Autor Thema: Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung  (Read 2984 times)

sovielefragen

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 18
Ich habe eine Anhörung zu einer (beabsichtigten) Abmahnung mit Fristsetzung von einer Woche bekommen. Nun ist es eine kurze Woche. Eine durch Rechtsanwalt abgesicherte Stellungnahme schaffe ich nicht innerhalb der Frist. Ich habe meinen Arbeitgeber kurz nach Erhalt des Schreibens per Email mitgeteilt, dass ich mich außerstande fühle, fristgemäß zu antworten.

Kann mir Jemand sagen, was eine angemessene Frist zur Rückäußerung wäre?

Tagelöhner

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,078
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #1 am: 28.05.2025 18:07 »
Ist die Abmahnung denn gerechtfertigt, also liegt ein geringfügiges abmahnwürdiges Fehlverhalten bzw. tatsächlich ein Pflichtverstoß vor?

Wenn die Abmahnung dann alle formalen Anforderungen erfüllt, ist dagegen sowieso kein Kraut mehr gewachsen.

Dann nimmt man sie halt hin und stellt das Fehlverhalten ab.

Auf die Anhörung würde ich nur reagieren, wenn Du gute Beweise bzw. Zeugen hast, um die Vorwürfe wirklich zu entkräften. Vielleicht wird sie ja auch verwendet, um dich vorzuführen.

Eine Frist von ca. 1 Woche ist innerbetrieblich sicherlich ausreichend, du kannst ja schließlich während der Arbeitszeit darauf reagieren und es sind keine externen Personen involviert, die alles in die Länge ziehen würden.

sovielefragen

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 18
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #2 am: 28.05.2025 20:23 »
Es handelt sich um einen (unter anderen Umständen vorliegenden) Pflichtverstoß, der aber keiner ist, weil der Arbeitgeber in der Situation kein Weisungsrecht hatte. Meine Entscheidung war wohl überlegt und gründlich abgewogen. Ein Restrisiko bleibt natürlich immer. Vor Gericht und auf hoher See und so...

Reaktion während der Arbeitszeit ist schwierig. Ich hab atypische Arbeitszeiten und keinen Bürojob. Die eine Woche beinhaltet ein Wochenende und 3 freie (Wochen)Tage auf meiner Seite. Mein Anwalt hat diese Woche frei. Für eine halbwegs fristwahrende Antwort müsste ich mich also unabgesichert schriftlich äußern. Das Risiko will ich nicht eingehen.

Tagelöhner

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,078
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #3 am: 28.05.2025 20:49 »
Wenn Du dir trotz dem Restrisiko ziemlich sicher bist, dass keine abmahnwürdige Pflichtverletzung vorliegt, dann lass es doch darauf ankommen. Die Abmahnung kann der Anwalt dann immer noch angreifen und die Schmach für den AG wird dann richtig groß, wenn er über das Ziel hinaus geschossen ist und sich nicht im rechtmäßigen Rahmen bewegt, was das Weisungsrecht angeht.

Ansonsten bitte halt um Fristaufschub, falls es dir wirklich so wichtig ist, noch deinen Anwalt einbeziehen zu können.

clarion

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,870
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #4 am: 28.05.2025 23:58 »
Wir sind im ÖD. Wer schreibt der bleibt, alte Beamtenweisheit, die auch für TB nicht verkehrt ist.

Anstatt eigenmächtig zu entscheiden, dass man Dir eine unzulässige Anweisung gegeben hat, solltest Du zukünftig schriftlich, die Vorgesetzten schriftlich bzw. per Mail darauf hinweisen, dass Du aus triftigen Gründen, die aufzuzählen wären, große Bedenken hast und Du deshalb diese Tätigkeit nur dann ausübst, wenn man Dich schriftlich anweist und die Verantwortung für die Ausführung übernimmt.  Beamte haben in Übrigen sogar die Pflicht zu remonstrieren.

sovielefragen

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 18
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #5 am: 29.05.2025 11:36 »
Remonstrieren. Schönes neues Wort. Danke dafür!

Tatsächlich habe ich ein paar Tage vor dem "Pflichtverstoß" per Email mitgeteilt, dass ich der Anordnung nicht nachkommen werde und habe das auch begründet. Drei Wochen nach dieser Mail kam jetzt die Anhörung zur Abmahnung. Zusätzlich zu dem bereits mitgeteilten Grund habe ich weitere Gründe dagegen. Jeder Grund für sich ist sehr stark und ich bin mir ziemlich sicher im Fall des Kündigungsfalls zu obsiegen. Man kann sich aber a) bei Gericht nie ganz sicher sein und b) möchte ich eine Kündigung gern vermeiden.

Im Grunde soll ich seit meiner chronischen Erkrankung weg. Ich nehme meine Rechte wahr und mir wird das Leben schwer gemacht. Siehe nachträgliche Stufenlaufzeitverlängerung und unangekündigter Gehaltsabzug.

Und ja, ich könnte gehen. Ich finde aber nichts. Versucht hab ich es.

Tagelöhner

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,078
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #6 am: 29.05.2025 11:41 »
Dann viel Erfolg beim Kämpfen, das richtige mindset dafür scheinst du zu haben.

Und dem Anwalt wünsche ich ein gutes Durchhaltevermögen und genug Motivation. Gegen Behörden in Rechtstreitigkeiten zu ziehen bedarf eines gewissen Idealismus bzw. ein gesundes Selbstverständnis der eigenen Rolle im Rechtssystem. Bei Behörden arbeiten ja auch gerne (verbeamtete) Juristen, die sowas als willkommene Abwechslung mitnehmen und oftmals meinen sie müssten sich hier dann mal wieder behördenintern profilieren und das ohne finanziellen und zeitlichen Druck im Nacken.

Faunus

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,347
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #7 am: 29.05.2025 12:13 »
Hmmm, meine beiden Erfahrungen mit (Verwaltungs-) Juristen (verbeamtet) im ÖD waren etwas anders: von wohlgemeinter Empfehlung  (ich würde das falsch sehen, weil...) über Drohszenario bis hin zu "niederschreien" wurden vorab alle Register gezogen.
Aber sobald das/der anwaltliche Schreiben/Kontakt hergestellt war, wuppte es auf wundersame Weise -. aus welchen Gründen auch immer! Das Risiko vor Gericht zu verlieren/Federn lassen zu müssen war Ihnen scheinbar zu groß und sie zu "jung und karrieregeil" (zynische Vermutung meinerseits).
Die alten Hasen im Verwaltungsbereich waren eigentlich eher immer fair und haben Möglichkeiten ohne Druck meinerseits genutzt.

Viel Erfolg und gute Nerven. Immer tief durchatmen, überlegen, lächeln und einfordern und Provokationen irgnorieren (bzw. zu den "Beweisen" für ein mögliches Gerichtsverfahren legen).
 

clarion

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,870
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #8 am: 30.05.2025 09:37 »
Hallo  @sovielefragen,

Statt die der kompletter Verweigerung wäre eine echte Remonastration besser gewesen. Du hättest schreiben sollen:

Aus o.g. Gründen, halte ich die Ausführung der Aufgabe dafür unzulässig / nicht praktikabel. Ich befürchte folgende Risiken.

Sollten Sie trotzdem der Auffassung sein, dass ich die Aufgabe wie von Ihnen beauftragt erledigen soll, dann werde ich dieses nur auf schriftlicher Anweisung Ihrerseits erledigen und hierfür kein persönliche Verantwortung übernehmen.

Dann bist Du die Verantwortung los.

Eine Komplettverweigerung kann abmahnwürdig sein. Und eine Remonstration sollte man natürlich nur bei gewichtigen Vorkommnissen vortragen. Du kannst nicht remonstrieren, wenn man Dich zwingen will, Sch* Arbeit zu erledigen. Eine Remonstration kommt nur in Betracht, wenn man Dich anordnet, etwas Gesetzwidriges oder Sittenwidriges zu tun, oder wenn ein großer finanzieller Schaden zu befürchten ist.

itseme

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 68
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #9 am: 02.06.2025 20:12 »
Mit einer chronischen Erkrankung steht dir möglicherweise ein gewisser Grad zu, was deine Position noch stärken könnte.
Wie stark ist euer PR und welchen Stand hat eure SbV?
Sicherlich keine Weltenretter, jedoch, wenn gut aufgestellt, eine gute Stütze. Zudem auch der Kontakt zum Integrationsamt hergestellt werden kann.

TVOEDAnwender

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 640
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #10 am: 03.06.2025 08:25 »
Gegen Abmahnungen (selbst wenn Sie rechtswidrig sind) mit einem Anwalt vorgehen ist meiner Meinung nach herausgeschmissenes Geld.
Abmahnungen spielen nur dann eine Rolle, wenn darauf später mal eine verhaltensbedingte Kündigung fußen sollte. Man greift Sie in der Regel dann im Kündigungsschutzprozess an.
Natürlich kannst Du jetzt noch einbringen, dass es dir ggfls. Probleme bei internen Bewerbungen in der Zukunft bei deinem jetzigen AG geben kann. Glaube mir, die gibt es auch, selbst wenn Du erfolgreich die Entfernung der Abmahnung durchklagst.

NWB

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 275
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #11 am: 03.06.2025 08:38 »
Gegen Abmahnungen (selbst wenn Sie rechtswidrig sind) mit einem Anwalt vorgehen ist meiner Meinung nach herausgeschmissenes Geld.
Abmahnungen spielen nur dann eine Rolle, wenn darauf später mal eine verhaltensbedingte Kündigung fußen sollte. Man greift Sie in der Regel dann im Kündigungsschutzprozess an.
Natürlich kannst Du jetzt noch einbringen, dass es dir ggfls. Probleme bei internen Bewerbungen in der Zukunft bei deinem jetzigen AG geben kann. Glaube mir, die gibt es auch, selbst wenn Du erfolgreich die Entfernung der Abmahnung durchklagst.

das sehe ich auch so

sovielefragen

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 18
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #12 am: 04.06.2025 12:00 »
@Tagelöhner : im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass man als Arbeitnehmer alles hinnehmen muss. Ich habe über ein Jahr gebittelt und gebettelt und habe nur Verweigerungshaltung erfahren. Ich bin nicht länger bereit, das hinzunehmen und vertraue auf unser Rechtssystem.

@Faunus: auch wenn es hier anders klingt versuche ich genau das. Sachlich bleiben, schriftliche Bitten äußern, freundlich bleiben, im Job korrekt verhalten. In meinem Fall ist es ein erfahrener aber sehr unnachgiebiger Beamter, der bisher mit seiner Verweigerungshaltung immer gut gefahren ist. Aber auch das Gericht meidet wie der Teufel das Weihwasser.

@clarion: ich habe begründet, dass ich unter den vorliegenden Voraussetzungen (weil meiner Ansicht nach rechtswidrig) verweigere, unter anderen (rechtskonformen) Umständen aber bereit bin, der Weisung nachzukommen.

@itseme: Ich habe sowohl GDB als auch Gleichstellung. Dies ist auch bekannt. SBV gibt es nicht, Personalrat ist kaum geschult, unerfahren und wahrscheinlich eher pro Arbeitgeber. Integrationsamt und DRV habe ich im Rahmen des BEM ins Boot geholt.

@TVOEDAnwender : bei dem AG werd ich nix mehr. Deshalb werde ich auch die Entfernung nicht einfordern sondern lediglich eine eigene Stellungnahme einbringen.


NWB

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 275
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #13 am: 04.06.2025 20:15 »
Das klingt alles so gar nicht nach Erfolgsgeschichte.
Vielleicht lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?
Kann mir nicht vorstellen, dass es dir dabei gut geht

TVOEDAnwender

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 640
Antw:Angemessene Frist für eine Anhörung zur Abmahnung
« Antwort #14 am: 06.06.2025 11:12 »
@TVOEDAnwender : bei dem AG werd ich nix mehr. Deshalb werde ich auch die Entfernung nicht einfordern sondern lediglich eine eigene Stellungnahme einbringen.

Wenn Du Dir dessen schon bewusst bist, kannst Du Dir aber auch den Zeitaufwand für eine Stellungnahme sparen. Die bringt Dir ja im Endeffekt auch nix.