Autor Thema: S8a, Stufe 1  (Read 1477 times)

weibsbild72

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
S8a, Stufe 1
« am: 20.02.2025 13:30 »
Hallo!
Ich habe 16 Jahre als Erzieherin im öffentlichen Dienst gearbeitet. Im August 2023 bin ich durch einen Aufhebungsvertrag ausgeschieden. Im Januar 2025 wurde ich neu eingestellt. Ausgeschieden bin ich mit der S8 , Stufe 6 und wurde nun wieder mit der S8a, Stufe 1 eingestellt. Im Arbeitsvertrag steht aber nur die S8a. Für mich ergibt sich dadurch ein riesiger finanzieller Verlust. Meine Jahre im Öffentlichen Dienst wurden alle anerkannt und meine Berufserfahrung habe ich nicht verloren.  Das macht mich wütend.....
Habe ich eine Chance dagegen vorzugehen? Ich verdiene gerade mal soviel, wie eine Erzieherin, ohne Berufserfahrung..... :-(. Wie soll man davon leben??????

VG
Weibsbild72

McOldie

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 843
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #1 am: 20.02.2025 14:11 »
Durch die mehr als 6 Monate lange Unterbrechung besteht kein Rechtsanspruch auf Anerkennung als einschlägige Berufserfahrung. Selbst damit wäre nur die Stufe 3 erreichbar. Allerdings kann (er muss aber nicht) der Arbeitgeber die Zeiten der Berufstätigkeit als Erzieherin als "förderliche Zeit" anerkennen und dir eine höhere Stufe geben. Dieses muss aber vor Vertragsabschluss geschehen; ein Rechtsanspruch hierauf besteht aber nicht.
Warum der Arbeitgeber dieses vor dem Hintergrund des Mangels an Erzieher nicht getan hat, ist unversständlich.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,662
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #2 am: 20.02.2025 14:17 »
Man hätte dir deine förderliche Zeiten anerkennen können, wenn du es gefordert hättest.
Und du kannst versuchen deine einschlägige Berufserfahrung einzuklagen, denn es ist nicht gesagt, dass die Meinung, sie wäre nach 6 Monaten weg, vor Gericht bestand hat.

Kuckst Du:
Die Regelung enthält keine Vorgaben zu der Zeit, die zwischen dem Erwerb der einschlägigen Be- rufserfahrung und der neuen Tätigkeit liegen darf. Sie muss weder im unmittelbaren Anschluss erfolgen, noch sind zeitliche Vorgaben gegeben, wann vorherige einschlägige Berufserfahrung verfällt.
https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2024/RdSchr_20240530.pdf


2.3.2
Keine schädlichen Unterbrechungszeiten
Die Regelung enthält keine Vorgaben zu der Zeit, die zwischen dem Erwerb der einschlägigen Be
rufserfahrung und der neuen Tätigkeit liegen darf. Sie muss weder im unmittelbaren Anschluss
erfolgen, noch sind zeitliche Vorgaben gegeben, wann vorherige einschlägige Berufserfahrung
verfällt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Zeitspanne zwischen dem Erwerb der vorherigen be
ruflichen Erfahrung und der Einstellung beim Bund grundsätzlich ohne Relevanz ist und deshalb
keine schädlichen Unterbrechungszeiten entstehen können. Es entspricht vielmehr der Le
benserfahrung, dass erworbene Berufserfahrung bei Untätigkeit oder einer anderen Berufstätig
keit auch wieder verloren geht und somit „entwertet“ ist. Dabei dürfte es maßgeblich auf das Be
rufsbild ankommen. Sind für die Tätigkeit Kenntnisse erforderlich, welche aufgrund der Weiter
entwicklung bereits nach wenigen Jahren „überholt“ sind, dürfte es nicht zu einer Berücksichti
gung dieser Zeiten kommen. Hingegen dürfte es bei bestimmten Tätigkeiten möglich sein, auch
nach mehreren Jahren der Unterbrechung noch einschlägige Berufserfahrung zu berücksichti
gen. Es obliegt der Dienststelle, in jedem Einzelfall festzustellen, ob eine Berufserfahrung vorliegt
und ob diese aufgrund der verstrichenen Zeit noch als einschlägig betrachtet werden kann.

weibsbild72

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #3 am: 20.02.2025 19:34 »
Danke für die Antworten.
Ich kann es einfach nicht begreifen, dass so etwas möglich ist. Für mich ist das Willkür des Amtes. Es werden Dumme gesucht, die für wenig Geld ihren Job machen. Mit der S8a konnte ich gar nicht wissen, was ich letztendlich am Monatsende verdiene. Werden die Erfahrungsstufen etwa gewürfelt???? 
Das Schlimme ist, dass man auf Nachfrage beim Schulamt noch nicht mal Antwort erhält.  Auch dagegen werde ich vorgehen.
Kennt sich jemand mit Klagen beim Sozialgericht aus?

Danke! für Antworten im voraus!

FearOfTheDuck

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,472
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #4 am: 20.02.2025 20:26 »
Was möchtest du vom Sozialgericht?

Wabi Sabi

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 191
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #5 am: 20.02.2025 20:29 »
Eine Klage vor dem Sozialgericht macht bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten in der Tat wenig Sinn.  ;)

Klarstellung zum Beitrag von MoinMoin:

Das zitierte Schreiben des BMI bezieht sich naturgemäß auf den TVöD Bund. Dort ist die tarifliche Regelung des § 16 Abs. 2 TVöD Bund jedoch nicht mit dem § 16 Abs. 2 TV-L vergleichbar. Im TV-L ist gerade eine "schädliche Unterbrechung" zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ab sechs  Monaten geregelt (siehe Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L).

Die Nichtanerkennung von einschlägiger Berufserfahrung im vorliegenden Fall - sofern eine solche auch tatsächlich vorliegt - ist also nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L zutrefffend.

Bei Vorliegen von einschlägiger Berufserfahrung und Vorliegen eines Zeitraumes von mehr als 6 Monaten zwischen vorherigem und neuem Beschäftigungsverhältnis beim selben Arbeitgeber wird im Bereich des TV-L aber üblicherweise eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L (Anerkennung von einschlägiger Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber) vorgenommen, also bis zur Stufe 3. Hintergrund ist hier, dass nach der Stufenzuordnung gemäß Satz 3 ein "schädlicher Unterbrechungszeitraum" im zuvor genannten Sinne tariflich nicht geregelt ist. Um Beschäftigte, die einschlägige Berufserfahrung beim gleichen Arbeitgeber erworben haben, nicht schlechter zu stellen als Beschäftigte, die solche bei einem anderen Arbeitgeber erworben haben, wird dann zumindest wie erwähnt die Stufenzuornung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L vorgenommen.

Siehe z. B. die Hinweise des Landes Niedersachen:

https://www.mf.niedersachsen.de/download/74730/TV-L_16_und_17_-_Stand_25.01.2013.pdf

Seite 4 unten:
Voraussetzung für die Anrechnung der früheren Zeiten ist zunächst, dass zwischen der "vorherigen" Beschäftigung und der Neueinstellung allenfalls ein unschädlicher Unterbrechungszeitraum liegt. Die Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Absatz 2 TV-L definiert die Dauer des unschädlichen Unterbrechungszeitraums. Danach darf zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen höchstens ein Zeitraum von 6 Monaten liegen. ...
Bei längeren Unterbrechungen als 6 ... Monate unterfallen die Beschäftigten den Regelungen des Satzes 3 des § 16 Absatz 2 TV-L (siehe Ziffer 16.2.3). 

Seite 6 oben:
Zeiten beim selben Arbeitgeber, deren Berücksichtigung nach Satz 2 des § 16 Absatz 2 TV-L alleine wegen der Dauer der schädlichen Unterbrechung von mehr als 6 beziehungsweise 12 Monaten (Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Absatz 2 TV-L) ausgeschlossen ist, sollten nicht schlechter behandelt werden, als Zeiten bei anderen Arbeitgebern, und deshalb ebenfalls der Anrechnungsmöglichkeit nach Satz 3 unterliegen.

Fazit:

Insoweit könnte es - zumindest für eine Zuordnung zur Stufe 3 - Erfolg versprechend sein, die Personal verwaltende Stelle auf eine solche Handhabung aufmerksam zu machen. Aber dies wie erwähnt unter der Annahme, dass hier tatsächlich "einschlägige" Berufserfahrung im tariflichen Sinne des § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein!

troubleshooting

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 553
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #6 am: 21.02.2025 07:47 »
Macht eine Klage, noch dazu beim falschen Gericht, bei einer "Kann"-Regelung Sinn?

Das im AV nur die EG steht, ist doch klar. Die Erfahrungsstufe ändert sich ja, eben mit (fast hätte ich Absitzen geschrieben) Erfahrung.
Die Start-Einstufung klärt man aber spätestens beim Vorstellungsgespräch, was im ÖD ja auch protokolliert wird. Ansonsten bleibt auch noch eine schr. Vereinbarung/Mitteilung vor (!) Unterzeichnung des AV.

Aber, auch nun auch hinterher kein Thema. Du bist sicherlich in der Probezeit. Da kannst du recht schnell wieder aufhören oder zumindest versuchen die Bedingungen für einen Verbleib (im Mangelberuf) definieren. Damit wären die Leitplanken gesetzt und du und der AG können entscheiden, wie es weitergeht.

Albeles

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 429
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #7 am: 21.02.2025 08:48 »
Sag der Personalabteilung einfach das Du erwartest in die Endstufe zu kommen, andernfalls bist Du wieder weg. Die Berufserfahrung hast Du ja eindeutig. Und als Erzieher einen Job zu finden, dürfte in der heutigen Zeit kein Hexenwerk sein. Soll die Perso doch dem Bürgermeister erklären weshalb die Kita ausfälle hat und seine Wähler deshalb pissig sind.

Rowhin

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 371
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #8 am: 21.02.2025 08:52 »
Tendiere hier auch zu deutlicher Position gegenüber der Personalabteilung und notfalls Probezeitkündigung - bevor man da den Klageweg einschlägt.

Ansonsten als Lehrgeld verbuchen und in Zukunft im Vorstellungsgespräch auf eine Mindeststufe bestehen und das protokollieren lassen. Hier kann man sich leider nicht automatisch auf Wohlwollen und Kompetenz der Personaler verlassen - da gibt es Ausschläge in alle Richtungen.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,662
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #9 am: 21.02.2025 09:01 »
Macht eine Klage, noch dazu beim falschen Gericht, bei einer "Kann"-Regelung Sinn?
einschlägige Berufserfahrung ist keine kann Regelung

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,662
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #10 am: 21.02.2025 09:05 »
Danke für die Antworten.
Ich kann es einfach nicht begreifen, dass so etwas möglich ist. Für mich ist das Willkür des Amtes. Es werden Dumme gesucht, die für wenig Geld ihren Job machen. Mit der S8a konnte ich gar nicht wissen, was ich letztendlich am Monatsende verdiene. Werden die Erfahrungsstufen etwa gewürfelt???? 
Du bist genauso in der Pflicht wie dein AG zu wissen, was du mit deinem AV unterschrieben hast.
Also schimpfe auf die Profis vom Personalamt und schimpfe auf deine "Faulheit" dich nicht mit deinem AV vertraut zu machen.(letzteres ist nicht ganz Ernst gemeint und nicht persönlich nehmen, denn ja es ist traurig das die Personaler oftmals unterirdische Arbeit leisten, was Tarifrecht angeht, allerdings ist in diesem Fall es in der Tat ihnen nicht vorzuwerfen, da es wg. EUGH Urteile eine Änderung im TVL geben kann, die noch nicht gerichtlich ausgefochten ist.)

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 7,558
Antw:S8a, Stufe 1
« Antwort #11 am: 21.02.2025 09:14 »
Danke für die Antworten.
Ich kann es einfach nicht begreifen, dass so etwas möglich ist. Für mich ist das Willkür des Amtes. Es werden Dumme gesucht, die für wenig Geld ihren Job machen. Mit der S8a konnte ich gar nicht wissen, was ich letztendlich am Monatsende verdiene. Werden die Erfahrungsstufen etwa gewürfelt???? 
Das Schlimme ist, dass man auf Nachfrage beim Schulamt noch nicht mal Antwort erhält.  Auch dagegen werde ich vorgehen.
Kennt sich jemand mit Klagen beim Sozialgericht aus?

Danke! für Antworten im voraus!

Das ist nicht unbedingt Willkür, sondern Vorsatz. Der öffentliche Arbeitgeber ist gehalten, seine Leistung so wirtschaftlich wie möglich anzubieten. Dazu gehört auch, nicht unbedingt von sich aus auf bestimmte verhandelbare Gehaltsbestandteile hinzuweisen sondern sie nur anzubieten, wenn es von der anderen Seite eingefordert wird.

Insoweit wird es auch von den Bewerbern erwartet, sich mit den tarifvertraglichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen oder zumindest vor Vertragsschluss zu klären, wie hoch das Einkommen dann tatsächlich wird. Das Klären der Einkommenshöhe ist schließlich auch außerhalb des öD typisch für Einstellungsverhandlungen.

Inhaltlich bin ich bei Rowhin etc. - mach deim AG einfach eine Ansage.

Falls du mit Klagen vorm Sozialgericht diesen Sachverhalt meinst, wäre eher das Arbeitsgericht der richtige Ansprechpartner mit den zu erwartenden geringen Chancen.