Autor Thema: Freistellung für Arbeitsagentur/VG-Gespräche nach Kündigung in Probezeit?  (Read 610 times)

GeoFen

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Hi zusammen,
mir wurde vor Kurzem während der Probezeit gekündigt (bin Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst) und ich bin gerade dabei, mich neu zu orientieren. Ich hab irgendwo gelesen, dass man laut § 629 BGB einen Anspruch auf Freistellung hat, wenn man z. B. Vorstellungsgespräche, Termine beim Arbeitsamt oder Probearbeiten wahrnehmen muss – also alles, was mit der Suche nach einer neuen Stelle zu tun hat.

Jetzt frage ich mich:
Gilt das auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst (TVöD)? Und wie genau läuft das dann?
– Muss ich meinen Chef um Freistellung bitten?
– Wie viele Termine darf man so machen?
– Was heißt „Freistellung“ konkret – also: darf ich während der Arbeitszeit weg und bekomme die Zeit bezahlt? Oder muss ich die nacharbeiten oder Urlaub nehmen?

Würde mich freuen, wenn jemand Erfahrungen damit hat. Ich will jetzt keinen Ärger riskieren, aber auch nicht auf etwas verzichten, das mir rechtlich zusteht.
Danke euch!

TVOEDAnwender

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https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/mitarbeiter-darf-nach-kuendigung-frei-nehmen-fuer-jobsuche_76_182134.html

Sponer/Steinhofer Kommentar sagt:

Zitat
2.Arbeitsbefreiung zur Stellensuche
1176

Gemäß § 629 BGB hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren. Unerheblich ist, von welcher Seite das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Der Arbeitsbefreiungsanspruch ist nach herrschender Meinung auch gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis auf eine bestimmte Zeit geschlossen war. Welche Dauer der Arbeitsbefreiung angemessen ist, kann sich nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles, u. a. auch nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Länge der Kündigungsfrist, der Stellung des Arbeitnehmers und seinen Chancen auf dem Arbeitsmarkt richten.

1177

Die Lohnfortzahlungspflicht in den Fällen des § 629 BGB regelt sich nach § 616 BGB; sie ist abdingbar (BAG v. 11.6.1957 – 2 AZR 15/57 – AP Nr. 1 zu § 629 BGB). Die angemessene Zeit des § 629 BGB ist nicht ohne weiteres der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit des § 616 BGB gleichzustellen (BAG v. 13.11.1969 – 4 AZR 35/69 – AP Nr. 41 zu § 616 BGB), für die der Arbeitgeber bei vorübergehender unverschuldeter Verhinderung Entgelt weiterzuzahlen hat, wird aber auch hier wenige Tage nicht übersteigen können. § 616 BGB ist durch § 29 abbedungen (vgl. Rz 1 ff. zu § 29). Da der Sachverhalt des § 629 BGB in § 29 nicht aufgeführt ist, kommt eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung allenfalls nach § 29 Abs. 3 in Betracht. Ein dringender Fall ist nicht gegeben, wenn das Ereignis für den Arbeitnehmer längere Zeit vorhersehbar war, z. B. als Folge eigener Kündigung, oder, wenn der Arbeitnehmer zur Erlangung des flexiblen bzw. vorgezogenen Altersruhegeldes das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Der Arbeitnehmer, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schuldhaft herbeigeführt hat, kann bezahlte Freistellung zur Stellensuche nicht beanspruchen.

1178

§ 629 BGB ist nicht abdingbar. Auf Arbeitsbefreiung ohne Vergütung hat der Arbeitnehmer daher stets Anspruch. § 29 greift in solchen Fällen nicht ein. Unbezahlte Arbeitsbefreiung von angemessener Dauer ist auch zu gewähren, wenn dienstliche oder betriebliche Verhältnisse dem entgegenstehen.

1179

Der Anspruch auf Freistellung wird mit dem „Verlangen“ des Arbeitnehmers fällig.

1180

Aufwendungen für persönliche Vorstellungen hat der einladende Arbeitgeber zu tragen. Dieser Anspruch folgt nach herrschender Auffassung aus §§ 670, 662 BGB (ErfK Müller-Glöge 12. Auflage 2012, BGB § 629 Rz 13). Zu den Aufwendungen gehören neben Fahrt-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten auch der Verdienstausfall, wenn im bestehenden Arbeitsverhältnis für die Zeit der Freistellung nach § 629 BGB das Entgelt nicht fortgezahlt wird.