Autor Thema: Erfahrungen zum Thema Entsendung unter der Nutzung von Sonderurlaub (GB Bund)  (Read 2313 times)

Aratrim

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 Hallo mein sehr geehrtes Forum,

ich interessiere mich sehr für die Möglichkeit für ein paar Jahre im Ausland zu arbeiten.
Derzeit bieten einige Geschäftsbereiche ja einen überschaubaren Stellenpool im Ausland die von ihnen besetzt werden. (BMVg, AA, BMWK, BMZ, BMEL usw. im Sinne des GEMEINSAMES MINISTERIALBLATT " Verzeichnis öffentlicher zwischenstaatlicher oderüberstaatlicher Organisationen und Einrichtungen").

Hierbei werden die spärlichen Stellen im Bereich g.D. vorwiegend natürlich in den eigenen Häusern besetzt.
Wenn man nicht gerade ein Faible für Wehrverwaltung hat sind die Chancen abseits der Orte, an die eh kaum jemand hin möchte, überschaubar.

Neben dieser meist bekannten Möglichkeiten ist eine weitere Möglichkeit ja jene einer Entsendung im Sinne §2 Abs. 1 EntSR.
Auszug:
(1) Für die Dauer der Entsendung zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer internationalen Einrichtung, in der Verwaltung oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU ist Beamt*innen sowie Richter*innen Urlaub unter Wegfall der Besoldung zu gewähren (§ 9 Absatz 1, § 18 SUrlV). Für die Dauer der Wahrnehmung von Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit kann Beamt*innen sowie Richter*innen Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden (§ 9 Absatz 3, § 18 SUrlV).

Typische Stellen wären jene der "Stellen- und Personalpool des Koordinators für internationale Personalpolitik " des AA (Jobs.io) also als Beschäftigter im Bereich UN, NATO, OSZE, als Tarifangestellter (z.B. über eine Stiftung) oder über einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag im Interesse des Bundes (Auslandshandelskammern / GIZ etc.).

Schaut man sich die Personalübersicht der jeweiligen Einzelpläne des Bundeshaushalts unter Leerstellen an, sind  recht viele von uns Bundesbeamten weltweit unterwegs. 

Weiter wird unter "Hinweise für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Auswärtiges Amt vom 1.1.23"  ausgeführt;
Die Entsendungen erfolgen daher durch Gewährung eines Sonderurlaubs mit Wegfall der Bezüge. Sie werden umgesetzt „mit Rückfahrkarte“ in Gestalt einer Beurlaubung oder einer Zuweisung/Abordnung (vgl. § 123a BRRG). Die Beurlaubung ist auf bis zu fünf Jahre befristet, Verlängerungen bis 10 Jahre sind möglich.

Hierbei führt der § 123a BRRG unter(3) aus "Die Rechtsstellung des Beamten bleibt unberührt."

Wenn ich es also richtig verstehe, und man sich auf bei der Bewerbung auf eine Stelle bei einer IO durchsetzt,
-soll der Beamte in der Zeit unter Wegfall der Besoldung beurlaubt werden.
-wandelt sich seine Stelle in dieser Zeit haushälterisch in eine Leerstelle um.
-ruht sein Status als BaL während der Entsendung und wird dann wieder aktiviert.
-wird seine Karriere und Beförderung idealtypisch oder nach PEK nachgezeichnet.
-können im Anschluss seine erlangten Versorgungsansprüche bei Nato oder UN vom Dienstherren Bund vereinnahmt werden um im Ausgleich ruhegehaltsfähige Dienstjahre zu erlangen.

 
Nun meine Frage an das Schwarmwissen im Forum, hat jemand von euch schon Erfahrungen im Kollegenkreis / Arbeitsumfeld mit solch einer "Beurlaubung" im dienstlichen Interesse gehabt ?
Wie war die Realität oder Knackpunkte bei solch einem Vorhaben?
Falls jemand die Nennung von GB´s, Behörden oder IO´s scheut auch gerne als PM.

Liebe Grüße, einen schönen Sonntag und danke
Aratrim 
   

atomkraft

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Hallo Aratrim,

ich war für ein paar Jahre bei der IAEO. Lohnt sich finanziell je nach Position dort definitiv, da diese UN-Bezüge recht hoch sind und man in DEU darauf keine Steuern bezahlt. IAEO unterscheidet auch nicht zwischen gD und hD. Sobald irgendwas mit Uni BSc auf deinem Zeugnis steht kommt es nur noch auf die bisherige Erfahrungs-Zeit im
Fraglichen Bereich an.

Pensionstechnisch läuft es so, dass man bei der UN in deren Pensionsfonds einzahlt und je nach Dienstzeit dort die Einzahlungen wieder bekommt oder halt von denen eine Pension. Soweit ich das sehe, wird diese nicht wie eine Rente mit deiner deutschen Pension verrechnet, da du während dieser Zeit in DEU keine Ansprüche erwirbst. Ich war nur zwei Jahre da, habe die Kohle bekommen und dann aber für Frustkäufe nach der Pandemie ausgegeben, da ich mir dachte auf die 200 Euro kann ich später auch verzichten.  Mal sehen wie ich in 27 Jahren darüber denke ;)

Karrieretechnisch ist es bescheiden, da alle anderen an mir vorbei befördert wurden und ich jetzt mit denen im Pool bin die zwei-zehn Jahre (je nach Gesinnung) nach mir eingestellt worden sind. (Bundesministerium)
Wg meiner großzügigen Art und meinem auch sonst sehr direkten Naturell hätte ich das aber auch ohne die Zeit in Wien geschafft.  8)


Meine Erfahrung war: die Zeit lohnt sich so oder so. Verlass dich nicht auf deine StäV (bei UN) sondern nur auf Dich selbst. Mach es wenn du Bock drauf hast, die Stelle gut besoldet ist (P3/P4 aufwärts) und nimm ggf. Deine Family mit. Bei den UN-Orgs ist die Verwaltung so mies wie bei Asterix
in Rom und es arbeiten dort so viele Versager und gescheiterte Existenzen in Führungspositionen, dass Du danach einfach nur froh bist, zurück in DEU zu sein und bis zum Ende der Dienstzeit dankbar und demütig Dienst tust (und die nötige Erfahrung hast, nichts persönlich zu nehmen).

Vielleicht hilft dir das. Vielleicht bin auch auch ne Ausnahme und der einzige der — ich sag mal — „Mixed feelings“ hatte.


LG und alles Gute

Gruenhorn

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Von Kollegen weiß ich bei einer Nato Agentur weiß ich, dass dieser zum Stichpunkt Karriere während der Abwesenheit sich erfolgreich förderlich beworben hatte. Da die Position bei der Agentur nicht geräumt werden sollte, wurde die Beförderung nach Beendigung durchgeführt.
Zu den Pensionsgeschichten:
Man kann sich bei den Organisationen entweder eine Pension erdienen, wobei dass eher selten passiert, oder die Beiträge auszahlen lassen. Opfert man dieses Geld nicht dem Dienstherrn wird dieses aber irgendwie verzinst einem bis zur Pension zum Nachteil angerechnet. Ich weiß nicht mehr wie genau, aber es war definitiv ratsam, das Geld dem Dienstherrn in den Rachen zu werfen (hat Kollege bei Agentur erzählt).
Was mich immer davon abgehalten hat, sind die Probleme mit Schulen. Wenn das bbesg nicht mehr gilt, gelten nur dürftige Regeln der Organisation zur Übernahme von Schulgeld. Bei mir mit vielen Kindern, geht da jeder finanzielle Gewinn dafür drauf. Auch gibt es meist nur unbefriedigende Regelungen für mietzuschuss im Vergleich zum Bbesg.
Aber es gibt auch positives: wenn du ein Auto kaufst, geht das bei Zulassung bspw über NATO Dienststelle ohne MwSt.

atomkraft

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Bei UN ist es so, dass Schulgeld übernommen wird…. Das lohnt sich dann schon wieder.

Organisator

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Von Kollegen weiß ich bei einer Nato Agentur weiß ich, dass dieser zum Stichpunkt Karriere während der Abwesenheit sich erfolgreich förderlich beworben hatte. Da die Position bei der Agentur nicht geräumt werden sollte, wurde die Beförderung nach Beendigung durchgeführt.
Zu den Pensionsgeschichten:
Man kann sich bei den Organisationen entweder eine Pension erdienen, wobei dass eher selten passiert, oder die Beiträge auszahlen lassen. Opfert man dieses Geld nicht dem Dienstherrn wird dieses aber irgendwie verzinst einem bis zur Pension zum Nachteil angerechnet. Ich weiß nicht mehr wie genau, aber es war definitiv ratsam, das Geld dem Dienstherrn in den Rachen zu werfen (hat Kollege bei Agentur erzählt).
Was mich immer davon abgehalten hat, sind die Probleme mit Schulen. Wenn das bbesg nicht mehr gilt, gelten nur dürftige Regeln der Organisation zur Übernahme von Schulgeld. Bei mir mit vielen Kindern, geht da jeder finanzielle Gewinn dafür drauf. Auch gibt es meist nur unbefriedigende Regelungen für mietzuschuss im Vergleich zum Bbesg.
Aber es gibt auch positives: wenn du ein Auto kaufst, geht das bei Zulassung bspw über NATO Dienststelle ohne MwSt.

Da die NATO in etwa das dreifache der üblichen Besoldung zahlt, wäre Schulgeld wohl kein Hinderungsgrund.

Aratrim

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Hallo zusammen und danke für die Antworten bis jetzt.

@atomkraft: Oh das klingt doch nach einer schönen Zeit in einer schönen Stadt. Wie war die Bewerbung, Einstellungstest und letztlich das Verhalten deiner Dienststelle? Wurdest du vom AA unterstützt ?
Ich schätze es war über eine Beurlaubung oder noch vor deiner Zeit im Bundesministerium ?
Die fehlende Unterscheidung bei der UN habe ich schon vermutet und schaue in diesem Sinne nach P1 oder P2 Stellen. Hierbei sind die "salary adjustments" der jeweiligen Orte wie New York oder Genf schon Krass.
Was ich noch nicht heraus finden konnte ist ob es bei der UN eine Art Mietzuschuss oder Kaufkraftsausgleich oder Zuschlag für Partner/Partnerin gibt. Genau so bin ich im dunklen was die Krankenversicherung und Arbeitsmöglichkeit der Familie angeht.
Auch wenn für uns Beamten Orte der Zonenstufe 1x+ wie die USA interessant erscheinen fallen in einigen Ländern die Einkommen der Partner weg. Sei es um mit unter die wärmende Decke einer PKV zu schlüpfen oder weil arbeiten nicht erlaubt ist.
Rom ist eine tolle Stadt und ich bin schon an den für uns interessanten Dienstposten bei der FAO vorbei gegangen.
Gemäß dem "Achter Bericht der Bundesregierung zur deutschen Personalpräsenz in internationalen Organisationen Berichtszeitraum 2021 und 2022" wurde auch von über 70 Stellen für deutsches Personal gesprochen. Dies da wir der größte Beitragszahler sind (https://dserver.bundestag.de/btd/20/081/2008120.pdf).
Rücksprachen in letzter Zeit haben aber gezeigt, dass seit der Ernennung des Präsidenten Qu Dongyu und dem starken Einfluss von China keine deutschen Entsendungen mehr unterstützt werden. "Kuss geht raus ans AA".
Ich danke dir aber für deine Einschätzung und ziehe daraus, dass auch einiges ein Schmerzensgeld ist und man sich ein dickes Fell anlegen sollte. Das hilft mir schon weiter.


@Gruenhorn:
Eine der wenigen Fälle der Sprungbeförderung wie unser Dozent im Studium letztens so schön sagte.
Die Vereinnahmung der Pensionsansprüche ist glaube ich eine Rechenaufgabe.
Bei einem Dienstort gemäß § 13 "Zurechnungszeit und Zeit gesundheitsschädigender Verwendung aus der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV)" wie Hanoi, oder so gut wie alles in Afrika etc. können ja Zeiten bis zum doppelten anerkannt werden.
Ein äquivalent zu meinen ISAF Einsatzzeiten als Soldat.
Zumindest stelle ich mir vor, dass 3-4 Jahre in Asien aus denen dann 6-8 x 1,79375 % werden schon interessanter sein können als das Geld in der Hand. Diese Möglichkeit der einfachen oder doppelten Anrechenbarkeit fällt, wie du schon sagst, weg wenn man nicht dem Bund das Geld in den Rachen wirft.   
Das ganze ist aber einer Frage der persönlichen Arbeitsvita, individuellen Versorgungsauskunft oder dem bestreben vielleicht etwas früher ein Teilzeitmodel zu fahren.
Viele gerade Kinderreiche Beamtenfamilien haben ein Problem mit NATO-Dienstorten da wohl nur 70% der Schulkosten übernommen werden. Gerade mit mehreren Schulpflichtigen Kindern kann das schnell ins Geld gehen. Stavanger oder la spezia sind da wohl eher unkritisch, drei Kinder in Northwood in der nähe von London ist da sicher schon eine andere Sache. Das mit dem Mietzuschuss hätte ich so nicht gedacht. Während der Selbstbehalt für den deutschen Beamten im Ausland je nach Laufbahn 18% oder 22 % beträgt spricht die Nato von 25 % zumutbarer Eigenanteil. Darüber hinaus gibt es bei beiden eine teilweise Übernahme. Sonderkonstellationen bei dem der Partner in Deutschland lasse ich dabei außen vor.
Auch ist bei der Nato durch verschiedene supplements wie Expatriation, Installation-allowance oder Supplement for dependants / for change in geographical zone eine gute Erhöhung der Bezüge drin (siehe https://www.nato.int/cps/en/natohq/86790.htm).
Eine Stelle im Bereich der Nato-Entlohnung G 10- G13 kommt am Ende auch auf ungefähr das Niveau, welches ein deutscher Beamter in Norwegen, Belgien oder Italien bekommen würde nach meiner Rechnung.
Hat er etwas zum Leben dort oder spezifischen Herausforderungen gesagt ?

atomkraft

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Also AA war praktisch nicht involviert. Ich war beurlaubt und entsandt vom BMU. Beworben habe ich mich selbst. Auf eine Stelle die von USA bezahlt war. Also ein bisschen unorthodox. DEU zahlt dort eigentlich auch Stellen aber das war damals für mich keine Option. Und als ich mich zum Ende meines Vertrages auf eine andere reguläre Stelle beworben hatte, war der Einfluss des AA = 0. Meiner Erfahrung nach ist die Tatsache, dass wir so viel zahlen, vollkommen uninteressant. Die ganzen UN Orgs sind dominiert von USA und RUS und es arbeiten da zu 80% Leute aus dem globalen Süden inkl Frankreich :)

Kaufkraftzzulage ist halt dieses Post Adjustment. Für Frau gab es extra was da sie in Elternzeit war. Für Kinder gibt’s auch was aber das wird mit deutschen Kindergeld verrechnet und fällt daher praktisch weg. Mietzuschuss gibt es bis zu 80% für die ersten sieben Jahre (also quasi immer) ABER ausrechnen wie groß die Wohnung für sein muss, kannst Du erst wenn Du im System bist ;) 

Ich sag mal je nachdem was Du jetzt hast, ist sogar p1 schon ordentlich besoldet und es ist gerade zu Beginn der Karriere sicher eine gute Sache. Sobald man ein bisschen hinter die Kulissen blickt, sieht man, dass ALLE wenn überhaupt nur mit Wasser kochen und sonst superviel BS-Bingo gespielt wird. Gerade in diesem internationalen Bereich, wo sich alle einbilden sie wären Diplomaten (nur weil sie mit dem blauen Pass durch die Gegend fliegen) und würden die Welt vor dem Untergang bewahren.

In Wien arbeiten ist als deutscher Partner aber natürlich kein Problem. Hast ja Niederlassungsfreiheit in der EU und alles. Der Mietmarkt ist sehr entspannt. Leben kann man da gut.  :)

Krankenversicherung gibt’s durch die UN - die Firma hieß Cygna und ich habe das ergänzt durch meine debeka-PV. Das ist praktisch wie in DEU — nur das Cygna noch lahmer ist als die Beihilfe und man mehr Widerspruch einlegen muss.  :D

Gruenhorn

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Der Teufel steckt im Detail: Housing allowance bei NATO mit 25 % Eigenanteil gibt's nicht für alle paygrades, insbesondere für die besser bezahlten.
Ich muss gestehen, unter dem Blickwinkel der doppelten Anrechnung der ruhehaltfähigen Dienstzeiten, habe ich eine solche Verwendung noch nie betrachtet.

Wenn du nun von Zonenstufen sprichst, bist du wieder bei regulären. Auslandsposten, die nach Bbesg vergütet werden. Gehst du über das Auswärtige Amt oder die Bundeswehr wird eigentlich schon versucht die Arbeitsaufnahme des Ehegatten zu unterstützen durch Jobs an der Botschaft oder einer Bundeswehrverwaltungsstelle (wenn möglich) oder eben auch durch Hilfe bei der Arbeitserlaubnis. U.u gibt's dann aber für den Ehepartner noch 40% des Auslandszuschlags und beim Beamten, die unter das GAD fallen noch 18% Zuschlag für die Bildung einer Altersvorsorge für den Ehepartner, welcher ab gewissem Alter einfach behalten/zweckentfremdet werden kann.