Autor Thema: Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil  (Read 39269 times)

MoinMoin

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...
Die Vorstellung, das der Besoldungsgesetzgeber dies aber dürfte, wenn er es gg konform begründet, die ist diesen Menschen nicht vermittelbar.
Es ist ihnen auch nicht vermittelbar, dass eine Überalimentation bestehen könnte, wenn ein Single A5er Beamter mehr Grundbesoldung bekommt als das Medianeinkommen der Bevölkerung ist.
...

Naja, ich habe zumindest versucht, solche Gedanken nebenan auch mal zu platzieren. Musste dabei lernen, dass dies eben schlicht unsachliche Gedanken sind. Tatsächlich halte ich (mit mit meiner unsachlichen Meinung) eine solche Form der "Überalimentation" für hochgradig gefährlich und mittelbar die Demokratie gefährdend.

... aber wie gesagt: Das ist leider eine völlig unsachliche Sicht. ;)
Und ich glaube noch an das BVerG, dass es klarstellen wird, dass es dem Gesetzgeber frei steht, die Feststellungen, die sie ab Kind drei für eine GG konforme Alimentation 1:1 festgestellt haben, auch auf Kind 1 und 2 übertragbar sind und das dies nicht als Zulagen Orgie zu interpretieren ist.

MoinMoin

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NelsonMuntz

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Eine Verfassung ist auch nur Rechtsmaterie die von den Menschen der jeweiligen Zeit erstellt wurde und insofern altert...

Vollste Zustimmung zu Deinen Ausführungen. Aber allein Deine oben zitierte Einführung ist schlicht: Unsachlich ;)

Dabei wäre das nun kommende Drama zumindest für Spezialisten im Thema sicher bereits vor vielen, vielen Jahren erkennbar gewesen. Zudem stellt sich die Frage, ob unsere in Legislaturperioden denkende Politik nicht grundsätzlich auf einer "technischen" Ebene mit solchen langfristigen Entwicklungen überfordert ist. Beim Klimawandel, dem demographischen Wandel, oder auch der Migration ist es ja das gleiche "Spiel": Man erkennt ein Problem, man sieht es expandieren, aber Ideen entwickelt man dazu keine, weil der eigentliche Impact wohl außerhalb der eigenen Amtszeit liegen wird. "Augen zu und durch" ist dabei die schlechteste Idee. Naja, aber das führt jetzt doch zu weit ;)

MoinMoin

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Zum anderen existiert kein vorgegebener "Anteil der zu zahlenden Besoldung", der "nur" zur Versorgung der Kinder und des Partners gezahlt werden muss, sondern stattdessen hat jeder Beamte unabhängig von seinem Familienstand Anspruch auf eine der Wertigkeit seines Amtes angemessene Besoldung (was die Begrenzung der Familienzuschläge zur Folge hat).
Und diese liegt für die Grundbesoldung nun mal was die Wertigkeit des Amtes angeht bei einem A5 mitnichten bei dem Medianeinkommen der Bevölkerung.
Wer dieses als die Wertigkeit als korrekt ansieht hat leider Gottes den Kontakt zu Realität verloren.
Da muss man dann halt feststellen, dass der bisherige althergebrachte Grundsatz, dass eine 4K Familie primär mit der Grundbesoldung zu alimentieren ist, revidiert und neu justiert werden muss und man dieses rein juristische Konstrukt auf ein neues Fundament stellen muss.
Es ist keine Naturwissenschaft, sondern reine Geisteswissenschaft, auf der dieses Fundament steht.

Das ein A5er mit Kinder dieses Geld haben muss sei es mit Besoldung, Zulagen und Kindergeld, stelle ich dabei nicht in Frage und ist ein muss. Auch wenn es dem Angestellten nicht passt, das der Beamte eine Vollversorgung der Kinder erhält.

Das ist doch der Punkt.

NelsonMuntz

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Und ich glaube noch an das BVerG, dass es klarstellen wird, dass es dem Gesetzgeber frei steht, die Feststellungen, die sie ab Kind drei für eine GG konforme Alimentation 1:1 festgestellt haben, auch auf Kind 1 und 2 übertragbar sind und das dies nicht als Zulagen Orgie zu interpretieren ist.

Ich kann das nur hoffen - damit Maß und Mitte nicht verloren gehen.

BVerfGBeliever

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Und ich glaube noch an das BVerG, dass es klarstellen wird, dass es dem Gesetzgeber frei steht, die Feststellungen, die sie ab Kind drei für eine GG konforme Alimentation 1:1 festgestellt haben, auch auf Kind 1 und 2 übertragbar sind und das dies nicht als Zulagen Orgie zu interpretieren ist.

Nope, das wird definitiv nicht passieren.

Hätte Karlsruhe es nämlich so gewollt, hätte es in unzähligen Urteilen entsprechend entscheiden können.

Stattdessen hat es jedoch die klare Unterscheidung zwischen den ersten beiden Kindern auf der einen sowie allen weiteren Kindern auf der anderen Seite nicht nur (a) vor rund fünfzig Jahren etabliert, sondern (b) in vielen weiteren Entscheidungen immer und immer wieder bestätigt und gefestigt.


P.S. Nur mal kurz zur Info: Es heißt übrigens BVerfG und nicht BVerG. Aber so erkennt man wenigstens schön (in Tateinheit mit deinem abstrusen "Median-Fetisch"), dass du die Wiedergeburt von @WasDennNun bist (wenngleich das "vor meiner Zeit" war)..

MoinMoin

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Es gibt halt Unterschiede, aus welcher Perspektive man das sieht. Aus einer streng juristischen Betrachtung mit einem Weltbild aus den 1950ern sieht die Sache anders aus als einer Betrachtung rein aus gesundem Menschenverstand mit etwas Abstand zum öffentlichen Dienst / Beamtentum.

Ich glaube es kommt da auch etwas darauf an, wie man "solche Gedanken platziert" ;)

Da hast Du sicher Recht, ich war nicht immer lieb ;)

(Tatsächlich ist es dieses 50er-Jahre-Denken, welches mich wirklich auf die Palme brachte. Ich bin relativ überzeugt, dass man heute das Beamtenwesen etwas anders implementieren würde, würde man heute eine Verfassung ausarbeiten müssen)

Eine Verfassung ist auch nur Rechtsmaterie die von den Menschen der jeweiligen Zeit erstellt wurde und insofern altert. Daher gilt es, die rechtlichen Regelungen den gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen und modern zu halten. Wenn die Beamtenbesoldung auf ein Einverdienermodell mit 2 Kindern abstellt, ist es nicht mehr aktuell sondern bedarf einer Aktualisierung.

Grundsätzlich ist gegen ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis bei den hoheitlichen Kernaufgaben des Staates nichts zu sagen, es ist nur über die Jahrzehnte aufgeweicht bis hin zum Missbrauch, ohne eine grundsätzliche Reform zu erfahren. Und das rächt sich gerade.
Da es keine Zulagen Orgie nach dem GG ist, dass für das 3. Kind die "Grundsicherung" in Netto zu erhalten ist, kann es auch mE nicht gegen das GG verstoßen, wenn der Beamte auch für das 1 und 2 Kind dieses Geld bekommt.
Man muss nur entsprechende Gesetze inkl. Begründung (z.B. die immense Benachteiligung des 4K Beamten gegenüber dem Single Beamten, so wie der 5K Beamte gegen die Benachteiligung bzgl. des 2/3K Beamten erfolgreich geklagt hat) schreiben.
Und darauf warten, dass das BVerG diese Vorgehensweise bestätigt.

Organisator

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Eine Verfassung ist auch nur Rechtsmaterie die von den Menschen der jeweiligen Zeit erstellt wurde und insofern altert...

Vollste Zustimmung zu Deinen Ausführungen. Aber allein Deine oben zitierte Einführung ist schlicht: Unsachlich ;)

Dabei wäre das nun kommende Drama zumindest für Spezialisten im Thema sicher bereits vor vielen, vielen Jahren erkennbar gewesen. Zudem stellt sich die Frage, ob unsere in Legislaturperioden denkende Politik nicht grundsätzlich auf einer "technischen" Ebene mit solchen langfristigen Entwicklungen überfordert ist. Beim Klimawandel, dem demographischen Wandel, oder auch der Migration ist es ja das gleiche "Spiel": Man erkennt ein Problem, man sieht es expandieren, aber Ideen entwickelt man dazu keine, weil der eigentliche Impact wohl außerhalb der eigenen Amtszeit liegen wird. "Augen zu und durch" ist dabei die schlechteste Idee. Naja, aber das führt jetzt doch zu weit ;)

Ich will den Politikern da gar nicht unbedingt Kurzsichtigkeit unterstellen, zumal die Abteilungsleitungen in den Ministerien oder auch einige Staatssekretäre durchaus länger als eine Legislatur im Amt sind und auch so Angelegenheiten länger vorantreiben können.

Ich glaube, es liegt an der Perspektive. Der Jurist betrachtet das Thema anders als der Soziologe.

MoinMoin

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Nope, das wird definitiv nicht passieren.
Wait and see

NelsonMuntz

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...
P.S. Nur mal kurz zur Info: Es heißt übrigens BVerfG und nicht BVerG.

Oh, bei Euch Beamten gab es welche, die schruben BVG ;)

BVerfGBeliever

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Nope, das wird definitiv nicht passieren.
Wait and see


So so.

Karlsruhe wird uns also beim nächsten Mal verkünden: Wir haben kurz mit @MoinMoin telefoniert und als Ergebnis werfen wir unsere gesamte Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte (die aus vielen, komplex aufeinander aufbauenden Entscheidungen besteht) komplett über den Haufen!

Mutige These..


P.S. @Nelson, du hast sicherlich Recht, aber "BVerG" scheint der "signature move" von @WasDennNun bzw. @MoinMoin zu sein..

NelsonMuntz

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So so.

Karlsruhe wird uns also beim nächsten Mal verkünden: Wir haben kurz mit @MoinMoin telefoniert und als Ergebnis werfen wir unsere gesamte Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte (die aus vielen, komplex aufeinander aufbauenden Entscheidungen besteht) komplett über den Haufen!

Mutige These..


P.S. @Nelson, du hast sicherlich Recht, aber "BVerG" scheint der "signature move" von @WasDennNun bzw. @MoinMoin zu sein..

Na, das ist unfair gegenüber MoinMoin.

Übrigens: Wenn die Verfassung einen solchen "Kram" impliziert, dann zeigt die Verfassung vielleicht an diesem Punkt auch Optimierungspotential? Das GG ist wichtig und gut, aber eben kein göttliches Werk mit 1000-jähriger Gültigkeit.

"Frauengeld" ist echt aus der Zeit gefallen!


MoinMoin

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Nope, das wird definitiv nicht passieren.
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So so.

Karlsruhe wird uns also beim nächsten Mal verkünden: Wir haben kurz mit @MoinMoin telefoniert und als Ergebnis werfen wir unsere gesamte Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte (die aus vielen, komplex aufeinander aufbauenden Entscheidungen besteht) komplett über den Haufen!

Mutige These..
Vielleicht traue ich dem BVerg/BVerfG mehr an logischen und gesamtgesellschaftlichen Denken zu, als du es dir in deinem Alpträumen erträumst.
Oder glaubst du wirklich, dass man für A3,4,5  minimum 40T€ Brutto aka 34T€ Netto benötigt, damit dieser Dienst amtsangemessen besoldet ist?
Wohl wissend, dass dies das Einkommen eines studierten öD Angestellten ist.
Du bist also der Überzeugung, dass das A3 Amt erst dann amtsangemessen besoldet ist, wenn es dieses Tätigkeits/Ausbildungsniveau entsprechend bezahlt wird.

Denn die Amtsangemessenheit steht stets auch im Bezug zum Einkommen der vergleichbaren Bevölkerung und ist nicht losgelöst davon, schon vergessen?


so so, ich glaube das ist eine mutige These und wird das BVer(f)G  nicht teilen.

Zitat
P.S. @Nelson, du hast sicherlich Recht, aber "BVerG" scheint der "signature move" von @WasDennNun bzw. @MoinMoin zu sein..
Jipp, mein alter Account war halt mit Karmapunkte (wer sie noch kennt) zu gespamt und da wollte ich halt ein Neuanfang.
Durch meine Schreibschwäche (auch ohne dem fehlenden f) ist und war das doch leicht zu erkennen, oder?

MoinMoin

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So so.

Karlsruhe wird uns also beim nächsten Mal verkünden: Wir haben kurz mit @MoinMoin telefoniert und als Ergebnis werfen wir unsere gesamte Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte (die aus vielen, komplex aufeinander aufbauenden Entscheidungen besteht) komplett über den Haufen!

Mutige These..


P.S. @Nelson, du hast sicherlich Recht, aber "BVerG" scheint der "signature move" von @WasDennNun bzw. @MoinMoin zu sein..

Na, das ist unfair gegenüber MoinMoin.

Übrigens: Wenn die Verfassung einen solchen "Kram" impliziert, dann zeigt die Verfassung vielleicht an diesem Punkt auch Optimierungspotential? Das GG ist wichtig und gut, aber eben kein göttliches Werk mit 1000-jähriger Gültigkeit.

"Frauengeld" ist echt aus der Zeit gefallen!

Naja, seit wann durfte Frauen ohne Einwilligung des Mannes ein Konto eröffnen oder gar arbeiten gehen?

NelsonMuntz

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Naja, seit wann durfte Frauen ohne Einwilligung des Mannes ein Konto eröffnen oder gar arbeiten gehen?

Ja, viele unserer treuen Verfassungskämpfer trauern diesen Zeiten offenkundig immer noch nach.

Zu jener Zeit gab es übrigens für die an Heim und Herd gebundene (und dadurch traurige) Frau auch das "Frauengold". Gibt lustige Werbeschnipsel dazu im Netz - War eben der Geist der Zeit der Väter des Grundgesetzes.