Autor Thema: Höhergruppierung freigestelltes Personalratsmitglied  (Read 1249 times)

Bjoerni

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Hallo zusammen,

folgender halbfiktiver Fall:

Ein seit 10 Jahren aufgrund Personalratstätigkeit freigestellter Arbeitnehmer möchte eine Höhergruppierung durchsetzen.
Hier bezieht er sich auf 2 selbst ausgewählte Kollegen, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Freistellung in der gleichen Entgeltgruppe mit gleicher Tätigkeit eingruppiert waren. Alter, Einstellungsjahrgang und Qualifikationen passen sonst nicht wirklich zusammen.
Die beiden Kollegen aus seiner selbstgewählten Referenzgruppe hatten zu dem Zeitpunkt auch bereits eine berufliche Weiterbildung, die dem Meisterniveau zugeordnet wird. Das Personalratsmitglied nicht.
Nun wurden innerhalb der 10 Jahre beide Kollegen in die nächsthöhere Entgeltgruppe eingruppiert, für die die Meisterausbildung notwendig ist.
Das Personalratsmitglied möchte nun auch (rückwirkend) in die nächsthöhere Gruppe eingruppiert werden.

Meinungen dazu?
Muss er die Ausbildung tatsächlich durchführen und währenddessen auf seine Freistellung verzichten?

Danke im Voraus

Gruß
Bjoern


TVOEDAnwender

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Antw:Höhergruppierung freigestelltes Personalratsmitglied
« Antwort #2 am: 18.06.2025 14:31 »
Hier eine kurze Ausführung des KAV NW (Schriftenreihe):

Zitat
2.2 Höhergruppierung/Höherwertige Tätigkeit
Das freigestellte Personalratsmitglied kann die Dienststelle des Weiteren aber auch
unabhängig von deren Verschulden auf die Zahlung der Vergütung aus einer höheren
Vergütungsgruppe in Anspruch nehmen („Höhergruppierungsanspruch“), wenn es
ohne die Freistellung mit Aufgaben betraut worden wäre, die die Eingruppierung in
der höheren Vergütungsgruppe rechtfertigen (vgl. entsprechend zum BetrVG: BAG
27.06.2010 – 7 AZR 496/99 –).
Hierzu stehen dem freigestellten Personalratsmitglied mehrere Möglichkeiten zur
Verfügung:
Es kann zum einen dartun, dass seine tatsächliche Bewerbung auf eine bestimmte
Stelle (mit einer höheren Eingruppierung) gerade wegen seiner Freistellung und/oder
seiner Personalratstätigkeit erfolglos geblieben ist.
Wenn keine tatsächliche Bewerbung des freigestellten Personalratsmitglied auf eine
bestimmte Stelle erfolgt ist, so kann und muss es zur Begründung eines fiktiven
Beförderungsanspruchs darlegen, dass es die Bewerbung gerade wegen seiner
Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung entweder
erfolgreich gewesen wäre, oder bei einer Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2
GG, die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber vorzunehmen
ist, erfolgreich hätte sein müssen.
Letztendlich kann sich also ein Anspruch eines freigestellten Personalratsmitgliedes
auf Höhergruppierung auch ohne Bewerbung auf eine freie Stelle daraus ergeben,
dass die Dienststelle Beschäftigte (vgl. § 5 LPVG NRW) mit bestimmten
Laufbahnvoraussetzungen nach feststehenden Maßstäben und/oder Zeitabläufen auf
frei werdende oder neu geschaffene Stellen einer höheren Vergütungsgruppe
befördert und Personalratsmitglieder wegen ihrer Freistellung hiervon ausnimmt.
Dabei ist im Rahmen des LPVG NRW entsprechend, wie im Fall des § 37 Abs. 4 BetrVG
(„Freistellung von Betriebsratsmitgliedern“), auf die betriebs- bzw.
verwaltungsübliche berufliche Entwicklung nicht freigestellter Kollegen (sog.
„Koppelmänner“) abzustellen.
Nicht ausreichend für die Betriebs- bzw. Verwaltungsüblichkeit ist, dass einige andere
Arbeitnehmer einen entsprechenden beruflichen Aufstieg genommen haben. Der
Geschehensablauf muss vielmehr so typisch sein, dass aufgrund der betrieblichen
Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten grundsätzlich, d.h. wenigstens in der
überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle, damit gerechnet werden kann (so
zum BetrVG: BAG 27.06.2001 – 7 AZR 496/99 –).

Im Hinblick auf Vorbenanntes gilt es sodann zu beachten, dass die
fiktive Nachzeichnung der üblichen beruflichen Entwicklung eines
frei gestellten Personalratsmitglieds sich nicht auf die Teilhabe
am beschleunigten Stufenaufstieg nach § 17 Abs. 2 S. 1 TVöD
erstreckt, wenn die Dienststelle die Verkürzung der Stufenlaufzeit
entsprechend der Intention der Tarifvertragsparteien auf sachlich
begründete Einzelfälle beschränkt (vgl. LAG Baden-Württemberg
05.08.2013 – 1 Sa 33/12 –).

Bjoerni

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Antw:Höhergruppierung freigestelltes Personalratsmitglied
« Antwort #3 am: 19.06.2025 12:28 »
Vielen Dank schonmal euch beiden!
Das hat mich schon weitergebracht.