Leistungsprinzips insbesondere zu deutlich anderen Ergebnissen führen), habe ich versucht, in meinem vorhergehenden Post zu erläutern.
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115% vom Bürgergeld sind doch 115% vom Existenzminimum ;)
Ich kann Deinen Ausführungen und den vielen zitieren Argumenten des Verfassungsgericht zwar grundsätzlich folgen, ziehe hier aber (meiner Natur als Tarifbeschäftigter folgend) oft andere Schlüsse, auch weil ich es mir erlaube, die politische und gesellschaftliche Dimension in die Ausgestaltung einer Lösung miteinzubeziehen.
"Einseitige Aufwertungen" des Beamtentums würden gerade im öD besonders drastisch zu Tage treten, da hier die verschiedenen Welten mit den unterschiedlichen Bezahlungen bei oft identischen Aufgaben aufeinandertreffen. Kinderreiche Beamte sind dabei bereits heute in einem deutlichen Vorteil gegenüber den TB. Wichtig ist an dieser Stelle, dass es für den TB zunächst sekundär ist, auf welcher Grundlage es zu dieser Besserstellung kommt und wie diese formal konkret ausgestaltet wird. Deine Gedanken zur Lösung der Alimentationsproblematik würden den Beamten jedoch generell und erheblich besser stellen, als seinen angestellten Kollegen. Sofern es durch das besondere Dienst- und Treueverhältnis nicht zu einer deutlichen "Mehrbeanspruchung" des Beamten kommt, stellt sich schon die Frage: Warum sollte das so sein? Oder wie MoinMoin gerade schrieb: "Amtsangemessenheit ist nichts was im freien juristischem Raum hängt, sondern Eng mit der gesamtgesellschaftlichen Situation zusammenhängt und nicht davon abgekoppelt sein darf." - In meinen Augen sollte generell einer höhere Differenzierung anhand der zu versorgenden Kinder getroffen werden. Das sollte auch nicht per Zuschlag durch den AG, sondern ganz allgemein über Kindergeld, Kindergrundsicherung, Familiensplitting o.Ä erfolgen
Die Frage nach dem angemessenen und fairen Netto ist im öD aber eine ganz grundsätzliche. Das erkennt man an den durchaus erheblichen Problemen im öD, gerade jene Stellen zu besetzen, die ein höheres Qualifikationsniveau erfordern. Jetzt gibt es tariflich durchaus Möglichkeiten, Zuschläge zu gewähren - in der Breite ist das aber längst nicht angekommen.
Zusamenfassend: Ich kann Deine Ideen verstehen, sehe darin aber eine erhebliche Ungleichbehandlung gegenüber den TB, welche sich gesellschaftlich sicher nicht in einer Aufwertung des "Ansehens von Amt und Beamten" wiederspiegeln wird - eher ganz im Gegenteil, denn wir leben nicht mehr zu Zeiten eines Carl Zuckmayer und der Beamte ist kein dem normalen Menschen übergeordnetes Wesen - und das ist eigentlich auch ganz gut so ;)
Rentenonkel:
--- Zitat von: BVerfGBeliever am 12.09.2024 06:11 ---
--- Zitat von: Rentenonkel am 11.09.2024 09:36 ---Der Dienstherr ist allerdings Arbeitgeber und Staat in Personalunion. Er hat quasi immer sicherstellen, dass das Nettoeinkommen des Beamten unabhängig von seinem Familienstand und der Anzahl der Kinder ohne Anrechnung von etwaigen ergänzenden Sozialleistungen mit der Besoldung (plus Kindergeld) von Amts wegen mindestens 15 % über dem Existenzminimum liegt.
--- End quote ---
Nicht ganz. Die korrekte Bedingung des BVerfG lautet, dass eine vierköpfige Beamten-Familie immer mindestens 15% netto mehr bekommen muss als eine vierköpfige Bürgergeld-Familie.
Warum die beiden Formulierungen nicht das Gleiche sind (und aufgrund des Leistungsprinzips insbesondere zu deutlich anderen Ergebnissen führen), habe ich versucht, in meinem vorhergehenden Post zu erläutern.
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Da sind wir durchaus unterschiedlicher Auffassung. So heißt es in dem Urteil, auf das Du Dich beziehst:
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf (vgl. BVerfGE 44, 249 <272 f.>; 81, 363 <377 f.>; 99, 300 <315 f.>). Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.
Sollte der Gesetzgeber also auf die Idee kommen, die vierköpfige Familie nicht mehr als Maßstab zu nehmen, dann wäre ihm das grundsätzlich möglich.
So verstanden dürfen die Familienzuschläge jedenfalls nicht so hoch sein, dass der kleinste Beamte unabhängig von seinem Familienstand weniger als mindestens Grundsicherung plus 15 % haben darf. Bisher wurde allerdings diese Untergrenze nur bei der vierköpfigen Familie geprüft, weil bisher die Familienzuschläge in einer so geringen Höhe waren, dass eine tiefergehende Betrachtung nicht notwendig erschien und im Übrigen der Gesetzgeber erklärt hat, dass die Besoldung genau dafür bemessen sein soll. Verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen wären die Höhe der Familienzuschläge für Kinder aus meiner Sicht jedenfalls dann, wenn ohne die enormen Zuschläge der Mindestabstand zur Grundsicherung für den kleinsten Beamten mit einer anderen Familienkonstellation nicht mehr gewahrt wäre. Deswegen habe ich den Satz so formuliert, wie ich es getan habe, in dem Wissen, dass das noch nicht abschließend vom BVerfG so entschieden wurde.
Allerdings würde das Abweichen von der bisherigen Praxis der 4 K Familie dann weitere, verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen. Wäre es dann dem Beamten dann noch zumutbar, unterhaltspflichtige Angehörige auch aus den Bestandteilen seiner eigenen Alimentation zu unterhalten oder müsste dann nicht, wie Du sehr schön mit dem Beispiel ab dem dritten Kind beschrieben hast, auch für diese Angehörige das Alimentationsprinzip gelten, also die Zuschläge sich entsprechend nach und bei Bedarf erhöhen?
Wenn allerdings der Gesetzgeber weiterhin das 4 K Modell als gültig ansieht, das in dem Urteil angemahnte Defizit gleichzeitig alleine aus Zuschlägen für die Familie kompensiert, muss auch die Frage der Höhe der Familienzuschläge irgendwann vom BVerfG geklärt werden. Ich gebe zu, dass diese Entscheidung noch aussteht. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass das BVerfG dann nicht genau das deutlich macht, was ich bereits geschrieben habe, und danach auch noch tiefer in die Prüfung einsteigt, weil es das Amt dann stärker in den Fokus nehmen muss.
Damit einhergehend würden dann auch die Gewerkschaften der Tarifbeschäftigten zu Recht ein höheres Einkommen für alle einfordern können und müssen. Der Mangel an Fachkräften und die Überalterung trifft ja nicht nur die Beamten, sondern zieht sich durch den gesamten ÖD mit immer größeren Löchern.
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