Man kann "bedarfsgerecht" zuschießen wie man lustig ist, aber bei der Prüfung des Mindestabstandsgebotes sieht das BVerfG hinsichtlich der Beamtenseite keine Bedürftigkeitsprüfung analog zum Sozialrecht vor, sondern erteilt diesem (nach meiner Interpretation des o.g. Zitats) sogar eine ausdrückliche Absage.
Insgesamt ist es eine Unsitte hinsichtlich der Besoldungsgesetzgeber davon zu sprechen, dass die 115% des Grunfsicherungsnieveaus einen wie auch immer definierten "Bedarf" einer Beamtenfamilien darstellen. Dies ist ausschließlich ein Prüfkriterium unter vielen für eine evidente Unteralimentation der niedrigesten Besoldungsgruppe. Nur weil die 115% Abstand gewahrt werden, heißt dies noch laaaaaange nicht, dass eine Alimentation amtsangemessen ist.
Andersrum kann man es allerdings schon sagen, dass die Besoldung dann nicht verfassungsgemäß sein kann, wenn der kleinste 4 K Beamte weniger Einkommen hat als 115 % des Grundsicherungsbedarfes.
Ich habe mich hier sehr lange zurück gehalten, hier etwas zu schreiben, welche Erwartungen ich persönlich habe. Jetzt möchte ich die Gelegenheit nutzen, ein paar Zeilen zu der Ausgangsfrage zu schreiben:
Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums vom Bundes- und Landesgesetzgeber zu regeln und fortzuentwickeln. Historisch begründetes Ziel dieser Regelung ist es, das Berufsbeamtentum in der Verfassung zu verankern, ohne die wohlerworbenen Rechte der Beamtenschaft verfassungsfest zu machen. Art. 33 Abs. 5 GG ist unmittelbar geltendes Recht und enthält zugleich einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber. Durch das 52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034; sog. „Föderalismusreform“; siehe hierzu Degenhart NVwZ 2006, 1209 ff.; Häde JZ 2006, 930 ff.; Nierhaus /Rademacher LKV 2006, 385 ff.; Rengeling DVBl. 2006, 1537 ff.; Selmer JuS 2006, 1052 ff.) wurde dieser Auftrag um eine Fortentwicklungskomponente („… und fortzuentwickeln“) erweitert.
Entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen von CDU/CSU und SPD (BT-Drucks. 16/813, S. 10) wird mit der Ergänzung des Art. 33 Abs. 5 GG „die Notwendigkeit einer Modernisierung und Anpassung des öffentlichen Dienstrechts an sich ändernde Rahmenbedingungen hervorgehoben. So [sic!] sollen Gesetzgebung und Rechtsprechung die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts erleichtern. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind auch weiterhin zu berücksichtigen. Unberührt bleibt die verfassungsrechtliche Garantie des Berufsbeamtentums.“
Diese Fortentwicklung bezieht sich auch auf die Besoldung. Vor diesem Hintergrund stelle ich die steile These auf, dass nach dem Urteil die gesamte Beamtenbesoldung neu gedacht werden muss und es nicht reichen wird, entweder mit der Gießkanne über alle einen warmen Geldregen zu schütten, oder hier und da einige Zuschläge anzupassen, sondern man wird das gesamte Besoldungsgefüge neu denken müssen.
Das wird für die Besoldungsgesetzgeber sicherlich eine Herkules Aufgabe werden, aber das ist ihr Auftrag und auch dafür wurden sie gewählt. Das BVerfG wird sicherlich die Planken, in denen sich der Gesetzgeber bewegen darf, einengen und, soweit es die Vergangenheit betrifft, wird eine Heilung der Verfassungswidrigkeit nur durch das Gießkannenprinzip möglich sein.
Dennoch werden, und da bleibe ich dabei, die Beamtenbesoldung in Zukunft auf andere Füße gestellt werden müssen. Dabei wird es viele Gewinner geben, aber auch Verlierer. Für mich wird es spannend sein, zu sehen, ob und inwieweit das BVerfG den weiten Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber bei der Fortentwicklung des Berufsbeamtentums / der Bemessung der Besoldung und der Nebenbesoldung (Familienzuschläge usw.) einschränken wird.
Das Urteil selbst wird aus meiner Sicht nur ein weiterer, wenn auch wichtiger Meilenstein werden. Erst dass, was dann daraus von der Politik gemacht wird, wird am Ende zeigen, wie es sich für das Berufsbeamtentum im allgemeinen und mich persönlich im besonderen auswirken wird.