Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H > TV-L
TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
jolanta:
Hallo in die Runde,
folgende Frage: wie verhält es sich im TV-L Bayern, wenn Verwaltungsmitarbeiter (VZ und TZ) zusätzlich zur regulären Wochenarbeitszeit (Mo-Fr) in unregelmäßigen Abständen zu Abend- und Wochenenddiensten angewiesen werden? Gibt es ein Recht auf die Mindestarbeitszeit von 3 Stunden laut § 12 TZBfG oder muss ich ggf. auch nur für 15 min. extra kommen? Ist ein solcher kurzfristiger Einsatz zulässig oder unbillig? (falls möglich, mit Verweis auf die Textform). Danke!
Rowhin:
Damit wir deine Lage verstehen können:
Ist denn der Bezug auf Arbeit auf Abruf gemäß § 12 TZBfG vertraglich festgelegt? Dann hättest du wohl Anspruch auf die Festlegung der Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit im Hinblick auf § 12 Abs. 1 TZBfG, die ebenfalls im Vertrag stehen sollte (und mindestens drei Stunden beträgt, wenn sie das eben nicht tut).
Oder hast du einen "normalen" Vertrag ohne Bezug auf das TZBfG, dein AG setzt dich aber am Wochenende ein und deine Frage ist, ob es irgendwo einen Anspruch auf Mindestdauer gibt, und § 12 TZBfG ist das, was du gefunden hast?
Ergänzung: und weil du "kurzfristig schreibst" - sollte der § 12 TZBfG hier anwendbar sein, dann gilt auch Abs. 4:
"Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat."
jolanta:
Hallo Rowhin,
ja, ich habe einen normalen Vertrag und der AG will mich trotz in der Betriebsvereinbarung festgelegten Rahmenzeiten mit Ende Fr 18 Uhr zusätzlich flexibel abends und am WE einsetzen (vor allem von Belang Fr nach 18 Uhr und Sa/So). Der AG beruft sich auf § 6,5 TV-L, aber ich weiß nicht, ob ein im AV standardmäßig aufgeführter Passus zu Überstunden, Mehrarbeit und Einsätzen am WE wegen dringender betrieblicher Notwendigkeit die Betriebsvereinbarung sprengt.
Die Einsätze (Kartenkontrolle vor Veranstaltung) sind von kurzer Dauer (zwischen 15 und 45 min.), so dass eben fraglich ist, ob der AG das durchsetzen darf, besonders wenn der Zeitaufwand für die Anfahrt z.T. höher ist als die Einsatzdauer. Die zusätzlichen Fahrten werden vom AG nicht anerkannt.
Frage zum Fachbegriff: kann man hier wirklich von "Bereitschaftsdienst" sprechen, der ja so definiert ist: Bereitschaftsdienst wird im Allgemeinen angenommen, wenn sich der Beschäftigte außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber festgelegten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten muss, um seine Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können, falls dies erforderlich sein sollte. Die Tarifvertragsparteien des TVöD sind der Definition des Bundesarbeitsgerichtes gefolgt. So liegt nach § 7 Abs. 3 TVöD/TV-L Bereitschaftsdienst vor, wenn sich die Beschäftigten auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. (Haufe; hier auch: eine gesetzliche Definition des Bereitschaftsdienstes existiert nicht, vielmehr wurde der Begriff des Bereitschaftsdienstes durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geprägt.)
Insofern ist die Ticketkontrolle am Einlass ja keine "Bereitschaft", weil die Arbeit in jedem Fall tatsächlich da ist. Folglich habe ich gedacht, dass die Aufgabe eher "Arbeit auf Abruf" wäre, und diese ist eben weder vertraglich vereinbart, noch geregelt. - Oder handelt es sich einfach um angeordnete Überstunden außerhalb der Rahmenzeit?
Unabhängig von der Einordnung: irgendwo habe ich gefunden, dass - wenn nichts anderes geregelt ist - als Mindestarbeitszeit das §12 TZBfG gilt, und an einer anderen Stelle, dass zumindest die angebrochene Stunde aufgerundet werden und die Fahrtzeit anerkannt werden muss. Dass wir pro Einsatz je nach Wohnentfernung 1-4 Std. Zeitaufwand für einen Dienst von anerkannt 15 -45 min. haben, kann m.E. einfach nicht richtig sein.
Rowhin:
Das klingt schon alles arg dubios. Hier mit Bereitschaftsdienst zu argumentieren, wenn es sich wiederholt um dieselben, exakt planbaren Tätigkeiten handelt. Ja, es gibt zwar keine rechtlich bindende genaue Definition, aber wie du schon sagst, entspricht das auch nicht der gängigen Auffassung der mir bekannten Rechtssprechung.
Habt ihr einen Personalrat, an den du dich wenden könntest?
Wird denn die Mehrarbeit am Wochenende ausgeglichen? Gibt es Ausgleichstage oder Vergütung für die Wochenendarbeit?
troubleshooting:
Dein AG argumentiert, wie Du selbst schreibst, mit dringender betrieblicher Notwendigkeit.
Da wäre aus meiner Sicht auch schon ein Ansatzpunkt.
Dringlichkeit ist idR nur gegeben und anwendbar, wenn die Gründe dafür nicht aus der Sphäre des AG kommen und auch von diesem nicht vorhersehbar und beeinflussbar sind.
Veranstaltungen werden wiederum vom AG terminiert/geplant etc. und sind so ziemlich nie kurzfristig.
Insofern ist der Anwendungsfall nicht gegeben und taugt nicht zur Anordnung.
Erst recht nicht, wenn im Arbeitsvertrag Mo.-Fr. festgehalten ist und das andere nur als Ausnahmeregelung.
Aus einem anderen Bereich - der Vergabe - mal noch konkreter:
Gründe für Dringlichkeit sind
- Gefahr für Leib und Leben (und zwar unmittelbar - hier auch nur die Gefahrenabwehr)
- wenn ein anderes, höherwertiges Rechtsgut akut gefährdet ist
Auf deinen Fall angewandt, ist das Rechtsgut die Durchführung des Veranstaltungsbetriebes.
Problem, ist das zwingend oder höher gewichtet, um diese Anordnung zu rechtfertigen? Ist ja z.B. kein Schulbetrieb, der in der Rechtsprechung hoch gewichtet ist oder Betrieb einer Feuerwache etc. -hmm?
Nächster Punkt, s.o. war es für den AG vorhersehbar? - Ja? Zack, Dringlichkeit erledigt!
Aus meiner Sicht, unter Beachtung deiner Angaben zur Regelarbeit Mo.-Fr. und Argumentation des AG, ist das heranziehen zum Wochenende nciht gerechtfertigt.
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