Autor Thema: Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil  (Read 40071 times)

Thomber

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Ähnlich war es doch umgekehrt als man das "Weihnachtsgeld" für Beamte gestrichen/gekürzt (je nach Dienstherrenbereich) hatte.   

Das mit den Kids basiert wohl auf dem Alimentationsgedanken, aber keine Angst - auch der "Ortszuschlag" für verheiratete Beamte wird abgebaut (bei uns gerade Thema). Einfach dann mal 150€ brutto weg.








MoinMoin

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Neben allem was bisher geschrieben wurde, sitzen wir (meine Kollegin Beamtin - 2 Kinder) und ich (Angestellte - 2 Kinder) gerade hier und sind doch etwas (ein richtiges Wort fällt mir nicht ein) "Überfordert"?!

Wir führen beide die gleichen Tätigkeiten aus und sie erhält nun für ihre 2 Kids im Dezember einige Sonderzahlungen.
Als Angestellte mit 2 Kids sieht man da schon etwas "neidisch" rüber.
Nicht weil ich es ihr nicht gönne oder ähnliches, nur wenn man direkt nebeneinander sitzt, die Tätigkeiten komplett gleich sind etc. Das hat schon einen schlechten Beigeschmack.
Korrekt, der Gedanke der einen aber mehr beschäftigen müsste wäre der:
Warum ist sie Beamte, obwohl sie offensichtlich keine Dinge macht, die nur Beamte machen dürfen.

Oder umgekehrt, warum bist du Tarifbeschäftigter, obwohl du doch Dinge machst, die eigentlich einem Beamten vorbehalten sind.

Nur durch diesen Quark, dass man begonnen hat, nicht hoheitliche Aufgaben an Beamte zu verschleudern und umgekehrt, haben wir doch dieses Problem.

Thomber

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Damals im Land Berlin habe ich gelernt und es war auch so üblich:

Auf JEDE Beamtenstelle in der Verwaltung (Polizei u.ä. ausgeschlossen) durften sich Angestellte bewerben.
Anders herum war das nicht zulässig. Die "Stellen" ansich haben sich dadurch aber nicht verändert.

Und das mit den hoheitlichen Aufgaben:  Nun, im realen Leben außerhalb von Polizei und Feuerwehr wäre die strikte Einhaltung der Trennung nicht lebbar, denn, wenn ich pro Rathaus am Ende dann 5 Beamtenstellen noch habe....  wie sollte das dann gehen? Wer würde den Beruf dann noch wählen, wenn die Stellenauswahl faktisch weg wäre?   Damit würden dann die Beamten aussterben, was aber aus gutem, historischen Grund ja nicht passieren sollte.   Ergo:  Will man die Attrakttivität beibehalten oder erhöhen, sollte man die Stellenauswahloptionen eher nicht verringern.   Am Ende jeder Diskussion folgt der Hinweis:   Augen auf bei der Berufswahl.








Viky81

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Ähnlich war es doch umgekehrt als man das "Weihnachtsgeld" für Beamte gestrichen/gekürzt (je nach Dienstherrenbereich) hatte.   

Das mit den Kids basiert wohl auf dem Alimentationsgedanken, aber keine Angst - auch der "Ortszuschlag" für verheiratete Beamte wird abgebaut (bei uns gerade Thema). Einfach dann mal 150€ brutto weg.

Naja, ich gönne es ihr schon - daher muss für meinen Geschmack da nichts wegfallen :)
Aber es ist schon schwierig dann bei dem Thema Zuschläge für Kinder etc.

Ja wir machen beide die gleichen Arbeiten. Eine Verbeamtung meinerseits wurde immer wieder durch alle Instanzen abgelehnt etc. Inzwischen ist es dem Alter geschuldet, eher nicht mehr möglich.

FearOfTheDuck

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Dann setz dich mit deinem Gewerkschaftsvertreter zusammen und bringe ihn dazu, dass er diesen Missstand bekämpft. Der Tarifvertrag ist nicht in Stein gemeißelt (eher viel zu oft auf Sand gebaut).

KlammeKassen

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Dann setz dich mit deinem Gewerkschaftsvertreter zusammen und bringe ihn dazu, dass er diesen Missstand bekämpft. Der Tarifvertrag ist nicht in Stein gemeißelt (eher viel zu oft auf Sand gebaut).

Ja so etwas müsste mal angeregt werden....
Ich weiß nicht, ob du aus Niedersachsen berichtest; hier ist es nämlich auch so, dass die Beamten jetzt für die ersten beiden Kinder 1.000 Euro Sonderzahlung bekommen. DIe Diskrepanz wird dadurch echt immer schlimmer und wie ihr sagt, dass, obwohl die gleichen Tätigkeiten zu absolvieren sind.

Im BAT gab es für Angestellte die selben Zuschläge oder? Dann ist wegen massiver Sparorgien und Abbau von Personal im öffentlichen Dienst der TVöD eingeführt wurden und die Angestellten wurden richtig ausgebeutet... da man nun aber kein Personal mehr findet, müsste sich das ganze eigentlich mal wieder drehen

Rentenonkel

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@Viky81: Es gibt es ein Füllhorn an Möglichkeiten, um eine verfassungsgemäße Besoldung zu erreichen. Dabei darf man die ständige Rechtsprechung aller Kammern des BVerfG nicht außen vor lassen. Das BVerfG möchte keine Besserstellung von Beamtenkindern erreichen. Es ist dem Gesetzgeber unbenommen, auf Grundlage dieser Urteile etwas im Steuerrecht zu ändern, das Kindergeld zu erhöhen oder zum Beispiel Kita Gebühren abzuschaffen, oder insgesamt die Familienpolitik auf neue Beine zu stellen. So ist es in den nordischen Ländern üblich, das Kinder eine Ganztagsbetreuung inklusive kostenfreies Essen erhalten und auch für Bücher, Schulmaterial und Klassenfahrten keine Zuzahlung zu leisten haben.

Der Steuergesetzgeber orientiert sich beim Grundfreibetrag hinsichtlich der Wohnkosten eher am unteren Ende des Mietspiegels. Dadurch durchbricht der Steuergesetzgeber bei höheren Wohnkosten den Grundsatz, dass kein Steuerpflichtiger seinen existenznotwendigen Bedarf durch Inanspruchnahme von Staatsleistungen sichern muss. Auch wirkt sich der Grundfreibetrag der Kinder praktisch nicht aus.

Eine individuelle Berücksichtigung des Bedarfs für Wohnung und Heizung wie im Sozialrecht kann das Steuerrecht als Massenverfahren nicht leisten. Hinsichtlich der Kosten für Wohnung und Heizung darf daher bei der Berechnung des Grundfreibetrags typisiert werden, da eine solche Typisierung für ein Massenverfahren erforderlich ist.

Daher hat das BVerfG ausnahmsweise in der Vergangenheit dem Steuergesetzgeber zugebilligt, auch das aus der Grundsicherung bekannte Existenzminimum zu besteuern, sofern er bei einem erheblichen Preisgefälle auf dem Wohnungsmarkt dem Steuerpflichtigen zur ergänzenden Deckung des Bedarfs nach dem Einzelfall bemessene Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag zur Verfügung stellt.

So verstanden helfen diese Leistungen demnach, das durch das Grundgesetz geschützte Existenzminimum unversteuert zu belassen und helfen, dass aus der Grundsicherung bekannte System der anerkannten Kosten für Wohnung und Heizung nach dem Gebot der Folgerichtigkeit ins Steuerrecht zu übertragen.

Grundsätzlich besteht keine rechtsgebietsübergreifende Wirkung des Folgerichtigkeitsgebots, da dem Gesetzgeber gerade bei der Ausgestaltung einzelner Rechtsgebiete ein großer Gestaltungsspielraum zukommt. Diesen hat er bei der Übertragung aus dem Recht der Grundsicherung in das System des Steuerrechts dahingehend genutzt, dass er lieber anstelle einer höheren Steuererstattung bedarfsorientiert Wohngeld und/oder Kinderzuschlag zahlt.

Dieses Prinzip funktioniert bei den Beamten allerdings nicht. Der Besoldungsgesetzgeber darf zur Erfüllung der Alimentationspflicht nicht auf andere Sozialleistungen (außer Kindergeld) verweisen. Er muss entweder diese Sozialleistungen in seine Alimentation folgerichtig mit einbauen oder das Steuerrecht oder das Kindergeld anpassen. 

Anders ist es allerdings bei Tarifbeschäftigten. Da kann der Arbeitgeber sehr wohl zur Deckung des Familienunterhaltes auf andere Leistungen verweisen.

Ob Dir mit Deinen beiden Kindern zusätzlich zum Gehalt weitere, bedarfsorientierte Leistungen wie Kinderzuschlag oder Wohngeld zustehen, kann ich nicht beurteilen. Da die Einkommensgrenzen recht hoch sind, lohnt es sich, seine individuelle Situation mal auf den gängigen Rechnern im Internet durchzurechnen und im Zweifelsfall einfach mal einen passenden Antrag zu stellen.

BAT

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Hört sich irgendwie nach einer Legitimation für das bedingungslose Grundeinkommen an.

Dürfte nicht verfassungsgemäß sein.

JahrhundertwerkTVÖD

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Wenn nun all diese zusätzlichen Leistungen Bestandteil der regulären Besoldung werden, steigen logischerweise auch die Pensionsansprüche.
Kein so schlechter Deal für die verbeamteten Kollegen.

Also nehmen wir mal die im Raum stehenden +30% Erhöhung der Besoldung und auch noch die höheren Pensionen.............. läuft.

MoinMoin

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Das liegt nun mal daran, dass es es die Meinung gibt, das der Anteil der zu zahlenden Besoldung, der nur gezahlt werden muss, weil man damit die Kinder und Partner amtsangemessen versorgen muss muss, zum aller größten Teil  in die Grundbesoldung muss und nicht als Familienzulage gezahlt werden darf.

Die Vorstellung, das der Besoldungsgesetzgeber dies aber dürfte, wenn er es gg konform begründet, die ist diesen Menschen nicht vermittelbar.
Es ist ihnen auch nicht vermittelbar, dass eine Überalimentation bestehen könnte, wenn ein Single A5er Beamter mehr Grundbesoldung bekommt als das Medianeinkommen der Bevölkerung ist.

Also muss man warten, bis das BVerG dieses bestätigt.

Das die Gesetzgeber aber derzeitig offensichtlich überfordert sind, die Vorgaben des BVerG vernünftig zu interpretieren und umzusetzen und nur murx machen, ist die andere Geschichte.

Also wäre zunächst das einfachste für diesen Konflikt, dass jeder Bürger 600-700 Netto pro Kind vom Staat bekommt, dann braucht der Single A5 Beamte auch keine Grundbesoldung in der Höhe des Medianeinkommens (das man da keinen mathematisch/logischen Widerspruch drin sieht ist schon beängstigend)

NelsonMuntz

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...
Die Vorstellung, das der Besoldungsgesetzgeber dies aber dürfte, wenn er es gg konform begründet, die ist diesen Menschen nicht vermittelbar.
Es ist ihnen auch nicht vermittelbar, dass eine Überalimentation bestehen könnte, wenn ein Single A5er Beamter mehr Grundbesoldung bekommt als das Medianeinkommen der Bevölkerung ist.
...

Naja, ich habe zumindest versucht, solche Gedanken nebenan auch mal zu platzieren. Musste dabei lernen, dass dies eben schlicht unsachliche Gedanken sind. Tatsächlich halte ich (mit mit meiner unsachlichen Meinung) eine solche Form der "Überalimentation" für hochgradig gefährlich und mittelbar die Demokratie gefährdend.

... aber wie gesagt: Das ist leider eine völlig unsachliche Sicht. ;) 

Organisator

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...
Die Vorstellung, das der Besoldungsgesetzgeber dies aber dürfte, wenn er es gg konform begründet, die ist diesen Menschen nicht vermittelbar.
Es ist ihnen auch nicht vermittelbar, dass eine Überalimentation bestehen könnte, wenn ein Single A5er Beamter mehr Grundbesoldung bekommt als das Medianeinkommen der Bevölkerung ist.
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Naja, ich habe zumindest versucht, solche Gedanken nebenan auch mal zu platzieren. Musste dabei lernen, dass dies eben schlicht unsachliche Gedanken sind. Tatsächlich halte ich (mit mit meiner unsachlichen Meinung) eine solche Form der "Überalimentation" für hochgradig gefährlich und mittelbar die Demokratie gefährdend.

... aber wie gesagt: Das ist leider eine völlig unsachliche Sicht. ;)

Es gibt halt Unterschiede, aus welcher Perspektive man das sieht. Aus einer streng juristischen Betrachtung mit einem Weltbild aus den 1950ern sieht die Sache anders aus als einer Betrachtung rein aus gesundem Menschenverstand mit etwas Abstand zum öffentlichen Dienst / Beamtentum.

Ich glaube es kommt da auch etwas darauf an, wie man "solche Gedanken platziert" ;)

BVerfGBeliever

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Das liegt nun mal daran, dass es es die Meinung gibt, das der Anteil der zu zahlenden Besoldung, der nur gezahlt werden muss, weil man damit die Kinder und Partner amtsangemessen versorgen muss muss, zum aller größten Teil  in die Grundbesoldung muss und nicht als Familienzulage gezahlt werden darf.

Dein Satz ist doppelt falsch.

Zum einen geht es nicht um "Meinungen", sondern um verfassungsrechtliche "Tatsachen", die sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Leistungsprinzip, Ämterwertigkeit, etc.) ergeben.

Zum anderen existiert kein vorgegebener "Anteil der zu zahlenden Besoldung", der "nur" zur Versorgung der Kinder und des Partners gezahlt werden muss, sondern stattdessen hat jeder Beamte unabhängig von seinem Familienstand Anspruch auf eine der Wertigkeit seines Amtes angemessene Besoldung (was die Begrenzung der Familienzuschläge zur Folge hat).

NelsonMuntz

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Es gibt halt Unterschiede, aus welcher Perspektive man das sieht. Aus einer streng juristischen Betrachtung mit einem Weltbild aus den 1950ern sieht die Sache anders aus als einer Betrachtung rein aus gesundem Menschenverstand mit etwas Abstand zum öffentlichen Dienst / Beamtentum.

Ich glaube es kommt da auch etwas darauf an, wie man "solche Gedanken platziert" ;)

Da hast Du sicher Recht, ich war nicht immer lieb ;)

(Tatsächlich ist es dieses 50er-Jahre-Denken, welches mich wirklich auf die Palme brachte. Ich bin relativ überzeugt, dass man heute das Beamtenwesen etwas anders implementieren würde, würde man heute eine Verfassung ausarbeiten müssen)

Organisator

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Es gibt halt Unterschiede, aus welcher Perspektive man das sieht. Aus einer streng juristischen Betrachtung mit einem Weltbild aus den 1950ern sieht die Sache anders aus als einer Betrachtung rein aus gesundem Menschenverstand mit etwas Abstand zum öffentlichen Dienst / Beamtentum.

Ich glaube es kommt da auch etwas darauf an, wie man "solche Gedanken platziert" ;)

Da hast Du sicher Recht, ich war nicht immer lieb ;)

(Tatsächlich ist es dieses 50er-Jahre-Denken, welches mich wirklich auf die Palme brachte. Ich bin relativ überzeugt, dass man heute das Beamtenwesen etwas anders implementieren würde, würde man heute eine Verfassung ausarbeiten müssen)

Eine Verfassung ist auch nur Rechtsmaterie die von den Menschen der jeweiligen Zeit erstellt wurde und insofern altert. Daher gilt es, die rechtlichen Regelungen den gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen und modern zu halten. Wenn die Beamtenbesoldung auf ein Einverdienermodell mit 2 Kindern abstellt, ist es nicht mehr aktuell sondern bedarf einer Aktualisierung.

Grundsätzlich ist gegen ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis bei den hoheitlichen Kernaufgaben des Staates nichts zu sagen, es ist nur über die Jahrzehnte aufgeweicht bis hin zum Missbrauch, ohne eine grundsätzliche Reform zu erfahren. Und das rächt sich gerade.