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[Allg] Wechsel von Privatwirtschaft ins Beamtentum

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Jon:
Hallo zusammen,

ich brauche von den erfahreneren Beamten hier mal ein Feedback.

Zu meiner Person:

Ich habe nach einer Ausbildung im Handwerk ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit Bachelor abgeschlossen und während des Studiums ein Unternehmen gegründet. Nach drei Jahren habe ich meine Anteile am Unternehmen verkauft und habe eine weitere Gründung vorbereitet und durchgeführt.

Durch den Verkauf war ich finanziell unabhängig und hatte auch die notwendige Zeit zur Vorbereitung. Mein berufliches Ziel war immer, dass ich maximale Freiheit habe, zu tun und lassen, was ich möchte und nach Möglichkeit mit überschaubrem Zeitaufwand ein auskömmliches Einkommen zu erreichen, reich werden muss ich nicht.

Nun habe ich seit rd. fünf Jahren zwei Unternehmen, die im Prinzip ohne mich funktionieren. Eines läuft sehr gut und ich muss nur wenig Zeit darin investieren, das andere wurde durch Corona schwer gebutelt und findet nur langsam auf die Füße zurück, ich muss mich in enormem Zeitumfang darum kümmern, was sich monetär überhaupt nicht darstellen lässt. Da beide jedoch örtlich miteinander verbunden sind, geht das, aber es macht keinen Spaß. Absehbar wird das entweder wieder ziemlich alleine laufen oder liquidiert, in dem Umfang wird es nicht weitergehen, der Ertrag steht in keinem Verhältnis zum Zeitaufwand.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht braucht Unternehmen B noch zwei, drei Jahre, um stabil alleine zu stehen. Durch die allgemeine Politik der letzten Jahre sehe ich aber, dass sich diese Zeit immer weiter dehnt. Wir arbeiten hauptsächlich mit ungelernten Kräften, Studenten, Schülern und es wurde die letzten drei Jahre enorm viel schwieriger Personal zu rekrutieren. Der Mindestlohn und die allgemeine Arbeitsauffassung der Bewerber lässt die Ansprüche explodieren und die Kosten sind immer schwieriger weiterzugeben. Ich kann nicht sicher ausschließen, dass das einmal das Ende des Unternehmens wird.

Da ich im Studium bereits ein Praktikum in einem Ministerium absolviert habe, ist mir die Umgebung nicht völlig fremd. Damals hieß es, im hD werden nur noch Juristen verbeamtet und auch nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Da mir dieser Weg als Bwler versperrt blieb, habe ich das Beamtentum auch nicht weiter verfolgt.

Nun wird man aber älter und lernt Vorzüge anders zu schätzen. Meine Freundin ist verbeamtet im gD beim Land, hat vier Tage die Woche Telearbeit und ist im Großen und Ganzen ganz zufrieden. Die Arbeit ist stupide, die Sinnfrage lassen wir bleiben, aber der echte Netto-Stundenlohn ist sehr ordentlich.

Im Bekanntenkreis und auch in meiner Familie gibt und gab es einige Beamte (hauptsächlich beim Land), die alle ähnliche Arbeitsumfelder haben. Da ist Telearbeit seit Corona keine große Sache mehr, damit stieg auch die Motivation massiv an, nicht weil man betrügen kann, sondern weil man einfach Fahrtwege spart, nicht von unsinnigen Kaffeepausen mit Kollegen, mit denen man privat nichts zu tun haben will, abgehalten wird etc.. Plötzlich läuft der ÖD der Privatwirtschaft den Rang ab.

Wenn ich Stundenlöhne und Arbeitsanforderung (bspw. ÖD vs. Industrieschichtarbeit) vergleiche, sticht der ÖD immer, zumindest in meinem Umfeld.

Da ich über mein Studium nicht verbeamtet werden kann, spiele ich mit dem Gedanken, ein duales Studium im gD zu absolvieren und als klassischer Ministerialbeamter zu starten. Inwiefern mein Vorstudium hilfreich ist, kann ich nicht beurteilen, es wird mir sicher nicht hinderlich sein.

Da mir rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge wohl vertraut sind, bin ich auch unbesorgt, was die Studieninhalte angeht. Ziel ist für mich persönlich, Ruhe zu finden in einem planbaren Arbeitsverhältnis, da ich vermute, dass es der Privatwirtschaft in D noch lange schlecht gehen wird und ich über die Selbstständigkeit bzw. über ein Angestelltenverhältnis nicht das monatliche Gehalt inkl. der Benefits erwirtschaften kann, was der ÖD bietet.

Einfaches Beispiel, ich zahle in der GKV bald 1.000 Euro Beitrag und muss mich noch privat für die Rente versichern, wo ich auch mit einem hohen dreistelligen Betrag rechnen muss. Das wären fast 2.000 Euro, die ich erstmal erwirtschaften muss, wenn ich da noch eine A9er Eingangsbesoldung von rd. 2.200 Euro netto drauflege plus Einkommensteuer muss ich in der Privatwirtschaft weit über 5.000 Euro brutto verdienen, mit höherer Arbeitsbelastung, gesetzlicher (ungewisser) Rente, gesetzlicher (ungewisser) Krankenversorgung, Lohnfortzahlung nach sechs Wochen Krankenschein und dem Risiko im weiteren Abschwung auf der Strecke zu bleiben. Da erscheint der ÖD im gD nach vier Semestern keine so schlechte Alternative mehr zu sein.

Die Bewerbersituation in meinem Bundesland ist sehr bescheiden (Angaben aus erster Hand: Jeder, der eine Bewerbung einwirft wird genommen, aussortieren können wir später noch...), ich habe ein sehr gutes Abitur gemacht (1,6), bereits ein Studium absolviert und Berufserfahrung gesammelt. Einzig mein Alter mit Mitte 30 sehe ich persönlich kritisch, weiß aber nicht, wie das bewertet wird (verbeamtet wird bei uns bis 45). Dazu würde ich mein Unternehmen gern behalten wollen, mit acht Stunden die Woche komme ich locker hin.

Wie würdet ihr das beurteilen, wie die Situation einschätzen? Trotz Praktikum die Frage, was mache ich als Beamter in der Ministerialverwaltung?

Wie schätzt ihr die Situation ein, dass in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren eine Pensionierungswelle rollen wird und dann ja auch zahlreiche Stellen für den Auftieg bzw. in anderen Bereichen frei werden.

Hat jmd eine ähnliche Vita und kann aus Erfahrung berichten?

Bewerbungsfrist für 2025 ist Mitte Oktober, bis dahin muss ich eine Entscheidung treffen. In der Wirtschaft kenne ich das, dass man einfach mal eine Bewerbung schickt, um den "Marktwert" zu testen, hier scheint mir das nicht clever, falls ich nicht sicher bin, das auch wirklich machen zu wollen und nachher ein rotes Kreuz hinterm Namen zu haben und "verbrannt" zu sein, sollte ich es in Zukunft erst versuchen wollen.

Vielen Dank für die Infos!

Gruß
Jon






Hefty:
in welchem Land willst du denn als Beamter "durchstarten"? Ein Einstieg im gehobenen Dienst mit A9 in einem Ministerium ist eher selten. Meist beginnt man dann im nachgeordneten Bereich. Ministerien bieten i.d.R. Stellen mit A13 für Juristen an.

Thomber:
Vielleicht wäre ein Quereinstieg in die Bundeswehrwaltung etwas für Dich.

Infos und Test unter:
https://einstellungstest-bundeswehr.de/quereinsteiger-bundeswehr/?cmplz-force-reload=1726036840416

Dann bräuchtest Du kein weiteres Studium machen.

Organisator:

--- Zitat von: Jon am 10.09.2024 19:55 ---Mein berufliches Ziel war immer, dass ich maximale Freiheit habe, zu tun und lassen, was ich möchte

--- End quote ---

Das wird sich als abhängig Beschäftigter und erst recht als Beamter nicht umsetzen lassen.

Thomber:

--- Zitat von: Organisator am 11.09.2024 09:28 ---
--- Zitat von: Jon am 10.09.2024 19:55 ---Mein berufliches Ziel war immer, dass ich maximale Freiheit habe, zu tun und lassen, was ich möchte

--- End quote ---

Das wird sich als abhängig Beschäftigter und erst recht als Beamter nicht umsetzen lassen.

--- End quote ---

Stimmt. Ziehe meinen Vorschlag zurück.  :)

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