Autor Thema: Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen  (Read 1445 times)

kcpb

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Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« am: 21.02.2025 14:31 »
Die stud. Hilfskraft Anna hat einen Vertrag bis zum 31.3.25 mit monatlich 20 Stunden.
Urlaubsanspruch wird in Stunden umgerechnet und monatlich auf das Konto aufgeschlagen. Seit Sommer 2024 teilt Anna ihrer Ansprechpartnerin im Institut wiederholt mit, dass sie schon über 100 Stunden mehr gearbeitet hat und wie damit umgegangen werden soll. Die Ansprechpartnerin spricht mit der Institutsleitung ohne Ergebnis.
Anna arbeitet weiter wie bisher, um den Institutsablauf nicht zu gefährden, da ihr Vorschlag die letzten Monate nur noch wenige Stunden zu kommen, um so die „angeordneten“ (mündlich vom Chef und immer wieder)aufgrund Personalmangel abgelehnt wurde.
Zum Vertragsende sollte geschaut werden, wieviel Stunden übrig sind und damit der Vertrag ohne Anwesenheit verlängert werden.
Nun will der Chef davon nichts mehr wissen, den Vertrag zur Abgeltung der Stunden nicht verlängern, sondern diese am 31.3. verfallen lassen.

Was kann Anna hier unternehmen?

Personalabteilung? Personalrat?

Organisator

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #1 am: 21.02.2025 14:50 »
Montag früh um 9 bei der Personalabteilung auf der Matte stehen. Notfalls ab sofort die Urlaubs-Stunden abbummeln.

Rowhin

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #2 am: 21.02.2025 15:24 »
Personalabteilung. Wenn die keine gute Antwort hat, Personalrat.

Wabi Sabi

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #3 am: 21.02.2025 15:39 »
Studentische Hilfskräfte unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des TV-L, siehe § 1 Abs. 3 Buchst. c) TV-L. Daher hier falsches Unterforum.

Der Urlaubsanspruch ergibt sich daher für das vorliegende Arbeitsverhältnis (ausschließlich) aus dem BUrlG unter den dort geannten Voraussetzungen. Ein Umrechnen in Stunden ist dort für Ansprüche auf Erholungsurlaub nicht vorgesehen.

Zu Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs siehe § 7 BurlG unter Beachtung der Rechtsprechung des BAG zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers (dürfte im vorliegenden Fall sicherlich nicht erfüllt sein).
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein!

Verhohnepipelt

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #4 am: 24.02.2025 09:03 »
Anna schaut, ob es bei ihr so etwas wie eine "Vertretung der Belange der studentischen Hilfskräfte" gibt, die sich um gute Arbeitsbedingungen der studentischen Hilfskräfte kümmert und wendet sich, sofern vorhanden, in einem ersten Schritt an diese. Falls Anna eine solche Personalvertretung nicht finden kann, wendet Anna sich an den AStA.

Sonst auf dem "kurzen" Dienstweg: Gleichstellungsbeauftragte des Fachbereichs (in der Annahme, dass Anna an einer Hochschule arbeitet), Compliancestelle des Dekanats, (Pro)Dekan (für Personal? für studentische Angelegenheiten? könnte beides passen).

Ist das keine Option (z.B. weil der Institutsleiter gerade auch Dekan ist), wendet Anna sich an die Personalabteilung. Alternativ an den Personalrat oder, falls vorhanden, den sozialen Arbeitsschutz und/oder den Compliance Beauftragten.

Wenn Anna hier auch gegen Wände läuft, wendet Anna sich schriftlich an ihre direkte Vorgesetzten (Ansprechpartnerin & Institutsdirektor), in CC Personalabteilung (Abteilungsleitung/Dezernent, nicht zuständige Personalsachbearbeitung), Dezernent Arbeitsschutz, Personalrat, AStA, Gleichstellung (hilft nicht, schadet aber auch nicht).

Anna ist dabei im Recht und die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht nur recht hat, sondern auch Recht bekommt, ist vermutlich gegeben (zumindest der nicht genommene Urlaub wird vermutlich zu Vertragsende ausgezahlt). Anna muss sich nur bewusst sein, dass jede Stufe, die sie das eskaliert, dazu führen wird, dass sie zumindest in diesem Institut vermutlich keinen Fuß mehr an die Erde bekommt (und sich das durchaus auch durch den Fachbereich ziehen kann) bzw. zumindest ihre Abschlussarbeit dringendst woanders schreiben sollte (am besten bei jemanden, der ihren Vorgesetzten eh nicht leiden kann). Da sich der eine oder andere Professor durchaus noch als das Spitze der Nahrungskette sieht, sollte Anna da mit entsprechender Retaliation rechnen, die sich in den Noten vermutlich widerspiegeln wird. Was man, wenn man den entsprechenden Rattenschwanz jetzt mit ins Boot holt, mglw. glattziehen kann, indem von außen eine schlechte Benotung durchaus als Rachebewertung/Vergeltung angesehen werden kann und dadurch hoffentlich vermieden wird. Wenn Anna in einem Orchideenfach studiert und Ambitionen hat, in der Wissenschaft zu bleiben, kann das durchaus seine Kreise ziehen.

Das heißt auf gar keinen Fall, dass Anna das nicht angehen soll, nur dass sie sich das bewusst machen muss. Studiert sie Deutsch/Englisch auf Lehramt, ist das alles egal. Studiert sie Chinesische Porzellanmalerei des 3. Jahrunderts, mag das anders sein. Da treffen theoretisches und praktisches Recht bekommen dann leider aufeinander.

100+ Überstunden abbummeln (wie konnten die bei einem 20 Std/Mo Vertrag eigentlich entstehen? hier reagiert Anna signifikant! zu spät - bei einer Stelle im Umfang <5 Std/Wo sollte keine Hilfskraft so wichtig für den Institutsablauf sein) wird bis zum 31. März wohl kaum noch drin sein. Hat Anna ihre Arbeitszeit dokumentiert? Sind die Überstunden (nicht Mehrarbeit) irgendwann mal schriftlich angeordnet worden? Ist das alles nachvollziehbar? JETZT sichern! V.a. falls die Arbeitszeiterfassung elektronisch passiert und da ein Zugang mit Zugriffsrechten benötigt wird. Falls die Zeiten händisch erfasst worden sind, sind die von irgendjemandem abgezeichnet? Gibt es irgendeinen EMailverkehr? Irgendwas schriftliches?
Wenn das auf "he said, she said" herausläuf, wird das... suboptimal...

Casa

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #5 am: 24.02.2025 15:08 »
Wenn die Überzeit nicht in natura gewährt wird, sollte Anna Auszahlung verlangen.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

BudgetBär

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #6 am: 24.02.2025 17:19 »
Anna schaut, ob es bei ihr so etwas wie eine "Vertretung der Belange der studentischen Hilfskräfte" gibt, die sich um gute Arbeitsbedingungen der studentischen Hilfskräfte kümmert und wendet sich, sofern vorhanden, in einem ersten Schritt an diese. Falls Anna eine solche Personalvertretung nicht finden kann, wendet Anna sich an den AStA.

Sonst auf dem "kurzen" Dienstweg: Gleichstellungsbeauftragte des Fachbereichs (in der Annahme, dass Anna an einer Hochschule arbeitet), Compliancestelle des Dekanats, (Pro)Dekan (für Personal? für studentische Angelegenheiten? könnte beides passen).

Ist das keine Option (z.B. weil der Institutsleiter gerade auch Dekan ist), wendet Anna sich an die Personalabteilung. Alternativ an den Personalrat oder, falls vorhanden, den sozialen Arbeitsschutz und/oder den Compliance Beauftragten.

Wenn Anna hier auch gegen Wände läuft, wendet Anna sich schriftlich an ihre direkte Vorgesetzten (Ansprechpartnerin & Institutsdirektor), in CC Personalabteilung (Abteilungsleitung/Dezernent, nicht zuständige Personalsachbearbeitung), Dezernent Arbeitsschutz, Personalrat, AStA, Gleichstellung (hilft nicht, schadet aber auch nicht).

Anna ist dabei im Recht und die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht nur recht hat, sondern auch Recht bekommt, ist vermutlich gegeben (zumindest der nicht genommene Urlaub wird vermutlich zu Vertragsende ausgezahlt). Anna muss sich nur bewusst sein, dass jede Stufe, die sie das eskaliert, dazu führen wird, dass sie zumindest in diesem Institut vermutlich keinen Fuß mehr an die Erde bekommt (und sich das durchaus auch durch den Fachbereich ziehen kann) bzw. zumindest ihre Abschlussarbeit dringendst woanders schreiben sollte (am besten bei jemanden, der ihren Vorgesetzten eh nicht leiden kann). Da sich der eine oder andere Professor durchaus noch als das Spitze der Nahrungskette sieht, sollte Anna da mit entsprechender Retaliation rechnen, die sich in den Noten vermutlich widerspiegeln wird. Was man, wenn man den entsprechenden Rattenschwanz jetzt mit ins Boot holt, mglw. glattziehen kann, indem von außen eine schlechte Benotung durchaus als Rachebewertung/Vergeltung angesehen werden kann und dadurch hoffentlich vermieden wird. Wenn Anna in einem Orchideenfach studiert und Ambitionen hat, in der Wissenschaft zu bleiben, kann das durchaus seine Kreise ziehen.

Das heißt auf gar keinen Fall, dass Anna das nicht angehen soll, nur dass sie sich das bewusst machen muss. Studiert sie Deutsch/Englisch auf Lehramt, ist das alles egal. Studiert sie Chinesische Porzellanmalerei des 3. Jahrunderts, mag das anders sein. Da treffen theoretisches und praktisches Recht bekommen dann leider aufeinander.

100+ Überstunden abbummeln (wie konnten die bei einem 20 Std/Mo Vertrag eigentlich entstehen? hier reagiert Anna signifikant! zu spät - bei einer Stelle im Umfang <5 Std/Wo sollte keine Hilfskraft so wichtig für den Institutsablauf sein) wird bis zum 31. März wohl kaum noch drin sein. Hat Anna ihre Arbeitszeit dokumentiert? Sind die Überstunden (nicht Mehrarbeit) irgendwann mal schriftlich angeordnet worden? Ist das alles nachvollziehbar? JETZT sichern! V.a. falls die Arbeitszeiterfassung elektronisch passiert und da ein Zugang mit Zugriffsrechten benötigt wird. Falls die Zeiten händisch erfasst worden sind, sind die von irgendjemandem abgezeichnet? Gibt es irgendeinen EMailverkehr? Irgendwas schriftliches?
Wenn das auf "he said, she said" herausläuf, wird das... suboptimal...

Sehr schön geschrieben! Ich habe es mit Wohlwollen und einem Schmunzeln gelesen.

clarion

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #7 am: 24.02.2025 20:56 »
Leider ist es für Anna nicht zum Lachen. Es gibt offenbar für Institutleiter immer noch die Meinung, dass anwesend sein dürfen  schon Belohnung genug ist. Vor 20 Jahren war diese Spezies Prof sogar verbreitet. Hat Anna schon mal selbst mit dem Prof gesprochen? Nicht dass wir Anna Opfer eines  Missverständnissen wird?

Verhohnepipelt

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #8 am: 25.02.2025 09:46 »
Für Anna ist das definitiv nicht zum Lachen. V.a. wenn sie sicher davon ausgegangen ist, dass ihr Vertrag solange verlängert wird, bis ihr die Stunden ausgezahlt worden sind. "Mündlich vom Chef" angeordnete Überstunden sind halt... (sorry) Scheiße. Anna lernt da gerade sehr gut, wie es nicht laufen soll und kann das hoffentlich in ihr späteres Berufsleben mitnehmen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Anna das nicht nochmal mit sich machen lässt.

Wie man es dreht und wendet, keine Hilfskraft "gefährdet den Institutsablauf", wenn sie Dienst nach Vorschrift (20 Std/Monat) leistet. Nie. Wenn man sie mehr braucht, muss man ihre Stunden aufstocken. Wenn die Mittel nicht da sind, hat man halt Pech gehabt. Brauche ich 20 Stunden Bib Aufsicht in der Woche, muss ich mir 20 Stunden Bib Aufsicht leisten. Oder meine Sekretärin da hinsetzen. Oder mich selbst. Oder die Bib schließen. (Ohne zu wissen, was Anna da inhaltlich gemacht hat)

Aber Anna muss sich eben auch ein ganz bisschen eingestehen, dass sie da zu gutgläubig war und vielleicht auch zu nett war, als sie, um den Institutsablauf nicht zu gefährden, zugestimmt hat, die ganzen zusätzlichen Stunden zu arbeiten. Und sie muss sich eben bewusst sein, dass jegliches Handeln jetzt Konsequenzen haben wird und dass, wenn sie ihrem Chef jetzt, völlig zu Recht, auf dem langen Dienstweg auf die Füße tritt, der das nicht gut finden wird. Das kann in einem Massenfach ohne Beachtung bleiben, v.a. wenn der Prof intern vielleicht schon als schwierig bekannt ist, in einem Orchideefach oder Mini-Institut? Da kann man sich mit viel Pech schon einiges verbauen. Was halt im Gegenzug nicht heißt, dass man die Sache einfach auf sich beruhen lassen soll. Das macht es nur schwieriger.

**

Mir ging es vor fast 20 Jahren ähnlich wie Anna, als ich aus meinem letzten Minijob während des Studiums mit über 120 Überstunden raus bin, als ich meine erste "richtige" Stelle angetreten habe - nur waren die schriftlich angeordnet, was durch entsprechende Dienstpläne nachvollziehbar war, und nicht an der Hochschule und mein AG hat mir den Vertrag verlängert, bis alle Stunden ausgezahlt waren, weil die zwar rechts und links das Arbeitsrecht gebogen haben bis es brach, aber das dann selbst für die zu viel war. Ich habe daraus eins gelernt: NEIN sagen (und Dinge schriftlich festhalten und nie wieder etwas auf 100+ Überstunden auflaufen lassen, sondern nach 20 Stunden schon abfeiern). Das hilft Anna nur akut auch nicht, die sich da in eine wirklich blöde Situation hat bringen lassen, aus der sie hoffentlich möglichst gut rauskommt.

troubleshooting

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Antw:Stud. Hilfskraft Land Niedersachsen
« Antwort #9 am: 25.02.2025 10:46 »
Wobei die Darlegungslast des AN aber auch nicht überstrapaziert werden darf:

Urteil: 04.05.2022
Bundesarbeitsgericht
5 AZR 474/21

Der AN hatte die Überstunden tabellarisch aufgelistet und die Arbeiten zugeordnet und dann kurz dargestellt, dass die übertragenen Arbeiten ohne die ÜSt. gar nicht schaffbar gewesen wären. AG und LAG hat das nicht gereicht, dafür gabs vom BAG die Quittung:

Der Anspruch auf Vergütung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeit in einem die vereinbarte Normalzeit übersteigenden Umfang erbracht und der Arbeitgeber die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zuzurechnen ist.

"Der Arbeitnehmer genüge seiner Vortragslast zu den geleisteten Überstunden, so das Bundes­a­r­beits­gericht, wenn er darlegt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Es sei dann Sache des Arbeitgebers vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen (nicht) nachgekommen ist."

Da Anna ja mutmaßlich eine Übersicht zu ihren Überstunden hat, kann sie darauf die Darlegung aufbauen.
Setzt natürlich Klagewilligkeit voraus.
Dafür wäre es vorteilhaft, wenn Anna ihren Abschluss hat/macht, einen verständnisvollen Prof. für die Abschlussarbeit findet oder die Uni/HS wechselt.

Anders ausgedrückt: Es ist mies, wenn höhere Lehranstalten oder sonstige AG ein doppeltes Abhängigkeitsverhältnis ausnutzen.